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Global Compact Deutschland 2013 - Jahrbuch

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We support<br />

global<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

compact<br />

<strong>2013</strong>


Herausgegeben mit freundlicher Unterstüzung durch:<br />

Qualifizierungsförderwerk<br />

Chemie GmbH


Grußnote<br />

Our <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> is working to bring business to the<br />

table as a key partner. It embodies the spirit of shared<br />

responsibility that is essential for achieving a better world.<br />

At the <strong>Compact</strong>’s launch in 2000, few companies considered<br />

their impact on the environment and on society. Now we have<br />

8,000 participating companies and 4,000 civil society signatories<br />

in 145 countries. We have 101 country networks supporting a<br />

growing global corporate sustainability movement.<br />

CEOs increasingly see a direct link between corporate sustainability<br />

and the bottom line.<br />

Ban Ki-moon, UN-Generalsekretär<br />

Human rights abuses, poor working conditions, discrimination,<br />

environmental degradation and corruption – whether in direct<br />

operations or the supply chain – are a threat to morale, reputation,<br />

long-term investments and growth prospects.<br />

Modern communications technology combined with growing<br />

demands for transparency make it harder for companies to flout<br />

laws or ignore public opinion.<br />

Companies that take their responsibilities to people and the planet<br />

seriously will increasingly be in the vanguard. That is why the<br />

investment community is looking closely at sustainability and<br />

factors like environmental stewardship, labour standards, social<br />

responsibility and good governance.<br />

In short, business can no longer ignore its social and environmental<br />

responsibilities. We need it to help<br />

build sustainability through the marketplace.<br />

Auszug aus der Rede von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon anlässlich des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Leaders Summit, New York, 20. September <strong>2013</strong>


Inhalt<br />

3<br />

Grußnote<br />

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon<br />

6<br />

12<br />

15<br />

16<br />

19<br />

20<br />

Lieferkettenmanagement<br />

Neue Maßstäbe in der unternehmerischen<br />

Nachhaltigkeit<br />

Ida Karlsson<br />

Social Compliance – Ein unterschätzter<br />

Wettbewerbsfaktor<br />

Torben Kehne und Hubertus Drinkuth<br />

Info: Was steckt alles in fertigen Produkten?<br />

Lieferantenmanagement: Lösungen für den Mittelstand<br />

Info: Problemfälle<br />

„Audits dauern länger als ein oder zwei Tage!“<br />

Interview mit Richard Karmel<br />

6<br />

Lieferkettenmanagement<br />

24<br />

28<br />

30<br />

35<br />

39<br />

Kinderrechte<br />

Gibt es „gute“ Kinderarbeit?<br />

Barbara Küppers<br />

Kinderrechte sind unser aller Business<br />

Dr. Jürgen Heraeus<br />

Geschichte der Kinderarbeit<br />

Dr. Jürgen Bönig<br />

Kinderrechte in CSR-Reporting integrieren<br />

Dr. Elmer Lenzen<br />

Info: Publikationen zum Thema Kinderrechte<br />

22<br />

Kinderrechte<br />

42<br />

44<br />

48<br />

48<br />

53<br />

CSR in Nordrhein-Westfalen<br />

Gesellschaftliche Verantwortung zwischen Rhein und<br />

Ruhr<br />

Riccardo Wagner und Marcus Eichhorn<br />

Info: Eckpunkte einer Nachhaltigkeitsstrategie für<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

„CSR definiert das Verhältnis von Staat und Wirtschaft<br />

neu“<br />

Interview mit Garrelt Duin<br />

Zeitstrahl: Zwischen Rhein und Ruhr<br />

Info: Nützliche Adressen<br />

112<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside


112<br />

114<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

Impressionen Leaders Summit <strong>2013</strong><br />

Leaders Summit sieht CEOs als Architekten für eine<br />

bessere Welt<br />

118<br />

120<br />

122<br />

CEOs beklagen geringe Fortschritte und fordern Politik<br />

zum Handeln auf<br />

Info: Momentaufnahme <strong>2013</strong><br />

Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk <strong>2013</strong><br />

Dr. Elmer Lenzen<br />

Dr. Jürgen Janssen<br />

115<br />

116<br />

Info: Neue Initiativen des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

GC100: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> führt Aktienindex ein<br />

125<br />

„Das Deutsche Netzwerk ist ein wichtiger Akteur im<br />

gesellschaftlichen Diskurs“<br />

Interview mit Katharina Riese, Dr. Mathias John und Klaus Milke.<br />

117<br />

Info: Publikationen<br />

128<br />

Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

58<br />

60<br />

Good Practice<br />

Menschenrechte<br />

Bayer<br />

Bayer fördert das Ehrenamt: „Vorbild sein lohnt sich!“<br />

Tchibo<br />

„Kinder in Guatemala unterstützen“<br />

Arbeitsnormen<br />

84<br />

86<br />

88<br />

90<br />

HypoVereinsbank<br />

Saubere Sache: Unser Weg zum CO 2<br />

-neutralen<br />

Bankbetrieb<br />

LANXESS<br />

Die Zukunft der Mobilität ist grün<br />

MAN<br />

Mobilität in Bewegung<br />

Mediengruppe macondo<br />

Projekt Togo – Klimaschutz mit sozialem Mehrwert<br />

62<br />

Audi<br />

Nachhaltigkeit in der Bildung verankern<br />

92<br />

Weidmüller<br />

Die Produktionshalle als „Passivhaus“<br />

64<br />

66<br />

68<br />

70<br />

74<br />

76<br />

78<br />

Bosch<br />

Arbeitsschutzmanagement: Mit System zum Erfolg<br />

Merck<br />

Von Vielfalt profitieren<br />

QFC<br />

QFC integriert <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien in die<br />

Aus- und Weiterbildung<br />

RWE<br />

Bettercoal – mehr Transparenz beim Steinkohlebezug<br />

Umweltschutz<br />

ABB<br />

Technologien für die nachhaltige Energieversorgung<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

Der Kühlschrank spart schon auf dem Weg zum<br />

Kunden CO 2<br />

CEWE<br />

Ökologische Nachhaltigkeit sichern<br />

94<br />

98<br />

100<br />

102<br />

104<br />

106<br />

Korruptionsbekämpfung<br />

METRO GROUP<br />

Korruptionsprävention in der METRO GROUP<br />

CSR Management<br />

BASF<br />

Kooperation zwischen BASF und European Water<br />

Partnership zu nachhaltigem Wassermanagement<br />

daW<br />

Farbenfroh und innovativ<br />

Deutsche Bahn<br />

DB2020 – die nachhaltige Konzernstrategie<br />

Deutsche Telekom<br />

Nachhaltigkeit in der Lieferkette als wichtiger Baustein<br />

der Unternehmensverantwortung<br />

EY<br />

Konfliktmineralien – Herausforderung für Unternehmen<br />

entlang der Lieferkette<br />

80<br />

82<br />

Daimler<br />

Aktionsplan zum Aufbau eines Wasserstoff-Tankstellennetzes<br />

in <strong>Deutschland</strong><br />

Deutsche Post DHL<br />

CO 2<br />

-freie Zustellung: GoGreen für eine ganze<br />

Großstadt<br />

108<br />

110<br />

Forest Carbon Group<br />

Kerngeschäft statt CSR<br />

Entwicklung & Partnerschaft<br />

HOCHTIEF<br />

Soziales Engagement mit Baukompetenz


Agenda<br />

6 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Lieferkettenmanagement<br />

Lieferketten-<br />

Management:<br />

Neue Maßstäbe in der unternehmerischen<br />

Nachhaltigkeit<br />

Mit der fortschreitenden <strong>Global</strong>isierung und Spezialisierung hat sich der Trend zum Outsourcing in den<br />

letzten Jahrzehnten stetig verstärkt. Unternehmen, die ihre Produktion und Dienstleistungen auslagern,<br />

lagern auch ihre Reputationsrisiken und ihre gesellschaftliche Verantwortung aus. Die dementsprechende<br />

Bedeutung eines guten Lieferkettenmanagements ist Unternehmen wie auch Anlegern bewusst.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

7


Agenda<br />

Von Ida Karlsson<br />

Im Corporate Sustainability Assessment (CSA) 2012 hat<br />

RobecoSAM eine verbesserte Rahmenbewertung für die Nachhaltigkeit<br />

des Supply-Chain-Managements eingeführt. Im<br />

Lieferkettenmanagement liegt der Fokus traditionell auf<br />

vorgelagerten sozialen Risiken wie den Arbeitsbedingungen,<br />

der Kinderarbeit und Mindestlöhnen. Seit einiger Zeit wird<br />

das Konzept deutlich breiter verstanden und um eine Vielzahl<br />

ökonomischer, ökologischer und sozialer Fragen ergänzt, die<br />

alle Bereiche der Wertschöpfungskette betreffen, inklusive<br />

der Innovationsstärke.<br />

Im Laufe der vergangenen zehn Jahre haben sich die Unternehmen<br />

im Licht von Nachhaltigkeitsaspekten intensiver mit<br />

ihrem Lieferkettenmanagement beschäftigt. Diese Entwicklung<br />

lässt sich im RobecoSAM CSA beobachten. Angefangen hat das<br />

CSA im Supply-Chain-Bereich mit Standards zur Bewertung<br />

der Leitlinien für Lieferanten und der Art und Weise, wie die<br />

Unternehmen die Einhaltung dieser Leitlinien überprüfen.<br />

Daraus entstanden ist ein umfassendes Bewertungsgerüst, das<br />

ökonomische, ökologische und soziale Supply-Chain-Risiken<br />

genauso berücksichtigt.<br />

Die Wichtigkeit des Lieferkettenmanagements<br />

Im Lieferkettenmanagement stehen Unternehmen vor dem<br />

Dilemma, einerseits die Kosten sowie die Produktionszeiten<br />

in ihren Lieferketten zu reduzieren und andererseits zugleich<br />

Verbesserungen in der Nachhaltigkeit und Qualität zu erzielen.<br />

Wenn Unternehmen einen bedeutenden Anteil ihrer gesellschaftlichen<br />

Verantwortung und ihrer Umweltauswirkungen<br />

an ihre Lieferanten ausgelagert haben, wird das Lieferkettenmanagement<br />

zu einem ihrer wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen.<br />

Misswirtschaft kann auch zu Lieferkettenstörungen<br />

führen, die sich negativ auf den gesamten Betrieb und die<br />

finanzwirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens auswirken.<br />

Aus Anlegersicht sprechen mehrere Gründe dafür, das Lieferkettenmanagement<br />

der Unternehmen genau im Auge zu<br />

behalten. Eine vor kurzem von der Harvard Business School<br />

veröffentlichte Studie zeigt, dass Unternehmen, die frühzeitig<br />

nachhaltige Praktiken anwenden, langfristig besser abschneiden.<br />

Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt: Unter den Vorreitern<br />

der Nachhaltigkeit ist auch der Anteil der Unternehmen<br />

größer, die Nachhaltigkeitsleitlinien für ihre Lieferanten eingeführt<br />

haben. Potenzielle Risiken einer schlecht gemanagten<br />

Lieferkette können zu Produktrückrufen und erheblichen<br />

direkten Kosten führen. Daher liegt es im Anlegerinteresse,<br />

Unternehmen zu identifizieren, die ihre Lieferketten effektiv<br />

steuern und entsprechend profitabel agieren.<br />

Bewertungsrahmen für das Lieferkettenmanagement<br />

RobecoSAM hat einen umfassenden Bewertungsrahmen<br />

für das Lieferkettenmanagement der Unternehmen im CSA<br />

entwickelt. Der Ansatz betrachtet sieben zentrale Faktoren.<br />

Im Mittelpunkt stehen die Risikoidentifizierung und das<br />

Risikomanagement sowie die Art und Weise, wie Nachhaltigkeitsaspekte<br />

in die übergreifende Supply-Chain-Strategie<br />

integriert werden, wie diese die finanzielle Performance beeinflussen<br />

und sich damit auf die Unternehmensentwicklung<br />

insgesamt auswirken.<br />

8<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Lieferkettenmanagement<br />

Unternehmen, die frühzeitig<br />

nachhaltige Praktiken anwenden,<br />

schneiden langfristig besser ab.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die Analyse der Daten, die seit Einführung des neuen CSA-<br />

Bewertungsrahmens für das Lieferkettenmanagement erfasst<br />

worden sind, zeigt vor allem eines: Die Unternehmen<br />

Public scrutiny contributes to improved practices<br />

<br />

schenken <br />

ihren Lieferketten und der Steuerung der damit<br />

verbundenen <br />

Risiken und -chancen zunehmend Beachtung.<br />

Die <br />

CSA-Teilnehmer, die ein breites Spektrum an Branchen<br />

vertreten, <br />

bezeichnen das Lieferkettenmanagement als eines<br />

der <br />

finanzwirtschaftlich bedeutendsten Themen. Doch obwohl<br />

das <br />

Thema mehr Beachtung findet, wird deutlich, dass die<br />

Unternehmen <br />

bei ihren internen Praktiken erheblich weiter<br />

sind als ihre externe Berichterstattung vermuten lässt. Dadurch<br />

sehen<br />

<br />

ihre Stakeholder nicht immer, inwieweit Unternehmen<br />

<br />

die Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen in ihren Lieferketten<br />

<br />

aktiv adressieren.<br />

<br />

<br />

Kritische<br />

<br />

Beobachtung der Öffentlichkeit fördert<br />

fortschrittliche <br />

Ansätze<br />

<br />

Ein Blick <br />

auf die in Abb. 1 dargestellten Durchschnitts- und<br />

Spitzenwerte <br />

für fünf Branchen zeigt deutliche Unterschiede<br />

bei der Umsetzung <br />

nachhaltiger Lieferkettenpraktiken auf<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Branchenebene auf. Dafür gibt es keine einfache Erklärung.<br />

<br />

Einige der möglichen Einflussfaktoren sind im Folgenden<br />

<br />

skizziert:<br />

<br />

1. Branchen <br />

wie die Lebensmittelindustrie und der Einzelhandel,<br />

die direkte <br />

Kundenbeziehungen unterhalten, werden von der<br />

Öffentlichkeit <br />

kritisch beobachtet. Für die Lebensmittelhersteller<br />

<br />

ist die Nachverfolgbarkeit ihrer Produkte das wichtigste<br />

Anliegen. <br />

Die Endverbraucher wollen wissen, was in den<br />

Nahrungsmitteln <br />

steckt und woher diese stammen. Im Einzelhandel<br />

<br />

liegt das Hauptaugenmerk auf den Arbeitsbedingungen<br />

bei den Zulieferern. Dadurch sahen sich die Unternehmen in<br />

<br />

diesen Branchen gezwungen, ihre Lieferkettenrisiken früher<br />

<br />

als andere zu adressieren.<br />

<br />

<br />

2. Branchen<br />

<br />

wie der Maschinenbau und die Elektroindustrie –<br />

deren <br />

Lieferketten mit hohen Umweltauswirkungen verbunden<br />

sind <br />

und die sehr abhängig von Lieferanten und pünktlichen<br />

Lieferungen <br />

sind – mussten sich ebenfalls frühzeitig mit<br />

einem <br />

nachhaltigen Lieferkettenmanagement beschäftigen.<br />

Der öffentliche <br />

Druck ist dabei nur ein Grund. Ein >><br />

<br />

Abb. 1: Lieferkettenmanagement-Performance unterteilt nach Branchen<br />

Figure 3: Supply chain management performance by sector<br />

Punkte Score<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Food Producers General Retailers Industrial Computer Hardware & Financial Services<br />

Lebensmittel-Hersteller Einzelhandel Gewerbetechnik Computer-Hardware Finanzdienstleistungen<br />

Engineering Electronic Office Equipment<br />

und elektronische<br />

Average Durchschnittliche supply chain Punktzahl management score<br />

Büroausstattung<br />

Top Maximale supply Punktzahl chain management score<br />

Quelle: RobecoSAM<br />

Source<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

9<br />

17


Agenda<br />

weitaus wichtigerer ist die Notwendigkeit, eine verlässliche<br />

Versorgung durch Lieferanten sicherzustellen und gemeinsam<br />

mit den eigenen Lieferanten Chancen für die Verringerung<br />

der Energiekosten von ausgelagerten, ressourcenintensiven<br />

Produktionsprozessen zu nutzen.<br />

3. Auch die Computer- und Büroelektronikhersteller stehen<br />

seit einiger Zeit unter kritischer Beobachtung durch die Öffentlichkeit.<br />

Entsprechend setzen sie sich vermehrt mit dem<br />

Thema auseinander. Die zunehmende kritische Beobachtung<br />

der Öffentlichkeit hat den Anstoß für branchenweite Gemeinschaftsinitiativen<br />

gegeben, die den hohen Durchschnittswert<br />

in dieser Branche ebenfalls erklären können.<br />

4. Serviceorientierte Branchen wie der Finanzdienstleistungssektor<br />

stehen im Hinblick auf ihre Lieferketten noch nicht unter<br />

hohem Druck. Das ist ein Grund für die niedrigeren Werte<br />

und die weniger fortgeschrittene Umsetzung von Nachhaltigkeitspraktiken<br />

im Lieferkettenmanagement dieser Branchen.<br />

Unternehmen managen ihre Risiken,<br />

bevor sie sie messen<br />

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine effektive<br />

Steuerung der lieferkettenbezogenen Nachhaltigkeitsrisiken<br />

und -chancen ist ein ausreichendes Wissen über die eigenen<br />

Lieferanten. Nur auf dieser Basis können die Unternehmen<br />

bestimmen, welche ihrer Lieferanten von kritischer Bedeutung<br />

sind und welche ein hohes ökonomisches, ökologisches oder<br />

soziales Risiko darstellen. Wie es so häufig heißt, können Unternehmen<br />

„nur das managen, was sie auch messen können“.<br />

Paradoxerweise zeigen die im vergangenen Jahr erfassten<br />

Daten jedoch, dass viele Unternehmen damit begonnen<br />

haben, ihre (wahrgenommenen) Risiken zu managen, bevor<br />

sie messen, inwieweit sie diesen Risiken wirklich ausgesetzt<br />

sind. Rund 85 Prozent der teilnehmenden Unternehmen<br />

geben an, dass sie Lieferantenstandards haben – aber nur<br />

36 Prozent haben eine gut dokumentierte Analyse ihrer<br />

Ausgaben durchgeführt.<br />

Für das nachhaltige Lieferkettenmanagement sind die Bewusstseinsbildung,<br />

die Nachverfolgbarkeit und die Transparenz von<br />

größter Bedeutung. Es wissen längst nicht alle Unternehmen,<br />

wer ihre kritischen und risikobehafteten Lieferanten sind,<br />

obwohl die Daten von RobecoSAM zeigen, dass sich diese<br />

Zahlen von 2012 bis <strong>2013</strong> verbessert haben.<br />

Standards für Lieferanten – ein erster Schritt,<br />

aber was bedeutet er?<br />

Die Einführung eines Verhaltenskodex für Lieferanten steht<br />

dabei typischerweise an erster Stelle. Das ist ein sinnvoller<br />

Schritt, weil er die Lieferanten zwingt, bestimmte Sozial- und<br />

Umweltstandards einzuhalten. Eine genauere Untersuchung<br />

zeigt, dass die Qualität dieser Standards sehr stark variiert (siehe<br />

Abb. 2). Die meisten Unternehmen geben Leitlinien zu Umwelt-,<br />

Arbeitssicherheits- und Gesundheitsstandards, Menschenrechten,<br />

Geschäftsethik und Arbeitsbedingungen vor. Standards,<br />

welche die Umsetzung von Umweltmanagementsystemen und<br />

die Offenlegung von Umwelt- und Sozialdaten verlangen, sind<br />

hingegen noch selten. Darüber hinaus verlangen nur rund<br />

die Hälfte der CSA-Teilnehmer von ihren Lieferanten, dass<br />

sie die gleichen Standards auch für ihre eigenen Zulieferer<br />

anwenden. Das bedeutet, dass diese Unternehmen nur die<br />

Kontrolle über die Standards haben, die von der ersten Zulieferebene<br />

befolgt werden müssen. Die fehlende Transparenz<br />

der nachgelagerten Segmente ihrer Lieferketten setzt diese<br />

Unternehmen potenziell großen Risiken aus.<br />

Fazit und Ausblick<br />

In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Unternehmen<br />

verstärkt darum bemüht, die ökologischen, sozialen und ökonomischen<br />

Auswirkungen ihrer eigenen Geschäftstätigkeit zu<br />

managen und darüber zu berichten. Die Lieferkettenanalyse<br />

bringt sie hier einen wichtigen Schritt weiter. Sie hilft ihnen,<br />

die tatsächlichen Auswirkungen ihrer betrieblichen Tätigkeiten,<br />

den Umfang ihrer finanzwirtschaftlich relevanten Risiken und<br />

die gesamte Bandbreite an Chancen zu bestimmen, die sich<br />

Abb. 2: Nachhaltigkeitsfaktoren, abgebildet in den Unternehmensstandards für Lieferanten / Zulieferer<br />

Prozentsatz der teilnehmenden Firmen<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Umwelt-<br />

Standards<br />

Gesundheitsschutz<br />

und<br />

Sicherheit am<br />

Arbeitsplatz<br />

Menschenrechte<br />

Wirtschaftsethik<br />

Arbeitsbedingungen<br />

Zulieferer-<br />

Richtlinen für<br />

betriebe<br />

Umweltmanagement-<br />

System<br />

Umweltdaten / Sozialdaten /<br />

-angaben -angaben<br />

Quelle: RobecoSAM<br />

10<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Lieferkettenmanagement<br />

durch nachhaltige Geschäftspraktiken eröffnen. Bei vielen<br />

Unternehmen konzentrieren sich die größten umweltspezifischen<br />

und sozialen Auswirkungen sowie Reputationsrisiken<br />

vor allem auf die Lieferkette und weniger auf die eigenen betrieblichen<br />

Prozesse. Zugleich müssen sich die Unternehmen<br />

auf eine zuverlässige, reibungslose Versorgung mit Produkten<br />

und Dienstleistungen verlassen können, um ihre langfristige<br />

Profitabilität zu sichern. Diese Herausforderungen zu managen<br />

und ihre Auswirkungen zu messen, ohne immaterielle<br />

ökonomische, ökologische und soziale Faktoren umfassend<br />

zu berücksichtigen, ist nicht nur unklug, sondern unmöglich.<br />

Bewusstseinsbildung und Transparenz gewinnen<br />

an Dynamik<br />

Die Ergebnisse der Anwendung des verbesserten analytischen<br />

Modells zur Untersuchung des Lieferkettenmanagements zeigen,<br />

dass das Risikobewusstsein und die Transparenz zwar weiterhin<br />

begrenzt sind, viele Unternehmen aber große Anstrengungen<br />

unternehmen dies zu ändern. In den letzten Jahren haben<br />

mehrere Faktoren neue Impulse zur Verbesserung der Lieferkette<br />

gegeben. Einer sind die Forderungen der Stakeholder, die<br />

von den Unternehmen verlangen, dass sie ihre Maßnahmen<br />

zur Steuerung ihrer Lieferanten vollständig offenlegen. Ein<br />

weiterer neuer Standard ist die <strong>Global</strong> Reporting Initiative.<br />

Diese beinhaltet mehrere Leistungsindikatoren zum Lieferkettenmanagement,<br />

die über Menschenrechtsfragen hinausgehen.<br />

Daneben haben Investoren wie RobecoSAM begonnen, die<br />

Unternehmen zu fragen, wie sie ihre Lieferketten managen.<br />

So wollen sie feststellen, ob Unternehmen ihre ausgelagerten<br />

Reputationsrisiken und ihre ausgelagerte unternehmerische<br />

Verantwortung effektiv managen.<br />

Mehr als Audits und Bewertungen<br />

RobecoSAM wird die eigene Rahmenstruktur zur Bewertung<br />

des Lieferkettenmanagements kontinuierlich weiterentwickeln<br />

und optimieren, um bei den Unternehmen ein besseres Verständnis<br />

und Management von Lieferkettenrisiken und -chancen<br />

zu fördern. Der wachsende Konsens unter Unternehmen und<br />

Anlegern bezüglich der finanzwirtschaftlichen Bedeutung des<br />

Lieferkettenmanagements ist ermutigend. Vor allem wird dies<br />

helfen, die Dynamik in diesem Bereich aufrechtzuerhalten und<br />

die Umsetzung nachhaltiger Praktiken weiter zu fördern.<br />

Über die AutorIN<br />

Ida Karlsson ist Head of Sustainability Application & Operations,<br />

RobecoSAM, Zürich<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

11


Agenda<br />

Social Compliance<br />

Ein unterschätzter Wettbewerbsfaktor<br />

<strong>Deutschland</strong> ist mit seinen Wirtschaftsstrukturen stark in den globalen Handel eingebunden:<br />

Rund 31 Mrd. Arbeitsstunden werden jedes Jahr außerhalb <strong>Deutschland</strong>s geleistet, um die<br />

Nachfrage des deutschen Marktes nach Produkten und Dienstleistungen zu decken. Auf zwei<br />

in <strong>Deutschland</strong> geleistete Arbeitsstunden kommt somit eine im Ausland.<br />

Von Torben Kehne und Hubertus Drinkuth<br />

Zwei Drittel der für <strong>Deutschland</strong> im Ausland geleisteten<br />

Arbeitsstunden unterliegen einem erhöhten Risiko, unter<br />

schlechten Arbeitsbedingungen abgeleistet zu werden. Die<br />

Textilindustrie verzeichnet mit 3,4 Mrd. Stunden bei weitem<br />

die meisten Risikostunden. Aber auch andere Industrien, wie<br />

die Elektronikindustrie mit 1,7 Mrd. Stunden oder der Fahrzeugbau<br />

mit 1,2 Mrd. Stunden, haben signifikante Risiken in<br />

ihren Lieferketten (vgl. Abbildung 1).<br />

Diese gewaltige Anzahl an Risikostunden kumuliert dabei über<br />

alle Stufen der Lieferkette. Wo genau in der Lieferkette die<br />

Risiken anfallen ist brancheabhängig. So liegt z. B. für einen<br />

deutschen Textilhändler der größte Anteil an Risikostunden<br />

bereits in der 1. Stufe der Lieferanten (Tier 1). Grund dafür ist,<br />

dass Bekleidungsunternehmen häufig in Regionen einkaufen,<br />

in denen risikoreichere Arbeitsbedingungen vorherrschen<br />

(z. B. Bangladesch).<br />

Umgekehrt ist es im Fahrzeugbau: Die direkten Lieferanten<br />

(„Tier 1“) sind häufig in <strong>Deutschland</strong> ansässig und verfügen<br />

somit über risikoärmere Strukturen. Diese Tier 1 Lieferanten<br />

greifen allerdings auf Lieferanten mit Fertigungsstätten in<br />

risikoreicheren Ländern zurück (z. B. China). Die Risikostunden<br />

akkumulieren sich damit für den Fahrzeugbau eher weiter<br />

unten in der Lieferkette (Tier 2, 3, 4-n) (vgl. Abbildung 2).<br />

Wenig verwunderlich ist, dass mit jeder Tierstufe industrielle<br />

Vorprodukte sowie Produkte der Landwirtschaft und Rohstoffgewinnung<br />

an Bedeutung gewinnen und das Gesamtrisiko<br />

maßgeblich beeinflussen (vgl. Abbildung 3). Damit fallen<br />

viele Menschenrechtsverletzungen in Tier-Stufen an, die –<br />

z. B. aus Sicht eines deutschen Fahrzeugbauers – zunächst<br />

irrelevant erscheinen, weil es zu diesen Vor-Vorlieferanten<br />

keine direkten Vertragsbeziehungen gibt. Dies gilt aber nur so<br />

lange, bis ein Nachweis erbracht wird, dass Produkte aus eben<br />

diesen Tier-Stufen in ein bekanntes Markenprodukt einfließen.<br />

In der Öffentlichkeit wird dann wenig differenziert und die<br />

Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen wird klar<br />

dem Markenunternehmen zugeschrieben.<br />

Dass diese Sichtweise bereits heute Realität ist, zeigt eine<br />

Veröffentlichung von Greenpeace aus dem Mai 2012, die<br />

einer Reihe von namhaften Automobilherstellern vorwirft,<br />

dass in ihren Lieferketten bei der Herstellung von Roheisen<br />

in Brasilien neben illegaler Abholzung des Regenwaldes auch<br />

Abb. 1 : Top-10-Branchen (Privatwirtschaft)<br />

nach Risikostunden in der Lieferkette –<br />

Zahl der Risikostunden in Mrd.<br />

Abb. 2 : Anteil von Risikostunden nach einzelnen Stufen<br />

in der Lieferkette<br />

Textil<br />

Touristik<br />

Elektronik<br />

Lebensmittel<br />

Baugewerbe<br />

Fahrzeugbau<br />

Logistik<br />

1,2<br />

1,2<br />

0,9<br />

1,7<br />

1,6<br />

2,1<br />

3,4<br />

Deutscher Fahrzeugbau<br />

14 %<br />

23 %<br />

21 %<br />

42 %<br />

Deutscher Textilhandel<br />

35 %<br />

28 %<br />

17 % 20 %<br />

Möbel und Wohnaccessoires<br />

0,8<br />

Maschinenbau<br />

0,8<br />

Chemische Industrie<br />

0,4<br />

| Quelle: Systain }<br />

Tier 1<br />

Tier 2 Tier 3 Tier 4-n Tier 1 Tier 2 Tier 3 Tier 4-n<br />

12<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Lieferkettenmanagement<br />

Abb. 3 : Verteilung der Risikostunden in der Lieferkette<br />

des deutschen Fahrzeugbaus nach Sektoren und<br />

Tier-Stufen<br />

45 %<br />

40 %<br />

35 %<br />

30 %<br />

25 %<br />

20 %<br />

15 %<br />

sonstige Sektoren<br />

(z. B. Baugewerbe,<br />

Finanzdienstleistungen)<br />

Industrieprodukte<br />

Transporte, Mobilität<br />

und Telekommunikation<br />

Energie<br />

industrielle<br />

Vorprodukte<br />

10 %<br />

5 %<br />

0 %<br />

Tier 1 Tier 2 Tier 3 Tier 4-n<br />

Landwirtschaft und<br />

Rohstoffgewinnung<br />

Quelle: Systain<br />

Zwangsarbeit und massive Verstöße gegen Gesundheits- und<br />

Sicherheitsstandards stattfinden. Mit diesem Bericht griff Greenpeace<br />

2012 ein Thema wieder auf, das bereits im November<br />

2006 durch Bloomberg in die Öffentlichkeit getragen wurde.<br />

Es ist unbestreitbar: Das Thema Arbeitsbedingungen in der<br />

Lieferkette hat Auswirkungen auf den Unternehmenswert.<br />

Dabei sind vier wesentliche Werttreiber zu unterscheiden<br />

(vgl. Abbildung 4):<br />

Reputation: Unternehmen sind auf eine gute Reputation angewiesen,<br />

sowohl intern, um die Ansprüche bestehender und<br />

Abb. 4 : Social Compliance in internationalen Lieferketten<br />

birgt Risiken, eröffnet aber auch Chancen<br />

RISIKEN<br />

REPUTATION<br />

LIEFERSICHERHEIT<br />

QUALITÄT<br />

REGULIERUNG<br />

CHANCEN<br />

Quelle: Systain<br />

potenzieller neuer Mitarbeiter an das Unternehmen zu erfüllen,<br />

als auch extern, beispielsweise um relevante Käufergruppen zu<br />

erhalten oder zu erschließen. Durch die international immer<br />

stärkere Vernetzung und Digitalisierung der Medien steigt die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass bestehende Probleme in Lieferketten<br />

schnell aufgedeckt und bekannt werden. Im Falle von „Social<br />

Non-Compliance“ in der Lieferkette sind negative Reputation<br />

für ein Unternehmen heute sehr wahrscheinlich.<br />

Liefersicherheit: Schlechte Arbeitsbedingungen bergen ein erhebliches<br />

operationelles Risiko. Kommt es zum Ausfall einer<br />

Fertigungsstätte (z. B. durch Streik oder Brand), fehlen schlagartig<br />

Fertigungskapazitäten in der Lieferkette. D.h. meist<br />

können Aufträge, die bei den betroffenen Fabriken platziert<br />

wurden, nicht schnell genug auf andere Fabriken umgeleitet<br />

werden und in der Folge fehlen Vorprodukte und / oder die<br />

Waren zum Verkauf.<br />

Qualität: Weiterhin fördern schlechte Arbeitsbedingungen die<br />

Mitarbeiterfluktuation. Eine erhöhte Wechselbereitschaft in<br />

der Mitarbeiterschaft erschwert es Unternehmen z. B. erheblich,<br />

eine gleichbleibende Qualität ihrer Produkte sicherzustellen<br />

bzw. Qualitätsanforderungen ihrer Kunden zu erfüllen. Es<br />

kommt zudem zu Ineffizienzen im Produktionsablauf. Beides<br />

führt zu höheren Kosten und zu Frustrationen in der Kunde-<br />

Lieferant-Beziehung.<br />

Regulierung: Politische Instanzen erwarten zunehmend, dass<br />

gute Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Unternehmen<br />

in Kalifornien müssen seit dem 1. Januar 2012 darüber berichten,<br />

wie sie sicherstellen, dass ihre Lieferketten frei von<br />

Sklaverei und Menschenhandel sind. Es gibt darüber hinaus<br />

bereits Fälle, in denen Markenunternehmen für die Pro- >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

13


Agenda<br />

duktionsbedingungen in ihren Lieferketten haftbar gemacht werden.<br />

Bekanntestes Beispiel sind die „Saipan Lawsuits“, bei denen<br />

26 US-amerikanische Einzelhändler und 23 Textilfabriken<br />

wegen schlechter Arbeitsbedingungen in den Produktionsbetrieben<br />

verklagt wurden und einem Vergleich in Höhe von<br />

insgesamt rund 20 Mio. US-Dollar zustimmten.<br />

Natürlich darf nicht nur die Risikoseite von Social Compliance<br />

betrachtet werden. Im Umkehrschluss ergeben sich positive<br />

Umsatz- und Ergebniseffekte, wenn Arbeitsbedingungen in<br />

der Lieferkette professionell gemanagt werden: Die Zuverlässigkeit<br />

der Lieferkette wird verbessert, die Akzeptanz von<br />

Kundengruppen für Produkte steigt, Markenwerte werden<br />

erhöht und Effizienzsteigerungen in der Beschaffung möglich.<br />

Trotz dieses Wissens ist es verwunderlich, dass Unternehmen<br />

die Potentiale von Social Compliance noch nicht ausschöpfen.<br />

Doch dies wird sich ändern: Das Thema Arbeitsbedingungen<br />

in der Lieferkette wird einen ähnlichen Weg nehmen wie ihn<br />

das Thema Qualität in den letzten 40 Jahren genommen hat.<br />

Ausgelöst durch eine Qualitäts- und Produktivitätsrevolution<br />

in Japan hatten Unternehmen in anderen Industriestaaten<br />

zunächst ihre internen Fähigkeiten für ein besseres Qualitätsmanagement<br />

erhöht, um dann zu realisieren, dass ohne<br />

Einbindung der Lieferkette keine durchgreifenden Erfolge<br />

erreicht werden können. Heute ist ein integriertes, Supply-<br />

Chain übergreifendes Qualitätsmanagement Standard (vgl.<br />

Abbildung 5).<br />

Fast spiegelbildlich findet dieser Prozess heute zum Thema<br />

Sozialverantwortung statt. In den vergangenen Jahren haben<br />

Unternehmen damit begonnen, die Arbeitsbedingungen im<br />

eigenen Hause zu hinterfragen. Sie haben z. B. Maßnahmen<br />

zur Mitarbeiterzufriedenheit oder Mitarbeitergesundheit<br />

ergriffen. Jetzt setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine weitere<br />

Verbesserung u. a. davon abhängt, dass mindestens die<br />

grundlegenden Standards guter Arbeitsbedingungen in der<br />

Supply Chain eingehalten werden. Das Management von Social<br />

Compliance in der Lieferkette wird zum Wettbewerbsfaktor<br />

und bekommt Geschäftsführungsrelevanz.<br />

Damit stellt sich die Frage, wie dieses Thema von Unternehmen<br />

anzugehen ist. Es gibt keinen „One size fits all“-Ansatz für<br />

gute Arbeitsbedingungen. Unternehmen müssen sich jeweils<br />

in ihrem spezifischen Unternehmenskontext mit dem Thema<br />

auseinanderzusetzen. Dies kann in vier Schritten erfolgen.<br />

Im ersten Schritt müssen die Anforderungen eines Unternehmens<br />

an die Lieferkette erfasst und Transparenz über die Lieferkette<br />

erreicht werden: Von welchen Lieferanten aus welchen<br />

Ländern werden welche Vorprodukte bezogen? Wo und wie<br />

beschaffen diese Lieferanten wiederum ihre Vorprodukte usw.<br />

Transparenz ist nicht selten die größte Herausforderung, da<br />

viele Unternehmen über ihre direkten Zulieferer hinaus nicht<br />

wissen, wo ihre Vorprodukte herkommen.<br />

Um diese Wissenslücken zu schließen, gibt es neue Analysemöglichkeiten.<br />

Lebenszyklusmodelle, multiregionale Input-<br />

Output-Verfahren und Datenbanken zu globalen Sozialrisiken<br />

ermöglichen heute eine aussagekräftige Orientierung, in<br />

welchen Ländern, Branchen und auf welcher Stufe in der<br />

Lieferkette Social Compliance Risiken existieren.<br />

Ist die Lieferkette strukturell analysiert und weiß ein Unternehmen,<br />

wo und in welchem Umfang mit erhöhten Risiken<br />

zu rechnen ist, werden in einem zweiten Schritt die jeweiligen<br />

Chancen und Risiken bewertet. Dafür sollten die vier Dimensionen<br />

Reputation, Liefersicherheit, Qualität und Regulierung<br />

herangezogen (s. o.) werden. Die Bewertung erlaubt eine<br />

Priorisierung der Handlungsfelder.<br />

Abb. 5 : Meilensteine des Qualitätsmanagements<br />

bis ca. 1951 ab ca. 1951 1990 2000<br />

Entwicklung von<br />

QM-Konzepten in<br />

den USA<br />

Weiterentwicklung<br />

und erfolgreiche<br />

Umsetzung in Japan<br />

Adaption der japanischen<br />

Konzepte in den USA und<br />

Europa<br />

Verstärkter Einbezug<br />

von Lieferanten in<br />

QM-Systeme<br />

Vorläufer des<br />

Total-Quality-<br />

Management-<br />

Konzepts (TQM)<br />

werden entwickelt<br />

Quelle: Systain<br />

Kontinuierlicher<br />

Verbesserungsprozess<br />

(Kaizen)<br />

Company-Wide<br />

Quality Control (CWQC)<br />

Qualität als<br />

strategisches<br />

Unternehmensziel<br />

Entwicklung des EFQM-<br />

Excellence-Modells in Europa<br />

Flächendeckender Einsatz von<br />

Failure Mode and Effects Analysis<br />

(FMEA) in der Automobil-<br />

Zulieferindustrie<br />

Entwicklung von<br />

Six Sigma<br />

in den USA<br />

Weltweit verbreiteter<br />

Einsatz der Normreihe<br />

ISO 9000<br />

Breiter Einsatz von<br />

Six Sigma bei Lieferanten<br />

von Großunternehmen<br />

Standardisierte Evaluation der<br />

Prozessqualität bei Lieferanten<br />

(z. B. ISO / IEC 15504)<br />

Entwicklung und Einsatz<br />

von Lean Six Sigma<br />

Branchenweite<br />

Qualitätsanforderungen<br />

für Automobilzulieferer<br />

nach ISO / TS 16949<br />

14<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Lieferkettenmanagement<br />

WAS steckt alles in<br />

fertigen Produkten?<br />

Für die priorisierten Handlungsfelder müssen in einem dritten<br />

Schritt die tatsächliche Situation der Arbeitsbedingungen in<br />

der Lieferkette identifiziert werden. Hierzu können Ergebnisse<br />

von Self-Assessments, Erkenntnisse von standardisierten oder<br />

firmenspezifischen Assessments vor Ort (Audits) sowie externer<br />

Stakeholder herangezogen werden. Dabei gilt es, eine qualitativ<br />

möglichst gute Evaluierung der Situation in der Vielzahl<br />

verschiedener Fertigungsstätten zu erhalten.<br />

Sollte die Bestandsaufnahme im dritten Schritt ergeben, dass<br />

es Bereiche mit Handlungsbedarf gibt, werden Qualifizierungsmaßnahmen<br />

der Produktionsstätten notwendig (Schritt 4).<br />

Dazu müssen die Ursachen für die Social Compliance Probleme<br />

im Detail identifiziert und zusammengetragen werden, um<br />

darauf aufbauend eine angepasste Qualifizierung einzuleiten.<br />

Hierbei müssen sich das beschaffende Unternehmen und die<br />

Lieferanten einbringen.<br />

Es gilt, dem Lieferanten zu veranschaulichen, warum die<br />

gestellten Anforderungen eine Relevanz für sein eigenes Unternehmen<br />

haben. Die Qualifizierung kann von individuellen<br />

Programmen in einer Fertigungsstätte bis zu Workshops mit<br />

einer Gruppe von Lieferanten reichen.<br />

Diese vier Schritte sind in einem kontinuierlichen Prozess zu<br />

durchlaufen, um so die Potenziale, die sich aus guten Arbeitsbedingungen<br />

in der Lieferkette ergeben, sukzessiv auszuschöpfen.<br />

Abschließend lässt sich festhalten, dass ein zukünftiges Supply<br />

Chain Management nur dann erfolgreich sein wird, wenn<br />

Arbeitsbedingungen als integraler Bestandteil des Lieferantenoder<br />

Supply Chain Managements verstanden und von Beginn<br />

an strategisch verankert werden. Dazu muss der Umgang mit<br />

Social Compliance in der Lieferkette zum einen als Bestandteil<br />

der Unternehmensstrategie definiert werden, zum anderen<br />

müssen sich die oben skizzierten Aktivitäten im konkreten<br />

Einkaufsverhalten widerspiegeln.<br />

Über die Autoren<br />

Torben Kehne, Director Social Compliance, und<br />

Hubertus Drinkuth, Managing Director, Systain Consulting GmbH<br />

www.systain.com<br />

Keine Kinderarbeit bei Lieferanten, Mindestlöhne,<br />

Energiezertifikate, Umweltlabel: In einer globalisierten<br />

Warenwelt gewinnen Informationen über Nachhaltigkeit<br />

für das Risikomanagement von Unternehmen<br />

immer mehr an Bedeutung. Zahlreiche Normen,<br />

die sich oft auf umfassende internationale Vereinbarungen<br />

stützen, müssen eingehalten werden. Auch<br />

kleinere Unternehmen in der Lieferkette müssen<br />

wissen, unter welchen Bedingungen beispielsweise<br />

Vorprodukte, die sie selbst einkaufen, hergestellt<br />

werden. Denn sie müssen selbst eine Vielzahl an<br />

Qualitätsgarantien und Verpflichtungserklärungen<br />

abgeben, um ihre Endprodukte auf dem Markt zu halten<br />

und den steigenden Anforderungen an sie selbst<br />

als Lieferanten großer Abnehmer gerecht zu werden.<br />

„Bei der aktuellen Vielzahl der Normen überblicken<br />

viele kleine Unternehmen oft nicht vollständig,<br />

was sie da im Detail eigentlich unterschreiben und<br />

welche Risiken sie konkret eingehen“, ist Dr. Sandra<br />

Klute, Qualitätsmanagerin am Institut für Forschung<br />

und Transfer (RIF) in Dortmund überzeugt. Deshalb<br />

entwickelt RIF ein Werkzeug, mit dem kleine und<br />

mittlere Unternehmen selbst einschätzen können,<br />

wie gut sie die Forderungen der Normen und ihrer<br />

Kunden erfüllen und was noch zu verbessern ist.<br />

Oft sind es die Geschäftsführer selbst oder auch<br />

die Qualitätsmanagementbeauftragten, die sich in<br />

kleinen und mittleren Unternehmen mit Qualitätsund<br />

Risikomanagement auseinandersetzen. „Unsere<br />

Befragungen zeigen: Grundsätzlich besteht der<br />

Wille, alle Standards einzuhalten, aber viele Manager<br />

haben gerade bei Fragen zum Thema Nachhaltigkeit,<br />

wie zum Beispiel der Einhaltung sozialer Mindeststandards,<br />

wenig Detailkenntnisse. Die brauchen sie<br />

aber, um zum Beispiel einschätzen zu können, ob<br />

das Dokument, das ihnen ein Zulieferer aus anderen<br />

Kulturkreisen vorlegt, tatsächlich ein belastbarer<br />

Nachweis für die Einhaltung von Mindestlöhnen und<br />

Mindeststandards zur Arbeitssicherheit in den Ursprungsländern<br />

ist“, sagt Dr. Sandra Klute. Denn die<br />

Risiken sind nicht zu unterschätzen: Stellt sich heraus,<br />

dass ein Unternehmen – wenn auch unwissentlich<br />

– „faule“ Ware vom Vorlieferanten mit verkauft<br />

hat, können nicht nur dauerhafte Umsatzverluste,<br />

sondern oft auch Regressansprüche und Imageschäden<br />

existenzbedrohende Ausmaße annehmen.<br />

Mehr zum RIF-Projekt „Nachhaltigkeitsorientiertes<br />

Risikomanagement“ unter www.narisko.de<br />

Quelle: UmweltDialog.de<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

15


Agenda<br />

Lieferantenmanagement :<br />

Lösungen für den Mittelstand<br />

In einer globalen Weltwirtschaft sind Herstellung und Handel über den gesamten Globus verteilt. Das bringt<br />

enorme Vorteile etwa bei Produktionskosten, Vertrieb und Kundenbetreuung. Andererseits müssen Unternehmen<br />

auch lernen, mit den ausgelagerten Risiken umzugehen. Die Überprüfung von Zulieferbetrieben nach Qualitäts- und<br />

rechtlichen Fragen sowie Umwelt- und Sozialverträglichkeit wird immer aufwändiger. Das betrifft nicht nur die<br />

Auftraggeber, sondern genauso auch die Zulieferer, die gegenüber ihren Geschäftspartnern detaillierte Auskünfte<br />

über ihre wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Leistungen geben müssen. Vor allem mittelständische<br />

Unternehmen stoßen hier schnell an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Mit dem Bundesministerium für<br />

Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) haben gleich<br />

zwei Bundesministerien hier praktische Lösungsansätze vorgestellt. Während man beim BMZ auf bewährte Methoden<br />

wie Datenbanken und Gemeinsames Lernen setzt, basiert die vom BMAS initiierte Idee auf einer gemeinsamen<br />

Plattform für Supply Chain-Management. Noch handelt es sich dabei allerdings erst um eine Vorstudie.<br />

16<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Lieferkettenmanagement<br />

BMZ: Kompass Nachhaltigkeit<br />

Der KOMPASS NACHHALTIGKEIT unterstützt kleine und<br />

mittlere Unternehmen (KMU) auf dem Weg zu einer sozial<br />

und ökologisch nachhaltigen Beschaffung: Mit praktischen<br />

Informationen & Tools, einer Datenbank zu Nachhaltigkeitsstandards,<br />

Beispielen und vielem mehr. Entwickelt wurde die<br />

Webseite von der GIZ und dem BMZ. Dazu heißt es:<br />

Was ist nachhaltige Beschaffung?<br />

Nachhaltige Beschaffung soll die Einhaltung von sozialen<br />

und ökologischen (Mindest-) Anforderungen über die ganze<br />

Lieferantenkette einer Organisation auf der Basis ökonomischer<br />

Nachhaltigkeit sicherstellen. Es umfasst die Planung,<br />

Umsetzung und Überwachung der notwendigen Instrumente<br />

und Abläufe zur Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards<br />

bei Lieferanten.<br />

Warum nachhaltig beschaffen?<br />

• Risikominimierung von Verletzungen grundlegender sozialer<br />

und ökologischer Standards in der Lieferantenkette<br />

• Einsparungspotential durch effizientere Ressourcennutzung<br />

• Imageverbesserung der Organisation in der Öffentlichkeit,<br />

bei Kunden und Mitarbeitern<br />

• Erhöhung der Qualität und Effizienz der Austauschbeziehungen<br />

zu Lieferanten<br />

• Ermöglichung positiver Einflussnahme auf ökologische und<br />

soziale Entwicklungen<br />

Für wen ist nachhaltige Beschaffung ein Thema?<br />

• Für Unternehmen und Organisationen, deren Beschaffungsmärkte<br />

in Entwicklungs- und Schwellenländern liegen.<br />

Was beinhaltet nachhaltige Beschaffung im Wesentlichen?<br />

• Verhaltenskodex definieren<br />

• Lieferanten zur Einhaltung des Verhaltenskodex verpflichten<br />

• Risikoreiche Lieferanten kontrollieren<br />

• Über weitere Zusammenarbeit entscheiden<br />

Kritik:<br />

Vom kritischen Netzwerk Corporate Accountability (CorA)<br />

wird die GIZ/BMZ-Entwicklung allerdings heftig kritisiert: Es<br />

würden Standards und Module kommentarlos aufgelistet, ohne<br />

die Qualitätsunterschiede aufzuzeigen. Das führe zu einem<br />

Nutzerverhalten nach dem Motto „Hauptsache, es erfüllt einen<br />

Standard“. Die NGOs fordern deshalb eine Nachbesserung in<br />

der Form, dass Anbieter und Standardsysteme nach Qualitätskriterien<br />

differenziert werden.<br />

kompass-nachhaltigkeit.de<br />

>><br />

Prozessphasen und Instrumente<br />

Der dargestellte Prozess ermöglicht eine systematische Herangehensweise an des Management von sozialen und ökologischen<br />

Themen in der Lieferantenkette. Zu den fünf Schritten werden jeweils konkrete Instrument zur Umsetzung beschrieben.<br />

Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 Schritt 4 Schritt 5<br />

Beschaffungs-<br />

management-<br />

Analyse<br />

Beschaffungsstrategie<br />

Produktbewertung<br />

Lieferantenverpflichtung<br />

Indikatoren<br />

Lieferketten-<br />

Analyse<br />

Verhaltenskodex<br />

Bewertung der<br />

Zulieferer<br />

Selbstbewertung<br />

Berichterstattung<br />

Länder- und<br />

Branchenrisiko-<br />

Analyse<br />

Risikobsierte<br />

Maßnahmendefinition<br />

Unterstützungsmaßnahmen<br />

Analyse von<br />

Standards<br />

Interne<br />

Verankerung<br />

Audits<br />

Quelle: BMZ<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

17


Agenda<br />

BMAS: Gemeinsame Plattform<br />

Zahlreiche Initiativen dokumentieren das Bedürfnis und den<br />

Bedarf des Mittelstandes nach Lösungen für ein effektiveres<br />

Supply Chain-Management. Als Teil der Supply Chain größerer<br />

Konzerne ist es dem Mittelstand zunehmend weniger möglich,<br />

CSR als eine „freiwillige Option“ zu betrachten. Vielmehr<br />

werde man vertraglich oder faktisch gezwungen, die eigene<br />

Supply Chain im Sinne der Nachhaltigkeit zu managen und<br />

den Druck an die eigenen Zulieferunternehmen weiterzugeben.<br />

Eine Vorstudie von PwC und Johanssen + Kretschmer im Auftrag<br />

des BMAS untersuchte, ob eine übersichtliche, offene und<br />

unabhängige Plattform von kleineren und mittelständischen<br />

Unternehmen sowie der Industrie als möglicher Lösungsansatz<br />

zum CSR Supply Chain-Management akzeptiert würde.<br />

Hierbei zeichnet sich ein möglicher Weg ab, der einerseits<br />

strukturierte und quantifizierbare Daten abfragt, andererseits<br />

aber auch Raum für die offene Beantwortung von nachhaltigkeitsrelevanten<br />

Fragen lässt. Positiv bewertet wurde ein<br />

erster fachlicher Vorschlag für einen reduzierten Performancerahmen,<br />

der damit auch Grundlage für eine Weiterführung der<br />

konstruktiven und offenen Mittelstandsdialoge bilden kann.<br />

Voraussetzungen für eine Plattform:<br />

• Freiwilligkeit als zentrale Grundvoraussetzung<br />

• Entlastung statt Zusatzbelastungen<br />

• Ersatz von Fragebögen<br />

• Beitrag zur Risikobewertung<br />

• Offener Ansatz: Möglichkeit zur Teilnahme unabhängig von<br />

Firmen-Größe<br />

• Kompatibilität zu anderen Initiativen oder Plattformen (etwa<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>)<br />

• Zumindest europaweite, tendenziell aber auch internationale<br />

Einsetzbarkeit<br />

• Glaubwürdige Vermarktung<br />

• Ansprache und Beteiligung der großen Unternehmen<br />

• Staatliche Anschubfinanzierung<br />

Kritik:<br />

Große Teile des Mittelstandes stehen der Einführung eines<br />

nachhaltigen Beschaffungsmanagements abwartend gegenüber,<br />

ergab die Studie. Viele KMUs sind zwar ökologisch und / oder<br />

sozial engagiert, aber dieses Engagement ist nur selten strategisch<br />

ausgerichtet. „Im Normalfall wird auf Kundenwünsche<br />

reagiert – nicht aber antizipativ im Sinne der Erlangung von<br />

Wettbewerbsvorteilen gehandelt. Insbesondere wird befürchtet,<br />

dass eine Neuausrichtung des betriebsinternen Beschaffungs- /<br />

Lieferwesens mit zusätzlichen Kosten und einem größeren<br />

zeitlichen Aufwand verbunden sein wird“, so die Autoren der<br />

Vorstudie weiter. „Als große Herausforderung wird vor allem<br />

die Frage empfunden, wie eine Standardisierung in der Form<br />

erfolgen kann, dass diese sowohl den Anforderungen der unterschiedlichen<br />

Branchen gerecht wird als auch eine qualitativ<br />

hochwertige Umsetzung hinsichtlich CSR-Standards – also<br />

nicht den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ – gewährleistet.“<br />

Widerstand gibt es erstaunlicherweise auch von den Unternehmen,<br />

die beim Thema CSR schon sehr weit sind: Die Vorstudie<br />

kommt zu dem Schluss, dass sich vor allem Vorreiter<br />

nicht dazu bewegen lassen, einen „Rückschritt“ zu einem<br />

Minimalkonsens zu machen. „Dies gelte umso mehr, als die<br />

sehr intensive Auseinandersetzung mit CSR zu einem Alleinstellungsmerkmal<br />

vieler Unternehmen gegenüber ihren<br />

Wettbewerbern geworden ist.“<br />

Mehr unter csr-in-deutschland.de<br />

18<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Lieferkettenmanagement<br />

problemfAll 1<br />

Jeans: Textilarbeiter bezahlen<br />

mit Gesundheit<br />

Die Sandstrahl-Technik wird immer noch von zahlreichen<br />

Textilunternehmen zur günstigen und schnellen Produktion<br />

von „Used-Look“-Jeans eingesetzt, obwohl dadurch die Fabrikarbeiter<br />

gesundheitlich extrem gefährdet werden. Das fand<br />

eine Studie der Clean Clothes Campaign (CCC) heraus. Bei der<br />

Sandstrahl-Technik wird das dunkle Indigo-Blau der Jeans an<br />

bestimmten Stellen durch das Aufstrahlen von Sand abgetragen.<br />

Dabei lösen sich Quarzpartikel, die dann in die Atemwege<br />

der Arbeiter gelangen. Der feine Staub setzt sich in der Lunge<br />

der Sandstrahler ab und kann zu schweren Atemproblemen<br />

führen. Auch tödliche Krankheiten wie Silikose, die sogenannte<br />

Staublunge, oder Lungenkrebs können entstehen, so eine Studie<br />

des „The Eurasian Journal of Medicine“. Im schlimmsten Fall<br />

können die Ablagerungen in der Lunge zum Tod durch Ersticken<br />

führen, was die Jeans zur „Killer Jeans“ macht.<br />

„Es ist schockierend, dass Unternehmen das Sandstrahlen verbieten, um ihren Ruf zu retten, gleichzeitig aber weiterhin die<br />

Arbeiterinnen und Arbeiter einer tödlichen Gefahr aussetzen!“, sagt Lars Stubbe, Eilaktionskoordinator der Kampagne für<br />

Saubere Kleidung bei der Menschenrechtsorganisation INKOTA. Die aktuelle Studie „Deadly Denim: Sandblasting in the<br />

Bangladesh Garment Industry“ hat nämlich durch Arbeiterberichte und Experten-Interviews herausgefunden, dass viele<br />

Unternehmen, die bereits ein öffentliches Verbot der Technik ausgesprochen hatten, in Ländern wie etwa Bangladesch<br />

weiterhin sandstrahlen lassen. Dazu gehören unter anderem Marken wie H&M, Levi’s, C&A, Esprit, Lee, Zara oder Diesel.<br />

Aufgrund des „tödlichen Gesundheitsrisikos“ für die Arbeiter fordert die Clean Clothes Campaign ein absolutes Verbot der<br />

Sandstrahl-Technik innerhalb der Unternehmen und ihrer Zuliefererbetriebe.<br />

problemfAll 2<br />

Outdoor-Jacken dünsten<br />

Chemikalien aus<br />

Unabhängige Labore haben im Auftrag von Greenpeace<br />

17 Outdoor-Artikel auf per- und polyfluorierte Chemikalien<br />

(PFC) und andere Schadstoffe geprüft. In allen Proben<br />

wurden PFC nachgewiesen. „Die Outdoor-Branche wirbt<br />

nach wie vor mit unberührter Natur. Aber ihre Kleidung<br />

enthält Schadstoffe, die sich inzwischen rund um den<br />

Globus nachweisen lassen. Das ist vor allem ein Problem<br />

in den Produktionsländern. Aber auch bei uns finden<br />

wir PFC in der Umwelt, im Trinkwasser und im menschlichen<br />

Blut“, sagt Manfred Santen, Chemie-Experte<br />

von Greenpeace. PFC lassen Wasser und Schmutz von<br />

Outdoor-Kleidung abperlen und finden sich auch in den<br />

innen liegenden wasserdichten Membranen (zum Beispiel<br />

Gore-Tex). Alternativen sind bereits auf dem Markt.<br />

„Verbraucher sollten prüfen, ob sie eine Regenjacke für<br />

den Gipfelsturm oder für einen Spaziergang benötigen“,<br />

sagt Santen. „Es gibt bereits fluorfreie Alternativen.<br />

Auch diese Kleidung ist winddicht, atmungsaktiv und hält<br />

einem Wolkenbruch stand.“<br />

problemfAll 3<br />

Apple: Chic statt fair<br />

Der US-Technologiekonzern Apple zahlt viel Geld für<br />

Design und Marketing. Bei den Arbeitsbedingungen,<br />

unter denen die Geräte hergestellt werden, wird dagegen<br />

regelmäßig gespart. Selbstmorde beim Zulieferer<br />

Foxconn sind die bekanntesten Belege, aber beileibe<br />

keine Einzelfälle. So steht auch der taiwanesische<br />

Apple-Auftragsfertiger Pegatron wegen der skandalösen<br />

Arbeitsbedingungen im Fokus der Kritik. Die Firma<br />

soll der Organisation China Labour Watch zufolge in drei<br />

Fabriken massive Verstöße gegen das Arbeitsrecht wissentlich<br />

begangen haben. Die Liste der Vorwürfe gegen<br />

Pegatron ist lang: ausufernde Überstunden, Billiglöhne,<br />

Arbeit von Minderjährigen, Vertragsverletzungen,<br />

Misshandlungen des Personals durch Manager, miserable<br />

Unterkünfte sowie gravierende Umweltverschmutzungen<br />

in China. Die Strategie des Apple-Managements,<br />

nach der massiven öffentlichen Kritik am ehemaligen<br />

Hauptzulieferer Foxconn vermehrt Aufträge an Pegatron<br />

zu vergeben, dürfte nicht von Erfolg gekrönt gewesen<br />

sein.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

19


Agenda<br />

„Audits<br />

dauern länger als ein oder zwei Tage!“<br />

Um auf dem internationalen Markt zu bestehen, brauchen Unternehmen funktionierende Zulieferer. In der Praxis<br />

sind gerade Betriebe am Ende der Lieferkette aus Entwicklungs- und Schwellenländern dem globalen Preisdruck<br />

ausgesetzt. Schlimmstenfalls arbeiten dann die Angestellten für wenig Geld unter menschenunwürdigen Bedingungen.<br />

Forderungen nach transparenten Lieferketten und kontrollierten Lieferanten hören sich theoretisch gut an.<br />

Wie Audits sachgemäß die Arbeitssituation in einem Betrieb abbilden können, erklärt uns Richard Karmel von der<br />

internationalen Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Mazars in unserem Interview. Mazars führt weltweit Audits<br />

im Bereich der Menschenrechte durch.<br />

Gisela Burckhardt (Clean Clothes Campaign <strong>Deutschland</strong>) hat gegenüber<br />

Spiegel Online gesagt, dass sich inzwischen eine regelrechte Industrie<br />

von Sozialaudits entwickelt habe. Diese deckten aber nicht wesentliche<br />

Probleme wie etwa das Fehlen von Organisationsfreiheit oder erzwungene<br />

Überstunden auf. Was halten Sie von dieser These?<br />

Richard Karmel: Wenn man bedenkt, was bisher als „Sozialaudit“<br />

bezeichnet wurde, stimme ich der Aussage zu. Der<br />

Begriff wurde in der Vergangenheit oftmals unsachgemäß<br />

verwendet. Tatsächlich wurde er als Grundlage für unterschiedliche<br />

Formen von Zertifikaten benutzt. Nur sehr wenige<br />

dieser Sozialaudits entsprachen dabei Evaluationsrichtlinien<br />

oder wurden von anerkannten professionellen Prüfern durchgeführt.<br />

So täuschte der Begriff „Audit“ eine falsche Sicherheit<br />

vor. Ein Beispiel dafür ist der Brand in der Textilfabrik Tazreen<br />

Fashion in Bangladesch Ende 2012. Tazreen hatte einige Wochen<br />

zuvor ein auditiertes Zertifikat erhalten. Dieses Audit<br />

hatte gerade einmal ein bis zwei Tage gedauert. Aus meiner<br />

Sicht kann man aber keine qualifizierten Antworten aus einer<br />

ein bis zwei Tage andauernden Prüfung ziehen, egal welche<br />

Bereiche evaluiert werden. Innerhalb der Audits, welche wir<br />

beispielsweise zur Überprüfung von „Organisationsfreiheit“<br />

durchführen, befragen wir eine statistisch signifikante Anzahl<br />

von Mitarbeitern. Darüber hinaus überprüfen wir die<br />

dementsprechenden Märkte und beziehen die lokalen Gesetze<br />

ein. Dieser Vorgang, von der Planung bis zur Fertigstellung,<br />

dauert mehrere Wochen.<br />

Mit den „Indicators for Human Rights Compliance” hat Mazars einen<br />

eigenen Standard zur Überprüfung von Menschenrechten in Unternehmen<br />

entwickelt. Erläutern Sie kurz seinen Ansatz. Was machen Sie<br />

bei Mazars besser?<br />

Karmel: Unser Ansatz geht über die herkömmlichen Audits<br />

im Bereich der Menschenrechte hinaus. Momentan versuchen<br />

die meisten Sozialaudits, die bisherigen Einflüsse auf die Arbeitsprozesse<br />

eines Unternehmens zu beurteilen. Damit sind<br />

sie rückwärtsgewandt. Der Ansatz von Mazars überprüft, ob<br />

das Reporting eines Unternehmens an den United Nations<br />

Guiding Principles on Business and Human Rights ausgerichtet<br />

ist. Damit ist unser Audit inhärent zukunftsgewandt und bietet<br />

unseren Kunden dadurch größeren Nutzen. Dementsprechend<br />

überprüfen wir in einem Unternehmen die Strategien, die<br />

Prozesse und die Kontrollen hinsichtlich ihrer Existenz, ihrer<br />

Eignung und ihrer Effektivität. Wenn all diese Punkte in<br />

einem Unternehmen funktionieren, ist es unwahrscheinlich,<br />

dass Arbeitsabläufe die Menschenrechte negativ beeinflussen.<br />

Vielmehr herrscht dann eine Kultur vor, in welcher die Arbeitsbeziehungen<br />

durch das gegenseitige Vertrauen zwischen<br />

Unternehmen und Stakelholdern bestimmt werden. Natürlich<br />

gibt es niemals eine absolute Garantie, da man leider willkürliches<br />

Verhalten einzelner nicht vermeiden kann.<br />

Wie tief analysieren Sie dabei die Lieferkette (Tier 1, Tier 2, Tier 3) ?<br />

Karmel: Ein Audit funktioniert nicht, wenn es als isolierter<br />

Arbeitsvorgang betrachtet wird, dessen Ergebnis die bloße Zertifizierung<br />

des Zulieferers ist. Vielmehr müssen Evaluierungen<br />

als Teil der Unternehmensstrategie angesehen werden. Das<br />

bezieht sich auch auf die gesamte Lieferkette eines Unternehmens.<br />

So evaluieren wir, ob in den Zulieferbetrieben ebenfalls<br />

ähnliche Strategien, Prozesse und Kontrollen verankert sind<br />

und wie effektiv sie arbeiten. Dementsprechend überprüft<br />

der Tier-1-Zulieferer wiederum seine Zulieferer (Tier 2) und<br />

so weiter. Es ist wichtig, dass die Verträge mit den Zulieferern<br />

diese Strategien widerspiegeln. Der Auftraggeber muss die<br />

Möglichkeit haben, die eigenen Zulieferer unangekündigt<br />

besuchen und überprüfen zu können. Wir empfehlen den<br />

Unternehmen, eine Liste jener Betriebe anzulegen, mit welchen<br />

keiner der Zulieferer zusammenarbeiten darf. Diese Liste<br />

sollte an alle Zulieferer auf allen Stufen kommuniziert und<br />

stets aktualisiert werden.<br />

20<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Lieferkettenmanagement<br />

Ein Audit sollte insgesamt als Teil einer übergeordneten<br />

Kommunikation zwischen einem Unternehmen und seinen<br />

Zulieferern angesehen werden. Es muss das ganze Jahr über<br />

einen Dialog über die Probleme und Herausforderungen im<br />

Bereich der Menschenrechte bestehen. Die jeweiligen Verantwortlichen<br />

müssen sich dabei immer fragen, welche sozialen<br />

Auswirkungen bestimmte Entscheidungen haben und wie<br />

diese das Unternehmen beeinflussen.<br />

In asiatischen Ländern zum Beispiel ist die Hemmschwelle bei Mitarbeitern<br />

höher, etwas Negatives zu berichten. Wie können Sie als Prüfer<br />

sicherstellen, dass Sie die Realität abbilden?<br />

Karmel: Manchmal ist das Zögern, negative Themen anzusprechen,<br />

ein direktes Resultat kultureller Diversität oder<br />

kultureller und sozialer Hierarchien. Mazars schützt sich<br />

dagegen, indem wir ein Team aus einheimischen und auswärtigen<br />

Mitarbeitern einsetzen. Das erlaubt uns, Projekte<br />

in Übersee durchzuführen und dort Personal einzusetzen,<br />

das nicht aus dem zu überprüfenden Land kommt. Dadurch<br />

stellen wir sicher, dass die richtigen Personen die richtigen<br />

Fragen stellen. Denn auswärtige Mitarbeiter werden nicht<br />

durch tiefverwurzelte kulturelle Befindlichkeiten beeinflusst.<br />

Wenn wir beispielsweise in Indien arbeiten, liegt die Projektleitung<br />

in den Händen von Mitarbeitern aus Großbritannien.<br />

Diese führen dann die Befragungen durch, wenn ortanasässige<br />

Mitarbeiter bei ihrer Tätigkeit durch die kulturellen Begebenheiten<br />

beeinträchtigt werden könnten. Dadurch eliminieren<br />

wir die Risiken, dass Rücksichtnahme gegenüber Vorgesetzten<br />

oder die Abneigung, direkte Fragen zu stellen, die Ergebnisse<br />

vernebeln.<br />

Obgleich die Themen bezüglich des Kastensystems in Indien<br />

bekannt sind, darf nicht vergessen werden, dass es auch ohne<br />

Kastensystem soziale Stratifikationen gibt. Indem wir diesen<br />

Punkt aus der Gleichung nehmen, gewährleisten wir, dass<br />

auch negative Aspekte in Gänze beleuchtet werden; unsere<br />

Mitarbeiter sind darin ausgebildet, so lange nachzufragen, bis<br />

sie zufriedenstellende Antworten bekommen. Ein weiterer<br />

Vorteil eines gemischten Teams ist, dass die ortsansässigen<br />

Mitarbeiter die jeweiligen kulturellen Befindlichkeiten und<br />

Überlegungen kennen. Solche Nuancen sind von entscheidender<br />

Bedeutung.<br />

Was denken Sie über den Prozess der Auswahl der Zulieferer? Liegt<br />

das Problem nicht schon grundsätzlich in der falschen Auswahl der<br />

Lieferanten? Wie erkennt ein Unternehmen die „schwarzen Schafe“ in<br />

seiner Branche?<br />

Karmel: Bisher haben nur wenige große Unternehmen Verhaltensregeln<br />

im Bereich der Beschaffung aufgestellt, die<br />

speziell auf Themen wie Existenzminimum, Überstunden,<br />

Kinderarbeit, Organisationfreiheit, Nicht-Diskriminierung<br />

etc. eingehen. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass<br />

viele Beschaffungs-Abteilungen nach dem Preis urteilen und<br />

den billigsten Zulieferer auswählen – ohne über die daraus<br />

folgenden Risiken für ihre eigene Reputation nachzudenken.<br />

Die Überprüfungen der Zulieferer finden oftmals erst dann<br />

statt, wenn die Unternehmen bereits Schaden genommen<br />

haben. Auch wenn man das als Fehler im System bezeichnen<br />

kann, handelt es sich eher um eine neue Phase für Wirtschaft<br />

und Handel, in welcher sich das proaktive im Gegensatz zum<br />

reaktiven Handeln noch nicht durchgesetzt hat. Wie bereits erwähnt,<br />

empfehlen wir Unternehmen, eine Liste problematischer<br />

Zulieferer zu führen. Diese bringt zum Ausdruck, mit welchen<br />

Zulieferern das Unternehmen nicht zusammenarbeiten will<br />

und welche Unternehmen auch für die Zulieferer tabu sind.<br />

Welche Anreize kann ein Unternehmen seinen Lieferanten und deren<br />

Zulieferern bieten, die Menschenrechte am Arbeitsplatz einzuhalten?<br />

Karmel: Soziale Medien haben heute einen großen Einfluss<br />

auf die Reputation der Unternehmen. Dadurch wird ihnen<br />

bewusst, dass Menschenrechtsverletzungen innerhalb der<br />

Lieferkette Auswirkungen auf ihren Ruf und ihre Umsatzzahlen<br />

haben können. Unternehmen müssen ihre Erwartungen<br />

im Bereich der Menschenrechte deutlich gegenüber den<br />

Zulieferern kommunizieren. Darüber hinaus müssen Betriebe<br />

Beschwerdemechanismen für ihre Zulieferer etablieren. So<br />

können diese Probleme melden, welche wiederum von den<br />

Unternehmen beseitigt werden. Im Gegenzug akzeptieren die<br />

Zulieferer unangekündigte Prüfungen. Es muss klar sein: Wenn<br />

Zulieferer zum wiederholten Male, trotz der Unterstützung<br />

der Unternehmen, definierte Standards missachten, riskieren<br />

die Zulieferer, ihre Aufträge zu verlieren.<br />

Allgemein muss jedes Unternehmen mit Zulieferern zusammenarbeiten<br />

wollen, welche Qualitätsprodukte rechtzeitig<br />

liefern, zu einem Preis, der den Mitarbeitern wenigstens<br />

das Existenzminimum sichert. Darüber hinaus müssen die<br />

Arbeitsbedingungen allgemein akzeptierte Gesundheits- und<br />

Sicherheitsstandards erfüllen und nicht das Leben der Mitarbeiter<br />

bedrohen.<br />

Das Interview führte Sonja Scheferling<br />

Zur Person<br />

Richard Karmel, Managing Partner bei Mazars London,<br />

www.mazars.co.uk<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

21


Agenda<br />

22<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Kinderrechte<br />

Kinder-<br />

Rechte<br />

• Insgesamt leben 2,2 Milliarden Kinder unter 18 Jahren auf der<br />

Welt. Dies entspricht beinahe einem Drittel der Weltbevölkerung.<br />

• Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren machen 18 Prozent der<br />

Weltbevölkerung aus.<br />

• 1 Milliarde Kinder haben keinen Zugang zu einer Grundversorgung,<br />

die für ihr Überleben und ihre Entwicklung unentbehrlich ist.<br />

• Weltweit leben 2 Millionen Kinder unter 15 Jahren mit HIV.<br />

• 215 Millionen Kinder sind Opfer von Kinderarbeit.<br />

• 101 Millionen Kinder besuchen keine Grundschule.<br />

• 51 Millionen Kinder werden bei der Geburt in keinem Einwohnermeldeverzeichnis<br />

erfasst.<br />

Quelle: Kinderrechte und unternehmerisches Handeln, Hrsg. DGCN 2012<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

23


Agenda<br />

Gibt es „gute“<br />

Kinderarbeit?<br />

Von Barbara Küppers<br />

Kinderarbeit ist ein komplexes Phänomen:<br />

„Die Kinderarbeit“ gibt es nicht, denn die<br />

etwa 168 Millionen Mädchen und Jungen,<br />

die heute laut Schätzungen der Internationalen<br />

Arbeitsorganisation ILO weltweit<br />

arbeiten, tun dies unter sehr unterschiedlichen<br />

Bedingungen. Tatsächlich gibt es<br />

auch Kinderarbeit, die keine Kinderrechte<br />

verletzt. Die öffentliche Wahrnehmung<br />

in <strong>Deutschland</strong> ist allerdings geprägt<br />

durch Medienberichte und Kampagnen,<br />

die Kinder in Steinbrüchen, Textilfabriken<br />

oder auf Kakaoplantagen zeigen. Diese<br />

Mädchen und Jungen werden ausgebeutet,<br />

sie arbeiten an gefährlichen Orten, laufen<br />

Gefahr, sich an Geräten und Maschinen<br />

zu verletzen oder sind giftigen Pestiziden<br />

ausgesetzt. Sie sind der Willkür ihrer Arbeitgeber<br />

und der erwachsenen Kollegen<br />

ausgeliefert und haben in der Regel die<br />

Schule abgebrochen oder nie eine besucht.<br />

Die Weltgemeinschaft ist sich weitgehend<br />

einig, dass solche Ausbeutung von Kindern<br />

unverzüglich beendet werden muss.<br />

24<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Kinderrechte<br />

Die ILO schätzt, dass etwa 85 Millionen Kinder weltweit<br />

solcher Ausbeutung unterliegen, etwa zehn Prozent dieser<br />

Kinder arbeiten für den Export: Ihre Arbeit steckt also etwa<br />

in Natursteinen, Textilien oder Kakao, Tee und Orangensaft.<br />

Ausbeuterische Arbeit verletzt das Recht eines Kindes, vor<br />

wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt zu werden (Kinderrechtskonvention<br />

der Vereinten Nationen, Artikel 32) und<br />

immer auch weitere Rechte. Genannt seien hier: das Recht<br />

auf Leben (Artikel 6), das Diskriminierungsverbot (Artikel 2),<br />

das Recht auf Berücksichtigung des Kindeswillens (Artikel<br />

12), das Recht auf Schutz vor Gewaltanwendung, Misshandlung<br />

und Verwahrlosung (Artikel 19), das Recht auf<br />

Gesundheitsversorgung (Artikel 24), das Recht auf Bildung<br />

(Artikel 28), das Recht auf Beteiligung an Freizeit (Artikel<br />

31), das Recht auf Maßnahmen gegen Entführung und Kinderhandel<br />

(Artikel 35).<br />

Die ILO-Konvention 182 definiert Ausbeutung von Kindern und<br />

bannt Sklaverei, Schuldknechtschaft und Zwangsarbeit, die<br />

kommerzielle sexuelle Ausbeutung, den Einsatz als Soldaten<br />

und jegliche Form der Arbeit, welche die seelische und körperliche<br />

Gesundheit von Kindern gefährdet. Die Konvention<br />

182 ist die am schnellsten gezeichnete Konvention der ILO,<br />

bis heute haben sie 175 Staaten ratifiziert. >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

25


Agenda<br />

Auf der normativen Ebene ist die Sache also klar: Ausbeutung<br />

– die ILO spricht von „den schlimmsten Formen der<br />

Kinderarbeit“ – muss beendet werden und kein Grund der<br />

Welt kann ihre Existenz rechtfertigen: Kinderrechte sind<br />

universell und unteilbar.<br />

Ausbeutung verursacht Armut<br />

Auch aus ökonomischer Sicht kommt man schnell zu dem<br />

Schluss, dass ausbeuterische Kinderarbeit Armut verursacht<br />

und nachhaltige Entwicklung hemmt –sowohl gesamtgesellschaftlich,<br />

als auch indiviuell.<br />

Wer hätte je von einem Land gehört, das aufgrund der Ausbeutung<br />

der Kinder prosperiert? Wohl häufen einzelne Personen,<br />

Gruppen oder Unternehmen Reichtümer an, etwa in der<br />

illegalen Ökonomie: Mit Kinderprostitution und Kinderpornografie<br />

werden jedes Jahr Milliardenumsätze gemacht. Kinder<br />

graben im Kongo nach Coltan, das Geschäft wird von Warlords<br />

kontrolliert, die jegliche Regulierung des Bergbaus verhindern.<br />

Die internationale IT-Industrie profitiert, denn Coltan wird zu<br />

Tantal verarbeitet, einem wichtigen Bestandteil von Laptops<br />

und Handys. Mafiöse Strukturen, massive Korruption, Gewalt<br />

sowie die Negierung grundlegender gesellschaftlicher Werte<br />

verhindern die Entwicklung legaler Ökonomie und Entwicklung<br />

insgesamt. Die ILO hat im Jahr 2003 untersucht, wie Kinderarbeit<br />

die Gesamtökonomie schädigt: Der Weltgemeinschaft<br />

entgehen demnach volkswirtschaftliche Werte im Umfang<br />

von 5,1 Billionen US-Dollar, die durch höhere wirtschaftliche<br />

Leistungsfähigkeit und Produktivität erwirtschaftet werden<br />

könnten, wenn bis zum Jahr 2020 Kinderarbeit beendet würde.<br />

Die Kosten für diese Maßnahmen – zumeist Investitionen in<br />

Bildungssysteme – sind bereits in die Schätzung eingerechnet.<br />

Die Geschichte vom Tellerwäscher, der zum Millionär wird,<br />

entpuppt sich als simple Durchhaltepropaganda: In der Realität<br />

schuften sich Kinder durch ausbeuterische Arbeit kaputt,<br />

und die Liste ihrer Berufskrankheiten ist lang: von der<br />

Staublunge über schwere Haltungsschäden, chronische Haut-,<br />

Augen- und Atemwegserkrankungen, Traumatisierung, Vergiftungen,<br />

Unter- und Mangelernährung aufgrund zu harter<br />

Arbeit, Wachstums- und Reifungsverzögerungen. Ungezählt<br />

sind die Folgen von Arbeitsunfällen, wie der Verlust von<br />

Gliedmaßen und bleibende Behinderungen. Die ILO schätzt,<br />

dass jedes Jahr 22.000 Kinder bei Arbeitsunfällen sterben. Wer<br />

von klein auf schuftet und niemals eine Schule besucht, wer<br />

ausgebeutet wird und dadurch gesundheitliche und seelische<br />

Schäden davonträgt, der hat kaum Chancen, einem Leben als<br />

Tagelöhner zu entkommen.<br />

Die Wirtschaft wächst – die Ausbeutung auch<br />

Die Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit steht seit Mitte<br />

der 1990er Jahre im Mittelpunkt verschiedener Bemühungen<br />

internationaler Organisationen wie der ILO und von Unternehmen,<br />

die durch Kampagnen mit Kinderarbeit in ihren<br />

Lieferketten konfrontiert wurden. Einfache Verbote reichen<br />

jedoch nicht aus, vielmehr bedarf es eines umfassenden Ansatzes.<br />

Denn die Ausbeutung von Kindern hat viele Ursachen,<br />

und die Situation der Kinder kann sich durch gut gemeinte,<br />

aber eindimensionale Maßnahmen sogar verschlechtern.<br />

Klären wir zunächst die Frage, ob Armut die hauptsächliche<br />

Ursache für die Ausbeutung von Kindern ist: Es ist keine<br />

Überraschung, dass in Staaten mit weit verbreiteter extremer<br />

Armut sehr viele Kinder arbeiten: In Liberia sind 89 Prozent<br />

der Menschen extrem arm, 35 Prozent der Kinder arbeiten.<br />

Allerdings lässt sich daraus kein Automatismus ableiten:<br />

Denn bei geringerer extremer Armut kann es dennoch mehr<br />

Kinderarbeit geben, wie etwa in der Elfenbeinküste, wo 25<br />

Prozent der Menschen extrem arm sind, aber mehr Kinder<br />

arbeiten, als in Liberia, nämlich 45 Prozent aller Mädchen<br />

und Jungen. Weiterhin zeigt das sogenannte Wohlstandsparadox,<br />

dass ausbeuterische Kinderarbeit sogar zunehmen kann,<br />

wenn Einkommen oder Wirtschaft wachsen: Als zum Beispiel<br />

Anfang der 1990er Jahre die Textilindustrie in der indischen<br />

Stadt Tirupur einen ungeheuren Aufschwung nahm, stieg die<br />

Anzahl der Kinderarbeiter in der Stadt und lag mit etwa 20<br />

Prozent weit über dem Durchschnitt des Bundesstaates Tamil<br />

Nadu mit etwa zwölf Prozent Kinderarbeitern. In Tirupur gab<br />

es damals etwa 200.000 Arbeitsplätze in der Textilindustrie,<br />

40.000 davon waren mit Kindern unter 14 Jahren besetzt. Zu<br />

dieser Zeit traf Angebot auf Nachfrage: Die Stadt verzeichnete<br />

aufgrund des Wirtschaftsbooms hohe Zuwanderungsraten.<br />

Die Kinder der Migrantenfamilien arbeiteten mit, denn die<br />

Hoffnung der ganzen Familie ruhte darauf, gemeinsam ein<br />

besseres Einkommen zu erzielen. Die Kinder – Mädchen<br />

ebenso wie Jungen – hatten nie eine Schule besucht und in<br />

ihrer Heimat mit den Eltern als Tagelöhner auf den Feldern<br />

gearbeitet. Oder sie hatten die Schule verlassen, als die Familie<br />

umzog. Die Industrie fragte billige und vor allem willige<br />

Arbeitskräfte nach, die am besten klaglos stundenlang und<br />

ohne Pause monotonste Arbeit ausführten. So verzeichnete<br />

eine Region, die boomte, eine höhere Anzahl ausgebeuteter<br />

Kinder als die weitaus ärmeren ländlichen Nachbardistrikte.<br />

Das Wohlstandsparadox kann auch auf dem Land beobachtet<br />

werden: Das Verhältnis zwischen den Ressourcen eines Haushaltes<br />

und dem Ausmaß der Kinderarbeit (Anzahl der Kinder,<br />

26<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Kinderrechte<br />

die arbeiten, und Arbeitszeit) steigt auch hier zunächst an:<br />

Haushalte, die extremer Armut entkommen, verzeichnen mehr<br />

Kinderarbeit. Erst ab einer bestimmten Wohlstandsschwelle<br />

nimmt die Kinderarbeit wieder ab, wie es die Ökonomen Sonia<br />

Bhalotra und Christoperh Heady zum Beispiel für Äthiopien<br />

gezeigt haben.<br />

Wichtigste Maßnahme: Schulpflicht<br />

Die Ausbeutung von Kindern ist in allen Staaten der Welt gesetzlich<br />

verboten – und dennoch Realität. Die Erfahrung von<br />

terre des hommes zeigt: Werden gesetzliche Verbote nicht durch<br />

sozialpolitische Maßnahmen flankiert, sind sie unwirksam<br />

oder treiben Kinder in noch schlimmere Arbeitsverhältnisse<br />

und in die Illegalität. Eine der wirksamsten Maßnahmen gegen<br />

ausbeuterische Kinderarbeit ist der Ausbau öffentlicher Schulsysteme<br />

und die Zugänglichkeit von Schulen für alle Kinder<br />

– gerade auch für solche Mädchen und Jungen, die besonders<br />

gefährdet sind: Kinder aus armen und marginalisierten Familien,<br />

Migranten, Minderheiten. Eine vergleichbare Situation<br />

wie in der indischen Textilstadt Tirupur gab es in Bangladesch,<br />

und sie ist bis heute das meist zitierte Beispiel für die fatale<br />

Wirkung einseitiger Verbote, die nur die „Nachfrageseite“ im<br />

Blick haben: 1992 hatte der US-amerikanische Senator Tom<br />

Harkin einen Entwurf vorgelegt, der den Bann von Produkten<br />

aus Kinderarbeit vorsah. Die Textilindustrie von Bangladesch<br />

war eines seiner Beispiele. Daraufhin entließen Arbeitgeber in<br />

Bangladesch in kurzer Zeit etwa 50.000 Mädchen und Jungen.<br />

Ein großer Teil der Kinder landete in der Prostitution und in<br />

ausbeuterischen Arbeiten im informellen Sektor.<br />

Eine andere Geschichte: Kinderarbeit in Würde<br />

Dass Kinderarbeit nicht zwingend Kinderrechte verletzt, ist für<br />

viele Menschen kaum vorstellbar. Die Arbeit von Kindern ist<br />

nicht per se ausbeuterisch. Mädchen und Jungen arbeiten mit<br />

und lernen dabei zum Beispiel im Haushalt die grundlegenden<br />

Fertigkeiten der Hauswirtschaft oder im elterlichen Betrieb<br />

verschiedene Handwerks- oder Landbebauungstechniken.<br />

Durch Mithilfe und Arbeit werden wichtige gesellschaftliche<br />

Werte vermittelt, wie zum Bespiel Zusammenarbeit und<br />

Einsatz für eine Gemeinschaft. Arbeit kann ein Mittel zur<br />

Selbstverwirklichung sein und kann materielle und soziale<br />

Bedürfnisse befriedigen. Werden Kinder ihrem Alter und ihren<br />

Fähigkeiten entsprechend an Arbeiten – wohlgemerkt in<br />

Familien- oder Gemeinschaftsstrukturen – beteiligt, erlangen<br />

sie Selbstbewusstsein und lernen, gemeinsam mit anderen<br />

produktiv für die Gemeinschaft zu sein – wichtige Werte in<br />

vielen Kulturen.<br />

der Kinder im Schulunterricht vielfältige positive Wirkungen<br />

hat: Die Werkstattschulen der Organisation Creciendo Unidos<br />

in Kolumbien zum Beispiel knüpfen an die täglichen Erfahrungen<br />

arbeitender Kinder an und qualifizieren die Kinder<br />

weiter: Sie werden nicht gedrängt, ihre Arbeit aufzugeben,<br />

und niemand muss sich schämen, weil er arbeitet.<br />

Ein Abrutschen in ausbeuterische oder illegale Arbeit wird<br />

durch den Zusammenhalt der Gruppen verhindert. Fertigkeiten,<br />

die Mädchen und Jungen bei ihrer Arbeit gelernt haben,<br />

helfen ihnen in der Schule. Viele arbeitende Kinder können<br />

zum Beispiel gut rechnen. Umgekehrt hilft die Schule, ihre<br />

Produkte und ihr Marketing zu verbessern. Einige Kinder<br />

schließen sich zusammen und stellen ihre Waren, etwa kleine<br />

Süßigkeiten, gemeinsam her oder kaufen im Verbund zu<br />

einem günstigeren Preis ein. So verbessern sie ihr Einkommen<br />

und unterstützen sich gegenseitig.<br />

Pauschale Verbote jeglicher Arbeit von Kindern würde diese<br />

Kinder in die Illegalität treiben und damit ihre Situation<br />

deutlich verschlechtern. Damit wären arbeitende Kinder<br />

weitaus verletzlicher und gefährdet, in ausbeuterische Arbeit<br />

abzurutschen oder drangsaliert zu werden.<br />

Nicht-ausbeuterische Arbeit von Kindern steht auch nicht<br />

automatisch dem Schulbesuch im Wege. Eine große Zahl von<br />

Kindern weltweit arbeitet und geht gleichzeitig zur Schule,<br />

dies gilt zum Beispiel für die große Mehrheit der Kinder in<br />

Lateinamerika und Afrika.<br />

Nicht-ausbeuterische Kinderarbeit kann als Potenzial für die<br />

individuelle und gesellschaftliche Entwicklung gesehen werden.<br />

Projekte für Kinderarbeiter zum Beispiel in Kolumbien und<br />

Peru zeigen, dass vor allem die Einbeziehung der Erfahrungen<br />

Über die AutorIN<br />

Barbara Küppers ist Leiterin des Referates Kinderrechte von terre des hommes<br />

<strong>Deutschland</strong> e.V.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

27


Agenda<br />

Kinderrechte<br />

sind unser aller Business<br />

Von Dr. Jürgen Heraeus<br />

Kinder sind die Zukunft – über diesem schon so häufig gehörten<br />

Satz vergessen wir leicht, dass Kinder auch die Gegenwart<br />

sind. Und zwar ganz erheblich: Ein Drittel der Weltbevölkerung<br />

– 2,2 Milliarden Menschen – sind heute Mädchen<br />

und Jungen unter 18 Jahren, Tendenz steigend. Während wir<br />

in <strong>Deutschland</strong> über die alternde Gesellschaft nachdenken,<br />

dürfen wir nicht vergessen, dass Kinder und Jugendliche in<br />

einigen Entwicklungs- und Schwellenländern sogar rund die<br />

Hälfte der Bevölkerung stellen. Für viele Familien sind sie der<br />

einzige Reichtum – und oft die einzige Lebensversicherung.<br />

Das macht es umso dringlicher, dass Unternehmen, die ihre<br />

gesellschaftliche Verantwortung ernst nehmen, bei der Weiterentwicklung<br />

ihrer CSR-Strategien nicht nur die Menschenrechte,<br />

sondern speziell auch die Rechte von Kindern in den<br />

Fokus nehmen.<br />

28<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Bei Kinderrechten im Zusammenhang mit Unternehmen<br />

denken wir häufig zuerst an eine der schwersten Kinderrechtsverletzungen:<br />

Ausbeuterische Kinderarbeit. Und es ist richtig,<br />

dass der Kampf gegen Kinderarbeit ein drängendes Problem<br />

bleibt. Trotz Fortschritten sind nach wie vor 158 Millionen<br />

Mädchen und Jungen als Kinderarbeiter beschäftigt – mehr als<br />

die Hälfte von ihnen müssen unter schwersten Bedingungen<br />

arbeiten, die gefährlich für ihre Sicherheit, Gesundheit und<br />

Entwicklung sind und sie vom Schulunterricht abhält. Deshalb<br />

bleibt es ein zentrales Ziel, jedes einzelne dieser Kinder<br />

zu schützen und ihnen den Weg in eine bessere Zukunft zu<br />

ermöglichen.<br />

Aber unternehmerische Verantwortung für Kinder geht weit<br />

über die Abschaffung von Kinderarbeit hinaus. Denn Kinder<br />

sind auf viele Weise von Unternehmenstätigkeit betroffen:<br />

Zum Beispiel als Kinder von Angestellten, als Anwohner auf<br />

oder in der Nähe von Firmenstandorten oder als Kinder von<br />

Gast- oder Wanderarbeitern, die zu Hause zurück gelassen<br />

werden. Darüber hinaus sind Kinder Produkten und Marketingaktivitäten<br />

ausgesetzt und leiden stärker unter Umwelteinflüssen<br />

als Erwachsene.<br />

Aus dem großen Einfluss, den Unternehmen auf die Lebensumstände<br />

von Menschen haben, erwächst ihnen auch eine<br />

große Verantwortung. Kinder zu schützen und zu fördern,<br />

bedeutet deshalb auch mehr, als Geld für Charity-Projekte<br />

auszugeben. Die Achtung der Kinderrechte sollte als Teil der<br />

Unternehmenskultur fest verankert sein und aller unternehmerischen<br />

Tätigkeit zugrunde liegen.<br />

Sich für Kinderrechte einzusetzen erfordert von Unternehmen<br />

einerseits, dass sie Schaden von Kindern abwenden, und<br />

andererseits, dass sie die Interessen der Kinder aktiv fördern.<br />

UNICEF, <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und Save the Children haben dazu<br />

gemeinsam Grundsätze erarbeitet, die als Leitfaden dienen<br />

können. Zu den empfohlenen Grundsätzen gehört unter<br />

anderem, dass Unternehmen zur Abschaffung von Kinderarbeit<br />

im Rahmen der gesamten Geschäftstätigkeit sowie in<br />

allen Geschäftsbeziehungen beitragen, für die Sicherheit von<br />

Produkten und Leistungen sorgen, die Umwelt schützen oder<br />

Werbung in einer Art betreiben, die Kinderrechte fördert.<br />

Das ist nicht nur moralisch richtig, es ist auch wirtschaftlich<br />

sinnvoll. Maßnahmen zur Förderung der Kinderrechte tragen<br />

dazu bei, die Reputation eines Unternehmens zu stärken, das<br />

eigene Risikomanagement zu verbessern und dem Unternehmen<br />

gesellschaftlichen Rückhalt für seine Geschäftstätigkeit<br />

zu sichern. Ein Bekenntnis zur Achtung der Kinderrechte<br />

kann außerdem dabei helfen, motivierte Mitarbeiter zu finden<br />

und sie an das Unternehmen zu binden. Der Einsatz für<br />

Kinder trägt letztlich zum Auf bau stabiler Gesellschaften mit<br />

hohem Bildungsniveau bei, die eine wichtige Grundlage für<br />

ein stabiles und nachhaltiges Geschäftsumfeld sind.<br />

Kinder sind die Gegenwart und die Zukunft. Sie sind die<br />

Führungskräfte, Mitarbeiter, Konsumenten, Bürger, Partner<br />

und Eltern von morgen.<br />

Letztlich gewinnt jeder, wenn wir Kinderrechte heute zu unser<br />

aller Business machen.<br />

Zur Person<br />

Dr. Jürgen Heraeus ist Vorsitzender von UNICEF <strong>Deutschland</strong>.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

29


Agenda<br />

Geschichte der<br />

Kinderarbeit<br />

Was unterscheidet die Arbeit von Kindern am Beginn der Industriellen Revolution in Europa<br />

von der Kinderarbeit heute? Worin gleichen sich die Entwicklungsprozesse und Konflikte um<br />

Erwerbsarbeit in frühen Lebensjahren? Am Beginn der Industrialisierung gefährdete die sich<br />

ausweitende Erwerbsarbeit von Kindern deren nachhaltige Entwicklung – zukunftsgefährdende<br />

Kinderarbeit wurde in einem langwierigen Prozess verboten.<br />

Von Dr. Jürgen Bönig<br />

Der Kampf gegen eine Arbeit, welche die Zukunft der Kinder<br />

versperrt, ist ein Resultat einer veränderten Wahrnehmung<br />

der Entwicklung des Menschen: Was verstehen wir unter<br />

„Kind“, wie begreifen wir das Aufwachsen von Kindern, und<br />

wie verstehen wir uns selbst? Das Grimmsche Herkunftswörterbuch<br />

kannte „Kind“ und „Kindheit“ in Texten vor dem<br />

19. Jahrhundert nur in der Bedeutung einer Abstammung, im<br />

Sinne von „Kind sein von …“. Oder das Wort diente der Bezeichnung<br />

patriarchalischer Herrschaftsverhältnisse außerhalb der<br />

Familie, als „Landeskind“, im Sinne eines unmündigen, zu<br />

bevormundenden Untertanen. Ein Moment der Veränderung<br />

war darin noch nicht enthalten, der gesellschaftliche Status<br />

schien für das ganze Leben festgeschrieben.<br />

Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts änderte sich die Gesellschaft<br />

radikal und mit ihr die Vorstellung, was Kindheit sei: Sie<br />

wird seitdem als eine gesonderte, ausgedehnte Phase aufgefasst,<br />

in der Körper und Geist sich wandeln und der mündige Mensch<br />

aus dem Kind erst hervorgeht. Entsprechend setzte sich die<br />

Ansicht durch, dass in diesen Prozess des Erwachsenwerdens<br />

gezielt einzugreifen sei, müssen doch Gelegenheit und Zeit<br />

vorhanden sein, damit er gelingt. Lernen wird demnach als<br />

etwas Anderes, Offeneres als die bloße Nachahmung einer<br />

vorgemachten Arbeit verstanden, als etwas Anderes als das<br />

Einfügen in Vorgegebenheiten, für das vermeintlich keine<br />

besonderen Anstrengungen notwendig seien. Demzufolge<br />

könne Erwerbsarbeit in der Kindheit die Bedingungen für<br />

gelungenes Erwachsenwerden zerstören und die körperliche<br />

und geistige Entwicklung hemmen, sodass womöglich kein<br />

kompetenter Bürger entstehe.<br />

Die Vorstellung, ein Kind brauche eine besondere Phase der<br />

Erziehung, eine geschützte Zeit, in der es das lernt, was es<br />

für das Leben in der Gesellschaft braucht, ist selbst ein Kind<br />

der Aufklärung: Die Zeit des Lernens und Erwachsenwerdens<br />

sollte nach Möglichkeit nicht durch körperlich überbeanspruchende,<br />

das Lernen verhindernde oder den Spaß an der Arbeit<br />

vergällende Tätigkeiten und Bedingungen geprägt sein. Die<br />

Idee, dass sich der einzelne Mensch im Laufe seines Lebens<br />

verändere, entstand somit in einer Gesellschaft, die selbst auf<br />

Veränderung, Neuheiten und Wachstum angelegt war – im<br />

Gegensatz zur Feudalgesellschaft, die im Bewusstsein einer<br />

unveränderlichen gesellschaftlichen Ordnung ein starres Bild<br />

vom Kind als kleinen Erwachsenen hatte.<br />

In der neuen bürgerlichen, kapitalistischen und industrialisierten<br />

Gesellschaft waren die alten persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse<br />

durch freie Verträge und Vereinbarungen<br />

ersetzt worden. Ein Teil des Schutzes, den patriarchalische<br />

Bevormundung auch den Kindern bot, ging daher verloren.<br />

Die Freiheit von persönlichen Abhängigkeitsbeziehungen,<br />

Gewerbefreiheit und Vertragsfreiheit befreiten auch von dem<br />

Schutz, den die Herren als Gegenleistung für die Abhängigkeit<br />

gewähren sollten. Neue Regeln und Schutzmechanismen<br />

mussten erst durchgesetzt und erkämpft werden, nachdem sich<br />

die unbeschränkte Freiheit des Gewerbes als gefährdend für<br />

die Menschen, die Gesellschaft und den Staat erwiesen hatte.<br />

Wer sorgte nun – nach der Ausweitung von schutzloser<br />

Kindererwerbsarbeit im 18. und 19. Jahrhundert – für die<br />

Durchsetzung von Einschränkungen und Verboten?<br />

30 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Kinderrechte<br />

Dieses kleine Mädchen arbeitete in der Spinnerei<br />

Mollahan Mills in Newberry, South Carolina,<br />

als Lewis Hine sie im Dezember 1908 fotografierte.<br />

Veränderung der Gesellschaft – Veränderung der Kindheit<br />

Man sollte sich die Zeit, als die meisten Menschen für Naturalien<br />

und nicht für Geld arbeiteten, nachträglich nicht allzu<br />

romantisch vorstellen. Die Gesellschaft war durch persönliche<br />

Abhängigkeitsverhältnisse, patriarchalische Gewalt und Mangel<br />

bestimmt. Die Gewissheit, zu einem bestimmten Stand<br />

zu gehören und das diesem Zustehende zu bekommen, war<br />

erkauft durch die Schranken und Fesseln der Standesgebote.<br />

Und längst nicht allen konnte die feudale Gesellschaft sicheres<br />

Einkommen, Unterkommen und Stand garantieren. Dies galt<br />

insbesondere gegen Ende der Epoche, als Erwerbsfreiheit und<br />

Geldwirtschaft die ständischen Beschränkungen aufzulösen<br />

begannen. Erbteilung, Überführung der Feudallasten in<br />

sogenannte Ablösungen (Geldzahlungen) und neu aufkommende<br />

Gewerbezweige mit neuen wirtschaftlichen Chancen<br />

für die Grundbesitzer verwehrten immer mehr Menschen<br />

den Lebensunterhalt auf dem Lande und zwangen sie dazu,<br />

in Lohnarbeit auf dem Lande oder in der Stadt ihr Geld zu<br />

verdienen.<br />

Zur Zeit der Bauernbefreiung in Preußen, ein langwieriger<br />

Prozess, der im Wesentlichen zwischen 1830 und 1859<br />

stattfand, hatte beispielsweise die Hälfte der auf dem Land<br />

Lebenden keinen Grundbesitz mehr und musste sich anderen<br />

Erwerbsquellen zuwenden oder in der Landarbeit verdingen.<br />

Das vom Staat geförderte Manufakturwesen kam ohne die<br />

Kinder gar nicht aus. In den Armen-, Zucht- und Waisenhäusern,<br />

welche die Nöte der Dorf- und Stadtarmut zu lindern<br />

versuchten, stand die Erziehung zu Fleiß und Erwerbstätigkeit<br />

im Mittelpunkt. Dort sollten Kinder durch Arbeit und strenge<br />

Regeln lernen, von eigener Anstrengung und Arbeit zu leben<br />

und nicht von Almosen.<br />

Am Ende bestand die preußische Bauernbefreiung aus der<br />

Ablösung der feudalen Lasten in Geld, sodass alle Beteiligten<br />

dazu gezwungen waren und zugleich die Freiheit hatten, ihre<br />

Produkte auf den Markt zu bringen. Dies markierte den Übergang<br />

von einem persönlichen Arbeitsverhältnis zu einer Arbeit<br />

gegen Lohn für die ganze Familie – einschließlich der Kinder.<br />

In den neuen Verhältnissen mit Gewerbe- und Vertragsfreiheit<br />

wurde nun nicht mehr zusammen für ein Naturalergebnis<br />

gearbeitet, von dem ein Teil abgeliefert werden musste. Es<br />

wurde kein Produkt hergestellt, das notfalls selbst genutzt<br />

und verzehrt werden konnte, sondern eines, um damit Geld<br />

zu verdienen – ein Arbeitsergebnis, dessen Herstellung, Bearbeitung<br />

und Preis ein anderer bestimmte, der damit ebenfalls<br />

Geld verdienen wollte. In diesen Gesellschaftsverhältnissen<br />

gewann Kinderarbeit eine neue strategische Qualität. Sie diente<br />

dem Druck auf den Lohn der Erwachsenen, die selbst kaum<br />

Möglichkeiten hatten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.<br />

Kinderarbeit im Fabriksystem<br />

In der entstehenden Industrie und im Gewerbe wurden Kinder<br />

für verschiedenste Aufgaben eingesetzt – beim Raddrehen<br />

an Maschinen, an Spinnmaschinen, beim Töpfern, Kleiderrupfen,<br />

im Bergbau als Grubenpferdeführer, Kohlenschlepper,<br />

Lorenzieher und Öffner für Wettertüren. Schilderungen >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

31


Agenda<br />

Im April 1908 fotografierte Lewis Hine<br />

diese Kinder, die nachts in einer Glasfabrik<br />

in Indiana arbeiteten.<br />

und Abbildungen dieser Kinderarbeit kamen nun vermehrt<br />

an die Öffentlichkeit, nicht weil es vorher keine Kinderarbeit<br />

gab, sondern weil die neuen Erwerbszweige und -methoden<br />

den Grundbesitzern und traditionellen Gewerbetreibenden<br />

ein Dorn im Auge waren. Sie versorgten die einschlägigen<br />

Untersuchungskommissionen in England, das in der Industrialisierung<br />

voranging, mit Zeugenaussagen, Bildern und<br />

entsprechenden moralischen Bewertungen, die dann Eingang<br />

fanden in zahlreiche Publikationen, unter anderem in Karl<br />

Marx’ „Das Kapital“.<br />

Kinderarbeit erschien vielfach als notwendig, als angemessener<br />

Einsatz körperlich kleiner Arbeiter, weil die Flöze und Gänge<br />

niedrig waren, der Platz unter den Maschinen beschränkt, die<br />

Nische hinter den Wettertüren winzig. Aber die allmähliche<br />

Durchsetzung eines Verbots der Kinderarbeit in den Fabriken<br />

zeigt, dass nicht die technischen Bedingungen über den Einsatz<br />

der Kinder entschieden, sondern deren geringer Preis.<br />

Bekannt sind die Abbildungen der Spinnmaschinen aus England,<br />

unter denen Kinder die herabfallenden Fasern fortschaffen.<br />

Im Museum of Science and Industry in Manchester lässt sich<br />

an bewegten Maschinen nachvollziehen, welchen Gefahren<br />

diese Kinder ausgesetzt waren: Beim Vorlauf der transmissionsgetriebenen<br />

Maschinengestelle, bei denen der Vorfaden<br />

durch Drehen gesponnen wurde, krochen sie unter die ausgespannten<br />

Fäden, fegten die ölverschmierten Baumwollfasern<br />

zusammen und mussten sich sehr beeilen, darunter wieder<br />

herauszukommen, weil in zwei bis drei Sekunden die Spulenreihe<br />

zurückfuhr und den gesponnenen Faden aufwickelte.<br />

Schafften sie es nicht, wurden sie zwischen heranrasender<br />

Maschinenreihe und Maschinengestell zerquetscht – ein<br />

Grund, warum für diese Tätigkeit vor allem Waisenkinder<br />

eingesetzt worden sein sollen. Dies waren meist Kinder, für<br />

deren Unterhalt die Eltern nicht mehr aufkommen konnten<br />

und die deshalb gegen Zahlung von Geld in Armen- und<br />

Waisenhäuser gegeben wurden – also nicht immer Waisen<br />

im eigentlichen, heutigen Sinne.<br />

Doch nicht nur die niederkonkurrierten Gewerbetreibenden<br />

schürten die Empörung gegen die Kinderarbeit, auch die<br />

entstehende bürgerliche Aufklärungsbewegung und die<br />

Arbeiterbewegung wollten die Konkurrenz durch niedrig<br />

bezahlte Arbeitskräfte einschränken. Auf diesen Prozess reagierte<br />

der Staat mit einer bis zum Ende des 19. Jahrhunderts<br />

charakteristischen Kombination aus moderater Gewerbeeinschränkung<br />

und gleichzeitiger Unterdrückung derjenigen<br />

Handwerker-, Gewerbetreibenden- und Arbeiterorganisationen,<br />

die den Schutz ihrer Interessen in Selbstorganisation<br />

übernehmen wollten. Der Staat fürchtete so sehr, dass Untertanen<br />

und Bürger sich organisierten, dass er den Schutz<br />

des Arbeiternachwuchses vor der physischen Ruinierung<br />

durch Einzelunternehmer selbst übernahm – allerdings in<br />

äußerst zögerlicher Weise.<br />

Eine Rolle spielte dabei, welche Zeit und welche Bedingungen<br />

die Kinder brauchten, um für die neu entstehende<br />

Gesellschaft zu lernen und mit dem Erlernten in Zukunft<br />

Arbeit zu bekommen. Im 18. und 19. Jahrhundert musste<br />

ein Kind bedeutend mehr lernen als in den Jahrhunderten<br />

32 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Kinderrechte<br />

zuvor. Lesen und Schreiben war nicht mehr auf höhere Kreise<br />

beschränkt. Die sich explosionsartig ausbreitende Lesekultur<br />

des 18. Jahrhunderts zeigt, dass rasch viel mehr Menschen<br />

lesen konnten.<br />

Umdenkenn wegen soldatischer Untauglichkeit<br />

Ein Argument, das den Staat auf seine Schutzaufgabe hinwies,<br />

hatte eine besondere Wirkung: nämlich die Erfahrung, dass zu<br />

frühe und intensive Fabrikarbeit die Menschen derart zerstörte,<br />

dass sie nicht mehr als Soldaten taugten. Sowohl in England<br />

als auch in Preußen war der Anteil für den Militärdienst<br />

Untauglicher in den industriellen Provinzen höher als in den<br />

ländlichen Bezirken. Dieser Unterschied war sicher nicht nur<br />

durch die krankmachende Arbeit bedingt, sondern ebenso<br />

durch die schlechten Wohn- und Ernährungsverhältnisse.<br />

Ausgehend von der Auseinandersetzung in England ist die<br />

Arbeit von Kindern in Fabriken zunehmend eingeschränkt<br />

worden, beispielsweise in Preußen durch das Regulativ vom<br />

9. März 1839 durch Friedrich Wilhelm III. (1770–1840). In<br />

der Vorbereitung dieses Regulativs wies der federführende<br />

preußische Generalleutnant Wilhelm von Horn nachdrücklich<br />

auf die Gefahr der Zerstörung der Rekrutierungsgrundlage<br />

der Armee hin.<br />

Schaut man sich das entstandene Regulativ an, so stellt sich<br />

heraus, dass die soldatische Untauglichkeit zwar ein gutes<br />

politisches Argument, aber nicht der eigentliche Grund für<br />

das staatliche Handeln war. Der entstehende Nationalstaat<br />

hatte nämlich ein Loyalitätsproblem, dem der Schulunterricht<br />

unter staatlicher Kontrolle abhelfen sollte. Bisherige Reichsformen<br />

hatten immer auf die Gefolgschaft der Bevölkerung<br />

gegenüber den Landbesitzern und einer schwachen übergeordneten<br />

Regierungsinstanz gebaut. Mit der Entstehung<br />

des Nationalstaates musste dieser auch dafür sorgen, dass<br />

die Loyalität vor allem dem Staat und nicht mehr (nur) dem<br />

Grundherrn galt.<br />

Anfänge schulischer Bildung<br />

Im ersten preußischen Regulativ zur Kinderarbeit ging es<br />

hauptsächlich um das Verhältnis von Erwerbsarbeit und schulischer<br />

Erziehung. Das Regulativ bestimmte, dass niemand „vor<br />

zurückgelegtem neunten Lebensjahr“ in einer Fabrik oder bei<br />

Berg-, Hütten- und Pochwerken zu einer regelmäßigen Beschäftigung<br />

angenommen werden durfte. Das Verbot wurde auf 16<br />

Jahre ausgedehnt, wenn ein Kind keinen schulischen Nachweis<br />

vorlegen konnte, dass es „seine Muttersprache geläufig lesen<br />

kann und einen Anfang im Schreiben gemacht hat“. Auch<br />

für Kinder, die „noch nicht einen dreijährigen regelmäßigen<br />

Schulunterricht genossen“ hatten, galt das verlängerte Verbot.<br />

Ausnahmen davon waren möglich, wenn „die Fabrikherren<br />

durch Errichtung und Unterhaltung von Fabrikschulen den<br />

Unterricht der jungen Arbeiter sichern“.<br />

Fabrikschulen des Unternehmens selbst, die diesen Unterricht<br />

anboten, waren in den Folgejahrzehnten heftig umstritten,<br />

weil die Schulinspektoren feststellten, dass die Erwerbsarbeit<br />

der Kinder im Vordergrund stand und nicht der Unterricht.<br />

Ein Ergänzungsgesetz von 1853, das 1869 in die Gewerbeordnung<br />

des Norddeutschen Bundes und 1878 in die Gewerbeordnung<br />

des Deutschen Reiches übernommen wurde, hob die<br />

Altersgrenze auf zwölf Jahre an und beschränkte die erlaubte<br />

Höchstarbeitszeit auf zunächst zehn Stunden, später auf sechs<br />

Stunden für Kinder ab zwölf Jahren. Wohlgemerkt, all das<br />

galt für Kinderarbeit in Fabriken – ein Kinderschutzgesetz<br />

für Heimarbeit gab es im Deutschen Reich erst 1903 und ein<br />

Verbot der Kinderarbeit in der Landwirtschaft in der Bundesrepublik<br />

erst 1960.<br />

Ein gesetzliches Verbot der Kinderarbeit bedeutet natürlich<br />

nicht, dass sich alle daran gehalten hätten. Nach dem Regulativ<br />

von 1839 waren die nächsten Jahrzehnte bestimmt<br />

von der Auseinandersetzung um die mangelnde Kontrolle<br />

des Verbotes in den Fabriken und von Klagen, dass die<br />

Altersgrenze zu niedrig sei und Kinderarbeit den Schulunterricht<br />

erheblich beeinträchtige. Die Lehrer stellten fest,<br />

dass die Kinder vor und nach dem Schulunterricht und in<br />

den Ferien arbeiten mussten und häufig zu erschöpft und<br />

müde waren, um dem Unterricht zu folgen oder mit Freude<br />

erfolgreich zu lernen.<br />

Tatsächlich besuchten in den 1870er Jahren 90 Prozent der<br />

Schulpflichtigen in Preußen die Schule, 1880 waren es fast<br />

100 Prozent. Als die Schulpflicht durchgesetzt war und Kinder<br />

nicht mehr in großem Ausmaß in der Industrie arbeiteten,<br />

wichen die Fabrikanten auf Heimarbeit aus. Verlags- und<br />

Heimarbeit in der Familie schloss immer auch die Kinder ein,<br />

die vor und nach der Schule mithalfen – und diese Form der<br />

Kinderarbeit ließ sich noch viel schwieriger kontrollieren als<br />

die Arbeit in einer zentralisierten Fabrik.<br />

Als nach einer ersten Phase der Industrialisierung 1872 die<br />

Volksschule als allgemeine öffentliche Staatsanstalt Gestalt<br />

annahm, wurden die Schulpflicht und die Einschränkung<br />

ausgedehnter Kinderarbeit verbindlicher. Die Lehrer der<br />

Volksschulen registrierten aber bis über die Jahrhundertwende<br />

hinaus, dass Schulkinder durch Erwerbsarbeit vor und nach<br />

der Schule und an schulfreien Tagen zum Familienunterhalt<br />

beitragen mussten. Zahlreiche Erinnerungen an die Kindheit<br />

von Arbeiterinnen und Arbeitern um 1900 durchzieht wie<br />

ein roter Faden der Wunsch: „Einmal ausschlafen können!“<br />

Facharbeit und Berufsschule<br />

Aus dieser Erfahrung heraus beteiligten sich die Lehrer der<br />

Volksschulen um die Jahrhundertwende an Erhebungen über<br />

die Lage ihrer Schülerinnen und Schüler. Dies unternahmen<br />

sie teilweise auch gegen ausdrückliches Verbot, wie etwa in<br />

Österreich, dessen Regierung offenbar über die Wirksamkeit<br />

oder Unwirksamkeit ihrer Schutzgesetzgebung gar nichts<br />

wissen wollte. Der Druck der Arbeiterbewegung, aber ebenso<br />

von Lehrern und Industriellen, die schulisch ausgebildete<br />

Arbeiter brauchten, führte 1903 im Deutschen Reich zu einer<br />

Altersgrenze von zehn Jahren bei Heimarbeit.<br />

Aber Inhalt und auch Dauer der Schulzeit mussten sich ändern<br />

und damit das Schutzalter der Kinder. Ein bisschen Lesen,<br />

Schreiben, Rechnen und Gehorsam reichte nicht mehr >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

33


Agenda<br />

aus für eine fachlich qualifizierte Anstellung in Industrie und<br />

Gewerbe: Durch die neue Arbeitsteilung in den Betrieben<br />

kamen schriftliche Anweisungen, präzise mathematische<br />

Vorgaben und Zeichnungen vermehrt zum Einsatz. Entsprechend<br />

musste die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen<br />

den Erfordernissen der Zeit angepasst werden. Die neue<br />

Berufsgruppe der Ingenieure hatte begonnen, Maschinen<br />

und Anlagen nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu<br />

erforschen, und die „wissenschaftliche Betriebsführung“ setzte<br />

die Ergebnisse dieser Forschung in Arbeitsanweisungen um,<br />

die das handwerkliche Wissen der Facharbeiter ergänzten<br />

und erweiterten.<br />

Die Reform der gewerblichen Bildung, die in <strong>Deutschland</strong><br />

mit dem Namen Georg Kerschensteiner (1854–1932) verbunden<br />

ist, machte die Ausbildung durch Arbeit, die Lehre,<br />

zum Gegenstand pädagogischer Bemühungen. Nach der<br />

Revolution von 1918 / 1919, im gemeinsam von Arbeitgebern<br />

und Arbeitnehmern getragenen dualen Ausbildungssystem,<br />

wurde ein Tag in der Woche für die Berufsschule reserviert.<br />

Die Lehre durch die Arbeit im Betrieb sollte ergänzt, erweitert<br />

und durch in der Schule erworbene theoretische Kenntnisse<br />

fundiert werden, um Facharbeiter auszubilden, die nicht nur<br />

über betriebsspezifische Kenntnisse verfügten, sondern den<br />

dauernden Veränderungen des Berufes gewachsen waren.<br />

Schluss<br />

Als Anfang des 20. Jahrhunderts in den industrialisierten Ländern<br />

Verbote der Kinderarbeit erlassen worden waren, lebte<br />

und arbeitete die große Mehrheit der Weltbevölkerung noch<br />

auf dem Land. Viele Menschen waren erst am Rande vom Markt<br />

berührt und ernährten sich von dem, was sie anbauten. Heute<br />

lebt ein Großteil der Weltbevölkerung in Städten und kann<br />

den Lebensunterhalt nicht mehr selbst pflanzen und ernten,<br />

sondern muss ihn durch Erwerbsarbeit verdienen.<br />

Dieser Wechsel von der Selbstversorger- zur Erwerbsarbeit<br />

führte im 18. und 19. Jahrhundert zu einer Ausdehnung der<br />

Kinderarbeit, die deren Gesundheit und Existenz gefährdete.<br />

Im Unterschied zur Situation im 19. Jahrhundert sind heute<br />

die Rechte der Menschen global anerkannt – und das heißt<br />

auch die Rechte der Kinder auf eine Entwicklung, die nicht<br />

durch ausbeuterische Arbeit verhindert, blockiert oder vereitelt<br />

werden darf.<br />

Staat, Industrie und Gewerbe entwickelten ebenfalls in einem<br />

sehr zögerlichen Prozess ein Interesse am lebenslangen<br />

Erhalt der Arbeitskraft und an einer schulischen Ausbildung<br />

der Mehrheit der Bevölkerung, um diese umfassend auf das<br />

Arbeitsleben vorzubereiten. Berufsausbildung musste loyale<br />

und arbeitsfähige Staatsbürger hervorbringen, durfte nicht<br />

betrieblich verengt sein, um Betriebswechsel zu ermöglichen,<br />

und Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die ein Leben<br />

lang den Veränderungen der Arbeit in Industrie und Gewerbe<br />

nachfolgen konnten. Ein Verschleiß der Menschen durch zu<br />

frühe Erwerbsarbeit entsprach nicht diesen langfristigen Zielen.<br />

Als Ergebnis des Kampfes um das Verbot von ausbeuterischer<br />

Kinderarbeit in Europa sollte heute jedem Beteiligten weltweit<br />

bewusst sein, dass es Unrecht ist, Kindern eine zukunftszerstörende<br />

Erwerbsarbeit aufzuzwingen.<br />

Über den Autor<br />

Dr. Jürgen Bönig ist Kurator im Museum der Arbeit in Hamburg.<br />

Erstveröffentlichung in APuZ Aus Politik und Zeitgeschichte,<br />

62. Jahrgang, 43/2012 22. Oktober 2012, S. 3-9.<br />

34 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Kinderrechte<br />

Kinderrechte<br />

in CSR-Reporting integrieren<br />

Kinderrechte werden nur dann langfristig verbessert und geschützt, wenn alle Verantwortlichen<br />

das Thema zur regelmäßigen Aufgabe machen. Für Unternehmen stellt sich hier die Frage, wie<br />

sich die Rechte von Kindern in die herkömmlichen Managementabläufe und in die CSR-Berichterstattung<br />

integrieren lassen. Unter Federführung von UNICEF entstehen derzeit Handbücher<br />

und Regelwerke, die explizit Standards wie die der <strong>Global</strong> Reporting Initiative (GRI) einbeziehen.<br />

Eine Zusammenstellung von Dr. Elmer Lenzen<br />

„The Children’s Rights and Business Principles“ ist eine im März<br />

2012 gestartete gemeinsame Initiative von UNICEF, Save the<br />

Children und dem UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Ziel ist es, ein Umfeld<br />

und Regeln zu schaffen, in welchem man von Unternehmen<br />

erwarten kann, dass sie die Rechte der Kinder im Rahmen ihrer<br />

CSR-Reports berücksichtigen. Klare Regeln und Indikatoren<br />

sollen die Reportingqualität verbessern und in ein robustes<br />

Mandat einfügen. Die aktuelle Art und Weise, mit dem Thema<br />

umzugehen, ist nach Ansicht der Autoren – mit wenigen<br />

Ausnahmen – deutlich unterentwickelt. Insbesondere kritisieren<br />

sie bei der CSR-Berichterstattung folgende Trends und<br />

Lücken bei der Thematisierung von Kinderrechten:<br />

• Eine Überbetonung der Philanthropie,<br />

• Fehlende Diskussion und Systematisierung der Probleme<br />

und Auswirkungen,<br />

• Mangelnde Berichterstattung über politische Aspekte,<br />

• Mangel an Ausgewogenheit in der Berichterstattung (es<br />

überwiegt eine positive Berichterstattung, Probleme werden<br />

kaum adressiert),<br />

• Wenn sie überhaupt erfolgt, dann thematisiert die CSR-<br />

Berichterstattung bei Kinderrechten Richtlinien und Prozesse,<br />

aber nicht deren Einhaltungsgrad und Leistungen.<br />

Tab. 1 : Empfohlene MaSSnahmen zur<br />

Integration von Kinderrechten<br />

Unternehmensziel<br />

Strategische<br />

Verpflichtung<br />

Risikoüberprüfung:<br />

kinderspezifische<br />

Folgenabschätzung<br />

Maßnahme oder<br />

Indikator<br />

Menschenrechtsstrategie<br />

mit expliziter Nennung<br />

von Kinderrechten<br />

Teilstrategie oder<br />

Verhaltenskodex für<br />

Kinderrechte<br />

Folgenabschätzung<br />

bildet detailliert Kinderrechte<br />

ab<br />

Folgenabschätzung zieht<br />

aussagekräftige Rücksprachen<br />

mit Kindern<br />

hinzu<br />

Anmerkung<br />

Unterscheidung<br />

zwischen<br />

Jungen und<br />

Mädchen<br />

Integration von Kinderrechten<br />

Menschenrechtspolitik, sofern sie sich auf Kinder bezieht,<br />

reduziert sich oft nur auf die Verhinderung von Kinderarbeit.<br />

Wenn Unternehmen über Menschenrechte im Zusammenhang<br />

mit Due Diligence – also über ihre Sorgfaltspflicht – berichten,<br />

heben sie in der Regel nicht Informationen über Kinder<br />

als betroffene Akteure separat hervor. Auch Beispiele, bei<br />

denen Kinder als Stakeholder aktiv berücksichtigt werden,<br />

sind mehr als selten. Die Autoren der Initiative fanden bisher<br />

kein Beispiel, bei welchem ein Unternehmen kindgerechte<br />

Prozesse beim Themenkomplex Nachbesserung (einschließlich<br />

Beschwerdemechanismen) eingeführt hat. Das heißt nicht,<br />

dass es so etwas nicht gibt, aber man findet es zumindest<br />

nicht berichterstattenswert.<br />

Folgenabschätzung:<br />

Unternehmensverantwortung<br />

Folgenabschätzung:<br />

Training und<br />

Integration<br />

Vermeidungsprozess<br />

Führungsebene mit<br />

Aufsicht über Themen zu<br />

Kinderrechten<br />

Menschenrechts-Training<br />

bildet detailliert Kinderrechte<br />

ab<br />

Zugang zu kindgerechten<br />

Beschwerde-<br />

Mechanismen<br />

Ersetzt HR 3<br />

(GRI)<br />

Ersetzt HR 11<br />

(GRI)<br />

Quelle: UNICEF (Hrsg): CSR Working Paper. Sustainability reporting on children’s<br />

rights, S. 16, Übersetzung: Sonja Scheferling, Mediengruppe macondo<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

35


Agenda<br />

Kinderrechte am Arbeitsplatz<br />

(einschließlich Lieferkette)<br />

Branchenreaktionen auf die Verletzung von Arbeitsrechten in<br />

der Lieferkette – vor allem bei freiwilligen Verhaltenskodizes<br />

und deren Überwachung – werden als zunehmend unwirksam<br />

angesehen, sogar von den Firmen selbst. Zu diesem Fazit<br />

kommen die Autoren der „The Children’s Rights and Business<br />

Principles“-Initiative. Manche Unternehmen seien sogar kontraproduktiv<br />

bei der Erfassung, Aufklärung und Verhinderung<br />

dieser Verletzungen. Menschenrechtsgruppen weisen seit vielen<br />

Jahren auf die Probleme beim Supply Chain-Monitoring hin,<br />

wie etwa doppelte Buchführung, das Trainieren der Antworten<br />

der Beschäftigten vor einer Überprüfung, und die Unfähigkeit<br />

der Wirtschaftsprüfer, weniger sichtbare Verletzungen<br />

wie Diskriminierung oder fehlende Versammlungsfreiheit<br />

überhaupt festzustellen. Wissenschaftliche Studien haben die<br />

Grenzen von Verhaltenskodizes und deren Abschlussprüfung<br />

unterstrichen, und in jüngerer Zeit haben Industrie-geführte<br />

Initiativen wie das <strong>Global</strong> Social Compliance Program (GSCP)<br />

und das Business for Social Responsibility‘s (BSR) diese Realitäten<br />

ihrerseits eingeräumt.<br />

Ein Ergebnis war daraufhin ein Schritt in Richtung Stärkung<br />

der Lieferanten bei Themen wie Personalmanagement und<br />

Management-Systemen als eine Alternative zu Compliance-<br />

Audits. Dieser Schritt kann Maßnahmen beinhalten wie etwa<br />

das Training der Werksleitung, Verbesserung von Prozessen und<br />

natürlich die Aufklärung der Arbeiter selbst, welche Rechte sie<br />

haben. Außerdem können auch die tieferliegenden Ursachen<br />

von anhaltenden Verstößen gegen Arbeitsrechte in der Lieferkette<br />

angesprochen werden. Dazu zählen etwa die eigenen<br />

Einkaufspraktiken des Unternehmens, die möglicherweise<br />

einen übermäßigen Druck auf Lieferanten ausüben, Aufträge<br />

zu erfüllen, auch wenn es dabei zu Praktiken wie erzwungene<br />

Überstunden oder den Einsatz von Kinderarbeit kommt. In<br />

diesem Zusammenhang wird von Unternehmen zunehmend<br />

erwartet, dass sie darüber berichten, was sie auch jenseits von<br />

Compliance-Audits machen, z. B. bei Qualifizierungsinitiativen<br />

für Lieferanten, Arbeiter-Weiterbildungsprogrammen sowie<br />

ob und wie Unternehmen die eigene Einkaufspolitik unter<br />

die Lupe nehmen.<br />

Der Staat ist hierbei meist keine Hilfe. Oft fehlt es an klarer<br />

Anleitung, wie man Fälle von Menschenrechtsverletzungen<br />

und die unternehmerischen Bemühungen dagegen adressieren<br />

soll. Auf der Suche, dieses Vakuum zu füllen, hat jüngst<br />

eine Publikation von institutionellen Investoren aus den<br />

USA (ICCR, CBIS und Calvert) einen jährlichen, verbindlichen<br />

Report von Unternehmen eingefordert, der die folgenden<br />

Punkte einfordert:<br />

Unternehmen sollen die gesetzliche Einhaltung von<br />

• Menschenrechts-Grundsätzen,<br />

• Due Diligence-Prozessen,<br />

• Menschenrechts-Risikobewertungen,<br />

• Prüfung und Rückverfolgbarkeit,<br />

• Training und Befähigung von Mitarbeitern, Lieferanten,<br />

Auftragnehmern und Prüfern<br />

nachweisen.<br />

Tab. 2 : Empfohlene MaSSnahmen zur<br />

Erfüllung von Kinderrechten<br />

am Arbeitsplatz: Kinderarbeit<br />

Unternehmensziel<br />

Unternehmensbeitrag<br />

zur Beseitigung von<br />

Kinderarbeit<br />

Vermeidung ist Teil<br />

des Unternehmensansatzes<br />

gegen<br />

Kinderarbeit<br />

Ganzheitlicher /<br />

systemischer Ansatz<br />

gegen Kinderarbeit<br />

Maßnahme<br />

oder Indikator<br />

Verhaltenskodex bezieht sich auf<br />

nationale Gesetze zum Mindestalter<br />

oder auf internationale Standards<br />

Managementsystem enthält robuste<br />

Mechanismen zur Überprüfung des Alters<br />

Anzahl der vom Arbeitsplatz entfernten<br />

Kinder<br />

Beteiligung an regionalen, nationalen oder<br />

industriebezogen Programmen, die sich<br />

mit Ursachen der Kinderarbeit befassen<br />

Zahl der Zulieferer, die in der Bekämpfung<br />

von Kinderarbeit geschult sind<br />

Vertraglich festgesetzte Bestimmungen,<br />

die Kinderarbeit bei Zulieferern verbieten<br />

Lohn wird ausschließlich an erwachsene<br />

Arbeitskräfte bezahlt.<br />

Durchsetzung von Kinderrechten in<br />

einem Land wird bei Beschaffungsfragen<br />

berücksichtigt.<br />

Strategie zur Vermeidung<br />

Initiativen, die den Zugang zu<br />

qualifizierter Bildung steigern<br />

Zahl der Stunden in der Schule; Wochen,<br />

die Kinder von Arbeit entfernt sind<br />

Unterstützung von gemeindebasierendem<br />

Engagement gegen Kinderarbeit<br />

Partnerschaften (mit Regierungen,<br />

NROs, etc.) oder Unterstützung für<br />

nationale Aktionspläne zur Beseitigung<br />

von Kinderarbeit<br />

Quelle: UNICEF (Hrsg): CSR Working Paper. Sustainability reporting on children’s<br />

rights, S. 24, Übersetzung: Sonja Scheferling, Mediengruppe macondo<br />

36<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Kinderrechte<br />

Tab. 3 : Empfohlene MaSSnahmen zur Erfüllung von Kinderrechten in Märkten<br />

Unternehmensziel Maßnahme oder Indikator Anmerkung<br />

Vermeidung von Risiko-Produkten /<br />

Risiko-Dienstleistungen zum Missbrauch<br />

/ zur Ausbeutung von Kindern<br />

Beseitigung der Kinderbenachteiligung<br />

durch die Bereitstellung von Produkten<br />

oder Dienstleistungen<br />

Benannte Mitarbeiter zur Implementierung einer Strategie gegen CST<br />

Angemessenes Budget zur Implementierung<br />

Kontrollen vor Ort, die sich mit Online-Missbrauch von Kindern befassen<br />

Angebote für Eltern und Kinder, die Internetmobbing bekämpfen<br />

Kontrollen, um den Gebrauch von Finanz-Instrumenten (z. B. Kreditkarten)<br />

zum Bezahlen von Kinderpornographie zu verhindern<br />

Spezielle Strategien oder Prozesse vor Ort, welche die Kinderbenachteiligung<br />

durch die Bereitstellung von Dienstleistungen beseitigen<br />

Zugang zu kindgerechten Beschwerde-Mechanismen<br />

Hotels / Tourismus<br />

Internetdienstanbieter<br />

Internetdienstanbieter,<br />

Medien<br />

Finanzbranche<br />

Verschiedene<br />

Sektoren, vor allem<br />

Konsumgüter /<br />

Dienstleistungen<br />

Anzahl der Unternehmensportfolios, in welchen das Unternehmen<br />

qualifizierte Phase-III-Studien für Kinder durchgeführt hat<br />

Anzahl an pädiatrischen Klinikstudien<br />

Maximierung des Zugangs und der<br />

Verfügbarkeit lebensnotwendiger Waren<br />

Hat ein Unternehmen in allen Ländern, in denen es Produkte verkaufen<br />

darf, eine behördliche Genehmigung für pädiatrische Medikamente<br />

ersucht / erhalten?<br />

Beteiligung in Patentgemeinschaften für Medikamente<br />

Auseinandersetzungen um Generika (Prozesse gegen Regierungen,<br />

um die Herstellung von Generika zu verhindern)<br />

Pharmaindustrie<br />

Investitionen in die Infrastruktur der Gesundheitswesen von Entwicklungsländern<br />

Ethischer / Verfahrens-Kodex für pädiatrische klinische Prüfungen<br />

Ethische Marketing-Strategie, die Kinderausbeutung durch Werbung<br />

ausschließt<br />

Sicherstellen, dass Werbung Kinder<br />

nicht negativ beeinflusst<br />

Überprüfung von Werbematerialien, um Kinderausbeutung auszuschließen<br />

Überprüfung von Maßnahmen, die Werbung an Kinder richtet und sich<br />

dabei gegen behördliche oder freiwillige Standards wendet<br />

Offenlegen von Marketingmaßmahmen für Muttermilch-Ersatzartikel in<br />

allen Ländern<br />

Anzahl der Unternehmensprodukte, die den Richtlinien für Kinderwerbung<br />

genügen<br />

GRI-Indikator PR6<br />

kann modifiziert<br />

oder ersetzt werden,<br />

um einige Aspekte<br />

abzudecken<br />

Einsatz von Marketing-Maßnahmen, die<br />

einen gesunden Lebensstil fördern<br />

Veränderung (+/-) der Anzahl von beworbenen gesunden Lebensmitteln<br />

Einsatzbeschränkung für lebende Persönlichkeiten oder<br />

Comic-Charaktere<br />

Verbot von Werbung in Schulen<br />

Festgesetztes Minimumalter von 8 Jahren für Werbung<br />

Quelle: UNICEF (Hrsg): CSR Working Paper. Sustainability reporting on children’s rights, S. 31, 35, Übersetzung: Sonja Scheferling, Mediengruppe macondo<br />

>><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

37


Agenda<br />

Verbraucher<br />

Verbraucheraspekte sind eine bewusst breit angelegte Kategorie<br />

innerhalb der „The Children’s Rights and Business Principles“.<br />

Dazu zählen etwa Fragen zur Produktsicherheit und Kindgerechtheit,<br />

zur Privatsphäre, zu Marketing, Werbung und<br />

Kennzeichnung und natürlich Fragen zur Kontrolle des Zugangs<br />

zu Produkten und Dienstleistungen, die für Kinder verboten<br />

sind. Hierzu allgemeingültige Aussagen und Empfehlungen zu<br />

machen, ist schwierig, und die Autoren erkennen keine klaren<br />

Trends und Berichterstattungsniveaus. Drei kritische Felder<br />

müssen hier dennoch besonders hervorgehoben werden: Die<br />

Pharma-Industrie und das Recht von Kindern auf Gesundheit,<br />

die Lebensmittel- und Getränke-Werbung für Kinder und der<br />

Online-Schutz von Kindern.<br />

Ein komplexer, aber integraler Bestandteil der unternehmerischen<br />

Auswirkungen auf Kinderrechte vor allem bei<br />

Verbraucherthemen ist das Lobbying. Investoren und zivilgesellschaftliche<br />

Organisationen heben die wachsende<br />

Einflussnahme von Firmen auf die Politik seit der Mitte der<br />

2000er-Jahre hervor.<br />

Insbesondere in den USA wächst die Sorge, wie Firmen Einfluss<br />

auf Politik und Gesetze nehmen. Die Furcht hat zugenommen,<br />

seitdem 2010 der Oberste Gerichtshof in einem Urteil<br />

„Citizens United“ beschloss, dass Unternehmen die gleichen<br />

Rechte auf politische Teilhabe haben wie Privatpersonen,<br />

und das Höchstmaß für Parteispenden aufhob.<br />

Über den Autor<br />

Dr. Elmer Lenzen, Mediengruppe macondo, ist Herausgeber der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Jahrbücher <strong>Deutschland</strong> und International.<br />

38<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Kinderrechte<br />

Publikationen zum Thema Kinderrechte<br />

How Business Affects Us: A Report<br />

of Children’s Consultations, Children’s<br />

Rights and Business Principles<br />

(UNICEF, UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> and<br />

Save the Children, 2011)<br />

http://www.unglobalcompact.org/<br />

docs/issues_doc/human_rights/CRBP/<br />

How_Business_Affects_Us.pdf<br />

Scoping document for general<br />

comment by the UN committee<br />

on the rights of the child regarding<br />

child rights and the business sector<br />

(CRC, 2011)<br />

http://www.unicef.org/csr/css/<br />

Scoping_document_15Dec2011.pdf<br />

Financial Literacy:<br />

Empowering Children and Paving<br />

the Way for the Future<br />

(UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, Child &<br />

Youth Finance International, <strong>2013</strong>)<br />

http://www.unglobalcompact.org/<br />

docs/issues_doc/human_rights/<br />

CRBP/Financial_Literacy.pdf<br />

Children are Everyone’s<br />

Business<br />

(UNICEF Pilot Workbook,<br />

<strong>2013</strong>)<br />

http://www.unicef.org/csr/css/<br />

CSR_Workbook_A4_LR_low_res.pdf<br />

Policy Brief: Shared Value – How<br />

can large businesses contribute to<br />

the post-2015 agenda<br />

(Save the Children, 2012)<br />

http://www.savethechildren.org.uk/<br />

sites/default/files/docs/<br />

Shared_value.pdf<br />

Employers’ and Workers’<br />

Handbook on Hazardous<br />

Child Labour<br />

(ILO, 2011)<br />

http://www.ilo.org/public/english/<br />

dialogue/actemp/downloads/<br />

projects/cl_handbook.pdf<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

39


Agenda<br />

40 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


CSR in NRW<br />

CSR in<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

41


Agenda<br />

Gesellschaftliche Verantwortung<br />

zwischen Rhein und<br />

Ruhr<br />

Von Riccardo Wagner und Marcus Eichhorn<br />

Noch vor wenigen Jahren wäre es ein Bild mit Seltenheitswert<br />

in der CSR-Welt gewesen: Die Düsseldorfer Rheinterrassen bis<br />

an den Rand gefüllt mit Besuchern, und mehr als zehn Diskutanten<br />

drängten auf die Bühne, sodass ein zweites Podium<br />

zum Fuße der Hauptbühne eröffnet werden musste.<br />

Der Anlass? Garrelt Duin (SPD), Minister für Wirtschaft, Energie,<br />

Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW, hatte<br />

im Oktober <strong>2013</strong> zum CSR Summit geladen. Das gewünschte<br />

Signal war klar: In NRW ist CSR keine Mode, sondern traditionell<br />

fest in der Wirtschaft verankert. Und so schwor er in<br />

seiner Eingangsrede die Anwesenden auf die Formel des Tages<br />

ein: „Verantwortliches Unternehmertum stärkt den Standort<br />

NRW und <strong>Deutschland</strong>“.<br />

Duin: „Diese mit dem Begriff der ‚Corporate Social Responsibility’<br />

umschriebenen Anforderungen an Unternehmen sind<br />

kein Sahnehäubchen für konjunkturell gute Zeiten. Sie sind<br />

ein Grundpfeiler des Selbstverständnisses von Unternehmen<br />

in Nordrhein-Westfalen und in <strong>Deutschland</strong>.“<br />

Verantwortung mit Tradition<br />

Nordrheinwestfälische Industriemagnaten wie Alfred Krupp<br />

prägten bereits im 19. Jahrhundert das Ideal des Ehrbaren<br />

Kaufmannes. So baute Krupp als einer der ersten Unternehmer<br />

eigene Wohnungen für seine Mitarbeiter und sorgte mit<br />

einer Krankenversicherung für die rudimentäre Absicherung<br />

der betroffenen Familien. Gemäß dem Motto „Der Zweck der<br />

Arbeit muss das Gemeinwohl sein“ führte auch sein Sohn,<br />

Friedrich Alfred Krupp, die Firmenphilosophie weiter und<br />

prägte damit ganze Generationen von Unternehmern und<br />

auch die öffentliche Meinung.<br />

Nicht umsonst verbindet sich heute mit dem Schlagwort „rheinischer<br />

Kapitalismus“, als Ausdruck einer sozial orientierten<br />

Marktwirtschaft, der Gegenentwurf zum angelsächsischen,<br />

liberalen Marktmodell. Der französische Wirtschaftswissenschaftler<br />

Michel Albert prägte in den 1990er Jahren diesen<br />

Begriff zur Beschreibung eines wirtschaftlichen Zusammenlebens,<br />

das von engen Sozialpartnerschaften, Verflechtungen<br />

und Kooperationen gezeichnet ist.<br />

Neue Herausforderungen<br />

Längst gilt es aber nicht mehr, nur soziale Herausforderungen<br />

in Form existenzieller Absicherung zu meistern. NRW, als das<br />

mit über 17 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichste und<br />

mit einem BIP von mehr als 580 Milliarden Euro ebenfalls<br />

wirtschaftlich stärkste Bundesland, blickt auf eine bewegte<br />

Wirtschaftsgeschichte mit fundamentalen Strukturänderungen<br />

zurück. Der Wandel von der montan- und schwerindustriell<br />

geprägten Wirtschaft zum modernen Industrie-, Technologie-,<br />

Dienstleistungs- und Forschungsstandort ist längst noch nicht<br />

abgeschlossen. Ebenso machen Herausforderungen wie der<br />

demografische Wandel, der Klimawandel, der Verlust von<br />

Biodiversität, Ressourcenknappheit und Energiewende keinen<br />

Halt vor NRW.<br />

Die Inanspruchnahme der Unternehmen und der Appell an<br />

ihre gesellschaftliche Verantwortung kommen daher nicht von<br />

ungefähr. Längst haben Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft<br />

erkannt, dass allein die effektive, trisektorale Kooperation und<br />

die transparente und verbindliche Verantwortungsübernahme<br />

aller Beteiligten der einzig wirkungsvolle Weg sein wird,<br />

um diese großen Themen zu sinnvollen Lösungen zu führen.<br />

Politische Signale<br />

Mit der Verankerung von CSR im Koalitionsvertrag der Rot-<br />

Grünen-Landesregierung wurde 2012 ein wichtiges Signal<br />

gesetzt. Sie möchte damit – nach eigenem Bekunden – verantwortlich<br />

wirtschaftende Unternehmen in ihrer Vorbildrolle<br />

stärken, Anreize zur Übernahme gesellschaftlicher Verant-<br />

42<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


CSR in NRW<br />

Zum Kabinett der Landesregierung Nordrhein-Westfalen gehören neben der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auch zwölf Ministerinnen und<br />

Minister an. Sie entscheiden über Gesetzesvorlagen, Leitlinien der Regierungsarbeit, wichtige landespolitische Vorhaben sowie bedeutende<br />

administrative und personelle Angelegenheiten.<br />

wortung und Unterstützung bei der Umsetzung von CSR in<br />

Branchen und Regionen leisten sowie CSR-Kooperationen<br />

zwischen Hochschulen und Unternehmen stärken.<br />

Einen praktischen Anreiz hat die Landesregierung mit der Verabschiedung<br />

des Tariftreue- und Vergabegesetztes TVgG-NRW<br />

im Mai <strong>2013</strong> gesetzt. Es soll für fairen Wettbewerb und die<br />

Einhaltung von Tarifen und Sozialstandards bei der Vergabe<br />

von öffentlichen Aufträgen sorgen. Festgelegt ist hier u.a. ein<br />

Mindestlohn von 8,62 Euro – der auch für Leiharbeiter gilt.<br />

Zudem wurden weitere Anforderungen z. B. zur Frauen und<br />

Familienförderung integriert.<br />

Doch auch für die eigene Politik möchte sich die Landesregierung<br />

mit dem Beschluss der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie<br />

NRW klare Leitplanken für die Arbeit<br />

setzen. Die Strategie soll nach eigenen Aussagen ökologische<br />

Verantwortung, ökonomische Vernunft und soziale Gerechtigkeit<br />

miteinander verknüpfen. Die bereits verabschiedeten<br />

Eckpunkte der Strategie, die bis zum Jahr 2015 ausgearbeitet<br />

werden soll, sind:<br />

• Grüne & faire Wirtschaft<br />

• Soziales<br />

• Klimaschutz und Klimaanpassung<br />

• Mobilität<br />

• Biodiversität<br />

• Fläche<br />

• Eine Welt<br />

• Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

So sollen Themen wie Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft,<br />

regionale Wertschöpfung, Menschenrechte, Sozial- und Öko-<br />

Standards, CO 2<br />

-Reduktion (25 Prozent bis 2020, 80 Prozent bis<br />

2050), Verkehrs- und Logistikkonzepte, Renaturierung von<br />

Lebensräumen (45 Prozent der 43.000 Tier- und Pflanzenarten<br />

in NRW sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits<br />

ausgestorben) Eingang in die Tagespolitik finden.<br />

Dass es mit der Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips noch<br />

ein weiter Weg sein wird, macht LAG 21 Geschäftsführer<br />

Dr. Klaus Reuter deutlich: „Obwohl wir viele ermutigende<br />

Ansätze beschreiben können, steht auch zwanzig Jahre nach<br />

Rio ein Agenda 21-Mainstreaming noch aus.“<br />

So zeigte sich im Rahmen einer Studie der LAG 21, dass 57<br />

Prozent der befragten 182 Kommunen und Kreise über einen<br />

entsprechenden Agenda-Beschluss verfügen und 34 Prozent<br />

über eine Energie- und Klimaschutzstrategie. Zusätzliches<br />

Personal oder Sachmittel zur Umsetzung stellt dafür nicht<br />

einmal jede zweite Kommune oder Kreis zur Verfügung.<br />

Entwicklungspotenzial vorhanden<br />

Die 396 Kommunen des Landes NRW sind damit zwar auf<br />

dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, doch vor allem in Sachen<br />

Transparenz und Kommunikation ist noch erhebliches Potenzial<br />

vorhanden. Auf Landesebene liegt hier zumindest<br />

ein umfassender Umweltbericht vor, der auf gut 140 Seiten<br />

ausführlich alle relevanten Themen darlegt. Im Bereich der<br />

Kommunalverwaltung sucht man eine Nachhaltigkeits- >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

43


Agenda<br />

berichterstattung jedoch meist vergebens. So hat der Kreis<br />

Unna gemeinsam mit seinen zehn Städten und Gemeinden<br />

als eine der ersten Kommunen in NRW <strong>2013</strong> seinen ersten<br />

Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Auf 75 Seiten werden<br />

dort für die Handlungsfelder Bildung, Wirtschaft, Fläche,<br />

Klima und Mobilität insgesamt 40 Ziele für die Entwicklung<br />

der nächsten Jahre formuliert und Auskunft über den Status<br />

quo gegeben. Bleibt abzuwarten, wie schnell dieses Vorhaben<br />

Schule macht – angesichts der knappen Ressourcen darf man<br />

hier vermutlich nicht allzu euphorisch sein.<br />

CSR in der Unternehmensstrategie<br />

Dass VerANTWORTung eng mit Antwort-geben, also Dialog,<br />

Kommunikation und Transparenz zu tun hat, ist auf der Unternehmensseite<br />

inzwischen ein Allgemeinplatz – zumindest<br />

bei den Großunternehmen des Landes. Mit den umsatzstärksten<br />

Unternehmen, wie den Versorgern E.ON, RWE und Deutsche BP,<br />

den Einzelhandelskonzernen Metro, REWE, ALDI (Süd / Nord),<br />

dem Telekommunikationsdienstleister Deutsche Telekom,<br />

dem Logistikdienstleister Deutsche Post, dem Maschinen- und<br />

Anlagenbauer ThyssenKrupp und dem Chemieriesen Bayer,<br />

verfügt NRW nicht nur über wichtige Leuchttürme der deutschen<br />

Wirtschaft, sondern auch über eine ganze Reihe von<br />

Unternehmen, die zu den Vorreitern des CSR-Managements<br />

in <strong>Deutschland</strong> zählen.<br />

Nicht zu vergessen: die zahlreichen familiengeführten Traditionsunternehmen,<br />

die mitunter weltweit agierende Konzerne<br />

sind und seit vielen Jahrzehnten für Nachhaltigkeit und faires<br />

Wirtschaften stehen, wie zum Beispiel der Oetker-Konzern<br />

oder Hausgerätehersteller Miele, der seine Qualitätsstrategie<br />

vor allem auf der Motivation und Loyalität seiner Mitarbeiter<br />

auf baut und seit Jahren mit einer Fluktuationsrate von circa<br />

einem Prozent Maßstäbe setzt.<br />

CSR im Mittelstand – ein zartes Pflänzchen<br />

Von der Wirtschaft NRWs zu sprechen und dabei nur große<br />

Namen im Blick zu haben, wäre jedoch ein Fehler – denn<br />

von den insgesamt gut 750.000 Unternehmen in NRW sind<br />

mehr als 99 Prozent sogenannte kleine und mittelständische<br />

Unternehmen. Nach Definition der EU sind dies Unternehmen<br />

mit weniger als 250 Mitarbeitern und weniger als<br />

50 Mio. Euro Jahresumsatz. Von den 1, 3 Billionen Euro Umsatz<br />

aller Unternehmen in NRW im Jahr 2012 entfielen gut<br />

34 Prozent, beinahe 500 Milliarden, auf die KMU des Landes,<br />

dabei stellen sie mit über 3 Millionen mehr als die Hälfte aller<br />

sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Wer also von<br />

der Wirksamkeit der Unternehmensverantwortung für den<br />

Standort NRW spricht, muss vor allem auch diese Unternehmen<br />

erreichen. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung<br />

im Jahr 2011 das Projekt Unternehmensverantwortung im<br />

Eckpunkte einer Nachhaltigkeitsstrategie<br />

für Nordrhein-Westfalen<br />

Die Landesregierung hat die Nachhaltigkeit zu einem Leitprinzip<br />

erklärt. Nachhaltigkeit wird dabei als Verbindung von<br />

sozialer Gerechtigkeit und ökonomischer Vernunft mit ökologischer<br />

Verantwortung verstanden. Das Leitprinzip Nachhaltigkeit<br />

steht in engem Zusammenhang mit der Politik der<br />

Prävention. Auf dieser Grundlage hat die Landesregierung<br />

am 12.11.<strong>2013</strong> „Eckpunkte einer Nachhaltigkeitsstrategie für<br />

NRW“ verabschiedet. Bis 2015 / 2016 soll unter Beteiligung<br />

aller Landesministerien und des Landtags sowie im Dialog<br />

mit Akteurinnen und Akteuren aus der Zivilgesellschaft,<br />

der Wirtschaft, den Kommunen und der Wissenschaft eine<br />

Landesnachhaltigkeitsstrategie erarbeitet werden.<br />

Folgende Handlungsfelder sollen im Mittelpunkt des Strategieprozesses<br />

stehen. Dabei soll, wo immer möglich, auf<br />

bestehende (ressortübergreifende) Strategien und Prozesse<br />

aufgebaut werden:<br />

• Klimaschutz<br />

• Energiewende<br />

• Nachhaltiges Wirtschaften<br />

• Schutz natürlicher Ressourcen: Biodiversität, Wald, Wasser,<br />

Flächen / Boden, nachhaltige Landbewirtschaftung, Luft, Umwelt<br />

und Gesundheit<br />

• Demografie<br />

• faire Arbeit<br />

• Integration und Interkulturalität<br />

• sozialer Zusammenhalt und gesellschaftliche Teilhabe<br />

• nachhaltige Finanzpolitik<br />

• nachhaltige Stadt- und Quartiersentwicklung<br />

• Nahmobilität<br />

• nachhaltiger Konsum / nachhaltige Lebensstile<br />

• Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

• Eine-Welt-Politik.<br />

44<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


CSR in NRW<br />

Mittelstand ins Leben gerufen. Von insgesamt 72 aktiven<br />

Projekten sind mehr als zwanzig Projekte in NRW beheimatet.<br />

CSR-Förderung im Mittelstand – der Grundstein ist gelegt<br />

Die NRW Projekte decken dabei ein großes regionales und<br />

inhaltliches Spektrum ab. So treibt beispielsweise die Bertelsmann<br />

Stiftung ihr bereits erfolgreich pilotiertes Projekt<br />

„Verantwortungspartner“ mit moderativer Unterstützung aus<br />

Gütersloh in bundesweit 15 Regionen voran. In NRW ist das<br />

Projekt, auch bereits vor der ESF-Förderung, in der Region<br />

Lippe vertreten. Die Stiftung ist zudem für die bundesweite<br />

Vernetzung der ESF-Projektträger zuständig.<br />

Der UPJ e.V. ist mit einem bundesweit ausgerichteten Projekt<br />

auch in NRW aktiv. Das „CSR Regio.Net“-Projekt schult und<br />

begleitet in NRW insgesamt zwölf Unternehmen über einen<br />

Zeitraum vom drei Jahren. „Im Rahmen von CSR Regio.Net<br />

bieten wir Unternehmen in mehreren Beratungstagen und<br />

Workshops eine Einführung in alle CSR-Handlungsfelder,<br />

mit dem Ziel, einen CSR-Fahrplan für den eigenen Betrieb zu<br />

erarbeiten“, erklärt Moritz Blanke, Senior Projektmanager des<br />

UPJ-Netzwerkes. „Uns und die Unternehmen begeistert vor<br />

allem, welche Motivation rund um das Thema entsteht, was<br />

sich auch darin zeigt, dass alle Unternehmen ihre Bemühungen<br />

selbstständig und dauerhaft fortsetzen werden“, so Blanke<br />

weiter. Doch für ihn ist klar: „In der Breite des Mittelstands<br />

ist CSR noch nicht in alle Bereiche der Unternehmenstätigkeit<br />

integriert, deshalb ist es wichtig, dass eine verantwortliche<br />

Unternehmensführung auch in der öffentlichen Diskussion<br />

auf der Agenda gehalten wird.“ Dem pflichtet auch Dr. Frank<br />

Osterhoff, Projektleiter der „Verantwortungspartner“, bei: „CSR<br />

ist im Mittelstand Teil des Selbstverständnisses. Es werden an<br />

einigen Stellen nur passgenauere Instrumente benötigt, um<br />

die Chancen besser nutzbar zu machen.“<br />

So bietet beispielweise der future e.V. in seinem Projekt DemografieFit<br />

konkrete Hilfe zur Bewältigung der Herausforderungen,<br />

die der demografische Wandel mit sich bringt. „Viele<br />

Unternehmer gehen mit den Themen aus dem CSR-Spektrum<br />

eher intuitiv um. Das möchten wir für eine ganz konkrete Problemstellung<br />

beheben, indem wir ihnen, im Rahmen unserer<br />

Beratung, analytisch aufzeigen, wo Risiken und Potenziale<br />

für das Unternehmen bei der Mitarbeiterentwicklung liegen,<br />

und ihnen helfen, die Erkenntnisse strategisch umzusetzen –<br />

was letztlich zu einer umfassenderen CSR-Strategie führen<br />

kann“, erklärt Udo Westermann, Geschäftsführer des future e.V.<br />

Die Schwierigkeit, CSR als Gesamtpaket bei den KMU zu platzieren,<br />

haben auch andere Projekte erkannt und sich deshalb<br />

gezielt auf Einzelaspekte in der Unternehmensansprache<br />

konzentriert. Wie das Projekt „Bocholter Unternehmer >><br />

Im Rahmen der NRW-Nachhaltigkeitsstrategie sollen die aufgeführten<br />

Handlungsfelder nicht isoliert, sondern in einer Gesamtperspektive<br />

betrachtet werden. Insbesondere die Wechselwirkungen<br />

zwischen den Handlungsfeldern sollen herausgearbeitet<br />

werden.<br />

Folgende Aspekte, die für ein nachhaltiges Gesellschaftsmodell<br />

in Nordrhein-Westfalen von grundlegender Bedeutung sind,<br />

sollen im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie grundsätzlich<br />

bei allen Handlungsfeldern als Querschnittsthemen berücksichtigt<br />

werden:<br />

• Gleichstellung der Geschlechter (Gender Mainstreaming)<br />

• Barrierefreiheit und Inklusion<br />

• Nachhaltigkeit in den Kommunen („Lokale Agenda 21“)<br />

• bürgerschaftliches Engagement / Teilhabe<br />

• Bildung sowie Wissenschaft, Forschung und Innovation<br />

• internationale Dimension<br />

• Auswirkungen auf die ländlichen Räume.<br />

Eine Interministerielle Arbeitsgruppe unter Beteiligung aller<br />

Ressorts (IMAG Nachhaltigkeitsstrategie) erarbeitet im gegenseitigen<br />

Einvernehmen und unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen<br />

und Zielsetzungen die ressortübergreifend<br />

notwendigen Schritte für die Entwicklung, Umsetzung, Evaluierung<br />

und Weiterentwicklung der Strategie. Die Stiftung Umwelt<br />

und Entwicklung Nordrhein-Westfalen wird eingeladen, sich<br />

an der Entwicklung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie<br />

zu beteiligen.<br />

Der vorläufige Zeitplan stellt sich aktuell wie folgt dar:<br />

• ab Anfang 2014: Erarbeitung eines ersten Strategiepapiers<br />

der Landesregierung<br />

• ab Sommer / Herbst 2014: Start des Strategieprozesses mit<br />

Vorstellung eines ersten Strategiepapiers, erste Konsultationsrunde<br />

• Herbst 2014: dritte NRW-Nachhaltigkeitstagung<br />

• Ende 2014 / Anfang 2015: Ausarbeitung eines Strategieentwurfs<br />

durch die Landesregierung, zweiter Kabinettsbeschluss<br />

zur NRW-Nachhaltigkeitsstrategie<br />

• Mitte 2015: zweite Konsultationsrunde<br />

• Herbst 2015: vierte NRW-Nachhaltigkeitstagung<br />

• ab Herbst 2015: dritter Kabinettbeschluss zur NRW-Nachhaltigkeitsstrategie,<br />

anschließende Landtagsbefassung<br />

• anschließend regelmäßige Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

und Fortschreibung der Strategie (Fortschrittsberichte alle<br />

3 – 4 Jahre)<br />

Quelle: Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und<br />

Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

45


Agenda<br />

In Nordrhein-Westfalen werden rund 22 Prozent des deutschen<br />

Bruttoinlandsprodukts erzeugt. Besonders kennzeichnend sind die<br />

industriellen Zentren an Rhein und Ruhr. Insgesamt sind mehr als<br />

1,3 Millionen Menschen in der Industrie beschäftigt.<br />

engagieren sich für Bocholt“, das sich in erster Linie mit den<br />

Themenfeldern Mitarbeiter und Gesellschaft befasst. „Darüber<br />

hinaus haben wir in unserer Steuerungsgruppe einen Maßnahmenkatalog<br />

für Bocholt entwickelt, denn aus unserer Sicht<br />

spielt CSR auch bei der Regionalentwicklung eine wichtige<br />

Rolle“, sagt Klaus Mertens, Projektleiter in Bocholt.<br />

Ein Ansatz, der auch bei der CSR Initiative Rheinland der IHK<br />

Bonn / Rhein-Sieg verfolgt wird. Das Projekt hat sich insgesamt<br />

vier Handlungsfeldern verschrieben: CSR-Information und<br />

-Schulung über Workshops und Sprechstunden für Unternehmen<br />

und NGOs, CSR-Erstberatung inkl. eines CSR-Checks nach<br />

ISO 26000, Etablierung eines CSR-Netzwerkes im Rheinland<br />

und der Förderung von CSR-Kooperationen, die ebenfalls auf<br />

einem, im Partnerkreis der Initiative abgestimmten, Themenkatalog<br />

für die Region beruhen. „Wir wollen mit der CSR<br />

Initiative Rheinland, auch über den Projektzeitraum hinaus,<br />

ein Kompetenz- und Vernetzungszentrum zum Thema CSR<br />

im Rheinland schaffen. Dafür haben wir bereits ein Netzwerk<br />

gebildet, dem neben der Bundesstadt Bonn, dem Landschaftsverband<br />

Rheinland, dem Bistum Aachen, der Handwerkskammer<br />

zu Köln oder auch dem Generali Zukunftsfonds noch<br />

weitere große gemeinnützige Institutionen und Verbände<br />

als Partner angehören“, sagt Michael Pieck, Pressesprecher<br />

der IHK Bonn / Rhein-Sieg.<br />

In der Region KölnBonn sind mit den Projekten der Hochschule<br />

Bonn / Rhein-Sieg („Förderung von weiblichen Führungskräften“),<br />

dem 3 WIN e.V. („Personalentwicklung durch Engagement“) zwei<br />

weitere Projekte vertreten, die sich vor allem über das Themenfeld<br />

Mitarbeiter dem Thema CSR nähern. „Personalentwicklungsziele<br />

mithilfe von Aktivitäten bei und für gemeinnützige Zwecke zu<br />

verbinden, ist aus unserer Sicht, gerade für KMU, eine effiziente<br />

Alternative zu üblichen Personalentwicklungsmaßnahmen“,<br />

erläutert Dieter Schöffmann, Vorstand von 3 WIN.<br />

Simone Matthaei, Leiterin des CSR Projektes im Bereich Unternehmen<br />

der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: „Der Fachkräftemangel<br />

ist bereits heute ein großes Problem in mittelständischen<br />

Unternehmen. Da haben wir angesetzt und Studentinnen als<br />

CSR-Kümmerer in den Unternehmen positioniert. Ziel war es,<br />

die Studentinnen auf Führungsaufgaben vorzubereiten und die<br />

Unternehmen darüber zu informieren, dass sie sich aufgrund<br />

des demografischen Wandels auf Frauen in Führungspositionen<br />

einstellen müssen. Um die Studentinnen nah an die<br />

Geschäftsführung zu rücken, war es ihre Aufgabe, gemeinsam<br />

mit der Geschäftsführung ein soziales Projekt zu entwickeln,<br />

welches mit dem Geschäftsfeld des Unternehmens verbunden<br />

ist. Das hat funktioniert: Vier von sechs Studentinnen sind<br />

über das Praktikum hinaus bei den Unternehmen heute beschäftigt<br />

und können den CSR-Prozess in den Unternehmen<br />

weiter vorantreiben.“<br />

46<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


CSR in NRW<br />

Die Erfahrung, dass KMU bei CSR kompetente Hilfe über einen<br />

längeren Zeitraum benötigen, hat auch Martina Meeuvissen,<br />

Projektleiterin des Projektes CSR Mehrwert der Wirtschaftsförderung<br />

des Rhein-Kreis Neuss gemacht: „Wir haben im<br />

Projekt Unternehmen aus fünf wichtigen Kernbranchen in<br />

einem mehrstufigen Workshopprozess begleitet. Wir sind<br />

froh, dass alle Unternehmen diesen Weg mit uns konsequent<br />

gegangen sind und sich in jedem der insgesamt 23 Unternehmen<br />

konkrete CSR-Projekte und Strategien entwickelt haben,<br />

die auch über den Projektzeitraum hinaus verfolgt werden.“<br />

Einen etwas anderen Ansatz hat das Projekt „MIT 3 – Mitverantwortung<br />

und Mitbestimmung im Mittelstand“ gewählt.<br />

Das DGB Bildungswerk NRW hat es sich mit dem Projekt zur<br />

Aufgabe gemacht, Betriebsräte für das Thema CSR zu gewinnen.<br />

„Wir sind im ersten Schritt bei sehr vielen Betriebsräten<br />

und Unternehmen auf offene Ohren gestoßen. So konnten<br />

wir insgesamt bisher gut 70 Betriebe persönlich besuchen<br />

und werden zunächst circa 15 davon intensiver beraten und<br />

begleiten“, erklärt Nikolaus Bley, Leiter des Projektes. „Wichtig<br />

ist es dabei, dass wir es schaffen, dass das Thema CSR für die<br />

Agenda des Betriebsrates fruchtbar gemacht wird und dass<br />

sich eine gute Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung<br />

entwickelt, die wir auch von Anfang an einbinden.“ CSR als<br />

festen Bestandteil der Unternehmensstrategie sieht Bley jedoch<br />

noch als Zukunftsmusik bei vielen Unternehmen. „Der<br />

Informationsbedarf ist riesig und wir sollten mit der Marke<br />

‚CSR in Germany‘ den besonderen bundesdeutschen Weg<br />

aus CSR, ehrbarer Kaufmannstradition und Mitbestimmung<br />

weitergehen.“<br />

Die CSR-Welt expandiert<br />

Doch auch jenseits der geförderten CSR-Projekte entwickelt sich<br />

in NRW eine immer buntere CSR Welt. Ob „CSR-Frühstücke“,<br />

„Marktplatz Gute Geschäfte“, Verbandsaktivitäten wie die des<br />

Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik, der studentischen Nachhaltigkeitsorganisation<br />

sneep oder auch regionale Netzwerke<br />

wie das „CSR-Netzwerk Dortmund“, das auf Betreiben der Stadt<br />

Dortmund, Unternehmensvertretern und der evangelischen<br />

Kirche im September <strong>2013</strong> ins Leben gerufen wurde – CSR<br />

als Diskussionsthema und als Managementkonzept wird<br />

immer öfter sichtbar.<br />

Welchen Stellenwert CSR in den nächsten Jahren einnehmen<br />

wird, zeigt sich vor allem bei einem Blick auf die Bildungslandschaft<br />

in NRW. So sprießen inzwischen nicht nur die<br />

Angebote zu praktischen Weiterbildungen, z. B. als CSR<br />

Manager (IHK Bonn / Rhein-Sieg), aus dem Boden, sondern<br />

auch die Universitäten und Fachhochschulen nehmen sich<br />

in großer Breite des Themas an. Einen guten Überblick bietet<br />

hier der 2012 veröffentlichte CSR-Atlas, der auf mehr als<br />

200 Seiten einen Großteil der Aktivitäten in NRW vorstellt<br />

(www.csr-atlas.de).<br />

Immer mehr Hochschulen gehen darüber hinaus den Weg,<br />

eigene Institute mit dem Themenschwerpunkt CSR und<br />

Nachhaltigkeit zu gründen. Beispielsweise das IZNE (Internationales<br />

Zentrum für nachhaltige Entwicklung) der Hochschule<br />

Bonn / Rhein-Sieg, das es sich zum Ziel gesetzt hat,<br />

Studierende, neben der Vermittlung von Fachkompetenzen,<br />

für die gesellschaftlichen Herausforderungen zu sensibilisieren<br />

und entsprechend auszubilden. Dafür arbeitet das<br />

IZNE hochschulübergreifend mit Professoren verschiedenster<br />

Fachrichtungen. Oder das EthNa Kompetenzzentrum CSR der<br />

Hochschule Niederhein, das sich mit den Themen Wirtschaftsund<br />

Unternehmensethik, CSR und Nachhaltigkeit befasst und<br />

hochschulinterne, aber auch hochschulexterne, Bildungsangebote,<br />

Forschungen und Beratung anstrebt.<br />

NRW – ein CSR-Land im Aufbruch<br />

Die Vielzahl von Aktivitäten zu Unternehmensverantwortung<br />

und Nachhaltigkeit, die hier nur in Auszügen skizziert werden<br />

können, macht vor allem eines deutlich – CSR ist fester<br />

Bestandteil der Unternehmenszukunft und spielt bei der<br />

Entwicklung des Wirtschaftsstandortes NRW eine Schlüsselrolle<br />

– dafür war nicht zuletzt die große Teilnahmebereitschaft<br />

am CSR Summit eindrucksvoller Beleg. Nun gilt es, die junge<br />

Pflanze zu stützen und behutsam aufzuziehen.<br />

Über die Autoren<br />

Riccardo Wagner und Marcus Eichhorn arbeiten seit 13 Jahren als Strategieberater<br />

und Moderatoren. Mehr unter betterrelations.de<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

47


Agenda<br />

„CSR definiert das<br />

Verhältnis von Staat und<br />

Wirtschaft neu “<br />

Unternehmen haben heutzutage eine größere Verantwortung. „Das bedeutet nicht nur Pflichten, sondern auch<br />

Chancen“, sagt im Interview Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk<br />

des Landes NRW. Bei der Vergabepolitik der öffentlichen Hand in NRW soll CSR ein Wettbewerbsvorteil werden,<br />

verspricht der SPD-Politiker.<br />

Herr Minister, wenn wir über unternehmerische Verantwortung reden,<br />

dann wird oft zur Erklärung das Bild des „Ehrbaren Kaufmanns“ herangezogen.<br />

Es suggeriert, dass es sich hier hauptsächlich um Fragen der<br />

persönlichen Ethik dreht und nicht um ganz konkrete Managementthemen,<br />

die alle Facetten des Kerngeschäfts betreffen. Was macht für Sie unternehmerische<br />

Verantwortung und Corporate Social Responsibility (CSR) aus?<br />

Garrelt Duin: Für mich ist das Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns<br />

nach wie vor der zentrale Orientierungsrahmen für<br />

Unternehmen. Hier fallen persönliche Werte – wie Anstand,<br />

Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Fairness – und Werte, die für das<br />

Geschäftsleben wichtig sind, zusammen.<br />

Anders als in früheren Zeiten ist die Verantwortung des<br />

Ehrbaren Kaufmanns aber heute deutlich größer. Er ist kein<br />

Eigenwirtschaftler mehr, der nur für sein eigenes Handeln<br />

verantwortlich ist. Heute muss er auch Verantwortung für<br />

seine Mitarbeiter, seine Zulieferer und für alle Prozesse und<br />

Produkte seines Unternehmens übernehmen. Er muss dafür<br />

sorgen, dass gesellschaftliche Werte im gesamten Unternehmen<br />

ankommen und umgesetzt werden – trotz des härter<br />

gewordenen Wettbewerbs. Dabei bietet CSR nicht nur einen<br />

Bezugsrahmen, sondern auch konkrete Ansatzpunkte und<br />

Unterstützung, wie sich Verantwortung im Unternehmen<br />

strategisch verankern und kontrollieren lässt.<br />

Zeitstrahl: Zwischen Rhein und Ruhr<br />

1869 1871<br />

Die Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund In Dortmund entsteht durch die<br />

verpflichtet Unternehmer zum Schutz ihrer Arbeiter Union Hüttenwerke die Unionvorstadt,<br />

eine der ersten Werks-<br />

und verbietet die Beschäftigung von Kindern unter<br />

10 Jahren.<br />

siedlungen im englischen Stil.<br />

1873<br />

Um Arbeiter an das Werk zu binden und<br />

gegen „Beschwernisse“ abzusichern, wird die<br />

„Unterstützungskasse der Alizarin-Fabrik von<br />

Friedrich Bayer & Co. in Elberfeld“ gegründet.<br />

Alle 35 Arbeiter der Fabrik gehören ihr an.<br />

48 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


CSR in NRW<br />

Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft,<br />

Energie, Industrie, Mittelstand und<br />

Handwerk des Landes NRW<br />

Sie setzen seit Beginn Ihrer Amtszeit immer wieder Akzente zu den<br />

Themen CSR und Nachhaltigkeit. Warum ist CSR für NRW ein<br />

wichtiges Thema?<br />

Duin: Mit der freiwilligen Übernahme von Verantwortung<br />

können Unternehmen zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen<br />

beitragen und gleichzeitig ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit<br />

verbessern. CSR bringt gesellschaftlichen<br />

Mehrwert durch unternehmerische Mittel. Das Konzept ist<br />

gleichzeitig auch ein Hebel für ganzheitliche Innovation. Als<br />

Wirtschaftsminister des größten Bundeslandes, das über wichtige<br />

Leitmärkte wie den Maschinenbau, die Chemische >><br />

1883<br />

Einführung einer verpflichtenden Krankenkasse<br />

für Arbeiter. Bezahlt wurden die Beiträge zu zwei<br />

Dritteln von den Arbeitern selbst und zu einem<br />

Drittel vom Arbeitgeber.<br />

1900<br />

lebt jeder dritte Bergarbeiter<br />

im Ruhrgebiet in einer<br />

der über 25.000 Siedlungswohnungen.<br />

1884<br />

Per Gesetz werden alle Unternehmer verpflichtet,<br />

für ihre Angestellten eine Unfallversicherung<br />

abzuschließen. Diese trägt die Kosten des Heilverfahrens<br />

oder zwei Drittel des Arbeitslohnes<br />

als Rente bei völliger Erwerbsunfähigkeit.<br />

1889<br />

Zur Absicherung ihrer Rentenzeit werden alle<br />

Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen unter<br />

2.000 Mark verpflichtet, in eine staatliche Rentenversicherung<br />

einzuzahlen. Der Staat leistet einen<br />

jährlichen Grundbetrag von 50 Mark.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

49


Agenda<br />

Industrie oder die Biotechnologie verfügt, bin ich deshalb<br />

sehr daran interessiert, dass Unternehmen diese Chancen für<br />

die Gesellschaft wie auch für ihre eigene Positionierung im<br />

Wettbewerb nutzen.<br />

Unterscheidet sich der Blickwinkel auf das Thema aufgrund der industriellen<br />

Historie zwischen Rhein und Ruhr von anderen Regionen<br />

in <strong>Deutschland</strong>?<br />

Duin: Ich möchte hier für Nordrhein-Westfalen keine Sonderstellung<br />

beim Thema CSR reklamieren. Wir können aber<br />

bei diesem Thema in NRW an eine Kooperationskultur anknüpfen,<br />

die mit dem Begriff des Rheinischen Kapitalismus<br />

verbunden ist. Gemeint ist ein System korporatistischer, auf<br />

Konsens zielender Strukturen, die darauf gerichtet sind, die<br />

Wirtschaft voranzubringen und zugleich breite Bevölkerungsschichten<br />

an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung<br />

teilhaben zu lassen. CSR weist deutliche Parallelen zu<br />

diesem Denkansatz auf.<br />

Die Diskussion um CSR wird oft dominiert von großen multinationalen<br />

Konzernen, die hier längst mit eigenen CSR-Abteilungen und Nachhaltigkeitsberichten<br />

aktiv sind. Wo steht der nordrhein-westfälische<br />

Mittelstand?<br />

Duin: Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit den meisten<br />

Familienunternehmen. Dazu gehören lokale Handwerksbetriebe<br />

ebenso wie international tätige Unternehmen, Dienstleister<br />

und High-Tech-Firmen. Gerade in den Familienunternehmen<br />

gibt es eine ausgeprägte und über Jahrzehnte gewachsene<br />

CSR-Kultur, auch wenn die Unternehmen ihr Engagement<br />

für Mitarbeiter, Kunden und Umwelt nicht so nennen.<br />

Es wäre aber sinnvoll, wenn sie CSR auch ganzheitlich als<br />

Managementinstrument nutzen und besser über ihre Aktivitäten<br />

kommunizieren würden.<br />

Bei nicht wenigen kleinen und mittelständischen Unternehmen herrschen<br />

zum Teil massive Vorbehalte gegenüber CSR-Instrumenten und<br />

dem mutmaßlich damit verbundenen bürokratischen Aufwand. Was<br />

entgegnen Sie den Skeptikern und womit begeistern Sie für die CSR-<br />

Idee bei Ihren vielen Gesprächen mit Unternehmen?<br />

Duin: Unternehmen kann man nur dann für eine Idee gewinnen,<br />

wenn man ihnen die damit verbundenen Chancen aufzeigt.<br />

Diese Chancen liegen in einer größeren Transparenz nach innen<br />

und außen, der Einsparung von Kosten, der Minimierung<br />

von Risiken und nicht zuletzt einer besseren Reputation beispielsweise<br />

beim Fachkräfte-Nachwuchs oder bei den Kunden.<br />

Die Implementierung von CSR in der Unternehmensstrategie<br />

macht Arbeit – das sollte auch nicht verschwiegen werden –,<br />

kann aber ein Vielfaches an Gewinn bringen.<br />

Letztlich soll CSR neben Wettbewerbsvorteilen auch dazu beitragen,<br />

dass gesellschaftliche Herausforderungen gemeistert werden. Welche<br />

Rolle spielen hier intersektorale Netzwerke aus Wirtschaft, Politik,<br />

Verwaltung und Zivilgesellschaft?<br />

Duin: Die gesellschaftlichen Herausforderungen des Klimawandels,<br />

die notwendige Einsparung von Ressourcen, aber<br />

auch die Herausforderungen der älter werdenden Gesellschaft<br />

werden wir nur durch Innovationen meistern können.<br />

Und Innovationen entstehen an Schnittstellen – zwischen<br />

Branchen und Sektoren, zwischen öffentlichen und privaten<br />

Institutionen. Deshalb spielen übergreifende Netzwerke und<br />

die damit verbundenen unterschiedlichen Blickwinkel und<br />

Herangehensweisen bei der Lösung von Zukunftsaufgaben<br />

eine Hauptrolle.<br />

Wir haben in den letzten Jahren auf Bundesebene z. B. über das<br />

Programm „CSR im Mittelstand“ aktive Unterstützung für die Etablierung<br />

von CSR in den Betrieben und auch den Kompetenzauf bau<br />

1907<br />

Henkel produziert in<br />

Düsseldorf mit „Persil“<br />

das erste selbsttätige<br />

Waschmittel der Welt.<br />

1927<br />

Erstmals wird eine solidarische<br />

Versicherung zur Unterstützung<br />

von arbeitslos gewordenen Beschäftigten<br />

eingerichtet.<br />

1906<br />

Einrichtung der „Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege<br />

in Preußen“ – die erste Umweltbehörde<br />

in <strong>Deutschland</strong>, zur Ermittlung, Beobachtung und<br />

zum Schutz der bedrohten Tier- und Pflanzenarten<br />

und erhaltenswerten Landschaftsteile.<br />

1907<br />

Gründung der „Pensionskasse der Beamten der<br />

Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt vormals<br />

Roessler“ in Hanau. Sie wird eine der ersten von der<br />

Reichsversicherungsanstalt unabhängigen Zulagekassen.<br />

1914<br />

Die erste Wassermotor-Waschmaschine kommt von<br />

Miele schon vor dem ersten Weltkrieg. Wasser ist zu<br />

dieser Zeit wesentlich billiger als Strom und kann<br />

zudem noch aufgefangen und für andere Zwecke<br />

(zum Beispiel zum Spülen) weiterverwendet werden.<br />

50 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


CSR in NRW<br />

Unternehmen kann man nur dann für<br />

eine Idee gewinnen, wenn man ihnen die<br />

damit verbundenen Chancen aufzeigt.<br />

bei öffentlichen Einrichtungen und Institutionen gesehen. Wird sich<br />

dieses Bemühen auch auf der Landesebene fortsetzen? Welche Rolle<br />

sehen Sie für Ihr Ministerium, aber auch für die Organisationen<br />

der Wirtschaft wie die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern<br />

oder auch Wirtschaftsförderungen bei der weiteren<br />

Etablierung von CSR?<br />

Duin: CSR ist ein Konzept, das letztlich auch die Rolle der<br />

Wirtschaft in der Gesellschaft und das Verhältnis von Staat<br />

und Wirtschaft neu definiert. Anders als hierarchische Formen<br />

der Steuerung bietet CSR die Chance einer partnerschaftlichen<br />

Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft.<br />

Deshalb ist es für die Landesregierung Nordrhein-<br />

Westfalen ebenso wie für die Organisationen der Wirtschaft<br />

wichtig, sich am CSR-Dialog zu beteiligen.<br />

Die Rolle meines Ministeriums sehe ich dabei vor allem in<br />

Aufklärung und Information und in der Sichtbarmachung<br />

des CSR- Engagements von Unternehmen oder der Bereitstellung<br />

von Plattformen und Foren. Darüber hinaus schaffen<br />

wir Anreize für verantwortlich wirtschaftende Unternehmen<br />

durch das neue Vergabegesetz. Wir werden CSR auch dort, wo<br />

es sinnvoll ist, in Leitmarkt-Wettbewerbe integrieren, so dass<br />

verantwortlich wirtschaftende Unternehmen im Wettbewerb<br />

um Fördermittel zusätzlich punkten können. Kammern und<br />

Wirtschaftsförderungen sollten sich meines Erachtens zum<br />

Beispiel in der Erstberatung von Unternehmen und dem<br />

Auf bau regionaler CSR-Netzwerke engagieren.<br />

CSR lebte bisher von Freiwilligkeit. Das dreht sich. So sprechen sich z. B.<br />

die EU-Kommission und der Nachhaltigkeitsrat dafür aus, dass Unternehmen<br />

mit mehr als 500 Mitarbeitern einen Nachhaltigkeitsbericht<br />

herausgeben sollen. In Konsequenz könnte dies bedeuten, dass CSR zu<br />

einem Gegenstand der Legislative auf EU-, Bundes- und Landesebene<br />

wird, wo verbindlich festgelegt wird, was CSR bzw. Nachhaltigkeit<br />

ist und was nicht. Was ist die Position der Landesregierung dazu?<br />

Duin: Das Wirtschaftsministerium NRW hat sich – ähnlich wie<br />

die Bundesregierung – immer für die Freiwilligkeit von CSR<br />

eingesetzt, in großen wie auch in kleinen Unternehmen. Die<br />

Unternehmen sind bei diesem Thema bereits auf einem guten<br />

Weg, weil CSR ihnen Vorteile bringt und weil der Markt es von<br />

ihnen fordert. CSR – das war bisher immer die Kür. Wenn es<br />

zur Pflicht wird, geht hier möglicherweise ein Großteil >><br />

1950<br />

Reinhard Mohn und sein<br />

Mitarbeiter Fritz Wixforth<br />

gründen in Gütersloh den<br />

Bertelsmann Lesering.<br />

1963<br />

In Essen / Vogelheim, Lütkenbrauk<br />

64, öffnet der<br />

erste SB-Großmarkt unter<br />

dem Namen Metro.<br />

1948<br />

Auf Initiative des RWE-Vorstands<br />

Heinrich Schöller gründen sieben<br />

große Elektrizitätsversorgungsunternehmen<br />

ein für ganz Westdeutschland<br />

leistungsfähiges Verbundnetz.<br />

1974<br />

Menschen, Tiere und Pflanzen, der Boden, das Wasser, die<br />

Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter werden<br />

vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch ein Gesetz<br />

geschützt. Dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen<br />

durch Wirtschaft und Gesellschaft soll vorgebeugt werden.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

51


Agenda<br />

der Motivation in den Unternehmen verloren. Ich fürchte aber,<br />

dass wir die Europäische Kommission und das Europäische<br />

Parlament mit dieser Argumentation nicht überzeugen werden.<br />

Immerhin ist es uns durch gemeinsame Bemühungen im<br />

Vorfeld gelungen, kleine und mittlere Unternehmen aus der<br />

Berichterstattungspflicht herauszuhalten. Es gab durchaus<br />

Stimmen in Brüssel, die die Berichterstattungspflicht bereits<br />

auf Unternehmen mit 200 Beschäftigten ausdehnen wollten.<br />

Wie schätzen Sie die Verankerung und Relevanz des Themas in der<br />

neuen Bundesregierung ein? Vor allem: Welchen Akzent setzt die SPD<br />

aus Ihrer Sicht?<br />

Duin: Ich hoffe sehr, dass die neue Bundesregierung den Nationalen<br />

CSR-Aktionsplan fortführen und sich dabei eng mit<br />

den Ländern abstimmen wird. Ich werde jedenfalls das mir<br />

Mögliche tun, um die künftige Bundesregierung und auch<br />

die SPD-Bundestagsfraktion von der Relevanz des Themas<br />

insbesondere auch für die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik<br />

zu überzeugen.<br />

Wir erleben auf internationaler Ebene, vor allem bei den Vereinten<br />

Nationen, dass Multilateralismus derzeit nicht funktioniert. Daran<br />

scheiterte die Rio+20 Konferenz und auch um die Klimaverhandlungen<br />

steht es nicht besser. Sehen Sie reelle Chancen, die globale Stagnation<br />

zu durchbrechen? Oder müssen dann Bundesländer und -staaten im<br />

Alleingang mit gutem Beispiel vorangehen, wenn die Weltgemeinschaft<br />

sich nicht einig wird?<br />

Duin: Wir müssen weiterhin am Ziel festhalten, zu multilateralen<br />

Vereinbarungen beim Klimaschutz zu kommen.<br />

Gleichwohl sollten <strong>Deutschland</strong> und die Europäische Union<br />

beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle einnehmen. Dabei müssen<br />

wir zeigen, dass Klimaschutz nicht nur Kosten verursacht,<br />

sondern wirtschaftliche Chancen durch Entwicklung und<br />

Einsatz innovativer Technologien bietet. Nur so werden wir<br />

andere Länder überzeugen können.<br />

In den Verhandlungen ging es fast immer um die Abwehr von<br />

Risiken für die jeweils eigene Wirtschaft. Wir müssen endlich<br />

auch die Chancen stärker herausstellen.<br />

Wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch!<br />

Das Interview führten Riccardo Wagner und Marcus Eichhorn.<br />

1980<br />

Das Chemikaliengesetz<br />

schreibt den Schutz der<br />

Bürger vor gefährlichen<br />

Stoffen vor.<br />

1994<br />

Der Umweltschutz<br />

wird in <strong>Deutschland</strong><br />

zum Staatsziel.<br />

1995<br />

Das klassische Btx wird als neuer<br />

E-Mail-Dienst und Internetzugang<br />

zusammengefasst – aus Btx wird<br />

„T-Online Classic“.<br />

1985<br />

Klaus Matthiesen (SPD) wird<br />

erster Umweltmininster Nordrhein-Westfalens.<br />

1995<br />

Einführung einer Pflegeversicherung<br />

zur Absicherung von Personen, die<br />

wegen der Schwere ihrer Pflegebedürftigkeit<br />

auf solidarische Unterstützung<br />

angewiesen sind.<br />

52 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


CSR in NRW<br />

Nützliche<br />

Adressen<br />

Öffentliche Beschaffung<br />

Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand<br />

und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

Haroldstraße 4
, 40213 Düsseldorf<br />

nachhaltigebeschaffung@mweimh.nrw.de<br />

http://www.vergabe.nrw.de/auswahl/index.html<br />

Auftragsberatungsstelle<br />

Ministerien<br />

Referatsleiterin II A 2 Wirtschaftliche Bildung und<br />

Information, gesellschaftliche Verantwortung der<br />

Unternehmen<br />

Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand<br />

und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

Haroldstraße 4<br />

40213 Düsseldorf<br />

mweimh.nrw.de<br />

Referat VIII A 2 Nachhaltigkeitsstrategien<br />

Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,<br />

Natur- und Verbraucherschutz<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV NRW)<br />

Schwannstraße 3<br />

40476 Düsseldorf<br />

www.nachhaltigkeit.nrw.de<br />

IHK NRW – Die Industrie- und Handelskammern<br />

in Nordrhein-Westfalen e.V.<br />

Marienstraße 8, 40212 Düsseldorf<br />

ihk-nrw.de<br />

Mittelstand<br />

NRW-Projekte im ESF-Bundesprogramm<br />

„Gesellschaftliche Verantwortung im Mittelstand“<br />

(CSR-Programm)<br />

wirtschaft.nrw.de/wirtschaft/verantwortung_csr/<br />

csr_im_mittelstand/index.php<br />

Forschung<br />

CSR Atlas NRW edition Hochschule<br />

Herausgeber: Prof. Dr. Karl-Heinz Gerholz, Universität<br />

Paderborn, und Prof. Dr. Stefan Heinemann, Nachhaltigkeitsbeauftragter<br />

FOM Hochschule<br />

csr-atlas.de<br />

2002<br />

<strong>Deutschland</strong> ratifiziert<br />

das Kyoto-Protokoll.<br />

<strong>2013</strong><br />

Landesregierung verabschiedet<br />

„Eckpunkte einer Nachhaltigkeitsstrategie<br />

für NRW“.<br />

2002<br />

Der Tierschutz ist als<br />

Staatsziel im Grundgesetz<br />

verankert.<br />

2011<br />

Mit der Energiewende beschließt<br />

<strong>Deutschland</strong> den<br />

Ausstieg aus der Atomkraft<br />

und den massiven Ausbau<br />

von Erneuerbaren Energien.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

53


Good Practice<br />

Menschenrechte<br />

58 74<br />

Umweltschutz<br />

Bayer<br />

Tchibo<br />

ABB<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

Arbeitsnormen<br />

Audi<br />

Bosch<br />

Merck<br />

QFC<br />

RWE<br />

62<br />

CEWE<br />

Daimler<br />

Deutsche Post DHL<br />

HypoVereinsbank<br />

LANXESS<br />

MAN<br />

Mediengruppe macondo<br />

Weidmüller<br />

Korruptionsbekämpfung<br />

94<br />

METRO GROUP<br />

Für die redaktionellen Beiträge dieser Rubrik sind ausschließlich die Unternehmen und ihre Autoren selbst verantwortlich.<br />

54 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

74<br />

ABB<br />

62<br />

Audi<br />

98<br />

BASF<br />

CSR Management<br />

98<br />

58<br />

64<br />

76<br />

78<br />

Bayer<br />

Bosch<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

CEWE<br />

BASF<br />

80<br />

Daimler<br />

DAW<br />

100<br />

DAW<br />

Deutsche Bahn<br />

102<br />

Deutsche Bahn<br />

Deutsche Telekom<br />

EY<br />

Forest Carbon Group<br />

Entwicklung & Partnerschaft<br />

HOCHTIEF<br />

110<br />

82<br />

104<br />

106<br />

108<br />

110<br />

84<br />

86<br />

88<br />

90<br />

66<br />

94<br />

68<br />

70<br />

60<br />

92<br />

Deutsche Post DHL<br />

Deutsche Telekom<br />

EY<br />

Forest Carbon Group<br />

HOCHTIEF<br />

HypoVereinsbank<br />

LANXESS<br />

MAN<br />

Mediengruppe macondo<br />

Merck<br />

Metro Group<br />

QFC<br />

RWE<br />

Tchibo<br />

Weidmüller<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong> 55


Good Practice<br />

MENSCHENRECHTE<br />

ARBEITSNORMEN<br />

Prinzip 1: Unternehmen sollen den Schutz der internationalen<br />

Menschenrechte unterstützen und achten.<br />

Prinzip 2: Unternehmen sollen sicherstellen, dass sie sich<br />

nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen.<br />

Prinzip 3: Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit<br />

und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen<br />

wahren sowie ferner für<br />

Prinzip 4: die Beseitigung aller Formen der Zwangsarbeit,<br />

56 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Menschenrechte<br />

58<br />

60<br />

Bayer<br />

Tchibo<br />

Arbeitsnormen<br />

62<br />

64<br />

66<br />

68<br />

70<br />

Audi<br />

Bosch<br />

Merck<br />

QFC<br />

RWE<br />

Prinzip 5: die Abschaffung der Kinderarbeit und<br />

Prinzip 6: die Beseitigung von Diskriminierung bei Anstellung<br />

und Beschäftigung eintreten.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

57


BAYER<br />

Bayer fördert das Ehrenamt:<br />

„Vorbild sein lohnt sich!“<br />

<strong>2013</strong> feierte Bayer sein 150-jähriges Bestehen. Anlässlich des Unternehmensjubiläums hat die<br />

Bayer Cares Foundation unter dem Motto „Vorbild sein lohnt sich!“ ein spezielles Ehrenamtsprogramm<br />

initiiert. So unterstützte die Sozialstiftung weltweit insgesamt 150 Hilfsprojekte, in<br />

denen Mitarbeiter und Pensionäre ehrenamtlich arbeiten. Ziel des sozialen Engagements ist es,<br />

die Lebensverhältnisse im Umfeld der Unternehmensstandorte zu verbessern. Insgesamt hat<br />

die Sozialstiftung dafür 600.000 Euro zur Verfügung gestellt.<br />

Von Dirk Frenzel<br />

Dr. Angela Lockhoff vermittelt bei der<br />

KulturDrehscheibe Leverkusen kostenlose<br />

Veranstaltungs-Tickets an finanziell<br />

schwächere Bürger.<br />

Theater, Museen und Kunstausstellungen<br />

gehören zum kulturellen Leben in<br />

Leverkusen. Nur was nützt einem dieses<br />

Angebot, wenn man sich die Eintrittspreise<br />

nicht leisten kann? Diese Frage<br />

hatte sich auch Dr. Angela Lockhoff<br />

gestellt. Die Pensionärin hat früher bei<br />

Bayer im Innovationsmanagement des<br />

Technologie-Bereiches am Standort Leverkusen<br />

gearbeitet: „Kultur gehört zu den<br />

Grundbedürfnissen des Lebens, deshalb<br />

sollte jeder einen Zugang dazu haben.“<br />

Aus diesem Grund engagiert sich Lockhoff<br />

bei dem gemeinnützigen Verein<br />

KulturDrehscheibe Leverkusen ehrenamtlich.<br />

Dort vermittelt sie kostenlose<br />

Veranstaltungs-Tickets, die nicht verkauft<br />

worden sind. Begünstigt sind Bürger mit<br />

geringem Einkommen wie etwa Sozialhilfeempfänger,<br />

Alleinerziehende oder<br />

Familien mit geringem Familienbudget.<br />

„Für unsere dankbaren Gäste sind die<br />

Besuche oft unverhoffte Highlights“,<br />

betont Lockhoff. Um den Kulturgästen<br />

einen einfachen Zugang zu den Veranstaltungen<br />

zu ermöglichen, erfolgt<br />

die Anmeldung zur KulturDrehscheibe<br />

Leverkusen meistens über soziale Partner<br />

wie beispielsweise das Diakonische Werk,<br />

mit denen die Menschen schon vorher<br />

Kontakt hatten.<br />

„Vorbild sein lohnt sich!“<br />

Das Projekt der Pensionärin gehört zu<br />

jenen 150 Initiativen, die von der Bayer<br />

Cares Foundation, der Sozialstiftung von<br />

Bayer, im Rahmen der Unternehmensaktionen<br />

zum 150-jährigen Geburtstag<br />

ausgezeichnet worden sind. So stellte<br />

die Stiftung Angela Lockhoff über 4.000<br />

Euro zur Verfügung, die sie künftig für<br />

ihre ehrenamtliche Arbeit einsetzen<br />

kann. Wesentlich für die 150-jährige<br />

Erfolgsgeschichte von Bayer ist es, dass<br />

Unternehmen und Beschäftigte von Anfang<br />

an soziale Verantwortung gelebt<br />

haben und bis heute leben. Das Engagement<br />

für wichtige Belange der Gesellschaft<br />

und das soziale Miteinander in der<br />

Nachbarschaft sind ein gutes Stück der<br />

Unternehmenskultur. Für das spezielle<br />

Ehrenamtsprogramm „Vorbild sein lohnt<br />

sich!“ hatten sich 620 Mitarbeiter und<br />

Pensionäre aus 62 Ländern beworben<br />

– eine überwältigende Resonanz. Eine<br />

Fachjury wählte die 150 erfolgversprechendsten<br />

Projekte, die in 51 Ländern<br />

angesiedelt sind, aus.<br />

Gemeinsam ist allen Projekten, dass<br />

sie die lokalen Verhältnisse an den einzelnen<br />

Bayer-Standorten verbessern.<br />

Dazu gehören auch Initiativen, welche<br />

die Gesundheitsversorgung optimieren<br />

oder die Bildungs-Chancen von Kindern<br />

und Jugendlichen steigern. Oder die<br />

Bildungschancen von Erwachsenen, wie<br />

das brasilianische Projekt „Leben in Buchstaben“<br />

zeigt. Dort engagiert sich Andrea<br />

Acerbi, der in der Rechtsabteilung von<br />

Bayer HealthCare in Sao Paulo arbeitet,<br />

als freiwilliger Lehrer. Ihm stellte die<br />

Stiftung 3.500 Euro zur Verfügung: „Als<br />

gelernter Rechtsanwalt sind Worte mein<br />

wichtigstes Arbeitsinstrument. Daher ist<br />

58 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Menschenrechte<br />

es für mich völlig inakzeptabel, dass es<br />

in meiner Nachbarschaft erwachsene<br />

Analphabeten gibt.“ An drei Abenden<br />

in der Woche treffen sich Erwachsene,<br />

die tagsüber als Bauarbeiter, Mägde oder<br />

Fabrikarbeiter ihren Lebensunterhalt<br />

verdienen. Gemeinsam sitzen sie dann<br />

in einem Klassenzimmer und lernen<br />

lesen, schreiben oder einfache Texte zu<br />

interpretieren. Darüber hinaus werden<br />

ihnen grundlegende Kenntnisse in Geographie,<br />

Geschichte oder Mathematik<br />

vermittelt. „In unseren Kursen wollen<br />

wir das Bewusstsein der Menschen für<br />

ihre Bürgerrechte schärfen. Mindestens<br />

aber ermöglichen wir ihnen, mit einfachen<br />

Herausforderungen des Lebens<br />

umzugehen – wie zum Beispiel das<br />

Zählen von Geld“, erläutert Acerbi die<br />

Ziele der Initiative.<br />

Welche Projekte werden gefördert?<br />

Die Bayer Cares Foundation begreift sich<br />

als Impulsgeber, Förderer und Partner<br />

für Innovationen an der Schnittstelle<br />

zwischen Wirtschaft und dem Sozialsektor.<br />

Dabei unterstützt sie in <strong>Deutschland</strong><br />

bereits seit 2007 nicht nur Mitarbeiter<br />

und Pensionäre finanziell, sondern auch<br />

engagierte Bürger, die sich ehrenamtlich<br />

in Projekte einbringen. Im Mittelpunkt<br />

der Förderprogramme steht der<br />

Mensch – sein Engagement für das<br />

Allgemeinwohl, sein Ideenreichtum bei<br />

der Lösung sozialer Aufgaben, aber auch<br />

seine Bedürftigkeit in Notsituationen.<br />

Innovative Sozialprojekte, die darüber<br />

hinaus einen Modellcharakter besitzen<br />

und eine anhaltende Wirkung erzielen,<br />

sind für uns besonders förderungswürdig.<br />

Nachdem das Ehrenamtsprogramm in<br />

<strong>Deutschland</strong> erfolgreich etabliert wurde,<br />

weitete es die Stiftung zunächst auf<br />

südamerikanischen Länder aus, in denen<br />

Bayer tätig ist. Anlässlich des Firmenjubiläums<br />

wurde die Initiative schließlich<br />

erstmals speziell für Mitarbeiter und<br />

Pensionäre weltweit angeboten. Die<br />

Bayer Cares Foundation unterstützt ein<br />

Projekt mit bis zu maximal 5.000 Euro.<br />

Möchte etwa ein Mitarbeiter des Unternehmens<br />

eine Förderung für ein Projekt<br />

beantragen, muss er sich zwingend selbst<br />

in diesem engagieren. Des Weiteren<br />

muss er einen Projekt- und Kostenplan<br />

mit beabsichtigter Mittelverwendung<br />

vorlegen.<br />

Katastrophenhilfe weitere Säule der<br />

Stiftung<br />

Mehr als 30.000 Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter feierten im Sommer <strong>2013</strong> das<br />

150-jährige Jubiläum der Bayer AG und<br />

bildeten in der BayArena Leverkusen das<br />

größte lebende Bayer-Kreuz aller Zeiten.<br />

Neben dem Ehrenamtsprogramm ist<br />

die Katastrophenhilfe ein weiterer<br />

Schwerpunkt der Bayer Cares Foundation:<br />

Während das Unternehmen in<br />

Katastrophenfällen Soforthilfe in Form<br />

von Geld- und Sachspenden leistet,<br />

konzentriert sich die Stiftung auf die<br />

Unterstützung nachhaltiger Wiederaufbauprojekte,<br />

die sie gemeinsam mit den<br />

Bayer-Landesgesellschaften sowie Partnerorganisationen<br />

in den Katastrophengebieten<br />

umsetzt. Dabei fließen neben<br />

finanziellen Mitteln auch Kompetenzen<br />

des Bayer-Konzerns unterstützend in die<br />

Hilfsmaßnahmen ein. In <strong>2013</strong> spendeten<br />

die Mitarbeiter alleine 52.000 Euro für<br />

die Opfer des Hochwassers in Bitterfeld.<br />

Der Konzern ergänzte diesen Betrag um<br />

weitere 50.000 Euro. Das Geld finanzierte<br />

Wiederauf bau-Projekte gemeinnütziger<br />

Organisationen, die Kindern und<br />

Jugendlichen in der Region Bitterfeld<br />

zugute kommen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

59


TCHIBO<br />

„Kinder in Guatemala<br />

unterstützen“<br />

Von Karina Schneider<br />

Nachhaltigkeit ist für Tchibo der Schlüssel zu hochwertiger Kaffeequalität. 2012 waren bei Tchibo<br />

bereits über 25 Prozent des verarbeiteten Rohkaffees in das Nachhaltigkeitskonzept einbezogen.<br />

Darüber hinaus engagiert sich Tchibo mit eigenen sozialen Projekten in den Kaffeeanbauregionen.<br />

Nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ werden auf diese Weise die Lebensbedingungen der<br />

Kaffeefarmer, ihrer Familien und Mitarbeiter weiter verbessert. Jüngstes Beispiel ist ein Bildungsprojekt<br />

für Kinder von Erntehelfern in Guatemala. Zusammen mit der Kinderrechtsorganisation<br />

Save the Children hat Tchibo Kindertagesstätten geschaffen, in denen die Kinder während der<br />

Ernte je nach Alter vorschulisch oder schulisch betreut werden. Seit April <strong>2013</strong> fließen zehn Cent<br />

von jedem verkauften Pfund Privat Kaffee in das Projekt.<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.tchibo.de/kinder-projekt<br />

In den zerklüfteten Steilhängen von<br />

Chiquimula in Guatelama wächst geschmacksinteniver<br />

Hochland-Arabica-<br />

Kaffee. In der Erntezeit von November<br />

bis Februar sind die Kaffeefarmer auf<br />

die Unterstützung durch Erntehelfer<br />

angewiesen, die die Bohnen von Hand<br />

pflücken. Die Kinder dieser Erntehelfer<br />

haben während der Pflücksaison Schulferien<br />

und begleiten ihre Eltern auf die<br />

Felder. Alternativen hierzu gibt es bisher<br />

nicht. So spielen die jüngeren Kinder<br />

auf den Kaffeefeldern, und die älteren<br />

helfen den Eltern traditionsgemäß bei<br />

der Arbeit. Dabei kommt es vor, dass<br />

die Grenze zur verbotenen Kinderarbeit<br />

überschritten wird. „Dagegen wollen wir<br />

etwas tun. Für uns ist dieser Einsatz für<br />

Kinderrechte gelebte Unternehmensverantwortung<br />

und ein weiterer Schritt<br />

auf unserem Weg zu einer 100 Prozent<br />

nachhaltigen Geschäftstätigkeit“, sagt<br />

Achim Lohrie, Direktor Unternehmensverantwortung<br />

Tchibo.<br />

Kindertagesstätten für die Kinder<br />

der Erntehelfer<br />

Da es in Guatemala kaum private oder<br />

öffentliche Versorgungsmöglichkeiten für<br />

Kinder arbeitender Eltern gibt, setzt das<br />

Projekt an diesem Punkt an: „Wir haben<br />

in der Region Chiquimula Betreuungsangebote<br />

für die zwei- bis 13-jährigen Kinder<br />

der Erntehelfer geschaffen. Ihre Eltern<br />

können sie ab der Erntesaison, die im<br />

November <strong>2013</strong> gestartet ist, tagsüber in<br />

einem von sechs sogenannten „Child Care<br />

Centern“ betreuen lassen und müssen<br />

sie nicht mehr mit zur Arbeit nehmen“,<br />

führt Lohrie aus. Geschulte Erzieher von<br />

Save the Children kümmern sich um die<br />

Kinder. Während die Kleinen spielerisch<br />

lernen, können die Größeren schulische<br />

Inhalte vertiefen. Das ist besonders wich-<br />

60 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Menschenrechte<br />

tig, weil die Erntezeit oft länger dauert<br />

als die Schulferien, wodurch die Kinder<br />

den Schulanfang verpassen.<br />

Darüber hinaus bekommen die Kinder<br />

täglich zwei ausgewogene Mahlzeiten<br />

und werden medizinisch versorgt: „Um<br />

die Betreuung auch außerhalb der Erntesaison<br />

anbieten zu können, kooperieren<br />

wir zusätzlich mit 18 Schulen in der<br />

Region“, erklärt Lohrie weiter. Auf dem<br />

Stundenplan stehen beispielsweise Lesen<br />

und Mathematik. „Wir bringen unsere<br />

mehr als 30-jährige Erfahrung vor Ort<br />

mit, unser Wissen, wie man Bildung<br />

in einem schwierigen Umfeld voranbringt<br />

und Kinderrechte durchsetzt“,<br />

betont Kathrin Wieland, Geschäftsführerin<br />

Save the Children <strong>Deutschland</strong>.<br />

Die Vorbereitungen zur Umsetzung der<br />

Bildungs- und Betreuungsangebote ab<br />

November sind abgeschlossen, und auf<br />

Informationsnachmittagen wurde das<br />

Kinder in Guatemala schulisch<br />

benachteiligt<br />

Auch wenn in Guatemala der kostenlose<br />

Schulbesuch bis inklusive des 14. Lebensjahres<br />

verpflichtend ist, können<br />

nicht viele Kinder die Schule mit einem<br />

Abschluss beenden. Ein Grund dafür ist<br />

häufig, dass ihre Eltern oftmals weder<br />

lesen noch schreiben können. Das Bildungsprojekt<br />

von Tchibo und Save the<br />

Children versucht, diesen Kreislauf zu<br />

durchbrechen.<br />

Darüber hinaus sollten mögliche kulturelle<br />

Hindernisse durch Elternabende<br />

überwunden werden, die vor allem das<br />

Bewusstsein der Erntehelfer für die Bedeutung<br />

von Bildung stärken.<br />

Voraussetzungen für<br />

Dauerhaftigkeit<br />

Das Kinder-Projekt ist zunächst auf zwei<br />

Jahre angelegt. Ziel ist es, mindestens<br />

1.000 Kinder mit dem Betreuungsangebot<br />

zu erreichen. Eine Bewertungsanalyse<br />

nach Abschluss des Projekts soll zeigen,<br />

wie die Erfolge dauerhaft gesichert werden<br />

können. Dazu müssen neben den<br />

Eltern weitere Partner von den Vorzügen<br />

der Kitas überzeugt werden: „Uns ist<br />

es gelungen, staatliche Stellen und die<br />

Kaffeekooperativen mit in die weitere<br />

Umsetzung einzubeziehen“, sagt Wieland.<br />

Diese können später das Projekt<br />

übernehmen und weiter ausrollen.<br />

Kinder-Projekt allen wichtigen Beteiligten<br />

vorgestellt. Inzwischen stehen die<br />

sechs Betreuungszentren fest. Save the<br />

Children-Mitarbeiter waren vor Ort, um<br />

zu erklären, was in den Projekten passiert<br />

und was benötigt wird. Insgesamt gab es<br />

überaus positive Rückmeldungen: Viele<br />

Eltern haben spontan angeboten, sich<br />

zu engagieren und z. B. bei der Essenszubereitung<br />

für die Kinder zu helfen.<br />

Auch die Resonanz, an Eltern-Trainings<br />

mitzumachen, lag bei den Befragten bei<br />

über 90 Prozent. Ebenso sind Lehrer und<br />

Mitarbeiter für das Projekt verpflichtet<br />

und ausgebildet worden.<br />

Natürlich müssen auch die Eltern der<br />

Kinder mit eingebunden werden, damit<br />

das Projekt funktionieren kann. Um<br />

sicherzustellen, dass die Farmer und<br />

Erntehelfer die Kitas annehmen, hatte<br />

Tchibo zuvor ein Pilotprojekt mit drei<br />

Einrichtungen für 90 Kinder in der Rohkaffee-Anbauregion<br />

Huehuetenango in<br />

Guatemala durchgeführt. „Die Kitas sind<br />

gut, weil wir in Ruhe arbeiten können,<br />

während man sich um die Kinder kümmert.<br />

Sie können nicht stürzen oder<br />

hungrig sein, weil wir ihnen nicht rechtzeitig<br />

was zu essen geben können“, sagt<br />

die Kaffeepflückerin Rosa Guzmann.<br />

Für sein Engagement hat Tchibo bisher<br />

durchweg positives Feedback und auch<br />

Anregungen für die weitere Projektumsetzung<br />

bekommen. Das hilft, weil<br />

das Thema Kinderarbeit eine hohe sachliche<br />

und emotionale Komplexität hat<br />

und im jeweiligen kulturellen Kontext<br />

zu behandeln ist. „Ich freue mich auch<br />

über die Unterstützung durch unsere<br />

Mitarbeiter in unserer Unternehmenszentrale<br />

in Hamburg. Die Kollegen machen<br />

sich bei einem schwierigen Thema<br />

auf unserem Weg zu einer 100 Prozent<br />

nachhaltigen Geschäftstätigkeit besonders<br />

stark“, sagt Lohrie.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

61


Audi<br />

Nachhaltigkeit in der<br />

Bildung verankern<br />

Die laufende UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ hat zum Ziel, allen Menschen<br />

Bildungschancen für eine lebenswerte Zukunft zu eröffnen und zugleich das Wissen um<br />

Nachhaltigkeit in der Bildungslandschaft zu verankern. Audi leistet durch zahlreiche Aus‐ und<br />

Weiterbildungsinitiativen einen Beitrag zu dieser Zielsetzung. Das Spektrum erstreckt sich von<br />

der Förderung leistungsschwacher Schüler, über duale Ausbildungsgänge bis hin zur Promotion.<br />

Von Dr. Peter F. Tropschuh und Dr. Antonia Wadé<br />

In <strong>Deutschland</strong> verlassen rund sechs<br />

Prozent eines Jahrgangs die Schule ohne<br />

einen qualifizierenden Abschluss und<br />

damit ohne Perspektive auf einen Ausbildungsplatz.<br />

Audi verfolgt das Ziel,<br />

diese Jugendlichen zu unterstützen, ihre<br />

schulischen Defizite durch Förderung<br />

auszugleichen, ihre Sozialkompetenz<br />

zu steigern und damit die Chancen auf<br />

dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Mit der<br />

EQ Plus- bzw. EQ-Einstiegsqualifizierung,<br />

bzw. einem sogennanten Förderjahr<br />

bietet Audi in Zusammenarbeit mit<br />

der Agentur für Arbeit förderbedürftigen<br />

jungen Menschen eine Perspektive<br />

auf Ausbildung. In einem Jahr erwerben<br />

die Jugendlichen handwerkliche<br />

Grundkenntnisse, werden in die Arbeitswelt<br />

integriert und ihre Persönlichkeit<br />

entwickelt, um danach Chancen für<br />

einen Ausbildungsplatz bei Audi oder<br />

in einem anderen Unternehmen zu<br />

haben. Teilweise können auch durch<br />

entsprechende Fördermaßnahmen nicht<br />

erreichte Schulabschlüsse, wie z. B. der<br />

qualifizierende Hauptschulabschluss in<br />

Bayern, nachgeholt werden. Deutlich<br />

mehr als die Hälfte dieser Jugendlichen<br />

starten nach diesem Förderjahr eine Berufsausbildung<br />

bei Audi, im normalen<br />

Auswahlprozess hätten sie mit ihrem<br />

Bewerberprofil keine Chance für einen<br />

dieser attraktiven Ausbildungsplätze<br />

gehabt. Mit einem klaren Ziel vor Augen<br />

können durch Motivation, Engagement<br />

und Leistungsbereitschaft auch schlechte<br />

Leistungen im Abschlusszeugnis ausgeglichen<br />

werden. Dies ist ein Beitrag zur<br />

Bildungsgerechtigkeit in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Nachhaltig(keit) in der Ausbildung<br />

lernen<br />

Nachhaltigkeit in der Ausbildung umfasst<br />

für Audi mehrere Aspekte: Auf<br />

persönlicher Ebene sollen Arbeits-, Sozial-<br />

und Selbstlernkompetenzen der<br />

Auszubildenden so gestärkt werden,<br />

dass sie den Anforderungen in Sachen<br />

lebenslanges Lernen gerecht werden<br />

können. In allen Ausbildungsbereichen<br />

achtet Audi deshalb auf eine ganzheitliche<br />

Förderung der Auszubildenden, die<br />

sich nicht nur auf die Vermittlung von<br />

Wissen beschränkt, sondern auch die<br />

persönliche Entwicklung der Auszubildenden<br />

zum Ziel hat. Auf fachlicher Ebene<br />

wurde das berufsspezifische Wissen<br />

um wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte<br />

ergänzt: Die Auszubildenden erhalten<br />

Informationen über die wichtigsten CO 2<br />

-<br />

Hebelwirkungen am Automobil und<br />

in der Produktion, die Möglichkeiten<br />

alternativer Antriebstechnologien und<br />

die Anforderungen, die sich aus dem<br />

Klimawandel, der Urbanisierung von<br />

Lebensräumen oder der Altersstruktur<br />

unserer Gesellschaft ergeben. Was aber<br />

bedeutet Nachhaltigkeit auf Unternehmensebene?<br />

Welche Verantwortung hat<br />

62 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

das Unternehmen, und welchen Beitrag<br />

kann jeder Einzelne im Unternehmen<br />

leisten? In einem Pilotprojekt, das im<br />

Ausbildungsjahr 2014 beginnt, will das<br />

Unternehmen theoretisches Wissen zu<br />

Nachhaltigkeit als festen Bestandteil<br />

in der Ausbildung verankern und den<br />

Nachwuchs damit systematisch auf die<br />

ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen<br />

Herausforderungen des<br />

Unternehmens vorbereiten.<br />

Duale Ausbildung – ein<br />

„Exportschlager“ für Audi<br />

In <strong>Deutschland</strong> erhalten junge Menschen<br />

klassischerweise im Rahmen der „dualen“<br />

Berufsausbildung ihre berufliche<br />

Handlungsfähigkeit. „Dual“ bezieht sich<br />

dabei auf die parallele Ausbildung im<br />

Unternehmen und einer staatlichen Berufsschule.<br />

Darüber hinaus bietet Audi<br />

in <strong>Deutschland</strong> die Möglichkeit, weitere<br />

staatlich anerkannte Abschlüsse mit<br />

einer praktischen Ausbildung zu verbinden:<br />

etwa den Erwerb des Fachabiturs<br />

oder eines Bachelor of Engineering.<br />

Der Erfolg der dualen Ausbildung hat<br />

Audi dazu bewogen, das Modell auch<br />

auf andere Standorte zu übertragen. Drei<br />

Jahre vor Eröffnung des neuen Automobilwerks<br />

in San José Chiapa (Mexiko) hat<br />

Audi im Herbst <strong>2013</strong> mit der Ausbildung<br />

der ersten jungen Facharbeiter in Nordamerika<br />

begonnen. 64 mexikanische<br />

Auszubildende erlernen dort den Beruf<br />

des Mechanikers oder Mechatronikers<br />

nach dem Vorbild des bewährten dualen<br />

Berufsbildungssystems aus <strong>Deutschland</strong>.<br />

Weltweit kombiniert Audi die Theorieausbildung<br />

örtlicher Fachschulen mit<br />

Praxiserfahrung in den Lehrwerkstätten.<br />

Die Audi Hungaria in Györ (Ungarn) hat<br />

das Bildungsmodell bereits vor zwölf<br />

Jahren erfolgreich eingeführt, seit 2011<br />

mit einem eigenen Trainingszentrum.<br />

Am Standort Brüssel läuft die duale Berufsbildung<br />

in einer Pilotphase. Dort ist<br />

Audi das erste Industrieunternehmen<br />

überhaupt, das diese Form der Berufsausbildung<br />

anbietet. Auch in China kooperiert<br />

Audi mit der Berufsschule in<br />

Changchun und baut diese Kooperation<br />

kontinuierlich aus. Für die Auszubildenden<br />

an den internationalen Standorten<br />

von Audi eröffnen sich auf diese Weise<br />

ganz neue Perspektiven: Die Verbindung<br />

einer fundierten praktischen Ausbildung<br />

mit starkem theoretischem Überbau.<br />

Kooperation mit Hochschulen<br />

Auch beim Thema Studium legt Audi<br />

Wert auf ein integriertes Konzept. Mit<br />

„Studium und Erfahrung in der Praxis“<br />

entstand 2005 in Ingolstadt das Modell<br />

eines Verbundstudiums, d.h. eine Verbindung<br />

von Berufsausbildung und Studium.<br />

Die Studieninhalte werden von<br />

der Technischen Hochschule Ingolstadt<br />

in Zusammenarbeit mit Audi stetig aktualisiert<br />

und gegebenenfalls komplett<br />

neu aufgelegt. So führte die veränderte<br />

Situation der deutschen Energielandschaft<br />

2012 zur Erweiterung der bisherigen<br />

Studiengänge um den Studiengang<br />

„Technik Erneuerbarer Energien“.<br />

Nachhaltigkeit auch jenseits unseres<br />

Kerngeschäfts in der Hochschulbildung<br />

zu verankern, ist Ziel des Stiftungslehrstuhls<br />

für „Unternehmerisches Handeln,<br />

globale Verantwortung und Nachhaltigkeit“,<br />

den Audi im Jahr <strong>2013</strong> an der<br />

Zeppelin Universität (Friedrichshafen)<br />

am European Center for Sustainability<br />

Research gegründet hat. Die dortige Forschung<br />

beschäftigt sich mit der Frage,<br />

welche Auswirkungen die Wirtschaftstätigkeit<br />

auf die natürliche Umwelt hat<br />

und unter welchen Rahmenbedingungen<br />

sie „gut“ für die Menschen ist. Sie<br />

erweitert damit das Verhältnis von Kultur<br />

und Ökonomie um eine Nachhaltigkeitsperspektive.<br />

Wie aber profitiert Audi von diesem<br />

Engagement? Wer als Audi-Mitarbeiter<br />

vertieft wissenschaftlich arbeiten oder<br />

als externer Partner in Zusammenarbeit<br />

mit Audi forschen möchte, kann neben<br />

dem Stiftungslehrstuhl zu Nachhaltigkeit<br />

weltweit auf Hochschulen zugreifen, die<br />

Audi in den „Wissenschaftskooperationen“<br />

bündelt. Neben Praktika, Bachelorund<br />

Masterarbeiten forschen aktuell<br />

über 130 Promovierende im Rahmen<br />

des Audi Doktorandenprogramms an<br />

zukunftsweisenden Technologien und<br />

innovativen Ideen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

63


BOSCH<br />

Arbeitsschutzmanagement:<br />

Mit System zum Erfolg<br />

Das Management von Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten zählt zu den wichtigen<br />

Prozessen eines Unternehmens, in erster Linie aus humanen Gründen, aber auch aus wirtschaftlicher<br />

Sicht: Arbeitsunfälle und berufsbedingte Erkrankungen kosten sowohl die Gesellschaft<br />

als auch die Unternehmen viel Geld. Heute verbinden sich Erfordernisse der Ergonomie, der<br />

menschengerechten Arbeitsgestaltung und des Gesundheitsschutzes mit technischen Sicherheitsaspekten<br />

zu einer systemorientierten Betrachtungsweise des Arbeitsschutzes.<br />

Von Bernhard Schwager und Carsten Pipper<br />

Effizient organisierter Arbeitsschutz wird<br />

als Wettbewerbsfaktor immer wichtiger.<br />

Denn Produktivität und Qualität hängen<br />

entscheidend von der Gesundheit und<br />

Motivation der Belegschaft ab. Betriebliche<br />

Abläufe können nur störungsfrei<br />

laufen, wenn Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />

praxisgerecht berücksichtigt<br />

werden. Wirksame Arbeitsschutzmanagementsysteme<br />

versprechen hierbei<br />

den größten Nutzen. Wir haben deshalb<br />

in der Bosch-Gruppe den Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

in unsere Managementprozesse<br />

integriert und ein Arbeitsschutzmanagementsystem<br />

nach international<br />

anerkannten Standards eingeführt. Wir<br />

führen systematische Gefahrenanalysen<br />

durch, erkennen potenzielle Unfall- und<br />

Gesundheitsrisiken sehr früh und beugen<br />

so berufsbedingten Erkrankungen<br />

vor. Sind die Gefahrenquellen bekannt,<br />

können frühzeitig geeignete Präventionsmaßnahmen<br />

eingeleitet und die<br />

Mitarbeiter gezielt geschützt werden.<br />

Da Ereignisse wie Unfälle oder Arbeitsausfälle<br />

dokumentiert werden, können<br />

anhand der Dokumentation Zahlen und<br />

Werte verglichen und Erfolge gemessen<br />

werden. Außerdem lassen sich neue Ziele<br />

vereinbaren und kontrollieren.<br />

Arbeitsschutzziel der Bosch-Gruppe<br />

Die Verhinderung von Arbeitsunfällen<br />

und berufsbedingten Erkrankungen haben<br />

wir weltweit in unseren Leitsätzen<br />

zum Arbeits- und Umweltschutz verankert.<br />

Die Bosch-Gruppe hat langfristige<br />

Ziele zur Reduzierung der Unfallzahlen<br />

festgelegt: bis 2020 will das Unternehmen<br />

auf einen Wert von 3 berichtspflichtigen<br />

Arbeitsunfällen pro einer Million<br />

geleisteter Arbeitsstunden kommen. An<br />

allen der rund 300 Fertigungs- und Entwicklungsstandorte<br />

weltweit arbeiten<br />

Führungskräfte, Sicherheitsfachkräfte<br />

64 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

und Arbeitsmediziner an der Zielerreichung<br />

und setzen sich engagiert für die<br />

Ziele auf allen regionalen und lokalen<br />

Ebenen ein. Über die Zielerreichung<br />

berichten die Standorte quartalsweise an<br />

ihren zuständigen Geschaftsbereich und<br />

die Zentrale, die bei Bedarf Maßnahmen<br />

und Kampagnen an den Standorten unterstützt.<br />

Unser internationales „Steering<br />

Committee“ setzt sich aus 15 regionalen<br />

EHS-Koordinatoren (Environment,<br />

Health, Safety) zusammen und steuert<br />

die weltweite Umsetzung unserer strategischen<br />

Ziele und Standards. Dazu<br />

gehört auch die Optimierung von Produktionsprozessen.<br />

Interne Vorgaben und Normen<br />

Für die Bosch-Gruppe gibt es verbindliche<br />

Normen, in denen Mindestanforderungen<br />

zum Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

festgelegt sind. Durch systematische<br />

Gefährdungsbeurteilungen ermitteln die<br />

Standorte Gefahren an Arbeitsplätzen<br />

und für Tätigkeiten und leiten daraus<br />

notwendige Schutzmaßnahmen ab, beispielsweise<br />

an Maschinen und Anlagen<br />

oder beim Umgang mit Gefahrstoffen.<br />

Bosch schult die Führungskräfte für<br />

ihre Aufgaben und Pflichten im Arbeitsund<br />

Gesundheitsschutz, unter anderem<br />

zur Durchführung von regelmäßigen<br />

Sicherheitsunterweisungen der Mitarbeiter<br />

über sicherheitsgerechtes Verhalten.<br />

Dafür werden aktuelle Informationen,<br />

Handlungshilfen, Checklisten und Unterweisungsmaterialien<br />

für den betrieblichen<br />

Arbeitsschutz und die Gesundheitsförderung<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Betriebsanweisungen sind ebenfalls ein<br />

wichtiges Instrument in der Prävention.<br />

Damit werden unsere Mitarbeiter weltweit<br />

über Gefahren und Schutzmaßnahmen<br />

am Arbeitsplatz informiert.<br />

Positive Bilanz<br />

Seit 2007 hat Bosch an allen Fertigungsund<br />

Entwicklungsstandorten ein Arbeitsschutzmanagementsystem<br />

eingeführt<br />

und gehört damit international<br />

zu den Vorreitern bei der Umsetzung<br />

des Standards OHSAS 18001 – mit positiver<br />

Auswirkung, denn dadurch ist<br />

der Arbeitsschutz weltweit einheitlich<br />

strukturiert und gleichzeitig vereinfacht.<br />

Unfallzahlen und Ausfalltage sind deutlich<br />

zurückgegangen und belegen, dass<br />

die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen<br />

erfolgreich greifen. Im Vergleich zum<br />

Jahr 2007 (6,9) sank die Unfallrate in<br />

2012 (4,2) um ca. 40 Prozent. Die Zahl<br />

der Arbeitsunfälle hat sich entsprechend<br />

von 3.012 im Jahr 2007 auf 2.012 in<br />

2012 reduziert. Dabei ist die Zahl der<br />

Mitarbeiter im gleichen Zeitraum um<br />

ca. elf Prozent gestiegen und liegt heute<br />

bei gut 300.000. Auch die Ausfallzeiten<br />

sind zurückgegangen. Waren es im Jahr<br />

2007 noch 39.311 Tage, lag die Zahl 2012<br />

bei 26.016 Tagen. Das entspricht einer<br />

Reduktion um ca. 34 Prozent.<br />

Kontinuierlicher<br />

Verbesserungsprozess<br />

Es bedarf ständiger Anstrengung, damit<br />

solche Reduzierungen dauerhaft<br />

aufrechterhalten werden können. Für<br />

die Weiterentwicklung und Verbesserung<br />

der Standards arbeitet Bosch in<br />

internen und externen Arbeitskreisen<br />

sowie Gremien mit Fachleuten zusammen<br />

und setzt Verbesserungsinitiativen<br />

konsequent um. Wir binden die Arbeitnehmervertretungen<br />

aktiv mit ein<br />

und kommunizieren die Good-Practice-<br />

Lösungen an alle Standorte, um einen<br />

kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />

zu erreichen. Ein Schwerpunkt ist hier<br />

das Erkennen potenzieller Unfall- und<br />

Gesundheitsrisiken für Mitarbeiter, um<br />

geeignete Präventionsmaßnahmen frühzeitig<br />

einzuleiten.<br />

Die Sicherheitsfachkräfte beraten die<br />

Standorte umfassend bei allen Fragen<br />

rund um die Anlagen-, Prozess- und Betriebssicherheit.<br />

Egal ob es sich dabei um<br />

die Bearbeitung sicherheitstechnischer<br />

Einzelfragen, praktische Lösungen für<br />

verfahrenstechnische Anlagen oder die<br />

Unterstützung bei systematischen Sicherheitsbetrachtungen<br />

handelt. Zudem<br />

unterstützen die Fachkräfte bei der Umsetzung<br />

gesetzlicher Verpflichtungen.<br />

Bosch Grundsatz<br />

zum Arbeits- und<br />

Gesundheitsschutz<br />

Die Sicherheit am Arbeitsplatz<br />

und die körperliche Unversehrtheit<br />

unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

hat für uns hohe Priorität.<br />

Nationale Standards für ein sicheres<br />

und hygienisches Arbeitsumfeld<br />

werden strikt eingehalten. Dadurch<br />

werden die Gesundheit und die<br />

Sicherheit am Arbeitsplatz und somit<br />

gesundheitsgerechte Beschäftigungsbedingungen<br />

gewährleistet.<br />

Arbeitssicherheit<br />

Betriebsunfälle<br />

3.000<br />

2.000<br />

3.012<br />

2.687<br />

2.128<br />

1.000<br />

1.818<br />

0<br />

1.913 2.012<br />

Ausfalltage<br />

30.000<br />

39.311<br />

36.250<br />

20.000<br />

10.000<br />

0<br />

24.672<br />

28.037<br />

27.082 26.016<br />

Mitarbeiterzahl<br />

2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

300.000<br />

200.000<br />

271.265 281.717 270.687 283.507<br />

302.519 305.877<br />

100.000<br />

0<br />

* Prozentangaben zu 2012 beziehen sich auf das Basisjahr 2007<br />

- 33,2 % *<br />

- 33,8 % *<br />

+ 12,8 % *<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

65


MERCK<br />

Von Vielfalt profitieren<br />

Rund 38.000 Menschen in 66 Ländern gestalten die Zukunft des Pharma-, Chemie- und Life-<br />

Science-Unternehmens Merck. Sechs Unternehmenswerte prägen das tägliche Handeln und<br />

den Umgang der Mitarbeiter untereinander: Mut, Leistung, Verantwortung, Respekt, Integrität<br />

und Transparenz. Seit dem Jahr 2005 unterstützt Merck den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Vereinten<br />

Nationen. Als Teil seiner Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Gesellschaft fördert das<br />

Unternehmen Chancengleichheit und verhindert Diskriminierung. Seit drei Jahren geht Merck<br />

einen Schritt weiter und setzt einen strategischen Schwerpunkt auf die Förderung von Vielfalt<br />

und auf eine Kultur des respektvollen Umgangs. Beide Aspekte nutzt Merck gezielt als Erfolgsfaktoren<br />

für das Unternehmen.<br />

Von Friederike Segeberg<br />

Merck ist davon überzeugt, dass die Vielfalt<br />

(Diversity) seiner Belegschaft zu mehr<br />

Innovationen und besseren Teamleistungen<br />

führt. Darüber hinaus ist es für<br />

Merck als globales Unternehmen wichtig,<br />

dass seine Mitarbeiter die Bedürfnisse<br />

von Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern<br />

überall auf der Welt verstehen.<br />

Der zentrale Begriff der Merck-Diversity-<br />

Strategie lautet Inklusion: Alle Mitarbeiter<br />

sollen ihre Ideen einbringen und zum<br />

Geschäftserfolg beitragen können – egal<br />

beispielsweise, welches Geschlecht oder<br />

welche Nationalität sie haben. „Vielseitige<br />

und integrierte Teams liefern bessere und<br />

kreativere Ergebnisse. Nur wenn unsere<br />

Mitarbeiter unterschiedliche Meinungen<br />

und Arbeitsweisen akzeptieren und damit<br />

arbeiten können, können wir in einem<br />

internationalen Umfeld erfolgreich sein<br />

und neue Ideen entwickeln“, erläutert<br />

Jennifer O’Lear, Chief Diversity Officer<br />

von Merck. Deshalb definiert das Unternehmen<br />

den Begriff Vielfalt bewusst<br />

breiter: Er kann alles umfassen, wodurch<br />

sich Menschen voneinander unterscheiden.<br />

Schwerpunkte der Strategie sind<br />

daher neben Frauenförderung, Internationalität<br />

und demografischer Wandel<br />

auch Aspekte wie sexuelle Orientierung<br />

oder Chancen für Behinderte. Die oberste<br />

Verantwortung für Vielfalt und Inklusion<br />

trägt Kai Beckmann, der als Mitglied der<br />

Geschäftsleitung für den Bereich Personal<br />

verantwortlich ist. Die strategische Steuerung<br />

übernimmt der Chief Diversity Officer,<br />

der dem Diversity Council vorsteht.<br />

Führungskräfte aus den verschiedenen<br />

Sparten und Konzernfunktionen bilden<br />

dieses Gremium und entscheiden über<br />

die strategische Weiterentwicklung von<br />

Vielfalt und Inklusion.<br />

66 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

Mit Netzwerken Diversity fördern<br />

Im Jahr <strong>2013</strong> konzentrierten sich die<br />

Diversity-Maßnahmen vor allem auf die<br />

Themen Frauen in Führungspositionen,<br />

Internationalität und demografischer<br />

Wandel. Um den Austausch zwischen<br />

den Mitarbeitern zu unterstützen und<br />

Vielfalt im Unternehmen zu verankern,<br />

fördert Merck gezielt interne Netzwerke.<br />

Im November <strong>2013</strong> präsentierten sich<br />

beispielsweise verschiedene Gruppen<br />

wie die „International Community“,<br />

das „Rainbow Network“ für Schwule<br />

und Lesben oder das Frauen-Netzwerk<br />

Association“ und vergibt hierfür jährlich<br />

zwei Mitgliedschaften. Im Oktober <strong>2013</strong><br />

richtete Merck zudem das europäische<br />

Mitgliedstreffen des Netzwerks aus.<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Die<br />

Kindertagesstätte Merck wurde bereits 1968<br />

auf Initiative der Familie Merck gegründet.<br />

„Women at Merck“ den Mitarbeitern am<br />

Stammsitz Darmstadt bei einer Netzwerkveranstaltung.<br />

Darüber hinaus tauschen<br />

sich der Chief Diversity Officer und das<br />

für Personal zuständige Mitglied der<br />

Geschäftsleitung regelmäßig mit den<br />

Netzwerken aus.<br />

Frauen gezielt zu fördern und ihren<br />

Anteil überall dort zu erhöhen, wo sie<br />

unterrepräsentiert sind, ist ein zentrales<br />

Anliegen von Merck. Im Jahr 2011 hat<br />

sich das Unternehmen das Ziel gesetzt,<br />

den Anteil von Frauen in Führungspositionen<br />

bis 2016 auf 25 bis 30 Prozent zu<br />

erhöhen. Darüber hinaus fördert Merck<br />

Frauen mit vielfältigen lokalen Maßnahmen:<br />

Sie profitieren unter anderem von<br />

speziellen Weiterbildungsmaßnahmen,<br />

beispielsweise zu Führungskompetenzen<br />

und Selbstmarketing, sowie von Schulungen<br />

und einem Mentoring-Programm.<br />

Zwei interne Netzwerke sollen den Erfahrungsaustausch<br />

erleichtern und fördern.<br />

Das Netzwerk „Women in Leadership“<br />

richtet sich an Frauen in höheren Führungspositionen;<br />

„women2management“<br />

hingegen steht Mitarbeiterinnen offen,<br />

die eine Führungsrolle anstreben. Außerdem<br />

unterstützt Merck die internationale<br />

„Healthcare Businesswomen’s<br />

Flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />

helfen Merck-<br />

Mitarbeitern in vielen Ländern dabei, die<br />

Balance zwischen beruflichen und privaten<br />

Zielsetzungen zu halten: Am Standort<br />

der Life-Science-Sparte Merck Millipore in<br />

Massachusetts, USA, bestimmen die Mitarbeiter<br />

im Rahmen von „FlexWorks“ selbst,<br />

wann und wo sie arbeiten. In Darmstadt<br />

profitieren außertarifliche Mitarbeiter<br />

seit dem Jahr <strong>2013</strong> von einem ähnlichen<br />

Angebot. Seit mehr als 40 Jahren gibt es<br />

hier außerdem eine Kindertagesstätte,<br />

die von der Eigentümerfamilie getragen<br />

wird (Merck’scher Kindertagesstätten-<br />

Verein e. V.). Seit Ende <strong>2013</strong> stehen insgesamt<br />

150 Plätze zur Verfügung. Das<br />

Aufnahmealter für Krippenkinder wurde<br />

auf unter zwölf Monate gesenkt. Anfang<br />

<strong>2013</strong> startete zudem die Service-Plattform<br />

„assistance4me“: Mitarbeiter von Merck<br />

in <strong>Deutschland</strong> erhalten hier professionelle<br />

Hilfe bei der Suche und Vermittlung<br />

von Dienstleistern rund um die Themen<br />

Kinderbetreuung, Senioren und Pflege<br />

sowie Haus und Garten.<br />

Internationale und altersgemischte<br />

Teams als Erfolgsfaktor<br />

Als weltweit tätiges Unternehmen fördert<br />

Merck die internationale und interkulturelle<br />

Vielfalt seiner Mitarbeiter mit<br />

Auslandseinsätzen und internationaler<br />

Teamarbeit. Insgesamt arbeiten bei<br />

Merck Menschen aus 121 Nationen; 26<br />

Prozent sind deutsche Staatsangehörige.<br />

Auch die Internationalität der Führungsmannschaft<br />

entspricht der weltweiten Geschäftstätigkeit:<br />

61 Prozent der Führungskräfte<br />

stammen nicht aus <strong>Deutschland</strong>.<br />

In <strong>Deutschland</strong>, einigen anderen EU-<br />

Ländern und in den USA beträgt das<br />

durchschnittliche Alter der Merck-Mitarbeiter<br />

mehr als 40 Jahre. Das Unternehmen<br />

begegnet der demografischen<br />

Herausforderung mit verschiedenen<br />

Programmen: Arbeitsplätze werden<br />

beispielsweise gezielt den Bedürfnissen<br />

älterer Mitarbeiter angepasst, um deren<br />

Beschäftigungsfähigkeit zu sichern.<br />

Darüber hinaus baut Merck derzeit ein<br />

Gesundheitsmanagement auf und bietet<br />

Angebote zur Prävention wie Sport- und<br />

Ernährungskurse, Vorsorgeuntersuchungen<br />

und medizinische Beratung.<br />

Um Vielfalt und Inklusion zukünftig<br />

noch fester im Unternehmen zu verankern,<br />

werden ab dem Jahr 2014 Merck-<br />

Mitarbeiter im jährlichen Mitarbeitergespräch<br />

auch anhand des Kriteriums<br />

bewertet, inwiefern sie mit unterschiedlichen<br />

Arbeitsweisen und Ansichten<br />

umgehen können. „Der Erfolg unserer<br />

Geschäfte mit forschungsbasierten Spezialitäten<br />

basiert auf Innovationen. Daher<br />

müssen wir kontinuierlich weiter<br />

daran arbeiten, dass wir ein Arbeitsumfeld<br />

schaffen, in dem jeder seinen<br />

Beitrag leisten kann“, erläutert O’Lear.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

67


QFC<br />

QFC integriert <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Prinzipien in die<br />

Aus- und Weiterbildung<br />

Von Helmut Krodel, Peter Schmitt und Silvia Lehmann<br />

Die Qualifizierungsförderwerk Chemie GmbH (QFC) gliedert die <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Prinzipien<br />

in ihr Kerngeschäft ein, um für Menschenrechte und Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Hierzu<br />

zwei gute Beispiele aus der Geschäftspraxis:<br />

Qualitätssiegel Q3SQ<br />

In einem intensiven Diskussionsprozess<br />

mit Stakeholdern aus geeigneten<br />

Bildungseinrichtungen hat das QFC<br />

den Qualitätsstandard Q3SQ (= Quality<br />

Standard for Social and Sustainable<br />

Qualification, Qualitätsstandard für soziale<br />

und nachhaltige Qualifizierung)<br />

entwickelt und 2008 als offizielle Marke<br />

registrieren lassen.<br />

Q3SQ umfasst neben Anforderungen an<br />

ein Qualitätsmanagement insbesondere<br />

die zehn Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>,<br />

die in Bildungseinrichtungen und in<br />

Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen<br />

implementiert und den Beschäftigten<br />

und den Aus- und Weiterzubildenden<br />

vermittelt werden müssen.<br />

Q3SQ wird als Ergebnis eines Auditverfahrens<br />

erteilt. Eine Jury, die sich aus<br />

Vertretern der Sozialpartner und der<br />

Wissenschaft zusammensetzt, entscheidet<br />

letztendlich über die Vergabe eines<br />

Zertifikates. Im Mai 2011 konnte das<br />

Siegel erstmals an folgende Bildungsdienstleister<br />

vergeben werden:<br />

• Ausbildungsverbund Olefinpartner<br />

e. V. aus Schkopau<br />

• Bildungszentrum für Beruf und Wirtschaft<br />

e. V. aus Lutherstadt Wittenberg<br />

• Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld<br />

e. V. aus Bitterfeld-Wolfen<br />

• Bildungsakademie Leuna GmbH &<br />

Co KG / IBLM Interessengemeinschaft<br />

Bildung Leuna-Merseburg e. V.<br />

Diese vier Bildungsdienstleister bilden<br />

ca. 1300 Aus- und Weiterzubildende<br />

für ca. 325 Unternehmen aus und haben<br />

bereits zahlreiche Maßnahmen<br />

umgesetzt, um die Anforderungen von<br />

Q3SQ in den Bereichen Menschenrechte,<br />

Arbeitsnormen, Umweltschutz und<br />

Korruptionsbekämpfung zu erfüllen,<br />

so z. B.:<br />

• Überprüfung der Lieferkette, Zusammenarbeit<br />

mit zertifizierten Händlern<br />

• Einkauf von Produkten mit geringerer<br />

CO 2<br />

-Emission<br />

• Auszubildende arbeiten im Rahmen<br />

ihrer Ausbildung einen Tag in sozialen<br />

Einrichtungen<br />

• Wahl eines Betriebsrates<br />

• Abschluss eines Tarifvertrages<br />

• Gehaltszahlung auf bzw. über der<br />

Basis des gesetzlichen Mindestlohns<br />

der Branche<br />

• Verwendung umweltverträglicher<br />

Materialien<br />

• Effizienter Materialeinsatz, Wiederverwendung<br />

/ Trennung und Recycling<br />

von Chemikalien<br />

• Umrüstungsprogramme zur Energieund<br />

Wassereinsparung<br />

• Sensibilisierung über Ressourcenverbrauch<br />

und Aufruf an die Beschäftigten<br />

zur Ideensammlung<br />

Qualifi zierungsförderwerk<br />

Chemie GmbH<br />

• Umweltprojekte in der Ausbildung<br />

• Bau einer Photovoltaikanlage durch<br />

auszubildende Elektroniker auf einem<br />

Ausbildungsgebäude mit öffentlicher<br />

Anzeigetafel über produzierte KWh<br />

und eingesparte Menge an CO 2<br />

• Im Beschaffungswesen „Mehr-Augen-<br />

Prinzip“ zur Korruptionsprävention<br />

68 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

Ein weiteres Beispiel, wie QFC die <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Prinzipien im Rahmen seiner<br />

Projektaktivitäten umsetzt, ist das<br />

Projekt CaeSaR<br />

Gemeinsam mit der IG BCE hat das QFC<br />

2012 das Projekt CaeSaR (CSR-Aktivitäten<br />

für ethische und soziale Lösungen zur<br />

Schaffung eines innovativen Arbeitsumfeldes<br />

und für nachhaltigen Ressourceneinsatz)<br />

gestartet. Das auf drei Jahre<br />

angelegte Projekt ist dem CSR-Förderprogramm<br />

„Gesellschaftliche Verantwortung<br />

im Mittelstand – CSR in KMU“ des<br />

BMAS zugeordnet und unterstützt die<br />

Umsetzung des Aktionsplans CSR (Nationale<br />

Strategie zur gesellschaftlichen<br />

Verantwortung von Unternehmen) der<br />

Bundesregierung. Im Rahmen von CaeSaR<br />

werden die Grundlagen von CSR unter<br />

Einbeziehung nationaler und internationaler<br />

Initiativen (wie z. B. des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>)<br />

vermittelt, konkrete Ansatzpunkte<br />

in den Handlungsfeldern Arbeit, Umwelt,<br />

Markt und Gemeinwesen aufgezeigt sowie<br />

betriebliche CSR-Projekte initiiert.<br />

Bestandteil des Projektes war auch die<br />

Erstellung einer Kurzstudie, in der Bestpractice-Beispiele<br />

aus den Branchen der<br />

IG BCE und ein Analysetool zur Bewertung<br />

betrieblicher CSR-Aktivitäten vorgestellt<br />

werden. Im Rahmen von CaeSaR<br />

wird auch die berufsbegleitende Qualifizierung<br />

zur CSR-PromotorIn angeboten,<br />

die mit dem Zertifikat „CSR-Promotor/-in<br />

(FH)“ der Hochschule Trier abgeschlossen<br />

werden kann.<br />

Seit 2011 veröffentlicht das QFC einen<br />

CSR-Newsletter, um seine Stakeholder<br />

über aktuelle Entwicklungen im Bereich<br />

CSR und <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sowie über<br />

Nachhaltigkeitsthemen zu informieren.<br />

Bis <strong>2013</strong> wurden über 35 CSR-Newsletter<br />

veröffentlicht.<br />

Das QFC als Unternehmen mit ca. 50<br />

Beschäftigten will mit diesen Beispielen<br />

zeigen, dass auch kleine und mittlere<br />

Unternehmen in ihrem Einflussbereich<br />

einen Beitrag zur Verbreitung der Prinzipien<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> leisten und<br />

sie durch praktische Beispiele für die<br />

Beschäftigten erfahrbar machen können.<br />

Qualifizierungsförderwerk Chemie<br />

Die Qualifizierungsförderwerk Chemie<br />

GmbH verfolgt gemeinnützige Geschäftszwecke.<br />

Sie wurde 1994 von der Industriegewerkschaft<br />

Chemie-Papier-Keramik<br />

gegründet; seit der Gewerkschaftsfusion<br />

zur Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,<br />

Energie (IG BCE) ist diese alleinige<br />

Gesellschafterin des QFC.<br />

Die Hauptaufgabe der QFC GmbH bestand<br />

in den ersten Jahren darin, Menschen,<br />

die von Arbeitslosigkeit bedroht waren,<br />

durch Qualifizierungen einen beruflichen<br />

Neubeginn zu ermöglichen und bei der<br />

Umstrukturierung der aus den Chemiekombinaten<br />

Ostdeutschlands hervorgegangenen<br />

Unternehmen unterstützend<br />

und beratend zur Seite zu stehen.<br />

Mit gezielter Qualifizierung von Beschäftigten<br />

hat das QFC einen Beitrag zur<br />

Entwicklung und Wirtschaftsförderung<br />

der Industriestandorte im ehemaligen<br />

Chemiedreieck „Leuna-Buna-Bitterfeld“<br />

geleistet und den Strukturwandel der<br />

chemischen Industrie Ostdeutschlands<br />

begleitet und maßgeblich mit gestaltet.<br />

Heute ist das QFC eine international<br />

agierende Projekt- und Qualifizierungsagentur.<br />

Auf Basis einer gut ausgebauten<br />

Netzwerkstruktur konzentrieren sich die<br />

Aktivitäten auf die Bereiche: Erstausbildung,<br />

Qualifizierungsförderung, Transfermanagement<br />

/ Sozialpartnerrichtlinie<br />

und Europakompetenz.<br />

Das QFC versteht seine Arbeit als einen<br />

Beitrag zur Innovation, zu Nachhaltigkeit,<br />

zur Qualifikation, zu Beschäftigung<br />

und für die Zusammenarbeit in Europa.<br />

Seit 2008 nimmt QFC am <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

teil und arbeitet im Deutschen <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk mit. Bis heute wurden<br />

vier Fortschrittsberichte veröffentlicht.<br />

Weitere Informationen erhalten Sie unter:<br />

www.qfc.de<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

69


RWE<br />

Bettercoal – mehr<br />

Transparenz beim<br />

Steinkohlebezug<br />

Von Joachim Löchte<br />

Die Energiewende hat viele Facetten. Nicht nur die Stromerzeugung<br />

ist im Wandel, auch der Markt für Brennstoffe verändert<br />

sich. Neben Erdöl werden inzwischen auch Erdgas und Steinkohle<br />

weltweit gehandelt. Das war nicht immer so, vor allem<br />

nicht für Steinkohle. Dieser Energieträger wurde vorwiegend<br />

aus heimischen Bergwerken bezogen. Damit ist 2018 endgültig<br />

Schluss, denn dann endet hierzulande der Steinkohlebergbau.<br />

Und schon heute bezieht <strong>Deutschland</strong> einen großen Anteil von<br />

anderen Kontinenten. Eine Herausforderung für die heimischen<br />

Energieversorger besteht darin, neben einem guten Preis auch<br />

auf verantwortungsvolle Abbaubedingungen zu achten.<br />

Die Märkte sind in den vergangenen Jahren<br />

deutlich liquider geworden. Die angebotene<br />

Kohle kommt vor allem aus Minen<br />

in Südafrika, Kolumbien und Russland.<br />

Dies liegt daran, dass die Kohle dort aufgrund<br />

der geologischen Beschaffenheit<br />

deutlich günstiger abgebaut werden<br />

kann als in <strong>Deutschland</strong>. Das Problem<br />

dabei: Man sieht der Kohle nicht an, unter<br />

welchen Bedingungen sie abgebaut<br />

wurde. Zugleich stehen Vorwürfe im<br />

Raum, dass beim Abbau in diesen Ländern<br />

auch auf Kosten von Mitarbeitern<br />

und Umwelt gespart wird. Ausführliche<br />

Umweltverträglichkeitsprüfungen, sozialverträgliche<br />

Umsiedlungen und Regeln<br />

zur Mitbestimmung sind zwar bei uns in<br />

<strong>Deutschland</strong>, nicht aber in vielen dieser<br />

Länder selbstverständlich. Und oftmals<br />

stehen die Aussagen der Bergwerkunternehmen<br />

gegen die Berichte von Umweltverbänden,<br />

Menschenrechtsunternehmen<br />

und Gewerkschaften.<br />

Die Energieversorger stehen deshalb<br />

vor der Frage: Wie lassen sich der Markt<br />

erhalten und gleichzeitig nachhaltige Abbaubedingungen<br />

sichern? Diese Herausforderung<br />

soll mit der Brancheninitiative<br />

Bettercoal gelöst werden. Ziel ist es, mit<br />

unabhängigen Untersuchungen mehr<br />

Transparenz darüber herzustellen, unter<br />

welchen Umwelt- und Arbeitsstandards<br />

die Kohle abgebaut wird. Auch soll sie Informationen<br />

darüber liefern, wie mit der<br />

Bevölkerung vor Ort umgegangen wird<br />

und welche Rechte Beschäftigte haben.<br />

Dafür werden Audits in ausgewählten<br />

Bergwerken stattfinden.<br />

Auf Basis dieser Informationen entscheiden<br />

Energieversorger darüber, bei<br />

wem und unter welchen Bedingungen<br />

sie ihre Kohle einkaufen. Die Untersuchung<br />

der Bedingungen soll nicht nur<br />

Transparenz schaffen, sondern indirekt<br />

auch die Umwelt- und Arbeitsbedingungen<br />

vor Ort verbessern. Bei Bettercoal<br />

beteiligen sich neben RWE auch die<br />

Unternehmen Dong Energy, EDF, Enel,<br />

E.on, Fortum, GDF Suez, Vattenfall<br />

und Gas Natural fenosa. Außerdem ist<br />

der Hafen Rotterdam als assoziiertes<br />

Mitglied aufgenommen. Hier wird ein<br />

großer Teil der Kohle angelandet.<br />

Im Sommer <strong>2013</strong> hat Bettercoal einen<br />

eigenen Kodex verabschiedet. Der Bettercoal-Kodex<br />

legt die ethischen, sozialen<br />

und umweltpolitischen Grundsätze<br />

dar, die die Mitglieder von ihren Geschäftspartnern<br />

in der gesamten Kohle-<br />

Lieferkette erwarten. Ein Beispiel dafür<br />

ist die Versammlungsfreiheit und<br />

die Zulassung der gewerkschaftlichen<br />

70 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Arbeitsnormen<br />

Organisation, die den Beschäftigten<br />

ermöglicht werden muss. Der Kodex<br />

lehnt sich an internationale Regelwerke<br />

an, zum Beispiel an die Vorgaben<br />

der International Labour Organisation<br />

(ILO), die Performance Standards der<br />

International Finance Corporation (IFC),<br />

aber auch die “Initiative for Responsible<br />

Mining Assurance“ (IRMA). Neben<br />

internationalen Normen sollen aber<br />

auch lokale Gesichtspunkte im Kodex<br />

verankert sein. Dafür fanden vor Verabschiedung<br />

ausführliche Konsultationen<br />

in den Abbauländern Kolumbien,<br />

Russland, Südafrika und Indonesien<br />

statt. Auch lokale Gewerkschaften und<br />

Umweltschützer haben ihre Anliegen in<br />

diesem Prozess mit eingebracht.<br />

Auf Basis des Kodex wurden noch in <strong>2013</strong><br />

erste Audits in Kolumbien durchgeführt.<br />

Die Ergebnisse der Audits werden anschließend<br />

den Mitgliedern von Bettercoal<br />

zugänglich gemacht. So können die<br />

Unternehmen dann für sich entscheiden,<br />

ob und unter welchen Bedingungen sie<br />

künftig Geschäfte mit den Betreibern der<br />

entsprechenden Bergwerke eingehen.<br />

Dies wird auch in den Unternehmen zu<br />

einem Umdenken führen. Denn neben<br />

Gesichtspunkten wie Bonität und legale<br />

Integrität können die Unternehmen nun<br />

weitere Kriterien in ihre Risikoanalyse<br />

aufnehmen – eine neue Herausforderung,<br />

der sich jetzt vor allem die Handelsabteilungen<br />

der Energieversorger<br />

stellen. Bettercoal hat bereits heute,<br />

vor den Ergebnissen des ersten Audits,<br />

Lernprozesse in den Unternehmen und<br />

zwischen den Stakeholdern angestoßen.<br />

So wurden im Konsultationsprozess die<br />

jeweils spezifischen Herausforderungen<br />

der Akteure aus verschiedenen Regionen<br />

und der jeweiligen Wertschöpfungsstufe<br />

sichtbar, die die Implementierung eines<br />

solchen Regelwerks mit sich bringt.<br />

Eine Mitgliedschaft in der Initiative steht<br />

Kohlenutzern aus der ganzen Welt offen.<br />

Dazu können neben Energieversorgern<br />

auch Unternehmen wie Zement- und<br />

Stahlhersteller gehören. Zu Beginn wird<br />

sich die Initiative auf Abbaubetriebe<br />

konzentrieren, die die internationalen<br />

Märkte beliefern. Allerdings sollen der<br />

Kodex, seine Messinstrumente und Erfahrungen<br />

weltweit allen Interessierten<br />

und Betroffenen zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

Dass die Beschäftigung mit diesen Fragestellungen<br />

in Zukunft nicht weniger<br />

wichtig werden dürfte, zeigen auch die<br />

Prognosen der Internationalen Energieagentur<br />

(IEA): Trotz des Ausbaus der<br />

erneuerbaren Energien wird demnach<br />

die Steinkohleförderung in den nächsten<br />

25 Jahren noch einmal um mehr als 50<br />

Prozent steigen. Dieses Wachstum wird<br />

vor allem in den Nicht-OECD-Ländern<br />

stattfinden. Hier für nachhaltige Abbaubedingungen<br />

zu sorgen, ist eine wichtige<br />

Aufgabe – auch, um die Akzeptanz der<br />

Steinkohle in Europa sicherzustellen<br />

und damit eine sichere Versorgung mit<br />

Prinzipien des nachhaltigen Wirtschaftens<br />

zu verbinden.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

71


Good Practice<br />

UMWELTSCHUTZ<br />

Prinzip 7: Unternehmen sollen im Umgang mit Umweltproblemen<br />

einen vorsorgenden Ansatz unterstützen,<br />

Prinzip 9: die Entwicklung und Verbreitung<br />

umweltfreundlicher Technologien fördern.<br />

Prinzip 8: Initiativen ergreifen, um ein größeres Verantwortungsbewusstsein<br />

für die Umwelt zu erzeugen und<br />

72 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

74<br />

76<br />

78<br />

80<br />

82<br />

84<br />

86<br />

88<br />

90<br />

92<br />

ABB<br />

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

CEWE<br />

Daimler<br />

Deutsche Post DHL<br />

HypoVereinsbank<br />

LANXESS<br />

MAN<br />

Mediengruppe macondo<br />

Weidmüller<br />

Korruptionsbekämpfung<br />

94<br />

METRO GROUP<br />

KORRUPTIONSBEKämpfung<br />

Prinzip 10: Unternehmen sollen gegen alle Arten der Korruption<br />

eintreten, einschließlich Erpressung und Bestechung.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

73


ABB<br />

Technologien für die nachhaltige<br />

Energieversorgung<br />

Die nachhaltige Energieversorgung mit erneuerbaren Energien ist ein zentrales Zukunftsthema.<br />

Dazu ist der verlustarme Stromtransport über große Entfernungen unabdingbar, da immer mehr<br />

Strom aus regenerativen Energien verbrauchsfern erzeugt wird. Wirtschaftlich lässt sich Strom<br />

über große Entfernungen aber nur mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) transportieren.<br />

Auf einer Strecke von 1.000 Kilometern – dies entspricht ungefähr der Entfernung<br />

zwischen Sylt und München – gehen dann, je nach Übertragungsspannung, lediglich etwa drei<br />

Prozent Energie verloren.<br />

Von Dr. Wolfgang Böhmer<br />

ABB ist auf dem Gebiet der HGÜ Technologieführer<br />

und das einzige Unternehmen,<br />

das sowohl die Fertigung der<br />

benötigten Halbleiter, als auch der Hochspannungskabel<br />

und der Konverter im<br />

eigenen Haus hat. Das Unternehmen<br />

realisiert mit dieser Technologie zum Beispiel<br />

die Anbindung mehrerer Offshore-<br />

Windparks an das Stromnetz an Land.<br />

So wurde der Technologiekonzern von<br />

TenneT, einem führenden Übertragungsnetzbetreiber<br />

Europas, unter anderem<br />

mit der Konstruktion, Planung, Lieferung<br />

und Installation des schlüsselfertigen Offshore-Netzanbindungs-Projekts<br />

DolWin1<br />

beauftragt. Mit der umweltschonenden<br />

HGÜ-Übertragungstechnik wird künftig<br />

Strom vom 400-Megawatt-Windpark<br />

Gode Wind II und anderen Windparks<br />

über eine 135 Kilometer lange See- und<br />

Landkabeltrasse zur HGÜ-Station in Dörpen<br />

an Land befördert.<br />

Umweltschonend erzeugter Strom<br />

für 1, 5 Millionen Haushalte<br />

Der Projektumfang umfasst die Offshore-<br />

Umrichterstation, die See- und Landkabel<br />

und die Umrichterstation an Land.<br />

Die 9.300 Tonnen schwere Offshore-<br />

Plattform samt Umrichterstation wurde<br />

Ende August <strong>2013</strong> rund 75 km vor die<br />

Nordseeküste transportiert und mit dem<br />

weltweit größten Schwimmkran „Thialf“<br />

auf die bereits vorhandene Stahlunterkonstruktion<br />

gesetzt.<br />

Das Projekt DolWin1 ersetzt konventionelle,<br />

auf fossilen Brennstoffen basierende<br />

Energieerzeugung. Damit können die<br />

CO 2<br />

-Emissionen jährlich voraussichtlich<br />

um 3 Millionen Tonnen gesenkt werden.<br />

Die Leitung wird nach ihrer Fertigstellung<br />

über 1,5 Millionen Haushalte mit<br />

sauberem Strom aus Windenergie beliefern<br />

können.<br />

Oben: Die Offshore-Konverterstation<br />

BorWin alpha wandelt Wechselstrom aus<br />

Offshore-Windenergie in Gleichstrom um.<br />

Rechts: Moderne Leistungstransistoren in<br />

der Konverterstation an Land wandeln den<br />

Gleichstrom wieder in Wechselstrom um.<br />

74 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

Aber auch für den Stromtransport vom<br />

Norden <strong>Deutschland</strong>s nach Süden ist<br />

die HGÜ-Technologie wichtig. Im Bundesbedarfsplangesetz,<br />

das im Sommer<br />

<strong>2013</strong> in Kraft trat, werden drei Nord-<br />

Süd-Stromübertragungs-Korridore mit<br />

mehreren HGÜ-Systemen als dezidierte<br />

Transportleitungen ausgewiesen.<br />

Zu einem HGÜ-System gehören Umrichterstationen,<br />

die am Anfangs- und<br />

am Endpunkt der Gleichstromübertragungsstrecke<br />

– und gegebenenfalls an<br />

weiteren Ein-/Ausspeisepunkten entlang<br />

dieser Strecke – errichtet werden müssen.<br />

In den Umrichterstationen kommt<br />

die „selbstgeführte“ HGÜ zum Einsatz,<br />

die ABB Mitte der 1990er-Jahre entwickelt<br />

hat. Moderne Leistungstransistoren, die<br />

das Unternehmen im schweizerischen<br />

Lenzburg fertigt, zerstückeln den Wechselstrom.<br />

Das ist erforderlich, damit die<br />

drei Phasen des Wechselstroms ineinander<br />

übergehen und einen gleichgerichteten<br />

Strom bilden können.<br />

Gleichstrom kann mit Freileitungen<br />

oder Kabeln transportiert werden<br />

Um den Gleichstrom zu transportieren,<br />

können teilweise bestehende Freileitungstrassen<br />

beziehungsweise Maste<br />

genutzt und raumsparend durch zusätzliche<br />

Leiterseile ergänzt werden. Außerdem<br />

ist es auch möglich, den Gleichstrom<br />

durch Kabel zu übertragen. Ein<br />

Polyethylenkabel kann bei ± 320 Kilovolt<br />

Gleichspannung eine Leistung von maximal<br />

1.100 Megawatt übertragen, dazu<br />

werden dann zwei dieser Kabel parallel<br />

verlegt. Am anderen Ende der Übertragungsstrecke<br />

steht erneut eine Umrichterstation,<br />

in der dann der Gleichstrom<br />

wieder in Wechselstrom umgewandelt<br />

und ins Wechselstromübertragungsnetz<br />

eingespeist wird.<br />

Der Einsatz der HGÜ-Technologie trägt<br />

auch erheblich zur Stabilisierung des<br />

Wechselstromübertragungsnetzes bei:<br />

Dadurch wird einerseits die über große<br />

Strecken zu übertragende Strommenge<br />

im Wechselstromnetz reduziert. Außerdem<br />

können mit den Umrichterstationen<br />

Systemdienstleistungen wie Frequenzregelung<br />

oder die Bereitstellung von<br />

Blindleistung erbracht werden. Denn<br />

durch die Abschaltung aller Kernkraftwerke<br />

in <strong>Deutschland</strong> bis zum Jahr 2022<br />

fehlt in einigen Bereichen im Wechselstromübertragungsnetz<br />

entsprechende<br />

Blindleistung, die dann künftig durch<br />

Umrichterstationen bereitgestellt werden<br />

kann.<br />

Nach 100 Jahren steht der<br />

Gleichstrom-Leistungsschalter zur<br />

Verfügung<br />

Um ein HGÜ-System in allen Betriebszuständen<br />

– also auch im Fehlerfall –<br />

zuverlässig zu betreiben, sind Leistungsschalter<br />

zur schnellen Fehlerklärung notwendig.<br />

Deren Aufgabe besteht darin, die<br />

fehlerbehafteten Bereiche, zum Beispiel<br />

nach einem Blitzeinschlag auf der Übertragungsstrecke,<br />

vom restlichen System<br />

zu trennen, sodass der Betrieb der fehlerfreien<br />

Netzbereiche weitergeführt werden<br />

kann. Bei der Gleichstromübertragung<br />

gibt es allerdings keinen Stromnulldurchgang;<br />

daher sind innovative Konzepte zur<br />

Stromunterbrechung notwendig. So hat<br />

es über 100 Jahre gedauert, bis ABB – als<br />

weltweit erster Hersteller – den ersten<br />

HGÜ-Leistungsschalter vorstellen konnte,<br />

der in wenigen Millisekunden den Strom<br />

unterbrechen kann.<br />

Mit der Entwicklung des HGÜ-Leistungsschalters<br />

konnte die letzte verbleibende<br />

Legung eines HGÜ-Kabels bei Diele für den<br />

Netzanschluss „BorWin1“.<br />

Technologielücke für den Bau großer<br />

Gleichstrom-Overlay-Netze geschlossen<br />

werden, so dass diese Netze bereits heute<br />

geplant werden können. Integraler Bestandteil<br />

für den Auf bau und Betrieb<br />

eines solchen Gleichstromnetzes ist<br />

aber auch ein übergeordnetes Schutzund<br />

Leittechniksystem. ABB setzt für<br />

HGÜ-Verbindungen bereits seit vielen<br />

Jahren ein speziell hierfür entwickeltes<br />

System ein, das zurzeit für die Steuerung<br />

großer Gleichstromnetze weiterentwickelt<br />

wird. Im eigens aufgebauten<br />

HGÜ-Netzsimulationszentrum kann mit<br />

Echtzeitsimulationen der Betrieb eines<br />

Gleichstrom-Overlay-Netzes in Verbindung<br />

mit Wechselstromnetzen simuliert<br />

werden.<br />

Mit diesen Gleichstrom-Overlay-Netzen<br />

wäre ein effizienter Transport von Strom<br />

aus weit entfernten Gegenden Europas<br />

oder sogar wie im Desertec-Projekt vorgesehen<br />

aus Nordafrika und dem Mittleren<br />

Osten möglich. Meteorologisch bedingte<br />

Einspeiseschwankungen regenerativer<br />

Energien könnten so über eine riesige<br />

Fläche ausgeglichen werden.<br />

Die HGÜ-Technologie ist ein Beispiel<br />

dafür, wie ABB seinen Kunden in der<br />

Energieversorgung und der Industrie<br />

ermöglicht, ihre Leistung zu verbessern<br />

und gleichzeitig die Umweltbelastung<br />

zu reduzieren.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

75


BSH BOSCH und SIEMENS HAUSGERäTE<br />

Der Kühlschrank spart<br />

schon auf dem Weg zum<br />

Kunden CO 2<br />

Als Europas führender Hausgerätehersteller hat sich die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />

GmbH zum Umwelt- und Ressourcenschutz über den gesamten Lebensweg ihrer Produkte hinweg<br />

verpflichtet. Bereits 1989 wurde der Umweltschutz entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />

in das Unternehmensleitbild des Konzerns aufgenommen. Dabei hat sich die BSH nicht nur bei der<br />

Produktion supereffizienter Hausgeräte, sondern auch in der Logistik zum Ziel gesetzt, Benchmark<br />

der Branche zu sein. So entwickelte das Unternehmen für die Distribution und Lagerung Strategien<br />

und Maßnahmen, mit denen es sehr erfolgreich CO 2<br />

-Emissionen in der Logistikkette reduziert –<br />

auf einigen Transportstrecken bereits um über 20 Prozent. Langfristiges Ziel ist es, die CO 2<br />

-Emissionen<br />

der gesamten Logistik bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 2006 zu senken.<br />

Von Stefanie Iske<br />

Aufgrund der hohen Qualität und damit<br />

verbundenen Langlebigkeit der Geräte<br />

entfallen bis zu 95 Prozent der Umweltbelastung,<br />

die während des Produktlebenszyklus<br />

entsteht, auf die Nutzungsphase<br />

der Geräte in den Haushalten. Mit supereffizienten<br />

Geräten kann dieser Anteil<br />

deutlich verringert werden. Deshalb ist<br />

die Entwicklung von ressourcenschonenden<br />

Produkten der nachhaltigste Beitrag<br />

der BSH zum Umwelt- und Klimaschutz.<br />

Seine energieeffizenten Geräte machen<br />

den Haugerätehersteller zum Vorreiter<br />

auf diesem Gebiet. Zudem achtet der<br />

Konzern darauf, auch die Logistik so<br />

ressourceneffizient und nachhaltig wie<br />

möglich zu gestalten.<br />

Die Logistik der BSH ist weltweit<br />

verknüpft<br />

Als international agierendes Unternehmen<br />

bewegt die BSH gewaltige Warenströme.<br />

Daher ist die Logistik für den<br />

Hausgerätehersteller ein wichtiges Thema<br />

– global, europaweit, national, regional<br />

und lokal. Von globalen Innovationen<br />

bis hin zu kleinsten Vorkehrungen<br />

an den Standorten arbeitet der Konzern<br />

kontinuierlich an neuen Lösungen, um<br />

sämtliche logistische Prozesse miteinander<br />

zu verzahnen und Zug, Schiff und<br />

Lkw optimal zu kombinieren.<br />

Produktion und Logistik von Hausgeräten<br />

hängen unmittelbar zusammen.<br />

Daher trifft die BSH Entscheidungen<br />

über Produktionsstandorte unter dem<br />

Aspekt des Klimaschutzes. „Als wir den<br />

Umweltschutz in unser Leitbild aufgenommen<br />

haben, war unsere Erkenntnis,<br />

dass Umwelt-Bewusstsein ausschließt,<br />

am einen Ende der Welt zu produzieren<br />

und unsere Geräte zum Verkauf ans<br />

andere Ende der Welt zu transportieren“,<br />

Die beiden Containerzüge, die seit Frühjahr<br />

<strong>2013</strong> zwei Mal pro Woche zwischen den BSH-<br />

Standorten Cerkezköy (Türkei) und Giengen<br />

(<strong>Deutschland</strong>) verkehren, sind ein herausragendes<br />

Beispiel für eine innovative Logistiklösung.<br />

Ein einziger Zug ersetzt rund 60 Lkw.<br />

76 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

sagt Hans-Gerd Bauerfeind, Chef der BSH-<br />

Logistik. Ziel ist es daher, den Verkehr,<br />

der bei der Distribution entsteht, von<br />

vornherein zu reduzieren. Daher folgt<br />

die BSH dem Triadenmodell. Danach<br />

gibt es weltweit drei große Wirtschaftsräume<br />

– EMEA (Europa, Naher Osten<br />

und Afrika), Amerika und Asien. Die in<br />

einem Wirtschaftsraum produzierten<br />

Hausgeräte sollen großteils auch dort<br />

verkauft werden.<br />

Ganzheitliche Ressourcenschonung<br />

beim Transport<br />

Neben der Entwicklung und Fertigung<br />

ressourcenschonender und qualitativ<br />

hochwertiger Hausgeräte, gehört auch<br />

die Logistik zu den Kernkompetenzen<br />

der BSH. „Zwar arbeiten wir auch mit<br />

externen Transporteuren zusammen, die<br />

technische und kreative Seite der Logistik<br />

steuert aber unser eigenes Team. Unsere<br />

Spezialisten bringen logistische Anforderungen<br />

und verpackungstechnische<br />

Fragestellungen bereits während der Konstruktionsphase<br />

mit ein – kritisch hinterfragen<br />

sie Prozesse, experimentieren<br />

und entwickeln so neue, zukunftsfähige<br />

Konzepte“, so Bauerfeind. Darunter fällt<br />

auch die Herausforderung, die Transportmittel<br />

optimal auszulasten – denn jeder<br />

Kubikmeter Laderaum, der leer vom einen<br />

Ort zum anderen transportiert wird,<br />

belastet die Umwelt. Durch vernetztes<br />

Denken, computergestützte Modelle und<br />

eigenes Test-Equipment gelingt es dem<br />

Logistik-Team, die Prozesse laufend zu<br />

optimieren.<br />

Während immer mehr Bahnbetreiber<br />

den unrentablen Einzelwagenverkehr<br />

einstellen, arbeitet die BSH daran, die<br />

Waren- und Materialtransporte so zu<br />

koordinieren, dass Ganzzüge befrachtet<br />

werden können. Seit 2012 fahren<br />

Klimaschutz und Ressourceneffizienz spielen für die BSH nicht nur bei der Produktion von<br />

Hausgeräten, sondern auch in der Logistik eine wesentliche Rolle. Ziel ist es, die CO 2<br />

-Emissionen<br />

in der gesamten Logistik bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 2006 zu senken.<br />

monatlich vier von ihnen mit rund<br />

165 Containern vom Logistikzentrum<br />

im baden-württembergischen Giengen<br />

nach Moskau. Durch die Umstellung<br />

auf den Transportmittelmix wird der<br />

CO 2<br />

-Ausstoß auf dieser Strecke um 27<br />

Prozent reduziert. Mehrmals die Woche<br />

verkehren zudem Ganzzüge in die Seehäfen<br />

Hamburg, Bremerhaven, Triest<br />

und zurück, sowie nach Frankreich,<br />

von und in die Türkei und von Polen<br />

nach <strong>Deutschland</strong>. Von den Seehäfen<br />

Hamburg und Bremerhaven geht die<br />

Reise zusätzlich per Schiff in die ganze<br />

Welt. Auch beim Straßengüterverkehr<br />

geht die BSH neue Wege und setzt seit<br />

Herbst 2012 in <strong>Deutschland</strong> erstmals<br />

Lang-Lkw ein: Die neue, 25 Meter lange<br />

Fahrzeugkombination transportiert<br />

täglich vom Umschlaglager Giengen aus<br />

rund 280 Großgeräte zu verschiedenen<br />

Standorten in <strong>Deutschland</strong>. Der Lang-Lkw<br />

bietet 40 Prozent mehr Transportvolumen<br />

und spart im Vergleich zu üblichen<br />

Lastwagen je transportiertem Gerät 20<br />

Prozent CO 2<br />

ein.<br />

Zwei Mal pro Woche pendelt ein Zug<br />

mit Material und Geräten zwischen<br />

<strong>Deutschland</strong> und der Türkei<br />

Herausragendes Beispiel für eine innovative<br />

Logistiklösung sind die beiden<br />

Containerzüge, die seit Frühjahr <strong>2013</strong><br />

zwei Mal pro Woche zwischen den<br />

BSH-Standorten Cerkezköy und Giengen<br />

verkehren. Das Konzept ist in der<br />

Branche ein Alleinstellungsmerkmal: Ein<br />

einziger Zug, der Geräte nach Giengen<br />

transportiert und dort für den Rückweg<br />

mit Fertigungsmaterialien und Geräten<br />

beladen wird, ersetzt rund 60 Lkw.<br />

Wenn Torsten Genehr, Logistikchef der<br />

BSH Türkei, von den zahlreichen Maßnahmen<br />

berichtet, klingt das ebenso<br />

begeistert wie durchdacht. Denn hinter<br />

all den Erfolgen steht ein ambitioniertes<br />

Konzept, das neben der Umstellung auf<br />

Containerzüge sämtliche Möglichkeiten<br />

der CO 2<br />

-Reduktion auslotet: „Wir haben<br />

alles geprüft und durchleuchtet und setzen<br />

unsere Erkenntnisse nun Schritt für<br />

Schritt um.“ Genehr ist verantwortlich<br />

für die Warentransporte der sechs BSH-<br />

Fabriken in Cerkezköy, die jährlich über<br />

vier Millionen Hausgeräte produzieren.<br />

Zum integrierten Konzept in der Türkei<br />

gehört aber auch ein neues Lager, das<br />

2012 fertiggestellt wurde und höchste<br />

Standards bei der Wärmedämmung erfüllt.<br />

Außerdem sollen auf der 47.000<br />

Quadratmeter großen Dachfläche Solarpaneele<br />

installiert werden. „Neben dem<br />

Transport ist die Lagerung ein zentraler<br />

Teil der Distribution unserer Geräte und<br />

muss somit ebenso konsequent bei der<br />

ganzheitlichen Ressourcenschonung<br />

berücksichtigt werden“, so Genehr.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

77


CEWE<br />

Ökologische Nachhaltigkeit<br />

sichern<br />

Mit Marktgespür und Innovationskraft ist es uns gelungen, CEWE als Europas führenden Fotoservice<br />

und innovativen Onlinedruck-Partner zu positionieren. Der Transformationsprozess von<br />

der analogen zur digitalen Fotografie hat bei uns zu vielen Neuerungen geführt. So ist beispielsweise<br />

die Filmentwicklung heute nur noch der kleinste Teil unseres Geschäftsmodells.<br />

Von Oliver Thomsen<br />

Einen großen Bereich nimmt das CEWE<br />

FOTOBUCH ein: Jährlich verlassen 5,6<br />

Millionen Exemplare in höchster Qualität<br />

unsere elf europäischen Produktionsstandorte.<br />

Den erfolgreichen Unternehmensbereich<br />

Fotofinishing haben wir<br />

2012 um das Wachstumssegment Onlinedruck<br />

erweitert: Über die Onlineplattformen<br />

CEWE-PRINT.de, viaprinto.de<br />

und saxoprint.de können gewerbliche<br />

Kunden Flyer, Plakate, Visitenkarten,<br />

Broschüren, Briefpapier, Kalender und<br />

vieles mehr bestellen: In jeder kleinen<br />

oder großen Auflage, in jedem Format<br />

und dabei immer hochwertig, günstig<br />

und schnell.<br />

Die wichtigste Voraussetzung für die<br />

Etablierung nachhaltiger Themen im<br />

Unternehmen ist der persönliche Einsatz<br />

der Mitarbeiter. Bei uns ist Andreas<br />

F. L. Heydemann aus dem Vorstandskreis<br />

für das Thema zuständig. Gemeinsam<br />

mit Spezialisten aus dem Koordinationskreis<br />

Nachhaltigkeit sorgt er dafür,<br />

Andreas F. L. Heydemann, Vorstandsmitglied<br />

der CEWE Stiftung & Co. KGaA<br />

dass sämtliche relevanten Aufgaben<br />

europaweit geplant, überwacht und<br />

koordiniert werden.<br />

Umweltmanagement mit System<br />

Das Umweltmanagementsystem ist das<br />

Herzstück eines guten Nachhaltigkeitsprogramms.<br />

Unsere Mitarbeiter aus dem<br />

Bereich Chemie und Umwelt stellen hohe<br />

Ansprüche. Sie nehmen intern jedes Jahr<br />

rund 30.000 Messwerte auf, analysieren<br />

sie und werten sie aus. Erklärtes Ziel ist<br />

die ständige Verbesserung von Arbeitssicherheit<br />

und Umweltschutz sowie die<br />

Vermeidung von Umweltbelastungen.<br />

An unseren deutschen Standorten haben<br />

wir ein umfangreiches Umweltmanagementsystem<br />

(nach DIN EN ISO 14001) aufgebaut,<br />

in die Praxis umgesetzt und zertifizieren<br />

lassen. Das System beschreibt<br />

den kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />

in Bezug auf unsere Umweltleistungen.<br />

Basis bilden der Abgleich mit den<br />

gesetzlichen Bestimmungen sowie die<br />

von uns definierte Umweltpolitik, die<br />

sich in folgende Bereiche gliedert:<br />

• Energie sparen<br />

• Wasser schützen<br />

• Ressourcen schonen<br />

• Arbeitsschutz sichern<br />

Im Fokus: Energie sparen<br />

Um unsere Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit<br />

transparent zu dokumentieren,<br />

haben wir uns einer Berichterstattung<br />

im Jahresrhythmus verpflichtet. Dies<br />

gilt insbesondere auch für die durch uns<br />

verursachten Emissionen. Sie werden<br />

von uns auf der Grundlage des Corporate<br />

Accounting and Reporting Standard<br />

2004 der Greenhouse Gas Protocol In-<br />

78 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

Links: Mitarbeiter des IT-Teams im Rechenzentrum<br />

von CEWE (mit dem Blauen Engel<br />

ausgezeichnet)<br />

Unten: Mitarbeiter des Chemie- und Umweltteams<br />

von CEWE<br />

und Offenheit der veröffentlichten Zahlen<br />

zu Kohlendioxid-Emissionen wurden<br />

wir 2010 und 2011 als eines von wenigen<br />

SDAX-Unternehmen in den Carbon Disclosure<br />

Leadership Index aufgenommen.<br />

Ein weiteres Beispiel für die Relevanz<br />

des Klimaschutzes bei CEWE ist unsere<br />

Beteiligung am ertemis-Projekt. Es wurde<br />

ins Leben gerufen, um eine umweltgerechte<br />

Ausrichtung der IT-Infrastruktur<br />

(Green IT) in Unternehmen zu forcieren.<br />

Zusammen mit den Universitäten von<br />

Oldenburg, Osnabrück und Göttingen<br />

wird für CEWE und weitere ausgewählte<br />

Unternehmen aus Niedersachsen eine<br />

Wir vergeben Stipendien für Promotionsvorhaben,<br />

Masterstudienprogramme<br />

und Forschungsprojekte an Universitäten<br />

und Fachhochschulen. Mit der European<br />

Medical School und dem Hanse<br />

Wissenschaftskolleg verbindet uns seit<br />

Jahren eine Partnerschaft. Weiterhin<br />

unterstützen wir zahlreiche Vereine und<br />

Institutionen am Stammsitz in Oldenburg<br />

und an unseren jeweiligen Standorten<br />

in Europa. Wir bevorzugen langfristige<br />

Allianzen und Engagements. Die Förderung<br />

des Kulturguts Fotografie liegt uns<br />

ebenso am Herzen, wie die Förderung von<br />

fachlichem Nachwuchs und die Unterstützung<br />

von Kindern und Jugendlichen.<br />

Neben vielen aktuellen Themen, wie<br />

der Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

und der Förderung von Frauen, liegt uns<br />

eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit am<br />

Herzen. Weiterbildungs– und Beteiligungssprogramme,<br />

Chancengleichheit<br />

sowie ein klares Unternehmens- und<br />

Führungsleitbild sorgen dafür, dass sich<br />

unsere Mitarbeiter wohl fühlen. Seit langem<br />

bilden wir über den eigenen Bedarf<br />

hinaus aus. An den deutschen Standorten<br />

liegt unsere Ausbildungsquote bei über<br />

fünf Prozent: 113 junge Menschen sind<br />

2012 bei CEWE in 15 unterschiedlichen<br />

Berufen in der Ausbildung.<br />

itiative berechnet und dargestellt. Erfasst<br />

und berichtet werden alle direkten<br />

CO 2<br />

-Emissionen aus stationären und<br />

mobilen Quellen (Scope 1) sowie die indirekten<br />

Emissionen aus der Erzeugung<br />

des eingekauften Stroms (Scope 2) aller<br />

Produktionsstandorte der CEWE Gruppe.<br />

Weitere indirekte Emissionen, die mit der<br />

Unternehmenstätigkeit im Zusammenhang<br />

stehen, aber nicht durch sie erzeugt<br />

werden, werden als Scope 3 bezeichnet.<br />

Dies sind beispielsweise Logistikprozesse<br />

des Warenbezugs und Auslieferung der<br />

Produkte, Logistik der Abfallentsorgung<br />

sowie Fahrten der Mitarbeiter zur Arbeitsstätte<br />

oder Dienstreisen.<br />

In den vergangenen Jahren haben wir<br />

viele Fortschritte sowohl bei der Reduzierung<br />

der CO 2<br />

-Emissionen als auch<br />

bei der Verbesserung der Energiebilanz<br />

gemacht. Aufgrund der guten Qualität<br />

nachhaltige IT-Strategie aufgesetzt. Mit<br />

Erfolg: Im Juli <strong>2013</strong> haben wir für unser<br />

neu gebautes Rechenzentrum am Standort<br />

Oldenburg die Auszeichnung „Blauer<br />

Engel“ erhalten. Durch eine neue energieeffiziente<br />

Klimatisierung wird der CO 2<br />

-<br />

Ausstoß um cirka 130 Tonnen pro Jahr<br />

reduziert und wir sparen drei Prozent<br />

der gesamten Scope-2-Emissionen ein.<br />

Gesellschaftliche und soziale<br />

Verantwortung: Gelebte<br />

Unternehmenskultur<br />

Der Übergang in eine nachhaltige Gesellschaft<br />

ist eine der zentralen Herausforderungen<br />

der heutigen Zeit. Unsere<br />

Unternehmenskultur ist seit der Firmengründung<br />

vor über 50 Jahren geprägt<br />

durch Innovationskraft und Fürsorge<br />

gegenüber den Mitarbeitern, der Gesellschaft<br />

und der Umwelt.<br />

Nachhaltige Berichterstattung<br />

im<br />

Jahresrhythmus<br />

Als eines der ersten SDAX-Unternehmen<br />

hat CEWE eine transparente<br />

Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

etabliert: Bereits seit fünf Jahren<br />

bilanzieren und dokumentieren wir<br />

unsere Aktivitäten in einem jährlich<br />

erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht,<br />

der sich an den aktuellen<br />

Leitlinien der <strong>Global</strong> Reporting<br />

Initiative (GRI) orientiert. Wenn Sie<br />

mehr darüber erfahren möchten:<br />

Eine Downloadmöglichkeit der<br />

Berichte und unseres Nachhaltigkeitsfilms<br />

finden Sie hier:<br />

http://company.cewe.de/de/unternehmen/nachhaltigkeit/film.html<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

79


DAIMLER<br />

Aufbau eines Wasserstoff-<br />

Tankstellennetzes<br />

in <strong>Deutschland</strong><br />

Von Dr. Udo Hartmann und Matthias Brock<br />

Mit der B-Klasse F-CELL hat Daimler bereits 2010 sein erstes unter Serienbedingungen gefertigtes<br />

Elektrofahrzeug mit Brennstoffzelle auf die Straße gebracht. Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle<br />

können einen erheblichen Beitrag leisten, um mit effizienten Technologien nachhaltige<br />

Mobilität konsequent voranzutreiben. Denn der große Vorteil dieser Antriebstechnik liegt in der<br />

deutlichen Minderung von CO 2<br />

-Emissionen und der signifikanten Verbesserung der Energieeffizienz<br />

des Antriebstrangs. Gleichzeitig haben Brennstoffzellenfahrzeuge Reichweiten und<br />

Betankungszeiten, die mit heutigen konventionellen Fahrzeugen vergleichbar sind.<br />

Viele der insgesamt 200 Fahrzeuge sind<br />

seit 2010 in <strong>Deutschland</strong>, den USA und<br />

Norwegen bei Kunden im Einsatz und<br />

haben zusammen mehrere Millionen<br />

km zurückgelegt. Allein die etwa 70<br />

Fahrzeuge starke F-CELL-Flotte in den<br />

USA kommt inzwischen auf 1,6 Millionen<br />

Kilometer.<br />

Der Fahrstrom für den Antrieb wird<br />

durch die Reaktion von Luftsauerstoff<br />

mit Wasserstoff direkt an Bord in der<br />

Brennstoffzelle erzeugt. Dabei entstehen<br />

keine Schadstoffemissionen, sondern<br />

lediglich reiner Wasserdampf. Dank des<br />

700-bar-Hochdruck-Tanksystems hat die<br />

B-Klasse F-CELL eine hohe Reichweite<br />

von rund 400 Kilometern bei einer gleichzeitig<br />

kurzen Betankungszeit von unter<br />

drei Minuten. Die wesentlichen Antriebskomponenten<br />

sind geschützt und Platz<br />

sparend im Fahrzeugunterboden installiert,<br />

sodass Innen- und Kofferraum<br />

vollständig nutzbar sind. Das Fahrzeug<br />

verbindet somit lokal emissionsfreie<br />

Mobilität mit Langstrecken- und Alltagstauglichkeit<br />

sowie überzeugende<br />

Fahrleistungen.<br />

Auch der emissionsfreie dauerhafte Linienbetrieb<br />

mit Mercedes-Benz Brennstoffzellen-Bussen<br />

wird bereits heute in<br />

Pilotprojekten realisiert. Der neue Citaro<br />

FuelCELL-Hybrid spart dank der verbesserten<br />

Brennstoffzellenkomponenten<br />

– die Brennstoffzellenstacks sind identisch<br />

mit denen der Mercedes-Benz<br />

B-Klasse F-CELL – und der Hybridisierung<br />

mit Lithium-Ionen-Batterien<br />

(27 kW/h) im Vergleich zur Vorgängergeneration<br />

50 Prozent Wasserstoff. Die<br />

Brennstoffzelle wird auch als Stromlieferant<br />

intelligent mit mehreren Komponenten<br />

gekoppelt. Sowohl Batterie<br />

und elektrischer Radnabenantrieb als<br />

auch das integrierte Bremsenergie-Rückgewinnungs-System<br />

sind miteinander<br />

vernetzt. Die Reichweite des Brennstoffzellenbusses<br />

beträgt über 300 Kilometer<br />

80 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

und die Tankzeit gerade einmal acht bis<br />

zehn Minuten. Damit kann der Citaro<br />

FuelCELL-Hybrid genauso unkompliziert<br />

und flexibel wie heutige Dieselfahrzeuge<br />

eingesetzt werden.<br />

Um die großflächige Marktverfügbarkeit<br />

dieser emissionsfreien Technologie zu<br />

ermöglichen, haben Daimler, Ford und<br />

Nissan Anfang <strong>2013</strong> eine Kooperation<br />

zur gemeinsamen Entwicklung eines<br />

Brennstoffzellensystems geschlossen.<br />

Ziel ist es, ab 2017 wettbewerbsfähige<br />

Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle<br />

auf den Markt zu bringen. Parallel zur<br />

Fahrzeugtechnik ist aber auch zwingend<br />

der Auf bau einer entsprechenden Wasserstoffinfrastruktur<br />

erforderlich, um<br />

die Technologie am Markt etablieren<br />

zu können. Vor diesem Hintergrund<br />

engagiert sich Daimler sehr stark in<br />

verschiedenen internationalen Demonstrationsprojekten<br />

und bei der deutschen<br />

Initiative „H 2<br />

Mobility“.<br />

Im Rahmen von „H 2<br />

Mobility“ haben sich<br />

Daimler und fünf weitere Partner – Air<br />

Liquide, Linde, OMV, Shell und Total –<br />

im September <strong>2013</strong> auf einen konkreten<br />

Handlungsplan zum Auf bau eines landesweiten<br />

Wasserstoff-Tankstellennetzes<br />

für Brennstoffzellenfahrzeuge verständigt.<br />

Bis zum Jahr 2023 soll die heute<br />

15 Tankstellen umfassende, öffentliche<br />

Wasserstoff-Infrastruktur in <strong>Deutschland</strong><br />

auf rund 400 H 2<br />

-Tankstellen ausgebaut<br />

werden. Bereits innerhalb der kommenden<br />

vier Jahre sollen die ersten 100<br />

Wasserstoff-Stationen in Betrieb gehen.<br />

Damit kann künftig eine bedarfsgerechte<br />

Versorgung von Elektrofahrzeugen mit<br />

Brennstoffzelle – die in den nächsten<br />

Jahren auf den Markt kommen sollen –<br />

sichergestellt werden. Eine entsprechende<br />

Grundsatzvereinbarung wurde<br />

von Vertretern aller beteiligten Partner<br />

unterzeichnet.<br />

Initiative „H 2<br />

Mobility“<br />

~ 400<br />

Stationen<br />

soll das öffentliche<br />

Wasserstoff-Tankstellennetz<br />

bis 2023 umfassen.<br />

Rhein-Ruhr<br />

Frankfurt<br />

~ 90<br />

Kilometer<br />

liegen zwischen den H 2<br />

-<br />

Tankstellen an Autobahnen<br />

außerhalb der Ballungszentren<br />

bis <strong>2013</strong>.<br />

Hamburg<br />

> 10<br />

H 2<br />

-Tankstellen<br />

werden innerhalb der<br />

Ballungszentren bis <strong>2013</strong><br />

verfügbar sein.<br />

Berlin<br />

Die Vereinbarung umfasst neben der<br />

konkreten Planung eines deutschlandweiten<br />

H 2<br />

-Tankstellennetzes auch die<br />

Grundsätze über die Beschaffung und<br />

den Vertrieb des benötigten Wasserstoffs<br />

sowie einen Unterstützungsappell an die<br />

Bundesregierung. Nach der geplanten<br />

Gründung eines entsprechenden Joint<br />

Ventures (vorbehaltlich der Erteilung<br />

etwaiger erforderlicher, behördlicher<br />

Genehmigungen), startet der stufenweise<br />

Ausbau des nationalen Tankstellennetzes<br />

bereits im kommenden Jahr.<br />

Dadurch soll nicht nur für die Ballungsräume<br />

und Hauptverkehrsrouten, sondern<br />

auch für den ländlichen Raum<br />

eine alltagstaugliche H 2<br />

-Versorgung<br />

geschaffen werden. Ziel ist, zwischen<br />

den Ballungsgebieten mindestens alle<br />

neunzig Autobahn-Kilometer eine H 2<br />

-<br />

Tankstelle anzubieten. Nach dieser Planung<br />

stehen in den Metropolregionen<br />

ab 2023 jeweils mindestens zehn Wasserstoffstationen<br />

zur Verfügung. Damit<br />

wird lokal emissionsfreie H 2<br />

-Mobilität<br />

für Kunden immer attraktiver. Für dieses<br />

zukunftsweisende Infrastrukturprojekt<br />

geht die „H 2<br />

MobiIity“-Initiative von einem<br />

Gesamtinvestitionsbedarf in Höhe<br />

von rund 350 Mio. Euro aus.<br />

Ballungszentren<br />

Autobahnen<br />

H 2<br />

-Korridore<br />

Stuttgart<br />

München<br />

Eine bedarfsgerechte Anzahl von H 2<br />

-<br />

Tankstellen ist – neben attraktiven Anschaffungs-<br />

und Unterhaltskosten der<br />

Fahrzeuge – dabei eine der wichtigsten<br />

Voraussetzungen für den Markterfolg der<br />

kommenden Brennstoffzellenfahrzeuge.<br />

Das geplante „H 2<br />

Mobility“-Joint Venture<br />

wird deshalb eng mit der Automobilindustrie<br />

zusammenarbeiten.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

81


DEUTSCHE POST DHL<br />

CO 2 -freie Zustellung:<br />

GoGreen für eine ganze<br />

Großstadt<br />

Als internationaler Post- und Logistikkonzern setzt Deutsche Post DHL das umfassende Wissen<br />

und die globale Präsenz ein, um einen positiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft zu leisten.<br />

In der Konzernstrategie ist dabei die Unternehmensverantwortung fest verankert. Das Unternehmen<br />

verfolgt einen umfassenden Ansatz von nachhaltigem und ethischem Handeln, indem<br />

es die Anliegen seiner Anspruchsgruppen systematisch in sein Handeln mit einbezieht und seine<br />

Geschäftsaktivitäten auch im Hinblick auf ihren Beitrag für Umwelt und Gesellschaft ausrichtet.<br />

Von Deutsche Post DHL<br />

Bei seinem gesellschaftlichen Engagement<br />

konzentriert sich der Konzern auf<br />

die Felder mit seiner größten Expertise:<br />

Als Logistiker setzt er auf Umweltschutz<br />

(GoGreen) und Katastrophenmanagement<br />

(GoHelp), als Arbeitgeber auf die<br />

Förderung von Bildungs- und Berufschancen<br />

(GoTeach). Mit dem vor fünf<br />

Jahren gestarteten Umweltschutzprogramm<br />

„GoGreen“ arbeitet Deutsche<br />

Post DHL daran, die Auswirkungen der<br />

Geschäftstätigkeit auf die Umwelt zu<br />

reduzieren und hat sich als erstes weltweit<br />

tätiges Logistikunternehmen ein<br />

messbares Klimaschutzziel gesetzt.<br />

Bis 2020 will der Konzern die CO 2<br />

-Effizienz<br />

verglichen mit dem Basisjahr 2007<br />

um 30 Prozent verbessern. 2012 lag die<br />

Effizienzsteigerung bei 16 Prozent, über<br />

die Hälfte des Weges ist geschafft. Erreicht<br />

wurde das Zwischenziel durch<br />

Netzwerkoptimierungen, die Verlagerung<br />

von Warenströmen von der Straße<br />

auf die Schiene oder von der Luft- auf<br />

die Seefracht, die Nutzung erneuerbarer<br />

Energien und Investitionen in verbrauchsarme<br />

Flug- und Fahrzeuge.<br />

Auch bei alternativen Antrieben ist<br />

Deutsche Post DHL führend. Mitte <strong>2013</strong><br />

setzte Deutsche Post DHL 8.500 Fahrzeuge<br />

mit umweltfreundlichen Antrieben ein.<br />

Ein wichtiger Schritt beim Flottenumbau<br />

ist das im Mai <strong>2013</strong> gestartete Pilotprojekt<br />

82 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

„CO 2<br />

-freie Zustellung in Bonn“. Dabei<br />

wird erstmals die Postzustellung in einer<br />

Großstadt auf Elektroautos umgestellt.<br />

Der Langzeittest dient dazu, wertvolle<br />

Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie<br />

sich Elektrofahrzeuge im Alltag verhalten<br />

und sich das Laden großer Nutzfahrzeugflotten<br />

auf die elektrischen Netze<br />

auswirkt. Gelingt das Vorhaben, existiert<br />

eine Blaupause für die klimaneutrale Zustellung<br />

in anderen Städte und Regionen.<br />

Bonn als Musterstadt für die<br />

elektromobile Zustellung<br />

In einem ersten Schritt wurde bis Ende<br />

<strong>2013</strong> die Elektrofahrzeugflotte in Bonn<br />

und Umgebung auf 79 Fahrzeuge ausgebaut.<br />

Innerstädtisch werden die Elektroautos<br />

in der Paketzustellung eingesetzt. In<br />

Stadtrandlagen und im Umland kommen<br />

die Fahrzeuge in der kombinierten Briefund<br />

Paketzustellung zum Zug. Schon zum<br />

Projektstart ist in Bonn eine der größten<br />

zusammenhängenden Elektro-Nutzfahrzeugflotten<br />

der Welt unterwegs. Getankt<br />

wird Strom aus regenerativen Quellen.<br />

Bei den Elektrofahrzeugen handelt es<br />

sich um Kleintransporter, Transporter bis<br />

2,8 Tonnen und Paketzustellfahrzeuge.<br />

Eingesetzt werden Autos der Hersteller<br />

Iveco, Renault und Mercedes, aber<br />

auch 20 StreetScooter. Das Fahrzeug ist<br />

eine Gemeinschaftsentwicklung mit der<br />

StreetScooter GmbH, einem Spin-off der<br />

Rheinisch-Westfälischen Technischen<br />

Hochschule (RWTH) Aachen. Der Fahrzeugtyp<br />

wurde speziell für die Zustellung<br />

entwickelt und weist neben dem<br />

Elektroantrieb weitere ergonomische<br />

Besonderheiten auf.<br />

Erfüllen die Fahrzeuge und die Ladetechnik<br />

die Erwartungen, kommen 2014 rund<br />

40 Fahrzeuge hinzu. Mit dieser 120 Fahrzeuge<br />

umfassenden Flotte sind zu normalen<br />

Zeiten das gesamte Bonner Stadtgebiet<br />

und drei umliegende Standorte<br />

auf Elektrobetrieb umgestellt. Lediglich<br />

in den sogenannten Starkverkehrszeiten,<br />

etwa in der Vorweihnachtszeit, kommen<br />

einige konventionelle Dieselfahrzeuge<br />

als Reserve zum Einsatz. Mit 20 weiteren<br />

Elektrofahrzeugen, die ihren Dienst 2015<br />

aufnehmen sollen, gehört der Diesel im<br />

Testgebiet endgültig der Vergangenheit<br />

an. 2016, in der Endausbaustufe des<br />

Projektes, werden nach heutiger Planung<br />

141 Elektrofahrzeuge unterwegs sein, die<br />

gegenüber konventionellen Fahrzeugen<br />

über 500 Tonnen CO 2<br />

pro Jahr einsparen.<br />

Unterstützt wird das Projekt vom<br />

„Förderprogramm Elektromobilität“ der<br />

Bundesregierung.<br />

Im Dialog<br />

GoGreen von Deutsche Post DHL<br />

Das Pilotprojekt wird von einem lebendigen<br />

Bürgerdialog begleitet. So stellte sich<br />

das Unternehmen am „Tag der Elektromobilität“<br />

am 14. September <strong>2013</strong> auf<br />

dem Bonner Münsterplatz den Fragen<br />

der Bürgerinnen und Bürger. Das bei der<br />

Informationsveranstaltung und anderen<br />

Gelegenheiten eingeholte Feedback fließt<br />

in die weitere Gestaltung des Vorhabens<br />

ein. Die bisherigen Reaktionen belegen<br />

die hohe Akzeptanz der elektromobilen<br />

Postzustellung. Viele Bürgerinnen und<br />

Bürger erhoffen sich, dass der Test bald<br />

auf andere Städte und Regionen ausgedehnt<br />

wird – aus Umweltschutzgründen,<br />

aber auch aus Eigeninteresse: Die Menschen<br />

hoffen, dass durch die Nachfrage<br />

von Deutsche Post DHL Elektroautos in<br />

die Großserienfertigung gehen und so für<br />

Privatkunden erschwinglicher werden.<br />

Das Umweltschutzprogramm GoGreen von Deutsche Post DHL beinhaltet<br />

das Klimaschutzziel, die CO 2<br />

-Effizienz verglichen mit dem Basisjahr 2007 um<br />

30 Prozent zu verbessern. Darüber hinaus beteiligt sich Deutsche Post DHL<br />

im Rahmen von GoGreen an der Entwicklung von Berechnungsstandards für<br />

CO 2<br />

-Emissionen in der Logistik. Ein weiterer Baustein des Programms sind<br />

grüne Produkte und Dienstleistungen für die Kunden. Mit dem „CO 2<br />

-Report“<br />

erstattet das Unternehmen seinen Geschäftskunden Bericht über die Höhe<br />

der CO 2<br />

-Emissionen, die durch die Transportaufträge mit Deutsche Post DHL<br />

entstanden sind. Beim Service „Grüne Optimierung“ berät Deutsche Post DHL<br />

Kunden über effizienzsteigernde Maßnahmen und entwickelt kundenindividuelle<br />

Lösungen. Zusätzlich bietet Deutsche Post DHL CO 2<br />

-neutrale Produkte<br />

und Services an. Die bei Transport und Logistik entstehenden CO 2<br />

-Emissionen<br />

gleicht das Unternehmen über Investitionen in Klimaschutzprojekte aus.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

83


HYPOVEREINSBANK<br />

Saubere Sache:<br />

Unser Weg zum<br />

CO 2<br />

-neutralen<br />

Bankbetrieb<br />

Von Stefan Löbbert<br />

Die eigenen CO 2<br />

-Emissionen vermeiden, dauerhaft reduzieren<br />

und, wo das nicht möglich ist, durch den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten<br />

kompensieren – das ist der Weg der Hypo­<br />

Vereinsbank zum CO 2<br />

-neutralen Unternehmen. Diesen Weg gehen<br />

wir seit Jahren konsequent: Unsere Gebäude betreiben wir<br />

bereits seit 2010 klimaneutral, seit Sommer <strong>2013</strong> den gesamten<br />

Bankbetrieb. Ressourcenschonende und effizienzsteigernde<br />

Maßnahmen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen<br />

sowie das umweltbewusste Verhalten unserer Mitarbeiter haben<br />

es ermöglicht, dieses langfristig verfolgte Ziel zu erreichen.<br />

CO 2<br />

-Emissionen im Bankbetrieb entstehen<br />

vorrangig durch Energieverbrauch<br />

und Dienstreisen, durch Papier- und<br />

Wasserverbrauch sowie durch Abfallaufkommen.<br />

Oberste Priorität hat daher<br />

die Vermeidung und Reduktion von<br />

CO 2<br />

-Emissionen durch mehr Energieeffizienz<br />

und den sparsamen Einsatz<br />

von Ressourcen. Bei der HypoVereinsbank<br />

geschieht dies beispielsweise über<br />

wärmedämmende Fassadensanierungen<br />

bei Bankgebäuden oder über die<br />

Optimierung haustechnischer Anlagen.<br />

Auch das Senken der CO 2<br />

-Grenze für<br />

Dienstfahrzeuge sowie der Einsatz von<br />

Video- und Telefonkonferenzen spielen<br />

eine wichtige Rolle im klimaneutralen<br />

Bankalltag. Da nicht alle CO 2<br />

-Emissionen<br />

vollkommen vermieden werden<br />

können, gleichen wir diese freiwillig<br />

über den Kauf und die Stilllegung von<br />

CO 2<br />

-Zertifikaten aus. Diese Zertifikate<br />

nach anerkannten Standards liefern<br />

den Nachweis, dass im Rahmen von<br />

Klimaschutzprojekten an anderer Stelle<br />

CO 2<br />

-Emissionen eingespart wurden.<br />

Kleine Chronologie der<br />

Klimaneutralität<br />

Ressourcen schonen Energetisch optimierte Gebäude sind ein wichtiger Hebel für<br />

Ressourceneffizienz. Den denkmalgeschützten HVB-Tower am Münchner Arabellapark<br />

bauen wir bis 2015 zum Green Building um.<br />

All das hat sich nicht von heute auf<br />

morgen ergeben: Bereits seit den 1990er<br />

Jahren sorgt bei der HypoVereinsbank ein<br />

Umweltschutzbeauftragter für die ökologische<br />

Ausrichtung des Bankbetriebs.<br />

Seit 2006 steuern und verbessern wir die<br />

betriebliche Umweltleistung kontinuierlich<br />

über unser zertifiziertes Umweltmanagement<br />

und bringen so Energie- und<br />

Ressourceneffizienz aktiv voran. Seit<br />

2010 beziehen wir unseren Strom zu<br />

100 Prozent aus erneuerbaren Energien<br />

und gestalten unseren Wärmebedarf<br />

84 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

Events & Strom Mobilität & Einkauf Emissionsarme Reisen<br />

& innovative Technik<br />

Steuerung & Verwertung<br />

CO 2<br />

-neutral. Seit Sommer <strong>2013</strong> kompensieren<br />

wir nun auch die Emissionen<br />

unserer Dienstreisen, unseres Papier- und<br />

Wasserverbrauchs sowie unseres Abfallaufkommens<br />

– und gestalten damit den<br />

gesamten Bankbetrieb CO 2<br />

-neutral. Zahlreiche<br />

aktuelle Auszeichnungen, wie der<br />

B.A.U.M.-Umweltpreis in der Kategorie<br />

Großunternehmen, die mehrfache Prämierung<br />

unseres nachhaltigen Fuhrparks<br />

(Green-Fleet- und Grüne-Flotte-Awards<br />

in mehreren Kategorien) sowie unsere<br />

Platzierung als Branchenbester im aktuellen<br />

Nachhaltigkeitsrating von oekom<br />

research spornen uns an, auch über<br />

den Etappensieg der Klimaneutralität<br />

hinaus ehrgeizige Ziele zu definieren.<br />

Denn Nachhaltigkeit ist in der Hypo-<br />

Vereinsbank seit Jahren fest verankert –<br />

organisatorisch und im Kerngeschäft.<br />

Gebäude für die Zukunft<br />

Zwei Rechenzentren mit einer Fläche<br />

von umgerechnet zwei Fußballfeldern gewährleisten<br />

den sicheren Betrieb unserer<br />

IT-Infrastruktur. An unseren gesamten<br />

CO 2<br />

-Emissionen haben sie einen großen<br />

Anteil: Jährlich verbrauchen sie<br />

so viel Energie wie 11.000 Haushalte.<br />

Wir modernisieren sie daher laufend<br />

und setzen auf innovative Technik. So<br />

kühlen wir eines der Rechenzentren mit<br />

dem Wasser des nahe vorbeifließenden<br />

Eisbachs im Münchner Englischen Garten.<br />

Außerdem nutzen wir Inline Air<br />

Cooling – ein neuartiges, im Hause<br />

entwickeltes Kühlsystem. Es nutzt die<br />

natürliche Luftströmung aufsteigender<br />

Wärme und absinkender Kälte in idealer<br />

Weise für den Betrieb und die Kühlung<br />

der IT-Infrastruktur in unseren Rechenzentren.<br />

Seit 2012 sparen wir darüber<br />

jährlich 4.000 MWh Energie ein. Dies<br />

entspricht etwa 2.200 Tonnen CO 2<br />

.<br />

Mobilität für morgen<br />

mit einem CO 2<br />

-Ausstoß von weniger<br />

als 90 g/km zu den effizientesten ihrer<br />

Fahrzeugklasse. Für Dienstfahrzeuge<br />

von Mitarbeitern gilt eine Obergrenze<br />

von 130 g/km. Innerhalb von zwei<br />

Jahren konnten wir damit den durchschnittlichen<br />

Treibstoffverbrauch sowie<br />

den CO 2<br />

-Ausstoß pro Fahrzeug um<br />

jeweils mehr als 13 Prozent senken.<br />

Unser Mobilitätskonzept entwickeln<br />

wir laufend weiter und prüfen dazu<br />

alternative Antriebstechnologien und<br />

Mobilitätsmodelle am Markt.<br />

Unsere Highlights im<br />

umweltfreundlichen<br />

Bankbetrieb:<br />

Energetisch optimierte Gebäude sind<br />

der wichtigste Hebel für einen nachhaltigen<br />

Bankbetrieb. Bei Bau- und<br />

Renovierungsmaßnahmen achtet die<br />

HypoVereinsbank daher konsequent<br />

auf Energie- und Ressourceneffizienz,<br />

Materialökologie und Gesundheitsaspekte.<br />

Unser Leuchtturmprojekt ist die<br />

Grundsanierung der denkmalgeschützten<br />

Firmenzentrale (HVB-Tower) in München.<br />

Bis 2018 gestalten wir den Turm<br />

und die dazugehörigen Flachbauten zu<br />

einem „Green Building“ gemäß dem<br />

international anerkannten Standard<br />

Leadership in Energy & Environmental<br />

Design (LEED) um. Wichtige Aspekte<br />

dabei sind die Erneuerung der Fassade<br />

nach den neuesten Wärmeschutzstandards<br />

sowie Energie- und Wassereffizienz.<br />

Ressourceneffizienz durch Green IT<br />

Mobilität ist für die Geschäftstätigkeit<br />

der HypoVereinsbank unabdingbar. Um<br />

unsere Reisetätigkeit so ökologisch und<br />

effizient wie möglich zu planen, haben<br />

wir strenge Reiserichtlinien entwickelt.<br />

So nutzen unsere Mitarbeiter bei einer<br />

Fahrtdauer von unter vier Stunden prinzipiell<br />

die Bahn. Die Anzahl der Flugreisen<br />

konnten wir 2012 so um 50 Prozent<br />

reduzieren. Die CO 2<br />

-Emissionen der verbleibenden<br />

Dienstflüge kompensieren<br />

wir seit Sommer <strong>2013</strong>. Um Dienstreisen<br />

zu vermeiden, forcieren wir seit einiger<br />

Zeit den Einsatz von Videokonferenzen.<br />

Als Anreiz für unsere Mitarbeiter, für<br />

ihren täglichen Arbeitsweg öffentliche<br />

Verkehrsmittel zu nutzen, stellen wir<br />

ihnen in München, Hamburg und Nürnberg<br />

ein Jobticket zur Verfügung.<br />

Mit unserem umweltfreundlichen Flottenmanagement<br />

zählen wir darüber<br />

hinaus zu den Vorreitern in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Unsere Poolfahrzeuge gehören<br />

• 50 % weniger Flugreisen haben<br />

unsere Mitarbeiter 2012 gegenüber<br />

dem Vorjahr unternommen.<br />

• 100 % unseres Stroms beziehen<br />

wir seit 2010 aus erneuerbaren<br />

Quellen, einen kleinen Teil<br />

davon produzieren wir sogar<br />

selbst.<br />

• Rund 70 % CO 2<br />

haben wir<br />

gegenüber 2009 eingespart, davon<br />

gehen 20 % auf das Konto<br />

von Effizienzmaßnahmen und<br />

50 % auf den Bezug von grünem<br />

Strom. Die verbleibenden 30 %<br />

kompensieren wir.<br />

• Gleich dreifach wurde die<br />

HypoVereinsbank 2012 für ihr<br />

ganzheitliches Mobilitätskonzept<br />

ausgezeichnet.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

85


LANXESS<br />

Die Zukunft der Mobilität ist<br />

grün<br />

Mobilität war noch nie so wichtig wie heute. Immer mehr Menschen wollen mobil sein, aber die<br />

Infrastruktur platzt schon jetzt aus allen Nähten – von den Auswirkungen auf die Umwelt nicht<br />

zu reden. Getreu dem Motto: Jeder will zurück zur Natur, aber keiner zu Fuß, gilt es, die Probleme<br />

einer Welt in Bewegung zu verstehen und zu lösen.<br />

Von Axel Vassen und Markus Brückner<br />

Das Statussymbol Auto ist für Mobilitätsforscher<br />

mittlerweile fast zum Synonym<br />

für eine Szenerie geworden, die vom<br />

Aussterben bedroht ist. Aber: „Auch<br />

zwei Milliarden Autos an sich wären<br />

noch keine Katastrophe“, schreibt der<br />

kalifornische Mobilitätsexperte Dan<br />

Sperling in seinem Buch „Two Billion<br />

Cars“. Allerdings müssen dazu die gängigen<br />

Fahrzeugkonzepte grundlegend<br />

überdacht werden. Leicht und umweltverträglich<br />

steht unsichtbar als Devise<br />

über den Reißbrettern der Autohersteller.<br />

Neben dem klassischen Verbrennungsmotor<br />

sind elektromobile Antriebskonzepte<br />

stark im Kommen. Prognosen<br />

zufolge werden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor<br />

2025 zwar immer noch für<br />

50 Prozent des Umsatzes in der Branche<br />

sorgen, aber bereits ein Anteil von<br />

zehn Prozent des Neufahrzeugabsatzes<br />

soll dann auf Elektroautos entfallen<br />

und ganze 40 Prozent auf Hybridfahrzeuge.<br />

Diese Verschiebungen werden<br />

die aktuelle Wertschöpfungskette des<br />

Mobilitätssektors nicht nur für Erstausrüster<br />

und Zulieferer, sondern auch<br />

für Stromversorger und Drittanbieter<br />

verändern.<br />

Zunehmend an Bedeutung gewinnt<br />

auch der Leichtbau. So sind beispielsweise<br />

technische Kunststoffe ein Material<br />

mit hohem Potenzial, die diesen Trend<br />

weiter unterstützen. Sie bieten aber<br />

nicht nur den Vorteil der Gewichts-<br />

86 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

reduktion, es ergeben sich auch ganz<br />

neue Konstruktions- und Designmöglichkeiten.<br />

Hightech-Materialien für die<br />

Mobilität der Zukunft.<br />

So werden leistungsfähige Kunststoffe<br />

wie Durethan® oder Tepex® von LANXESS<br />

zunehmend im Automobil eingesetzt.<br />

Diese Bauteile halten höchsten Belastungen<br />

stand und sind dabei bis zu 40 Prozent<br />

leichter und auch günstiger. Im Materialmix<br />

von Autos machen Kunststoffe<br />

bereits einen Anteil von bis zu zwanzig<br />

Prozent aus, denn 100 Kilogramm weniger<br />

Gewicht bedeuten eine Kraftstoffersparnis<br />

von bis zu einem halben Liter<br />

und entsprechender CO 2<br />

-Reduktion pro<br />

100 Kilometer. Hartwig Meier, Leiter der<br />

Produkt- und Anwendungsentwicklung<br />

beim LANXESS Geschäftsbereich High<br />

Performance Materials, ist überzeugt:<br />

„Konventionelle Kunststoff-Anwendungen<br />

wie die im Motorraum werden in<br />

Zukunft auf Bauteile übertragen, die<br />

mit den Strukturen von Autos zu tun<br />

haben. Das ist neu, denn sie definieren<br />

die Gesamtleistung eines Autos.“<br />

EU-Reifen-Label hilft bei der<br />

Reifenwahl<br />

Effizient und besonders einfach lässt sich<br />

der Verbrauch vor allen Dingen auch<br />

durch das Umrüsten auf rollwiderstandsarme<br />

Qualitätsreifen, auch „grüne Reifen“<br />

genannt, reduzieren. Hochentwickelte<br />

Kautschuke von LANXESS machen den<br />

„Grünen Reifen“ möglich, mit dem ein<br />

Pkw bis zu sieben Prozent Kraftstoff und<br />

CO 2<br />

sparen kann. Und im Vergleich zu<br />

technischen Lösungen wie etwa einer<br />

Start-Stopp-Automatik lassen sich Reifen<br />

problemlos auch bei Bestandsfahrzeugen<br />

umrüsten.<br />

Der LANXESS-Vorstandsvorsitzende Axel<br />

C. Heitmann betont: „Würden wir von<br />

heute auf morgen bei allen Autos in<br />

Europa die Bereifung auf die besten Produkte<br />

umstellen, könnten allein dadurch<br />

bis zu 15 Milliarden Liter Kraftstoff pro<br />

Jahr eingespart werden.“ Eine Utopie<br />

– aber sie wird zusehends realistischer.<br />

Bisher standen sich Reifeneigenschaften<br />

wie „hohe Bremswirkung“, „lange<br />

Lebensdauer“ und „geringer Rollwiderstand“<br />

entgegen. Moderne Reifen mit<br />

Laufflächen aus Neodym-Performance-<br />

Butadien-Kautschuk haben jedoch den<br />

nötigen Grip und trotzdem einen enorm<br />

niedrigen Rollwiderstand.<br />

Erkennen kann man die rollwiderstandsarmen<br />

am EU-Reifenlabel, das<br />

seit November 2012 auf allen neuen<br />

Reifen beim Kauf zu finden ist. Das Label<br />

bewertet den Spritverbrauch der Pneus<br />

sowie die Nasshaftung (sprich Sicherheit)<br />

von A (optimal) bis G. Zudem gibt es die<br />

Lautstärke des Rollgeräuschs an. „Grüne<br />

Reifen“ erhalten bei Verbrauch und<br />

Sicherheit besonders gute Bewertungen.<br />

Die Kennzeichnung sieht ähnlich aus wie<br />

bei Haushaltsgeräten und hat bei diesen<br />

Geräten dazu geführt, dass Kühlschränke<br />

und Waschmaschinen zu echten Energiesparwundern<br />

geworden sind.<br />

Umrüsten rechnet sich bereits ab<br />

20.000 Kilometer<br />

Wie sehr sich der Wechsel auf solche<br />

grünen Reifen für Autofahrer oder insbesondere<br />

für Fuhrparkbetreiber auszahlt,<br />

zeigt ein Rechenbeispiel auf Grundlage<br />

von Studien der Technischen Universität<br />

München: Bis zu 16.000 Liter Kraftstoff<br />

kann demnach ein Fuhrpark mit 100 Pkw<br />

einsparen durch den Wechsel auf Fabrikate,<br />

die mit einem A beim Spritverbrauch<br />

bewertet werden – bei einer<br />

jährlichen Fahrleistung von 20.000 Kilometern<br />

und einem Verbrauch von sieben<br />

Litern pro Pkw. Umgerechnet ergibt sich<br />

für die Flotte so bei einem Benzinpreis<br />

von 1,60 Euro ein Sparpotenzial von<br />

mehr als 25.000 Euro. Selbst wenn der<br />

Kaufpreis pro „grünem Reifen“ um angenommene<br />

40 Euro höher läge, sind<br />

die Mehrkosten bereits nach gut 12.500<br />

Kilometern wieder eingefahren.<br />

Weiterer positiver Effekt: Auch die Umwelt<br />

profitiert. Die oben genannte Flotte<br />

kann ihren jährlichen CO 2<br />

-Ausstoß um<br />

bis zu 37.000 kg reduzieren. „Grüne<br />

Reifen“ verbessern darüber hinaus die<br />

Fahrsicherheit eines Autos. So lässt sich<br />

mit ihnen der Bremsweg auf nasser Fahrbahn<br />

bei einer Geschwindigkeit von 80<br />

Stundenkilometer um bis zu 19 Meter<br />

verringern – eine Eigenschaft, die in<br />

brenzligen Situationen Leben retten<br />

kann.<br />

Um das CO 2<br />

- und Treibstoffsenkungspotenzial<br />

von Fahrzeugflotten zu berechnen,<br />

hat LANXESS einen Spritspar-<br />

Rechner für Flotten und eine App für<br />

Endverbraucher veröffentlicht, mit denen<br />

das Potenzial von „Grünen Reifen“<br />

ausgerechnet werden kann.<br />

Diese sind kostenlos zu finden unter<br />

http://flotte.green-mobility.de bzw.<br />

http://app.green-mobility.de<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

87


MAN<br />

Mobilität in<br />

Bewegung<br />

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung wird bis 2050 nach UN-Prognosen in Städten wohnen –<br />

das sind geschätzte 6,3 Milliarden Menschen. Bereits heute lebt jede zweite Person im urbanen<br />

Raum. Damit wachsen auch die Herausforderungen für Stadtplaner: Verstopfte Straßen kosten<br />

nicht nur Zeit, Geld und Ressourcen, sondern belasten auch Umwelt und Gesundheit. Der öffentliche<br />

Personennahverkehr ist deshalb ein zentraler Bestandteil der Lebensqualität aller Stadtbewohner.<br />

MAN forscht an flexiblen Verkehrskonzepten für Städte, um Mobilitätskonzepte von<br />

morgen mitzugestalten.<br />

Von Yvonne Benkert<br />

Wachstum mit Verkehrsfolgen<br />

Die Menschen versprechen sich von Städten<br />

mehr Bildungs- und Jobchancen<br />

sowie eine funktionierende Infrastruktur.<br />

Dazu gehören vor allem Mobilitätsangebote,<br />

die ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten<br />

entsprechen. Doch gerade<br />

die erhoffte Mobilität ist angesichts der<br />

explodierenden Einwohnerzahlen keine<br />

Selbstverständlichkeit: In vielen Städten<br />

sind Staus und überfüllte öffentliche<br />

Verkehrsmittel an der Tagesordnung.<br />

Viel Verkehr führt zudem zu hohen<br />

Schadstoffbelastungen, Smog und Lärm.<br />

Darunter leiden Mensch und Natur.<br />

Eine undurchdachte Verkehrsführung<br />

ist nicht nur nervenaufreibend für die<br />

Bevölkerung, sondern auch schädlich<br />

für die lokale Wirtschaft: Metropolen<br />

stehen zunehmend miteinander im<br />

Wettbewerb um Bewohner und Unternehmen.<br />

Busse als smarte Lösung<br />

Die Anforderungen an zukünftige Mobilitätskonzepte<br />

sind hoch: Einwohner<br />

und Besucher möchten sich zeitsparend,<br />

günstig und komfortabel mit sicheren<br />

Fahrzeugen fortbewegen. Zudem soll<br />

die Schadstoff belastung in der Luft so<br />

gering wie möglich sein.<br />

88 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

Wegweisende Lösungen von MAN<br />

Mit dem Lion’s City Hybrid (s. Foto links)<br />

entwickelte MAN einen Bus mit Hybridantrieb.<br />

Diese Technologie speichert die<br />

beim Bremsen entstehende Energie, die der<br />

Bus nutzt, um rein elektrisch und nahezu<br />

geräuschlos anzufahren. Dank dieser Technologie<br />

verbraucht der Lion’s City Hybrid<br />

bis zu 30 Prozent weniger Kraftstoff als ein<br />

herkömmlicher Stadtbus.<br />

Der mit Erdgas angetriebene MAN Lion’s<br />

City CNG-Bus kann auch mit Biogas angetrieben<br />

werden und stößt so bis zu 90 Prozent<br />

weniger CO 2<br />

-Emissionen aus als ein<br />

dieselbetriebenes Fahrzeug.<br />

Die wichtigste Maßnahme zur Verbesserung<br />

der Lebensqualität in Städten<br />

ist deshalb der Ausbau des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs (ÖPNV). Ein erster<br />

Schritt ist der Auf bau eines emissionsarmen<br />

und effizienten Busnetzes.<br />

Denn Busse sind variabel einsetzbar und<br />

insbesondere in Kombination mit umweltschonenden<br />

Antriebstechnologien<br />

eine der effizientesten und saubersten<br />

Lösungen gegen Staus.<br />

Wie Städte funktionieren<br />

Immer mehr Städte setzen insbesondere<br />

auf Schnellbussysteme, auch BRT-Systeme<br />

genannt (Bus Rapid Transit). Diese fahren<br />

in einer hohen Taktfrequenz und verfügen<br />

über optimierte Zu- und Aussteigsysteme.<br />

Durch weitere Vorteile wie separate<br />

Busspuren, Ampelvorrangschaltung und<br />

intelligente Verknüpfungen mit anderen<br />

Verkehrsmitteln können BRT-Lösungen<br />

das Vorankommen zur Hauptverkehrszeit<br />

deutlich beschleunigen. Das entlastet<br />

verstopfte Straßen – ganz ohne teuren<br />

Neu- oder Ausbau des Schienenverkehrs.<br />

Vorbilder weltweit<br />

In der Studie „What Cities Want“ präsentiert MAN gemeinsam<br />

mit der Technischen Universität München<br />

Stadtplanungskonzepte. Dazu wurden 15 internationale<br />

Metropolen über den Aufbau ihrer Infrastruktur sowie<br />

über ihre Mobilitätskonzepte befragt, um herauszufinden,<br />

wie sie mit den wachsenden Einwohnerzahlen und damit<br />

einhergehenden Verkehrsanforderungen umgehen. Dabei<br />

ist „What Cities Want“ nicht als repräsentative Studie<br />

angelegt, sondern stellt die individuellen Lösungskonzepte<br />

der verschiedenen Städte vor.<br />

In der Studie „What Cities Want“ (siehe<br />

Kasten) untersuchte MAN, wie moderne<br />

Strategien für die Verkehrsplanung weltweit<br />

aussehen. Der Ausbau des Busnetzes<br />

ist in vielen Städten ein wichtiger Baustein<br />

im Verkehrsnetz. Beispielsweise hat São<br />

Paulo neben einem U- und S-Bahnnetz ein<br />

System von Schnellbussen mit eigenen<br />

Busspuren (BRT) aufgebaut, um Lärm,<br />

Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen<br />

zu senken. Zusätzlich soll der<br />

rund 15.000 Fahrzeug starke Busfuhrpark<br />

bis 2018 ausschließlich aus Bussen bestehen,<br />

die mit erneuerbaren Energien wie<br />

Biodiesel oder Ethanol betrieben werden.<br />

Bis zum Jahr 2012 wurden bereits 2.500<br />

Dieselfahrzeuge ersetzt. Die Reduktion der<br />

CO 2<br />

-Emissionen für das Jahr 2012 wird auf<br />

rund 10.700 Tonnen pro Monat geschätzt.<br />

Die Einwohner Münchens nutzen im<br />

Berufsverkehr bereits für über 40 Prozent<br />

der Wege öffentliche Transportmittel.<br />

Grund dafür ist ein hervorragend ausgebautes<br />

Netz des ÖPNV, in dem auch der<br />

Ein zentrales Ergebnis der Studie: Obwohl jede Stadt einmalig ist, sind die<br />

Wirkmechanismen und Einflussfaktoren auf das System städtische Mobilität<br />

vergleichbar. Verkehrs- und Stadtplaner können so an Stellschrauben wie<br />

Sicherheitsempfinden oder Weglängen drehen und das Mobilitätssystem einer<br />

Stadt entscheidend verbessern.<br />

MAN Lion’s City Hybridbus eingesetzt<br />

wird. Die bayrische Landeshauptstadt will<br />

durch verschiedene Maßnahmen noch<br />

mehr Menschen dazu animieren, auf Bus<br />

und Bahn umzusteigen. Dafür werden<br />

beispielsweise Buslinien beschleunigt<br />

und eine Umweltzone für Pkw-Fahrer<br />

in der Innenstadt eingerichtet.<br />

Mobilität für alle<br />

Die Verkehrsführung in Metropolen ist<br />

komplex: Zahlreiche Komponenten und<br />

Verkehrsteilnehmer müssen berücksichtigt<br />

werden. Im Verbundprojekt UR:BAN<br />

haben sich 30 Partner aus verschiedenen<br />

Branchen, Forschungseinrichtungen<br />

und Städten zusammengeschlossen, um<br />

benutzergerechte Fahrerassistenz- und<br />

Verkehrsmanagementsysteme für die<br />

Stadt von morgen zu entwickeln. MAN<br />

ist Teil dieser Forschungsinitiative, die<br />

die vielen unterschiedlichen Rollen<br />

des Menschen im Verkehrssystem als<br />

Fahrer, Radfahrer oder Fußgänger untersucht.<br />

Eines ist sicher: Ein schnelles<br />

und komfortables Angebot des ÖPNV<br />

nutzen Stadtbewohner auf der ganzen<br />

Welt und lassen dafür ihr Auto öfter<br />

stehen. Damit entsteht mehr Raum für<br />

sichere Fußgänger- und Fahrradwege.<br />

MAN treibt an<br />

Die beiden globalen Megatrends Urbanisierung<br />

und Klimawandel kommen<br />

insbesondere in Metropolen zum Tragen.<br />

Einige dieser Städte haben sich<br />

ehrgeizige Klimaziele gesetzt: Die dänische<br />

Hauptstadt Kopenhagen plant bis<br />

2025 CO 2<br />

-neutral zu sein; München will<br />

seine Klima-Emissionen bis 2030 um<br />

50 Prozent gegenüber 1990 reduzieren.<br />

Städte übernehmen zunehmend selbst<br />

Verantwortung und werden zu aktiven<br />

Treibern im Klimaschutz.<br />

„MAN antwortet auf diese Megatrends<br />

mit Innovationen für die Mobilität in<br />

Megacities – sowohl für den Güter- als<br />

auch für den Personenverkehr“, erklärt<br />

Jochen Schumm, Personalvorstand der<br />

MAN SE und verantwortlich für Corporate<br />

Responsibility. „Dafür müssen wir<br />

jedoch verstehen, was die logistischen<br />

Anforderungen der Städte sind und wie<br />

das Mobilitätsverhalten der Menschen<br />

ist.“ MAN forscht an den Lösungen von<br />

morgen und bleibt so Treiber für zukunftsfähige<br />

Strukturen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

89


Mediengruppe MACONDO<br />

Projekt Togo – Klimaschutz<br />

mit sozialem Mehrwert<br />

Nicht vermeidbare CO 2<br />

-Emissionen können durch Kompensationen in Klimaschutzprojekte<br />

klimaneutral gestellt werden. Die Mediengruppe macondo nutzt dazu ein Projekt in Togo,<br />

weil hier neben Umweltaspekten auch die nachhaltige Entwicklung der gesamten Region einbezogen<br />

wird.<br />

Von Dr. Elmer Lenzen<br />

Für uns als Mediengruppe macondo ist<br />

es eine Frage unseres bürgerschaftlichen<br />

Selbstverständnisses und auch unserer<br />

unternehmerischen Glaubwürdigkeit,<br />

dass wir neben wirtschaftlichem Denken<br />

auch die Interessen von Mensch und<br />

Natur beachten. Unser Umweltschutzengagement<br />

umfasst vor allem diese<br />

drei Bereiche:<br />

Ökostrom: Der Stromverbrauch der<br />

Mediengruppe macondo speist sich zu<br />

100 Prozent aus regenerativen Energien.<br />

Das gilt sowohl für den Stromverbrauch<br />

am Firmensitz als auch für den Energiebedarf<br />

in unseren Rechenzentren.<br />

Dadurch sind alle Online-Auftritte der<br />

Mediengruppe macondo nachhaltig. Zudem<br />

haben wir darauf geachtet, dass<br />

die Angaben unserer Energiepartner<br />

TÜV-zertifiziert sind.<br />

Nachhaltiger Papierverbrauch: Bereits seit<br />

2006 wird bei allen hauseigenen Publikationen,<br />

aber auch beim alltäglichen<br />

Papierverbrauch im Büro ausschließlich<br />

Recycling-Papier oder FSC-zertifiziertes<br />

Papier genutzt.<br />

Klimaneutraler Druck: Nicht alle Emissionen<br />

können vermieden werden. Aber<br />

sie können dann zumindest kompensiert<br />

werden. Alle unsere hauseigenen<br />

Verlagsprodukte werden zu 100 Prozent<br />

klimaneutral produziert. Sie sind mit<br />

dem Gold Standard zertifiziert und bieten<br />

höchste Sicherheit und Glaubwürdigkeit.<br />

1.000 Hektar Wald als CO 2<br />

-Speicher<br />

Ein solches Klimakompensations-Projekt<br />

ist das „Projekt Togo“. Das besondere an<br />

diesem Projekt ist, dass es die tatsächliche<br />

CO 2<br />

-Bindung durch die Aufforstung<br />

einer 1.000 ha großen Naturschutzzone<br />

mit lokalem entwicklungspolitischem<br />

Engagement in den Bereichen Energie,<br />

Wasser, Gesundheit, Bildung und Soziales<br />

verbindet. Initiator des Projekt<br />

Togo ist natureOffice, ein Anbieter, der<br />

sich auf die Kompensation von CO 2<br />

-<br />

90 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

Emissionen spezialisiert hat. Fachkundiger<br />

Partner und verantwortlich für die<br />

Durchführung vor Ort ist die renommierte<br />

französische NGO „Action Durable“.<br />

Andreas Weckwert, Geschäftsführer von<br />

natureOffice, sagt: „Ein Klimaschutzprojekt<br />

muss mehr leisten, als die Atmosphäre<br />

schützen. Um nachhaltig zu<br />

wirken, muss es auch für die Menschen<br />

da sein. Projekt Togo engagiert sich für<br />

Umwelt und Klima ebenso wie für die<br />

Bevölkerung: Es verbessert die Lebensbedingungen<br />

in der Arbeitsregion und<br />

bietet den Käufern von Klimazertifikaten<br />

Transparenz in allen Projektphasen.“<br />

Die Mediengruppe macondo unterstützt<br />

das Projekt Togo seit 2010 finanziell im<br />

Rahmen der Klimaneutralstellung ihrer<br />

Druckerzeugnisse im Geschäftsbereich<br />

Verlag.<br />

Ausschlaggebend für die Wahl dieses<br />

Projektes war für uns der ganzheitliche<br />

klima- und entwicklungspolitische<br />

Ansatz sowie die Zertifizierung der Leistungen<br />

nach derzeit höchstem Standard.<br />

So erfüllt das Projekt Togo sowohl den<br />

Gold Standard als auch den CarbonFix<br />

Standard. Damit wird sichergestellt,<br />

dass die berechnete CO 2<br />

-Bindung auch<br />

tatsächlich stattfindet und ebenso die<br />

Zusatzkriterien verbindlich eingehalten<br />

werden. Die Standards orientieren<br />

sich hierbei an den Richtlinien des Kyoto<br />

Protokolls. Um Risikofaktoren wie<br />

Waldbrände oder Schädlingsbefall hinreichend<br />

abzusichern, verpflichtet sich<br />

natureOffice außerdem, 30 Prozent der<br />

generierten CO 2<br />

-Zertifikate in einen Sicherungsfond<br />

zu leiten. Die Überprüfung<br />

der sachgemäßen Umsetzung erfolgt<br />

durch den TÜV Süd. Das Klimaschutzprojekt<br />

hat eine Laufzeit von 30 Jahren<br />

und wird gemeinsam mit der lokalen<br />

Bevölkerung umgesetzt. Aktuell befindet<br />

sich das Projekt in der Prävalidierung.<br />

Im Rahmen des Klimaschutzprojektes<br />

werden 1.000 ha reine Naturschutzzone<br />

wieder aufgeforstet. Dabei werden<br />

bisher ungenutzte Brachflächen, die<br />

früher schon einmal bewaldet waren,<br />

mit einheimischen Baumarten wie dem<br />

Gmelin, Neem, Anakardium und Famboyant<br />

aufgeforstet. Voraussetzung ist,<br />

dass die Brachflächen bereits vor Jahrzehnten<br />

abgeholzt wurden, um nicht die<br />

Zerstörung intakter Baumbestände zu<br />

finanzieren. Die Pflanzung der Stecklinge<br />

erfolgt nach einem Plan, um Erosionsschäden<br />

zu verringern, das Mikroklima<br />

zu verbessern und Schutzräume für die<br />

Tierwelt zu schaffen. Nach dem Aufbau<br />

der Baumschulen und der Pflanzung<br />

der Bäume wird das Areal durch ausgebildete<br />

Forstmitarbeiter überwacht. Zu<br />

deren Aufgabe zählt unter anderem die<br />

Wachstumsüberwachung, die Dokumentation<br />

von Schädlings- und Krankheitsbefall<br />

sowie deren Beseitigung. Derzeit<br />

arbeitet das Projekt in der Region Argu<br />

in der Ortschaften Fokpo. Abuzokope<br />

in der Nähe von Agotimé wird gerade<br />

aufgebaut. In 2014 sollen weitere Flächen<br />

im Norden (Kara) hinzu kommen.<br />

Projekt Togo soll sich – wie der Name<br />

schon sagt – auf ganz Togo ausweiten<br />

und die Entwicklung im gesamten Land<br />

unterstützen. „Vorrangig werden soziale<br />

Projekte in Regionen durchgeführt, die<br />

an der Aufforstung beteiligt sind,“ heißt<br />

es dazu bei natureOffice.<br />

Nachhaltigkeit in fünf<br />

Handlungsfeldern<br />

Langfristig bietet das Projekt Togo den<br />

Bewohnern vor Ort nur eine limitierte<br />

Anzahl an Arbeitsplätzen. Zum Beispiel<br />

beim Anpflanzen der Bäume und später<br />

im Rahmen der fortwirtschaftlichen<br />

Überwachung. Um die Region darüber<br />

hinaus zu entwickeln, prüfen die Projektverantwortlichen<br />

verschiedene Ansätze<br />

zur Schaffung von Arbeitsplätzen – vor<br />

allem in der Landwirtschaft – sowie<br />

zum Ausbau der Infrastruktur in den<br />

Bereichen Wasser, Bildung, Energie und<br />

Gesundheit. Ziel ist es, eine nachhaltige<br />

Entwicklung in fünf Handlungsfeldern<br />

anzustoßen:<br />

Verkehrsanbindung: Um weitere Arbeitsplätze<br />

zu schaffen und die lokale Wirtschaft<br />

anzukurbeln, wird die Verbindungsstraße<br />

von Fokpo nach Kyalimér<br />

ausgebaut.<br />

Energieversorgung: In Fokpo gibt es keinen<br />

Strom. Dabei wird dieser dringend<br />

benötigt, u.a. für die Schule und für<br />

den Betrieb einer Elektropumpe für den<br />

Brunnen. Dazu sollen zunächst an verschiedenen<br />

Punkten im Dorf Solarzellen<br />

installiert werden.<br />

Bildung: Im Rahmen des Projektes entsteht<br />

daher nun ein neues Schulgebäude<br />

mit drei Klassenzimmern und einer<br />

ausreichend großen Toilettenanlage.<br />

Gesundheit: Bau eines Gesundheitszentrums,<br />

um ca. 500 Personen medizinisch<br />

zu betreuen.<br />

Wasserversorgung: In der Ortschaft Dany<br />

Gaby beispielsweise leben mehr als<br />

1.200 Menschen ohne direkten Wasseranschluss.<br />

Das Projekt Togo sorgt dafür,<br />

dass die Menschen dort künftig ihren<br />

eigenen Brunnen haben.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

91


WEIDMÜLLER<br />

Die Produktionshalle<br />

als „Passivhaus“<br />

Von Klaus Hübscher<br />

Nicht nur bei den Produkten und Lösungen von Weidmüller wird Wert auf höchste Energieeffizienz<br />

und Ressourcenschonung gelegt. Auch in den eigenen Produktionsprozessen und bei<br />

der Infrastruktur der Gebäude und Querschnittstechnologien setzt der Elektrotechnikspezialist<br />

mit Hauptsitz in Detmold auf Nachhaltigkeit. Denn Energieeffizienz beginnt weit vor der<br />

Steckdose.<br />

Energie- und Ressourceneffizienz sind<br />

bei Weidmüller nicht dem aktuellen<br />

Zeitgeist geschuldet, sondern seit vier<br />

Jahrzehnten gelebte Praxis: „Wir sind<br />

uns unserer Verpflichtung und Verantwortung<br />

gegenüber den nachfolgenden<br />

Generationen bewusst“, so Vorstandssprecher<br />

Dr. Peter Köhler. „Dieses beeinflusst<br />

seit vielen Jahren unser unternehmerisches<br />

Handeln auf allen Ebenen,<br />

von der Inhaberfamilie über Vorstand<br />

und Führungskräfte bis hin zu den Kolleginnen<br />

und Kollegen in Verwaltung<br />

und Produktion.“<br />

Auch in der eigenen Produktion hat<br />

Weidmüller hohe Ansprüche an die<br />

Nachhaltigkeit. Was in den 70er-Jahren<br />

mit ersten Lärmschutzmaßnahmen in<br />

Stanzerei und Montage begann, wurde<br />

seither konsequent weiterentwickelt:<br />

Wärmerückgewinnungssysteme, Druckluftverbundsteuerungen,<br />

elektronische<br />

Vorschaltgeräte, aber auch ein feingliedriges<br />

Umweltmanagement bis hin zur<br />

strukturierten Abfallsortierung und vieles<br />

mehr sind bei Weidmüller seit langer Zeit<br />

Standard. So hat Weidmüller bereits Ende<br />

der 1990er Jahre für alle Betriebsstätten<br />

am Standort Detmold eine flächendeckende<br />

Gebäudeleittechnik (GLT) installiert.<br />

Über diese können Haustechnik wie Heizungen,<br />

Lüftungen usw. bedarfsgerecht<br />

und damit energieeffizient gesteuert werden.<br />

Seit 2009 hat das Unternehmen ein<br />

technisches Energiemanagement-System<br />

(EnMS) konsequent auf- und ausgebaut,<br />

um Energieflüsse und -verbräuche (z. B.<br />

Strom, Wärme, Kälte und Druckluft) zu<br />

dokumentieren. Ein Aufwand, der sich<br />

lohnt: „Mit jedem Schritt, den wir in Richtung<br />

Energieeffizienz in der Produktion<br />

unternommen haben, haben wir dazu<br />

gelernt“, erläutert Köhler. „Diese Erfahrungen<br />

und Erkenntnisse wurden auch<br />

bei der Planung und Realisierung der<br />

neuen Produktionshalle ‚Niemeierstraße‘<br />

berücksichtigt.“<br />

Der Neubau der Produktionshalle „Niemeierstraße“<br />

wurde ohne eigenständige<br />

Heizungsanlage konzipiert: „Als Wärmequellen<br />

dient die Abwärme der Produktionsmaschinen,<br />

der Kompressoren<br />

und der Kälteanlage“, erklärt Helene<br />

Derksen-Riesen, Leiterin internationales<br />

Gebäude- und Energiemanagement<br />

bei Weidmüller. „In bestimmten Fällen,<br />

z. B. in produktionsfreien Zeiten, kann<br />

die Halle bei Bedarf über die Heizungsanlage<br />

eines Nachbargebäudes grundversorgt<br />

werden.“ Der Bau der neuen<br />

Produktionshalle wurde auf Basis der<br />

aktuellen Energieeinsparverordnung<br />

geplant und im Frühjahr 2011 fertig gestellt.<br />

„Nach der Energieeinsparverordnung<br />

darf die Halle pro Quadratmeter<br />

403 kWh Energie im Jahr verbrauchen“,<br />

so Derksen-Riesen. „Laut ausgestelltem<br />

Energieausweis benötigt sie lediglich<br />

187 kWh / m 2 pro Jahr.“ Möglich machen<br />

dies zusätzlich eingesetzte moderne Baustoffe,<br />

abgestimmte Bodenisolierungen so-<br />

92 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Umweltschutz<br />

wie effiziente Lichtbänder und gedämmte<br />

Fenster. Durch die zusätzliche Nutzung<br />

der Abwärme der Produktionsmaschinen,<br />

Kompressoranlage und Kältemaschine<br />

wurde 2012 sogar ein Verbrauchswert<br />

von nur 22 kWh pro Quadratmeter und<br />

Jahr erreicht: „Gegenüber der Energieeinsparverordnung,<br />

die schon sehr hohe<br />

Anforderung an die Effizienz stellt, entspricht<br />

dies eine Unterschreitung des<br />

gesetzlich zulässigen Energieverbrauchs<br />

um 94 Prozent“, erklärt Derksen-Riesen<br />

stolz. „Jährlich werden allein durch diese<br />

Maßnahme 838 Tonnen CO 2<br />

eingespart.“<br />

Die Einsparung entspricht dem CO 2<br />

-Ausstoß<br />

von rund 320 Mittelklasse-Pkw. „In<br />

Frühling und Herbst wird außerdem auch<br />

ein angeschlossenes Produktions- und<br />

Verwaltungsgebäude über die Abwärme<br />

der Produktionsmaschinen mitversorgt“,<br />

berichtet Derksen-Riesen.<br />

Weitere Maßnahmen ergänzen die Energieeffizienz<br />

der Produktionshalle: Im<br />

Freibereich werden die Fahrrampen für<br />

Gabelstapler und Lkw in den Wintermonaten<br />

mittels Warmwasser aus dem<br />

Wärmerückgewinnungssystem eisfrei<br />

gehalten. In der Vergangenheit wurden<br />

solche Systeme elektrisch betrieben, ein<br />

bis zu doppelter CO 2<br />

-Ausstoß war die<br />

Folge. Um die Verluste von Transformatoren<br />

und Stromleitungen zu reduzieren,<br />

wurden Effizienztransformatoren<br />

eingesetzt, zusätzlich wurden die<br />

Standorte der Transformatoren in die<br />

direkte Nähe zu den Stromverbrauchern<br />

versetzt. Dadurch konnten verlustreiche<br />

Niederspannungs-Leitungen verkürzt<br />

und verlustärmere Mittelspannungskabel<br />

verlängert werden. Hieraus ergibt sich<br />

eine weitere Verbrauchsreduzierung zwischen<br />

drei und fünf Prozent: „Bei allen<br />

verbauten technischen Komponenten<br />

wie Motoren, Pumpen, Ventilatoren oder<br />

der Beleuchtung wurden moderne energieeffiziente<br />

Komponenten eingesetzt“,<br />

weiß Derksen-Riesen zu berichten. „Das<br />

Gesamtpakt ‚Strom‘ schafft damit eine<br />

Einsparung von ca. 730.000 kWh pro<br />

Jahr, was zusätzlichen 365 Tonnen CO 2<br />

gegenüber der konventionellen Bauweise<br />

und Einrichtung entspricht.“<br />

Bei Weidmüller ist man stolz auf das<br />

bisher Geleistete und nicht nur dort: Im<br />

Frühjahr <strong>2013</strong> wurde das Unternehmen<br />

von Bundeswirtschaftsminister Philipp<br />

Rösler und Bundesumweltminister Peter<br />

Altmaier als „Klimaschutzunternehmen“<br />

ausgezeichnet. In Sachen Energieeffizienz<br />

beschreitet Weidmüller den Weg auch<br />

zukünftig konsequent weiter: „Aktuell<br />

arbeiten wir am Ausbau der Verbrauchserfassung<br />

bei den Produktionsmaschinen<br />

bis in kleinste Ebenen“, so Derksen-Riesen.<br />

„Ziel ist die Ermittlung der Verbrauchswerte<br />

einzelner Maschinen, um in Zukunft<br />

unsere Prozesse energetisch noch effizienter<br />

gestalten zu können.“ Hierfür wurde<br />

mit dem Weidmüller „Power Monitor“<br />

eigens ein Messgerät entwickelt und auf<br />

den Markt gebracht, das aktuell bereits<br />

in der eigenen Produktion mit großem<br />

Erfolg eingesetzt wird.<br />

Mit Blick auf einen nachhaltigen Austausch<br />

teilt Weidmüller sein Wissen,<br />

seine Erfahrungen und seine Lösungen<br />

auch mit anderen Unternehmen<br />

und engagiert sich seit vielen Jahren<br />

in unterschiedlichen Netzwerken. Die<br />

Produktionshalle als „Passivhaus“ ist für<br />

Weidmüller aktuell das größte realisierte<br />

Energieeffizienz- bzw. Klimaschutz-Einzelprojekt<br />

mit der höchsten CO 2<br />

-Einsparung<br />

pro Jahr. Trotzdem ist dieses Projekt<br />

nur ein Baustein der übergeordneten<br />

Nachhaltigkeitsstrategie: „Die Halle wird<br />

von Weidmüller ausdrücklich nicht als<br />

Leuchtturm-Projekt angesehen, sondern<br />

ist ein Teilbereich des Gesamtpakets<br />

unserer Nachhaltigkeitsstrategie“, erklärt<br />

Dr. Peter Köhler. „Eingesetzt wurden<br />

ausschließlich Komponenten, die hocheffizient,<br />

aber dennoch schon heute<br />

Stand der Technik sind. Bei Planung und<br />

Umsetzung wurde Wert auf die sofortig<br />

Reproduzierbarkeit aller Maßnahmen<br />

gelegt.“ Damit schafft Weidmüller Lösungen,<br />

die auch anderen Unternehmen<br />

helfen, ihre Produktion energieeffizient<br />

aufzustellen, und agiert somit gleich im<br />

doppelten Sinne nachhaltig.<br />

Für Dr. Peter Köhler, Vorstandssprecher,<br />

ist die Halle Teil des Gesamtpakets der<br />

Nachhaltigkeitsstrategie von Weidmüller.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

93


METRO GROUP<br />

Korruptionsprävention<br />

in der METRO GROUP<br />

Innerhalb der METRO GROUP ist grundsätzlich jede Form von Korruption verboten. Dies gilt für<br />

die Anbahnung, Begründung oder Pflege von Geschäftsbeziehungen ebenso wie für den Umgang<br />

mit Amtspersonen. Um die Einhaltung der Grundsätze von Rechtstreue, Integrität und Transparenz<br />

im Verhältnis zu einer Vielzahl von Geschäftspartnern und Amtspersonen zu gewährleisten,<br />

hat das Unternehmen in erster Linie Maßnahmen zur Vorbeugung von Korruption entwickelt.<br />

Darüber hinaus unterstreicht die Unternehmensführung die hohe Bedeutung des Themas regelmäßig<br />

durch klare Botschaften. Zuletzt hat Olaf Koch, CEO der METRO GROUP, anlässlich des<br />

„Compliance Day <strong>2013</strong>“ in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter erneut hervorgehoben, dass<br />

Compliance fester Teil der Unternehmensstrategie ist.<br />

Von Dr. Dirk Christoph Schautes<br />

Um die Mitarbeiter bei der Einhaltung<br />

dieser Regeln zu unterstützen, wurde ein<br />

konzernweites Compliance Management<br />

System etabliert. Allen Mitarbeitern, die<br />

im Rahmen ihrer täglichen Arbeit mit<br />

Amtspersonen oder Geschäftspartnern<br />

umgehen, wurden hierfür spezifische<br />

Anti-Korruptions-Richtlinien an die Hand<br />

gegeben. Diese Richtlinien bauen auf die<br />

bereits seit 2006 geltenden Geschäftsgrundsätze<br />

der METRO GROUP auf. Ergänzt<br />

werden diese Regelungen durch die<br />

Spenden & Sponsoring-Richtlinie sowie<br />

die Richtlinie zur Beauftragung externer<br />

Berater, welche konzernweit gültig und<br />

für jeden Mitarbeiter verbindlich sind.<br />

Bei einem international agierenden Handelskonzern<br />

wie der METRO GROUP stellt<br />

sich außerdem die Herausforderung, die<br />

kulturellen Besonderheiten der lokalen<br />

Märkte angemessen zu reflektieren. Die<br />

Anti-Korruptions-Richtlinien öffnen sich<br />

daher dem jeweils geltenden lokalen<br />

Recht und den lokalen Gepflogenheiten<br />

an den internationalen Konzernstandorten.<br />

So ist das Gewähren oder Empfangen<br />

von Geschenken oder Einladungen<br />

durch oder von Mitarbeitern der METRO<br />

GROUP beispielsweise nur dann zulässig,<br />

wenn diese angemessen, bargeldlos<br />

und von geringem Wert sind sowie<br />

dem jeweiligen lokalen Recht und den<br />

lokalen Gepflogenheiten entsprechen.<br />

Verantwortlich für die Sicherstellung von<br />

Compliance ist jeweils die Geschäftsführung<br />

einer Konzerngesellschaft. Zu dieser<br />

Verantwortung gehört auch, in begründeten<br />

und dokumentierten Entscheidungen<br />

die weiteren vorbeugenden Maßnahmen<br />

der Anti-Korruptions-Richtlinien auf die<br />

lokale Risikosituation anzupassen und<br />

umzusetzen.<br />

Damit die Mitarbeiter die Anforderungen<br />

erfüllen können, werden verschiedene<br />

Schulungs- und Kommunikationsformate<br />

genutzt, welche die Geschäftsgrundsätze<br />

und Unternehmensrichtlinien<br />

anschaulich erläutern. Darüber hinaus<br />

unterstützen lokale Compliance Officer<br />

94 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Anti-Korruption<br />

die Mitarbeiter mit verpflichtenden<br />

Schulungen und Beratungen dabei, die<br />

Richtlinien und Standards sowie die daraus<br />

resultierenden Pflichten zu erfüllen.<br />

Insgesamt wurden bis Ende 2012 bereits<br />

über 10.000 Mitarbeiter konzernweit<br />

im Rahmen von Präsentationstrainings<br />

geschult. Unterstützend wirkt seit Ende<br />

2012 eine international eingesetzte<br />

E-Training-Plattform, welche computergestützte<br />

Schulungen ermöglicht.<br />

Um die Themen Compliance und Korruptionsprävention<br />

im Bewusstsein der<br />

Mitarbeiter präsent zu halten und sie<br />

für die mit Verstößen verbundenen Risiken<br />

zu sensibilisieren, wird jährlich<br />

ein konzernweiter “Compliance Day“<br />

organisiert. Dieser Tag dient vor allem<br />

dazu, das Verantwortungsbewusstsein<br />

der Führungskräfte und Mitarbeiter<br />

mit interaktiven Formaten zu stärken.<br />

Zusätzlich erhalten die Mitarbeiter regelmäßig<br />

den unternehmensinternen<br />

Compliance-Newsletter “Right!“.<br />

Im Umgang mit Geschäftspartnern<br />

wurden Standards eingeführt, welche<br />

Transparenz fördern und Bestechlichkeit<br />

und Vorteilsnahme vorbeugen. So<br />

soll die Geschäftsführung jeder MET-<br />

RO GROUP Gesellschaft sicherstellen,<br />

dass standardisierte Ausschreibungsverfahren<br />

durchgeführt werden, bevor<br />

eine Geschäftsbeziehung zu einem<br />

Geschäftspartner begründet wird oder<br />

bestehende Geschäftsbeziehungen ausgebaut<br />

werden. Teil dieses Verfahrens<br />

ist die Durchführung eines Compliance<br />

Checks des Geschäftspartners, welcher<br />

auf einer Selbstauskunft basiert. In<br />

definierten Risikobereichen ist diese<br />

Überprüfung verpflichtend. Treten bei<br />

der Beantwortung der Fragen Unregelmäßigkeiten<br />

auf oder werden relevante<br />

Fragen nicht beantwortet, ist der<br />

METRO-Mitarbeiter angehalten, diese<br />

Unregelmäßigkeiten seinem Vorgesetzten<br />

und dem zuständigen Compliance<br />

Officer anzuzeigen. Weiterhin ist zu<br />

entscheiden, ob trotz der Bedenken<br />

eine Geschäftsbeziehung begründet<br />

werden kann, etwa weil fehlende Informationen<br />

anderweitig beschafft und<br />

Bedenken ausgeräumt werden können.<br />

In Fällen, in denen Bedenken nicht ausgeräumt<br />

werden können, beispielsweise<br />

weil der Eigentümer der Gesellschaft<br />

nicht offen gelegt wird, werden auch<br />

bereits bestehende Geschäftsbeziehungen<br />

beendet.<br />

Damit die Anti-Korruptions-Verpflichtung<br />

in jeder Vertragsbeziehung zu einem<br />

Geschäftspartner berücksichtigt<br />

wird, muss die Geschäftsführung jeder<br />

Konzerngesellschaft sicherstellen, dass<br />

in den entsprechenden Verträgen eine<br />

standardisierte Anti-Korruptions-Klausel<br />

enthalten ist. Diese begründet auch ein<br />

Kündigungsrecht für den Fall, dass hiergegen<br />

verstoßen wird.<br />

Für tendenziell korruptionsanfällige<br />

Geschäftsbereiche sind die Geschäftsführungen<br />

der Konzerngesellschaften<br />

angehalten, ein internes System für<br />

regelmäßige Arbeitsplatzwechsel („Job<br />

Rotation“) einzuführen. In verschiedenen<br />

Landesgesellschaften werden solche<br />

Job Rotationen bereits systematisch<br />

durchgeführt, wie etwa in der Einkaufsorganisation<br />

von METRO Cash & Carry<br />

in China.<br />

Aufgrund der anders gelagerten Risikolage<br />

unterscheiden sich die Standards,<br />

die im Kontakt zu Amtspersonen einzuhalten<br />

sind, von den Anforderungen<br />

im Umgang mit Geschäftspartnern. Daher<br />

wird zunächst die Gruppe der Führungskräfte<br />

und Mitarbeiter innerhalb<br />

der einzelnen Konzerngesellschaften,<br />

die berechtigt sind, die Gesellschaft gegenüber<br />

Amtspersonen zu vertreten,<br />

klar begrenzt. Dies gilt nicht nur für<br />

die Hauptverwaltung, sondern auch<br />

für die Märkte. Nach dem Vier-Augen-<br />

Prinzip ist zudem vorgesehen, dass für<br />

den Geschäftskontakt mit Amtspersonen<br />

ein weiterer Berechtigter aus dem<br />

Unternehmen hinzugezogen wird. Bei<br />

besonders risikoreichen Vorhaben, wie<br />

dem Einsatz von externen Beratern oder<br />

der Begründung eines Joint Ventures mit<br />

einem lokalen Partner, ist außerdem<br />

stets der zuständige Compliance Officer<br />

einzubinden.<br />

Maßgeblich für den Erfolg der Bemühungen<br />

zur Korruptionsprävention ist<br />

grundsätzlich ein positives Geschäftsumfeld.<br />

Ein solches wird unter anderem<br />

durch so genannte “collective action“-<br />

Initiativen, wie die von Bundesregierung<br />

und Wirtschaft angestoßene “Alliance<br />

for Integrity“, eingefordert und unterstützt.<br />

Die „Alliance for Integrity“, die<br />

von der Deutschen Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit (GIZ), dem<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk als auch<br />

von zahlreichen international tätigen<br />

deutschen und indischen Wirtschaftsunternehmen<br />

getragen wird, tritt für<br />

saubere Geschäftspraktiken und einen<br />

fairen Wettbewerb ein. Pilotland der<br />

Initiative ist Indien. Auch die METRO<br />

GROUP unterstützt und gestaltet die<br />

Initiative mit.<br />

In Indien werden nach der Auftaktkonferenz<br />

im November <strong>2013</strong> unter anderem<br />

Schulungsmaßnahmen für kleine<br />

und mittelständische Unternehmen zu<br />

Compliance und Korruptionsprävention<br />

erarbeitet, um auf diese Weise an der<br />

kontinuierlichen Weiterentwicklung<br />

der Compliance Kultur in Staat und Unternehmen<br />

mitzuwirken.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

95


Good Practice<br />

Darüber hinaus verfolgt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

zwei sich ergänzende Ziele:<br />

96 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

CSR Management<br />

98<br />

100<br />

102<br />

104<br />

106<br />

108<br />

BASF<br />

DAW<br />

Deutsche Bahn<br />

Deutsche Telekom<br />

EY<br />

Forest Carbon Group<br />

Entwicklung & Partnerschaft<br />

110<br />

HOCHTIEF<br />

1) Die zehn Prinzipien sollen zu einer Selbstverständlichkeit<br />

innerhalb von Geschäftstätigkeiten auf der ganzen Welt<br />

werden.<br />

2) Entwicklung von Maßnahmen zur Unterstützung darüber<br />

hinausgehender UN-Ziele wie etwa die Millenniums-<br />

Entwicklungsziele (MDGs)<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

97


BASF<br />

Kooperation zwischen<br />

BASF und European Water<br />

Partnership zu nachhaltigem<br />

Wassermanagement<br />

Wasser ist eine unentbehrliche Ressource für die Menschheit genauso wie für die chemische<br />

Industrie. BASF setzt Wasser als Kühl-, Löse- und Reinigungsmittel sowie als Bestandteil von<br />

Produkten ein. Auf der anderen Seite bietet BASF ihren Kunden Lösungen an, die dabei helfen,<br />

Wasser zu reinigen, effizienter zu nutzen und Verschmutzungen zu verringern. Um diese<br />

Lösungen weiterzuentwickeln, arbeitet BASF eng mit verschiedenen Fachkreisen zusammen.<br />

Der nachhaltige Umgang mit Wasser ist hierbei von besonderer Bedeutung.<br />

Von Dr. Brigitte Dittrich-Krämer und Dr. Andrea Stögbauer<br />

Neue Chancen können sich durch den<br />

Austausch und Partnerschaften zwischen<br />

Unternehmen und privaten Organisationen<br />

ergeben. Sie treiben das Thema<br />

Wasser im Hinblick auf Nachhaltigkeit<br />

voran.<br />

BASF nimmt aktive Rolle bei Wasser-<br />

Partnerschaft ein<br />

Seit 2008 kooperiert BASF mit European<br />

Water Partnership (EWP). Die 2006 auf<br />

Initiative der EU-Kommission gegründete<br />

unabhängige Organisation setzt sich für<br />

den nachhaltigen Umgang mit Wasser<br />

ein. Im Sinne des partnerschaftlichen<br />

Ansatzes arbeiteten Wasserexperten der<br />

BASF sowie andere Vertreter aus Wirtschaft,<br />

Politik und Nichtregierungsorganisationen<br />

an der Entwicklung eines<br />

europaweiten Standards, der Grundlagen<br />

und Kriterien für ein nachhaltiges Wassermanagement<br />

definiert. Das Ergebnis<br />

ist der European Water-Stewardship-<br />

(EWS)-Standard, mit dem sowohl Unternehmen<br />

verschiedener Sektoren als<br />

auch landwirtschaftliche Betriebe prüfen<br />

können, wie nachhaltig ihr Umgang mit<br />

der Ressource Wasser ist.<br />

Industrie und Landwirtschaft können<br />

ihren Umgang mit Wasser nun nach den<br />

Kriterien Entnahmemenge, Wasserverschmutzung,<br />

Schutz der biologischen<br />

Artenvielfalt sowie operatives Wassermanagement<br />

überprüfen und verbessern.<br />

BASF testete den EWS-Standard im Jahr<br />

2010 in einem sechsmonatigen Pilotversuch<br />

an ihrem größten Standort in<br />

Ludwigshafen und machte Vorschläge<br />

zu dessen Verbesserung. Im November<br />

2011 fiel unter Anwesenheit von Janez<br />

Potočnik, EU-Kommissar für Umwelt, in<br />

Brüssel der offizielle Startschuss für den<br />

EWS-Standard.<br />

Die Anwendung des EWS-Standards<br />

bringt Unternehmen zahlreiche Vorteile.<br />

Sie erhalten ein klares Bild ihres Wassermanagements,<br />

indem Risiken identifiziert<br />

werden – beispielsweise die Abhängigkeit<br />

von einer einzelnen begrenzten Wasserressource<br />

– und Verbesserungsmöglichkeiten<br />

aufgezeigt werden. Der EWS-Standard<br />

umfasst 50 Kriterien, die den vier<br />

Prinzipien nachhaltige Wasserentnahme,<br />

Sicherung einer hohen Wasserqualität,<br />

Erhalt von Naturschutzgebieten und<br />

verantwortungsvollem Wassermanagement<br />

zugeordnet sind. Ein wesentlicher<br />

Aspekt des EWS-Standards ist der Blick<br />

über die eigenen Werkgrenzen hinaus.<br />

Durch das Einbeziehen anderer Nutzer<br />

und die Verbreitung des nachhaltigen<br />

Wassermanagements kann eine größere<br />

Wirkung zugunsten des Wasserschutzes<br />

erreicht werden.<br />

Nachhaltiges Wassermanagement<br />

als Ziel<br />

BASF hat sich das Ziel gesetzt, bis 2020<br />

nachhaltiges Wassermanagement an<br />

ihren Produktionsstandorten in Wasserstressgebieten<br />

einzuführen. Dies sind<br />

Gebiete, in denen mehr als 60 Prozent<br />

des verfügbaren Wassers von Menschen<br />

entnommen wird. Jeder fünfte Produktionsstandort<br />

der BASF liegt in einem<br />

98 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

CSR Management<br />

Wasserverfügbarkeit und Wassernutzung weltweit<br />

4.740 m 3<br />

Durchschnittliche<br />

Wasserverfügbarkeit<br />

pro Person und Jahr<br />

in Europa<br />

13.400 m 3<br />

Durchschnittliche<br />

Wasserverfügbarkeit<br />

pro Person und Jahr<br />

in den USA und in Mexico<br />

2.470 m 3<br />

Durchschnittliche<br />

Wasserverfügbarkeit<br />

pro Person und Jahr<br />

in der Karibik<br />

2.970 m 3<br />

Durchschnittliche<br />

Wasserverfügbarkeit<br />

pro Person und Jahr<br />

in Asien-Pazifik<br />

7.200 m 3<br />

Durchschnittliche<br />

Wasserverfügbarkeit<br />

pro Person und Jahr<br />

in Lateinamerika<br />

1.000 m 3<br />

Durchschnittliche<br />

Wasserverfügbarkeit<br />

pro Person und Jahr<br />

in Subsahara-Afrika<br />

500 m 3<br />

Durchschnittliche<br />

Wasserverfügbarkeit<br />

pro Person und Jahr<br />

in der arabischen Welt<br />

Gesamte Wassernutzung<br />

Gebiete mit hohem Wasserstress<br />

Was sind Wasserstressgebiete?<br />

Wasserstressgebiete sind Gebiete, in denen<br />

Wasser eine knappe Ressource darstellt und<br />

mehr als 60 Prozent des verfügbaren Wassers<br />

von Menschen entnommen wird. Die wichtigsten<br />

Einflussgrößen, die zu Wasserknappheit führen,<br />

sind: geringe Niederschläge, hohe Temperaturen,<br />

geringe Luftfeuchtigkeit, ungünstige Bodeneigenschaften<br />

oder auch eine hohe Wasserentnahme.<br />

Gesamte Wassernutzung pro Land<br />

Maßstab der Grafik<br />

761.000 Millionen m 3 / Jahr<br />

427.000 Millionen m 3 / Jahr<br />

189.000 Millionen m 3 / Jahr<br />

46.000 Millionen m 3 / Jahr<br />

< 1.000 Millionen m 3 / Jahr<br />

1.150 m 3<br />

Durchschnittliche<br />

Wasserverfügbarkeit<br />

pro Person und Jahr<br />

in Australien<br />

Quellen: www.unwater.org; Gebiete mit hohem Wasserstress, verändert nach: Pfister et al., 2009; UNESCO, United Nations World Water Development Report – Water for People, Water for Life, 2003;<br />

FAO, Wasserverfügbarkeit nach Region, Aquastat, <strong>2013</strong><br />

Wasserstressgebiet. Der EWS-Standard<br />

bildet die Basis zur Überprüfung und<br />

liefert konkrete Ansatzpunkte, wenn<br />

eine Anpassung des vorhandenen Wassermanagements<br />

nötig sein sollte.<br />

Weitere Wasserziele der BASF betreffen<br />

die Reduktion des Trinkwasserverbrauchs<br />

und die Senkung der Emissionen in das<br />

Wasser an den Produktionsstandorten<br />

weltweit. Im Vergleich zum Basisjahr<br />

2010 konnte der Trinkwasserverbrauch<br />

um 23,2 Prozent vermindert werden. Die<br />

Emissionen organischer Stoffe konnten<br />

zwischen 2002 und 2012 um 76,4 Prozent,<br />

von Stickstoff um 87,3 Prozent und<br />

von Schwermetallen um 56,8 Prozent<br />

gesenkt werden.<br />

Erster Chemiestandort zertifiziert<br />

Der spanische BASF-Produktionsstandort<br />

Tarragona zeigt, wie der bewusste Umgang<br />

mit Wasser funktionieren kann. Auf<br />

Grund einer exponierten Lage in einem<br />

Wasserstressgebiet hatte sich Tarragona<br />

als erster Standort für eine Anwendung<br />

des EWS-Standards entschieden. Experten<br />

erhoben Daten zu Wasserentnahme und<br />

-abgabe sowie zur Wasserqualität am<br />

Standort und in der Umgebung. Hierbei<br />

stellten sie zahlreiche Fragen: Aus welchen<br />

Quellen stammt das Wasser? Welche<br />

Wassermengen benötigt die Produktion?<br />

Wohin fließt es nach der Reinigung in<br />

der eigenen Kläranlage? Gibt es negative<br />

Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel<br />

oder auf nahegelegene Schutzgebiete?<br />

Das Werk in Tarragona verwendet für die<br />

Produktion auch auf bereitetes Wasser<br />

aus der kommunalen Kläranlage. Durch<br />

diese Zweitverwertung verringert sich die<br />

Entnahmemenge aus Fluss, Grundwasser<br />

und Meer. Investitionen in geschlossene<br />

Kühlkreisläufe und die Verwertung des<br />

Dampfkondensats reduzieren den Wasserbedarf.<br />

Zudem verfügt Tarragona über<br />

eine umfassende Überwachung der Wasserqualität<br />

im eigenen Kläranlagenablauf.<br />

Als Anerkennung dieses nachhaltigen<br />

Wasseransatzes erhielt BASF im Mai<br />

<strong>2013</strong> für den Standort Tarragona als erstes<br />

Chemieunternehmen überhaupt das<br />

Gold-Zertifikat gemäß dem European<br />

Water-Stewardship-Standard. Die Prüfer<br />

der unabhängigen Kontrollstelle<br />

TÜV Nord Integra haben hierzu das<br />

gesamte Wassermanagement des Standorts<br />

betrachtet – von der Wasserentnahme<br />

an der Quelle bis zur Abgabe ins<br />

Meer.<br />

Der kooperativ entwickelte EWS-Standard<br />

zeigt, wie mit der lebensnotwendigen<br />

Ressource Wasser sozial und wirtschaftlich<br />

sowie ökologisch vorteilhaft<br />

umgegangen werden kann. Mit der Einführung<br />

eines nachhaltigen Wassermanagements<br />

leistet BASF hier gleichzeitig<br />

einen wichtigen Beitrag zu ihrem Unternehmenszweck<br />

„We create chemistry for<br />

a sustainable future“ – übertragen ins<br />

Deutsche: Chemie, die verbindet – für<br />

eine nachhaltige Zukunft.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

99


DAW<br />

Farbenfroh und innovativ<br />

Der Schutz des Klimas hat sich zu einem zentralen Thema in der Bau- und Immobilienbranche<br />

entwickelt, denn Gebäude sind für 40 Prozent des globalen Energieverbrauches und damit über<br />

ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Als Europas größter privater<br />

Hersteller von Baufarben und Lacken, Wärmedämm-Verbundsystemen und Bautenschutzprodukten<br />

eröffnet sich für die DAW SE hier ein breites Wirkungsfeld. Zu dem inhabergeführten<br />

Familienunternehmen, dem es in seiner 118-jährigen Firmengeschichte immer wieder gelang,<br />

zukunftsorientierte Maßstäbe zu setzen, gehören so bekannte Marken wie Caparol und Alpina.<br />

Von Bettina Klump-Bickert<br />

Die DAW SE haben sich zum Ziel gesetzt,<br />

in puncto Nachhaltigkeit eine<br />

Vorreiterrolle innerhalb der Branche<br />

einzunehmen. Dementsprechend hat<br />

das Thema im Unternehmen eine hohe<br />

Bedeutung und eine lange Tradition.<br />

Seit der Unternehmensgründung 1895<br />

konzentrieren sich die DAW auf die Erforschung,<br />

Herstellung und Vermarktung<br />

qualitativ hochwertiger und innovativer<br />

Beschichtungssysteme, die heute für<br />

Themen wie Umweltschutz, Wohngesundheit,<br />

Energieeffizienz und Werterhaltung<br />

stehen. Doch auch im eigenen<br />

Unternehmen übernimmt die DAW SE<br />

Verantwortung für Nachhaltigkeit.<br />

Neubau der DAW-Firmenzentrale:<br />

DGNB Vorzertifikat in Silber<br />

Der in der Planung befindliche Neubau<br />

der DAW-Firmenzentrale in Ober-Ramstadt<br />

ist für seinen hohen ökologischen<br />

Standard von der Deutschen Gesellschaft<br />

für Nachhaltiges Bauen (DGNB) mit dem<br />

Vorzertifikat in Silber ausgezeichnet<br />

worden.<br />

Der bewusst nachhaltig gestaltete Neubau<br />

mit der anschließenden Sanierung<br />

des bestehenden Verwaltungsgebäudes<br />

ist daher auch Ausdruck der seit langem<br />

gelebten, umweltorientierten Unternehmensphilosophie<br />

und ein Leuchtturm-<br />

Projekt im Nachhaltigkeitsbereich der<br />

DAW. Besonderer Wert wird auf die<br />

ökologische Qualität gelegt, zum Beispiel<br />

durch den Einsatz nachwachsender<br />

Rohstoffe und die Reduzierung der Grauen<br />

Energie. Die wichtigsten Nachhaltigkeitsaspekte<br />

sind die Unterschreitung des<br />

Primärenergiebedarfs von 20 Prozent gegenüber<br />

der Energieeinsparverordnung<br />

(EnEV) 2009 durch Nutzung von Erdwärme,<br />

bewusste Auswahl emissionsarmer<br />

Materialien und hohen thermischen<br />

Komfort mit Bauteilaktivierung. Hinzu<br />

kommen Randzonenregulierung und<br />

Kühlsegel sowie eine attraktive Vielfalt<br />

im Außenbereich mit Dachbegrünung<br />

und Wasserflächen.<br />

DAW Nachhaltigkeitsstrategie<br />

Nachhaltigkeit ist bei der DAW ein integrierter<br />

Bestandteil der Unternehmensphilosophie,<br />

die durch eine klare Strategie<br />

gelebt wird. Die DAW Nachhaltigkeitsstrategie<br />

umfasst drei Handlungsfelder:<br />

• Nachhaltiges Unternehmen<br />

• Nachhaltige Produkte<br />

• Nachhaltige Gebäude<br />

Das erste Handlungsfeld ‚Nachhaltiges<br />

Unternehmen‘ zielt darauf ab, das Unternehmen<br />

auf eine zukunftsverträgliche<br />

Art und Weise zu managen. Dies<br />

betrifft vor allem die Bereiche Einkauf,<br />

Forschung und Entwicklung, Arbeitssicherheit,<br />

Personal, das Integrierte Management<br />

System (IMS) sowie das gesellschaftliche<br />

Engagement. Das zweite<br />

Handlungsfeld ‚Nachhaltige Produkte‘<br />

beinhaltet die innovativen, hochwertigen<br />

und dauerhaften Produkte des<br />

Unternehmens, die mit ihrer Materialeigenschaften<br />

sowohl dem Umwelt- und<br />

Klimaschutz als auch der Gesundheit<br />

und dem Wohlbefinden der Menschen<br />

dienen. Im Handlungsfeld ‚Nachhaltige<br />

Gebäude‘ werden nachhaltiges Bauen<br />

und Modernisieren mit unterstützt und<br />

gezielte Gestaltungskonzepte für ein<br />

nachhaltiges Wohlfühlen angeboten.<br />

Darüber hinaus sollen die Produkte mit<br />

dazu beitragen, die Wertbeständigkeit<br />

von Gebäuden zu erhalten.<br />

Neuheit: DAW Nachhaltigkeitsdatenblatt<br />

Nachhaltig gestaltete Gebäude liegen eindeutig<br />

im Trend. Auch Gebäudestandards<br />

wie LEED, BREEAM oder der Standard der<br />

Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges<br />

Bauen (DGNB), bei der die DAW-Firmengruppe<br />

mit ihrer Vertriebsgesellschaft<br />

Caparol 2007 Gründungsmitglied war,<br />

unterstützen diese Entwicklung. Die<br />

erhöhte Nachfrage nach fundierten Informationen<br />

im Bereich des nachhaltigen<br />

Bauens hat zur Entwicklung eines neuartigen<br />

Informationstools geführt – dem<br />

DAW Nachhaltigkeitsdatenblatt. Dieses<br />

neuartige Dokument bietet Planern und<br />

100 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

CSR Management<br />

Malerunternehmen alle Informationen,<br />

die für die bekanntesten Zertifizierungssysteme<br />

benötigt werden. Neben einer<br />

Zusammenstellung der technischen Daten<br />

und Inhaltsstoffe erhält der Kunde<br />

eine kompakte Übersicht über die Eignung<br />

des Produktes, die für die Dokumentation<br />

einer Gebäudezertifizierung<br />

erforderlich ist. Das Nachhaltigkeitsdatenblatt<br />

steht allen Interessierten auf<br />

der CAPAROL-Homepage im Bereich der<br />

Downloads der Produkte zur Verfügung.<br />

Gebäudehüllen gegen Hitze und<br />

Kälte<br />

Mit Blick auf den Klimaschutz ist das<br />

größte Potenzial der Energieoptimierung<br />

in den Bereichen Heizung und Kühlung<br />

von Gebäuden zu sehen. Der Einsatz<br />

von energiesparenden Wärmedämm-<br />

Verbundsystemen (WDVS) an der Fassade<br />

wurde 1957 von den DAW mitentwickelt<br />

und ist seit mehr als 50 Jahren die Basis<br />

für eine energetische Optimierung von<br />

Immobilien. Mit der 2002 eingeführten<br />

schwarz-weiß gesprenkelten Capatect-<br />

Fassadendämmplatte –auch „Dalmatinerplatte“<br />

genannt – haben die DAW<br />

eine Schlüsselinnovation auf den Markt<br />

gebracht. Leistungsstarke WDVS der<br />

heutigen Generation in Verbindung mit<br />

Ein Wärmedämm-Verbundsystem<br />

besteht aus Dämmmaterial und<br />

verschiedenen Beschichtungsarten.<br />

widerstandsfähigen Putzbeschichtungen<br />

und Anstrichen schützen weltweit nachhaltig<br />

das Klima. In unseren Klimazonen<br />

vor allem gegen Kälte – in wärmeren<br />

Gegenden wiederum gegen Hitze.<br />

Farbgestaltung mit Auszeichnung<br />

Doch unter dem Thema „Nachhaltige<br />

Gebäude“ versteht die DAW indes<br />

weit mehr. Gemäß der Unternehmensphilosophie<br />

sollen sich die Menschen in<br />

Diplom-Biologin Bettina Klump-Bickert<br />

verantwortet das Nachhaltigkeitsmanagement<br />

bei der DAW SE.<br />

den Gebäuden wohlfühlen, in denen sie<br />

arbeiten und leben. Daher wird nicht<br />

nur besonderer Wert auf die Produkte<br />

und deren Inhaltsstoffe gelegt, sondern<br />

auch auf die Farbgestaltung. Das unternehmenseigene<br />

FarbDesignStudio bietet<br />

gezielt Farbkonzepte an – für ganze<br />

Stadtviertel ebenso wie für Bildungseinrichtungen<br />

oder für den Bereich Pflege<br />

und Gesundheit. So wurde im Juni <strong>2013</strong><br />

das Gemeinschaftsprojekt „Lebensräume“<br />

von Caparol und Forbo mit dem<br />

Health Media Award ausgezeichnet.<br />

Die „Lebensräume“, ein ganzheitliches<br />

Gestaltungskonzept speziell für Wohnräume<br />

älterer Menschen, beinhalten<br />

fünf ausgewogene Farbwelten, die von<br />

Stimmungen aus der Natur inspiriert<br />

sind – sie vermitteln Wohnlichkeit,<br />

Anregung und Orientierung. So können<br />

Alltagskompetenzen länger erhalten,<br />

Eigenständigkeit und Wohlbefinden<br />

gefördert und der Pflegealltag erleichtert<br />

werden.<br />

Ob bei Wirtschaftlichkeit, Umweltfreundlichkeit<br />

und sozio-kulturellen<br />

Aspekten – Produkte der DAW SE bringen<br />

einzigartige Qualitäts- und Nachhaltigkeitseigenschaften<br />

zusammen. Sie<br />

gestalten und schützen zugleich und<br />

bewahren langfristig Werte.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

101


DEUTSCHE BAHN<br />

DB2020 – die nachhaltige<br />

Konzernstrategie<br />

Als internationaler Anbieter von Mobilitäts- und Logistikdienstleistungen<br />

und als einer der größten Arbeitgeber <strong>Deutschland</strong>s<br />

trägt die Deutsche Bahn AG eine besondere Verantwortung für<br />

Kunden, Mitarbeiter, Umwelt und Gesellschaft. Um dieser Verantwortung<br />

gerecht zu werden, hat die DB ihre Unternehmensstrategie<br />

2012 neu ausgerichtet. Mit der Strategie DB2020<br />

rückt sie den Einklang zwischen ökonomischen, ökologischen<br />

und sozialen Aktivitäten in das Zentrum ihres Handelns.<br />

Von Dr. Annika Hundertmark, Julian Matthes und Prof. Dr. Markus Rometsch<br />

Die DB sieht sich vielfältigen Veränderungen<br />

unserer Zeit gegenüber: Zunehmend<br />

volatile Märkte lassen Entwicklungstrends<br />

immer schwerer voraussehen.<br />

Die Kunden suchen nach intelligenten<br />

und einfachen Lösungen in einer immer<br />

komplexeren Welt. Der demografische<br />

Wandel lässt Arbeitskräfte knapp werden,<br />

außerdem gewinnen Klimawandel<br />

und Ressourcenverknappung weiter an<br />

Bedeutung. Mit der Strategie DB2020<br />

begegnet die DB den Chancen und Herausforderungen<br />

dieser Entwicklungen.<br />

Nachhaltiger Unternehmenserfolg und<br />

gesellschaftliche Akzeptanz ebnen den<br />

Weg zur Erreichung der Vision, das<br />

weltweit führende Mobilitäts- und Logistikunternehmen<br />

zu werden. In der<br />

Ausgestaltung der Strategie ist für jede<br />

Nachhaltigkeitsdimension ein DB-spezifischer<br />

Führungsanspruch formuliert. So<br />

will die DB bis 2020 profitabler Marktführer<br />

(Ökonomie) mit Schwerpunkt auf<br />

Kunde und Qualität, Top-Arbeitgeber<br />

(Soziales) und Umwelt-Vorreiter (Ökologie)<br />

werden.<br />

Profitabler Marktführer<br />

Basis für das Erreichen einer profitablen<br />

Marktführerschaft sind zufriedene Kunden<br />

und eine hohe Produktqualität. Dazu<br />

werden kontinuierlich Verbesserungsprozesse<br />

initiiert, Investitionen in die Infrastruktur<br />

und die Fahrzeugflotte getätigt<br />

sowie die Kundeninformation verbessert.<br />

Im Rahmen der Innovationstätigkeit<br />

liegt der Fokus auf der Entwicklung<br />

neuer Produkte und Dienstleistungen,<br />

die den Bedürfnissen von morgen, wie<br />

beispielsweise der intelligenten Einfachheit,<br />

Rechnung tragen.<br />

Auf dem Weg zum Top-Arbeitgeber startete<br />

die DB 2012 die deutschlandweite Arbeitgeberkampagne<br />

„Kein Job wie jeder andere“.<br />

Vor der Kamera standen die Mitarbeiter<br />

selbst.<br />

Profitables Wachstum schafft unternehmerische<br />

Freiräume für nachhaltiges<br />

Handeln. Deshalb arbeitet die DB an einem<br />

kontinuierlichen Ausbau ihrer Spitzenpositionen<br />

auf den globalen Märkten.<br />

Im Jahr 2020 will die DB rund 70 Mrd.<br />

Euro Umsatz erzielen – unter Sicherstellung<br />

einer angemessenen Profitabilität<br />

in Form einer Kapitalverzinsung von 10<br />

Prozent und einer finanziellen Stabilität<br />

des Unternehmens, ausgedrückt in einer<br />

Tilgungsdeckung von 30 Prozent.<br />

Top-Arbeitgeber<br />

Bis 2020 will die DB zu den besten zehn<br />

Arbeitgebern <strong>Deutschland</strong>s zählen und<br />

auch international Spitzenpositionen<br />

einnehmen. Qualifizierte Mitarbeiter,<br />

die mit Begeisterung für die DB und ihre<br />

Kunden arbeiten, sollen gewonnen und<br />

gebunden werden. Die im Herbst 2012<br />

gestartete Arbeitgeber-Kampagne präsentiert<br />

den DB-Konzern als vielfältiges,<br />

attraktives und verantwortungsbewusstes<br />

Unternehmen. Die Einbindung der<br />

Mitarbeiter durch u. a. verschiedene Dialogformate<br />

und die Fortsetzung des Kulturwandels<br />

sind erfolgskritisch. In der<br />

ersten konzernweiten Mitarbeiterbefragung<br />

im Herbst 2012 hatten erstmalig<br />

rund 300.000 Mitarbeiter weltweit die<br />

Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern.<br />

61,4 Prozent der Mitarbeiter nahmen<br />

diese Gelegenheit wahr.<br />

Umwelt-Vorreiter<br />

Als Umwelt-Vorreiter setzt die DB mit<br />

ihren Produkten Maßstäbe beim effizienten<br />

Umgang mit den verfügbaren<br />

Ressourcen. So besteht ein Ziel darin,<br />

die spezifischen CO 2<br />

-Emissionen bis zum<br />

102 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

CSR Management<br />

Einklang der der Dimensionen für für nachhaltigen Unternehmenserfolg<br />

Vision<br />

Nach haltigkeitsdimension<br />

Wir Wir werden das das weltweit führende Mobilitäts- und und Logistikunternehmen<br />

Nachhaltiger Unternehmenserfolg und und gesellschaftliche Akzeptanz<br />

Profitabler Marktführer<br />

Top-Arbeitgeber<br />

Ökonomie<br />

Soziales<br />

Umwelt-Vorreiter<br />

Ökologie<br />

Top1 Top10 Top1<br />

Stoß Stoß richtung<br />

11 1 Kunde und und Qualität<br />

33 3 Kulturwandel/<br />

Mitarbeiterzufriedenheit<br />

44 4 Ressourcenschonung/<br />

Emissions- und und Lärmreduktion<br />

22 2 Profitables Wachstum<br />

Jahr 2020 weltweit um 20 Prozent zu<br />

senken, ausgehend vom Jahr 2006. Die<br />

DB ist ein entscheidender Treiber der<br />

Energiewende: Bereits heute ist sie nicht<br />

nur <strong>Deutschland</strong>s größter industrieller<br />

Stromverbraucher, sondern außerdem einer<br />

der größten Abnehmer von Ökostrom<br />

in <strong>Deutschland</strong>. Bei 24 Prozent lag der<br />

Anteil von Ökostrom 2012 im deutschen<br />

Bahnstrommix. Dank der „grünen Angebote“<br />

des Fernverkehrs wird dieser<br />

Anteil auf 35 Prozent in 2015 wachsen.<br />

Nachhaltigkeit strukturell verankert<br />

Ein wichtiger Erfolgsfaktor der Umsetzung<br />

von DB2020 ist die konsequente,<br />

organisatorische Verankerung von Nachhaltigkeit.<br />

Seit 2012 ist Dr. Karl-Friedrich<br />

Rausch, Vorstand Transport und Logistik<br />

der DB Mobility Logistics AG, Chief Sustainability<br />

Officer der DB. Für die konzernweite<br />

Steuerung und Koordination<br />

relevanter Themen im Bereich Nachhaltigkeit<br />

wurde das Competence Center<br />

Nachhaltigkeit eingerichtet. Wichtige<br />

Themen, wie beispielsweise die Ende<br />

2012 verabschiedete „Charta für einen<br />

verantwortungsvollen Umgang zwischen<br />

der DB und ihren Anspruchsgruppen“,<br />

werden dort diskutiert. Alle entscheidenden<br />

Unternehmensbereiche sind durch<br />

die Leiter der Fachabteilungen vertreten.<br />

Diese verantworten gemeinsam mit den<br />

Geschäftsfeldern die inhaltliche Arbeit.<br />

Das Competence Center Nachhaltigkeit<br />

wird durch den Leiter der Konzernstrategie<br />

geführt. In der Konzernstrategie ist<br />

parallel die Abteilung Nachhaltigkeitsmanagement<br />

neu geschaffen worden.<br />

Die Strategie DB2020 hat außerdem<br />

Eingang in das Leitbild und in Konzern-<br />

Richtlinien des DB-Konzerns gefunden.<br />

Dies unterstützt, dass eine gemeinsame<br />

Diskussion der drei Nachhaltigkeitsdimensionen<br />

und ihres Einklangs alltäglich<br />

wird. So enthalten z.B. alle Konzernvorstandsbeschlüsse<br />

neben der Einschätzung<br />

zu finanziellen Auswirkungen<br />

auch jeweils Angaben zu sozialen und<br />

ökologischen Effekten.<br />

Integriertes Zielsystem aufgestellt<br />

Im Rahmen von DB2020 wurde ein Zielsystem<br />

entwickelt, das in seiner Breite<br />

und Reichweite bislang einmalig für<br />

den DB-Konzern ist. Entlang der drei<br />

Nachhaltigkeitsdimensionen wurden<br />

in den Stoßrichtungen (1) Kunde und<br />

Qualität, (2) profitables Wachstum, (3)<br />

Kulturwandel und Mitarbeiterzufriedenheit<br />

sowie (4) Ressourcenschonung,<br />

Emissions- und Lärmreduktion konkrete<br />

Ziele hinterlegt. Dazu gehören die Steigerung<br />

der Kundenzufriedenheit, die<br />

Erhöhung der Produktqualität (insbesondere<br />

der Pünktlichkeit), das Erreichen<br />

finanzieller Stabilität, die Verbesserung<br />

der Mitarbeiterzufriedenheit oder die<br />

Reduzierung des CO 2<br />

-Ausstoßes.<br />

Die Grundstruktur des Zielsystems ist<br />

konzernweit gültig. Es ist jedoch kein<br />

starres Korsett. Im Gegenteil: Das „Prinzip<br />

der inneren Differenzierung“ ermöglicht<br />

es den Geschäftsfeldern, ihren spezifischen<br />

Herausforderungen am Markt<br />

gerecht zu werden.<br />

Ein weiterer Baustein ist die Integration<br />

des Zielsystems in die Höhe der variablen<br />

Vergütung von 3.000 leitenden<br />

Angestellten und 1.700 außertariflichen<br />

Mitarbeitern. Ausgewählte Ziele aus jeder<br />

Stoßrichtung – z. B. Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit<br />

sowie CO 2<br />

-Emissionen<br />

– bilden <strong>2013</strong> einen substanziellen<br />

Anteil des variablen Gehalts.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

103


DEUTSCHE TELEKOM<br />

Nachhaltigkeit in der<br />

Lieferkette als wichtiger<br />

Baustein der Unternehmensverantwortung<br />

Die Deutsche Telekom unterhält Geschäftsbeziehungen in über 50 Ländern. Gerade im Bereich<br />

Lieferantenmanagement ergeben sich für Unternehmen an dieser Stelle Chancen aber auch<br />

Risiken. Um eine nachhaltige Ausrichtung ihrer Lieferkette zu gewährleisten, hat die Deutsche<br />

Telekom ein systematisches Lieferantenmanagement etabliert. Als Gründungsmitglied der Joint<br />

Audit Cooperation (JAC) setzt sich die Telekom dafür ein, Lieferantenbeziehungen nachhaltig<br />

zu gestalten. Basierend auf einer einheitlichen Methodik überprüft JAC gemeinsame Zulieferer<br />

weltweit, wobei der Schwerpunkt auf Asien, Südkorea, Osteuropa und Südamerika liegt.<br />

Von Antonio Luz-Veloso und Vera Heyes<br />

Im Jahr 2010 hat die Deutsche Telekom<br />

ihre Social Auditprozesse mit der Beauftragung<br />

externer Prüfer weiter professionalisiert.<br />

So konnte die Qualität<br />

der Bewertungen gesteigert und eine<br />

wesentlich größere Anzahl an Lieferanten<br />

geprüft werden. Mithilfe einer<br />

neu entwickelten Risikomatrix wurde<br />

zusätzlich der Auswahlprozess für besonders<br />

gefährdete Zulieferer standardisiert.<br />

Zu den wesentlichen Bestandteilen der<br />

Social Audits gehören:<br />

• die generelle Risikobewertung für<br />

Lieferanten,<br />

• die Bewertung der Lieferantenselbstauskunft,<br />

• der direkte Austausch zur Weiterentwicklung<br />

der Lieferanten, sowie<br />

• die kontinuierliche Überprüfung der<br />

Situation vor Ort.<br />

Um international die Umsetzung von<br />

Corporate Responsibility (CR) für alle Ebenen<br />

der Lieferkette voranzutreiben, gründete<br />

die Deutsche Telekom gemeinsam<br />

mit Orange und Telecom Italia die Joint<br />

Audit Cooperation (JAC). Hintergrund<br />

war der Wunsch, alle Lieferantenbeziehungen<br />

langfristig, vertrauensvoll und<br />

einheitlich zu gestalten. Der Verband<br />

steht dabei allen Unternehmen der Branche<br />

offen und führte bereits im Juni 2010<br />

erste Kampagnen durch. Mittlerweile<br />

hat sich das Konzept herumgesprochen:<br />

Durch die erfolgreiche Arbeit in den<br />

letzten Jahren ist die JAC mittlerweile auf<br />

neun Telekommunikationsunternehmen<br />

angewachsen und weitere Unternehmen<br />

haben ihr Interesse an einer Teilnahme<br />

an JAC angemeldet.<br />

104 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

CSR Management<br />

Kontrolle und Dialog<br />

Kernstück des von der Deutschen Telekom<br />

mitgestalteten Ansatzes ist dabei die enge<br />

Verbindung von Kontrolle und Dialog.<br />

„Bei der Einbindung unserer Lieferanten<br />

verfolgen wir einen kooperativen Ansatz“<br />

sagt Birgit Klesper, Senior Vice President<br />

Group Transformational Change<br />

und Corporate Responsibility bei der<br />

Deutschen Telekom. „Für die Telekom<br />

ist es wichtig herauszufinden, ob unsere<br />

Geschäftspartner neue Wege des nachhaltigen<br />

Wirtschaftens unterstützen.<br />

Nur wenn wir dies wissen, können wir<br />

die Lieferkette wirkungsvoll verbessern.“<br />

Um den Prozess transparent und ergebnisorientiert<br />

zu gestalten, werden<br />

neben den Produzenten auch externe<br />

NGOs, Wirtschaftsinitiativen und Forschungsanstalten<br />

eingebunden. Ziel ist<br />

die kontinuierliche Verbesserung der<br />

Lieferketten, hin zu mehr Verantwortung<br />

und Nachhaltigkeit.<br />

Das Auswahlverfahren für Zulieferer<br />

soll dabei generell vereinfacht werden.<br />

Dies gilt sowohl für die Telekommunikationsunternehmen<br />

selbst, die durch einheitliche<br />

Standards und Synergieeffekte<br />

bei den Kontrollen den Bewertungsprozess<br />

strukturierter aufstellen, als auch<br />

für die Lieferanten. Diese produzieren<br />

oftmals für unterschiedliche Abnehmer<br />

in Europa und Nordamerika und<br />

mussten bisher häufig unterschiedliche<br />

Auditprozesse durchlaufen. Kooperieren<br />

sie dagegen mit der Joint Audit Cooperation,<br />

reicht ein Assessment für neun<br />

der größten Telekommunikationsunternehmen<br />

der Welt. Der einheitliche<br />

Ansatz spart damit Zeit und ermöglicht<br />

zudem die Übertragung von Lösungsansätzen<br />

innerhalb der einzelnen Zulieferergruppen.<br />

Der Arbeitsansatz der<br />

Joint Audit Cooperation<br />

Die Grundlagen für die Arbeit der JAC<br />

werden durch einen zentralen Lenkungsausschuss<br />

definiert. Dieser trifft sich<br />

zweimal im Jahr und legt Richtlinien<br />

für das weitere Vorgehen fest. Schon<br />

bei den Gründungsgesprächen war es<br />

der Deutschen Telekom wichtig, dass<br />

alle beteiligten Unternehmen Vertreter<br />

der oberen Führungsebene der jeweiligen<br />

CSR- und Sourcing-Bereiche in das<br />

Gremium entsenden.<br />

In der momentanen Form besteht die<br />

Arbeit der Initiative im Wesentlichen<br />

in einem Vor-Ort-Audit-Programm einschließlich<br />

der Nachverfolgung geplanter<br />

Korrekturmaßnahmen. Alle Mitglieder<br />

sind, im Namen des Verbandes, individuell<br />

verantwortlich den kompletten<br />

Audit-Prozess bei Lieferanten zu leiten,<br />

wobei jedem JAC-Mitglied die gleiche<br />

Anzahl an Zulieferern zugewiesen wird.<br />

Die Prüfungen vor Ort erfolgen dabei anhand<br />

folgender abgestimmter Kriterien:<br />

• Die Audits werden von internationalen<br />

Audit-Unternehmen durchgeführt,<br />

die auf die besonderen sozialen und<br />

umweltpolitischen Aspekte in dem<br />

jeweiligen Land spezialisiert sind.<br />

• Mit den Lieferanten werden Geheimhaltungsvereinbarungen<br />

getroffen,<br />

sodass die Ergebnisse der Audits nur<br />

den JAC-Mitgliedern bekannt werden.<br />

Die Vorteile einer<br />

JAC-Mitgliedschaft<br />

Die Tätigkeit der JAC hilft sowohl<br />

Lieferanten als auch TK-Betreibern<br />

bei der Optimierung von Kosten und<br />

Prozessen.<br />

1. Lieferanten erhalten jeweils nur<br />

eine Anfrage bezüglich eines<br />

CSR-Audits, das dann gebündelt<br />

für alle TK-Betreiber stattfindet.<br />

2. Ebenso profitieren die Lieferanten<br />

von der Anwendung einer<br />

gemeinsamen Standardmethodik<br />

für den gesamten Audit-Prozess.<br />

3. Die Telekommunikationsbetreiber<br />

optimieren durch Austausch<br />

von Best Practices die CSR-<br />

Beurteilungen und den Nachverfolgungsprozess.<br />

• Die von den JAC-Mitgliedern erstellte<br />

Checkliste basiert auf den Standards<br />

SA 8000 und ISO 14001 sowie Vor-Ort-<br />

Audits.<br />

• Im Abschlussbericht werden nachweisbare<br />

Ergebnisse dargestellt.<br />

• Die Zusammenarbeit mit den Lieferanten<br />

beruht auf dem gemeinsamen<br />

Bewusstsein, dass das CSR-Risikomanagement<br />

ein entscheidender Faktor<br />

für eine nachhaltige Entwicklung ist.<br />

• Auf Grundlage der Audit-Ergebnisse<br />

werden mit den Lieferanten Korrekturmaßnahmen<br />

zur Beseitigung der im<br />

Audit-Report aufgeführten Schwächen<br />

festgelegt und nachverfolgt.<br />

Erfolgreiche Startphase<br />

Bislang wurden durch JAC bereits mehr<br />

als 90 Audits weltweit durchgeführt. Der<br />

bei den Überprüfungsläufen verwendete<br />

Fragebogen umfasste dabei mehr als<br />

4.000 mögliche Fragen und hatte Auswirkungen<br />

auf mehr als 400.000 Mitarbeiter<br />

in den geprüften Betrieben. Als wesentliche<br />

Feststellungen konnten die Felder<br />

Arbeitszeiten, Arbeitssicherheit und Gehälter<br />

ausgemacht werden. Stellen die<br />

Prüfer bei einem Zulieferer Missstände<br />

fest, greift das Korrekturverfahren. Die<br />

Deutsche Telekom und die JAC sind daran<br />

interessiert, Lieferanten nicht auszuschließen,<br />

sondern auf dem Weg zu einer<br />

nachhaltigen Wirtschaftsführung zu begleiten.<br />

Dafür werden gemeinsam Maßnahmen<br />

erarbeitet und die Fortschritte<br />

in regelmäßigen Abständen überprüft.<br />

Oftmals können einzelne Probleme schon<br />

nach wenigen Tagen behoben werden,<br />

für größere Eingriffe – wie etwa die<br />

Korrektur von Arbeitszeitmodellen –<br />

bekommen die Zulieferer auch mehr<br />

Zeit. „Gerade im Bereich Arbeitszeiten<br />

erwarten wir von den betroffenen Firmen<br />

die Einhaltung von internationalen<br />

Standards sowie insbesondere nationaler<br />

Gesetzgebung“, erläutert Antonio Luz<br />

Veloso, Senior Experte Sustainable Supply<br />

Chain Management Deutsche Telekom,<br />

wobei er klarstellt: „Wir wollen greifbare<br />

und langfristig wirksame Ergebnisse.<br />

Da kann der Umstellungsprozess auch<br />

schon mal mehrere Monate dauern. Für<br />

diesen Prozess definieren wir klare Zielvorgaben<br />

und Meilensteine, die wir auch<br />

regelmäßig überprüfen.“<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

105


EY<br />

Konfliktmineralien – Herausforderung<br />

für Unternehmen<br />

entlang der Lieferkette<br />

In den letzten Jahren sind Rohstoffe, die in Konfliktregionen abgebaut<br />

werden, verstärkt in den internationalen Fokus gerückt.<br />

Häufig dienen die Gewinne aus dem Abbau von Mineralien zur<br />

Finanzierung bewaffneter Milizen und befördern bürgerkriegsähnliche<br />

Konflikte. Eine aktuelle Regulierung der US-Börsenaufsicht<br />

SEC adressiert sogenannte Konfliktmineralien, die aus<br />

Minen der Demokratischen Republik Kongo und benachbarter<br />

Länder stammen. Der sogenannte „Dodd Frank Act“ fordert von<br />

US-börsennotierten Unternehmen Klärung, inwieweit spezifische<br />

Mineralien in ihren Produkten enthalten sind, ob diese aus<br />

der Region des Kongo stammen und inwiefern dadurch Milizen<br />

finanziert werden. Gegebenenfalls sind die Erkenntnisse jährlich<br />

an die SEC zu berichten und müssen von einer unabhängigen<br />

Stelle auditiert werden. Für die entsprechenden Auskünfte<br />

sind die Unternehmen auf Informationen der Geschäftspartner<br />

in ihren Lieferketten bis hin zu den Minen angewiesen.<br />

Von Philipp Killius, Dr. Mark Veser und Nicole Richter<br />

Die Bedeutung eines transparenten Rohstoffhandels<br />

hat sich mit der Verabschiedung<br />

des „Dodd Frank Act“ (Section 1502,<br />

Conflict Minerals Amendment) in den<br />

USA im Jahr 2010 und den entsprechenden<br />

Durchführungsverordnungen im<br />

August 2012 deutlich erhöht. Für an<br />

US-Börsen notierte Unternehmen, deren<br />

Zentralafrikanische<br />

Republik<br />

Republik<br />

Kongo<br />

Demokratische<br />

Republik Kongo<br />

(DRC)<br />

Angola<br />

Sambia<br />

Süd-<br />

Sudan<br />

Uganda<br />

Tansania<br />

Ruanda<br />

Burundi<br />

Konfliktmineralien<br />

Verwendung<br />

Kassiterit (Zinnerz) Metallbeschichtungen<br />

und Lötmittel für elektronische<br />

Leitungen<br />

und Schaltkreisläufe<br />

Tantal (Coltan) Elektronische Bauteile<br />

(z.B. in Mobiltelefonen,<br />

Computern, etc.), Flugzeugkomponenten<br />

und<br />

OP-Instrumente<br />

Wolframit Metalldrähte, Elektroden<br />

und Kontakte<br />

in der Beleuchtung,<br />

Elektro-, Heizungsund<br />

Schweißarbeiten<br />

Gold Schmuck, Elektronik,<br />

Kommunikationsgeräte,<br />

Luft- und<br />

Raumfahrt<br />

Technologie, z. B. Computer, Elektrogeräte<br />

und elektronische Komponenten<br />

Produktion, z. B. Werkzeuge, Sportausrüstung,<br />

Schmuck und Bekleidung<br />

(Goldgarn)<br />

Telekommunikation, z. B. Kabel und<br />

Mobiltelefone<br />

Verteidigung, Luft- und Raumfahrt,<br />

z. B. Motorbauteile und -komponenten<br />

Konsumgüterindustrie, z. B. Blechdosen<br />

für Lebensmittel<br />

Automobilindustrie, z. B. Motorbauteile<br />

und -komponenten<br />

Diversifizierte industrielle Produkte,<br />

bei denen Metalle in der Herstellung<br />

verwendet werden<br />

Energieversorgung, z. B. Turbinen in<br />

Kraftwerken<br />

Konfliktmineralien im Fokus des Dodd Frank Act – Abbaugebiete und Verwendungszwecke<br />

– Betroffene Industrien und Produkte<br />

106 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

CSR Management<br />

Produkte Konfliktmineralien wie Kassiterit<br />

(Zinnerz), Tantal (Coltan), Wolframit<br />

und Gold sowie entsprechende Derivate<br />

aus der Demokratischen Republik Kongo<br />

(DRC) und den neun angrenzenden<br />

Staaten enthalten, wurden umfangreiche<br />

Berichterstattungspflichten festgelegt.<br />

Nach Angaben der US-Börsenaufsicht SEC<br />

(Securities and Exchange Commission)<br />

sind diese afrikanischen Länder („Covered<br />

Countries“) beispielsweise für 15 % bis<br />

20 % des weltweiten Angebots an Tantal<br />

verantwortlich und bedienen ebenfalls in<br />

geringerem Umfang die Nachfrage nach<br />

den drei anderen Konfliktmineralien.<br />

Lieferantenanalysen und<br />

-befragungen<br />

Vertragsbedingungen in<br />

Bezug auf die Nutzung von<br />

Konfliktmineralien bzw. ihre<br />

Berichterstattung<br />

Prüfungshandlungen im<br />

Hinblick auf die von den<br />

Lieferanten erhaltenen<br />

Informationen<br />

Lieferant<br />

US-börsennotiertes<br />

Unternehmen<br />

Lieferant<br />

Lieferant<br />

Lieferant<br />

Weitere Lieferkette<br />

Lieferant<br />

Berichterstattungsprozess für Konfliktmineralien entlang der Lieferkette<br />

Berichterstattung über<br />

die Nutzung von Konfliktmineralien<br />

Prüfungshandlungen im<br />

Hinblick auf die Verlässlichkeit<br />

der Berichterstattung<br />

Umfangreiche Berichterstattungspflichten<br />

Betroffene Unternehmen müssen erstmals<br />

für das Kalenderjahr <strong>2013</strong> die Verwendung<br />

und Herkunft dieser Mineralien<br />

an die US-Börsenaufsicht SEC darlegen.<br />

Es muss u. a. berichtet werden, ob sie<br />

notwendig für die Funktionsweise oder<br />

Herstellung eines Produktes sind. Dabei<br />

ist es nicht maßgeblich, ob das Unternehmen<br />

das Produkt selbst herstellt oder<br />

nach seinen Spezifikationen herstellen<br />

lässt. Die Durchführungsverordnung des<br />

Dodd-Frank-Gesetzes sieht einen dreistufigen<br />

Prozess vor:<br />

Im Rahmen eines „Applicability assessments“<br />

(Stufe 1) müssen die an den US-<br />

Börsen notierten Unternehmen zunächst<br />

analysieren, ob sie in ihren Produkten und<br />

Produktionsprozessen Kassiterit (Zinnerz),<br />

Tantal (Coltan), Wolframit oder Gold<br />

verwenden. Sie müssen für jedes Produkt<br />

bestimmen, ob die Mineralien notwendig<br />

sind.<br />

Sofern die Unternehmen Konfliktmineralien<br />

verwenden, sind sie dazu verpflichtet,<br />

den Ursprung dieser Ressourcen zu klären.<br />

Prinzipiell sind bei der sogenannten „Reasonable<br />

country of origin inquiry (RCOI)“<br />

(Stufe 2) folgende Szenarien möglich:<br />

1. Stammen die verwendeten Mineralien<br />

nicht aus der Region des Kongo respektive<br />

wurden durch Recycling oder aus<br />

Abfallprodukten gewonnen, gelten<br />

die Produkte als „DRC conflict free“.<br />

In diesem Fall ist einzig ein Formular<br />

(„Form SD“) bei der SEC einzureichen.<br />

2. Kann man nicht eindeutig die Herkunft<br />

der Rohstoffe identifizieren,<br />

müssen die betroffenen Produkte als<br />

unbestimmbar ausgewiesen werden<br />

(„DRC conflict undeterminable“) und<br />

es sind weitere Anstrengungen zu<br />

unternehmen, um die Herkunft der<br />

Mineralien so genau wie möglich zu<br />

bestimmen. Die Unternehmen haben<br />

je nach Größe eine zwei- bis vierjährige<br />

Übergangsperiode, den genauen<br />

Ursprung zu ermitteln.<br />

3. Wird festgestellt, dass die Rohstoffe<br />

aus der Region des Kongo stammen,<br />

müssen der exakte Herkunftsort der<br />

Mineralien sowie die finanziellen Nutznießer<br />

der entsprechenden Mine(n)<br />

geklärt werden.<br />

Sofern ein Unternehmen nach Durchführung<br />

eines RCOI feststellt, dass es Konfliktmineralien<br />

aus „Covered Countries“<br />

bezieht oder dies zumindest nicht ausschließen<br />

kann, müssen weitere Maßnahmen<br />

ergriffen werden: „Due diligence and<br />

conflict minerals report“ (Stufe 3). In Ergänzung<br />

zum Form SD muss ein detaillierter<br />

Herkunftsbericht erstellt werden, wobei<br />

alle Informationen im Rahmen einer Due<br />

Diligence zu erheben und offenzulegen<br />

sind. Dieser „Conflict Minerals Report“<br />

muss veröffentlicht und spätestens nach<br />

Ablauf der Übergangsperiode durch eine<br />

unabhängige Instanz, wie beispielsweise<br />

einem Wirtschaftsprüfer, auditiert werden.<br />

Hohe Compliance-Kosten und<br />

Komplexität<br />

Schätzungen der US-Börsenaufsicht zufolge<br />

sind rund 6.000 an amerikanischen<br />

Börsen notierte Unternehmen direkt von<br />

der neuen Regelung betroffen, etwa 4.500<br />

müssen voraussichtlich einen Herkunftsbericht<br />

veröffentlichen. Die SEC erwartet,<br />

dass auf die betroffenen Unternehmen<br />

und ihre Lieferanten erstmalige Kosten<br />

zwischen 3 und 4 Milliarden US-Dollar<br />

zukommen; die jährlichen Folgekosten<br />

werden zwischen 200 und 600 Millionen<br />

US-Dollar geschätzt. Öffentliche Kommentierungen<br />

schätzen die anfallenden Kosten<br />

im Rahmen der erstmaligen Offenlegung<br />

sogar auf bis zu 16 Milliarden US-Dollar.<br />

Aufgrund der komplex verzweigten Lieferketten<br />

erfordern die Umsetzung der<br />

Rechenschaftspflicht sowie eine eindeutige<br />

Nachverfolgbarkeit bis hin zu den<br />

Minen ein signifikantes Engagement<br />

aller Beteiligten entlang der Lieferkette.<br />

Um einen lückenlosen Herkunftsbericht<br />

über die bezogenen Konfliktmineralien<br />

liefern zu können, befragen die Unternehmen<br />

ihre internationalen Zulieferer<br />

und somit auch Betriebe aus <strong>Deutschland</strong>.<br />

Diese sind dann in der Pflicht, ihre<br />

Rohstoffquellen zu ermitteln und gesicherte<br />

Informationen an ihre Kunden<br />

weiterzuleiten.<br />

Auch mithilfe eines gut organisierten Lieferkettenmanagements<br />

ist dieser Prozess<br />

für viele produzierende Unternehmen,<br />

die über umfangreiche Sortimente verfügen,<br />

verschiedene Standorte betreiben<br />

oder Beziehungen mit einer großen Anzahl<br />

an Lieferanten unterhalten, eine<br />

große Herausforderung hinsichtlich Zeit,<br />

Aufwand und Kosten.<br />

Da in Zukunft mit vergleichbaren EU-<br />

Direktiven zu rechnen ist, ist es für betroffene<br />

Unternehmen sinnvoll, sich<br />

frühzeitig mit diesen neuen Anforderungen<br />

auseinanderzusetzen und die<br />

Erhebung der benötigten Informationen<br />

auf effektive wie auch effiziente Art und<br />

Weise aufzusetzen.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

107


FOREST CARBON GROUP<br />

Kerngeschäft statt CSR<br />

In Zukunft müssen wir die Umwelt und ihre Leistungen in Produkte und unternehmerische<br />

Prozesse einpreisen, um sie weiterhin erhalten und nutzen zu können.<br />

Von Michael Sahm<br />

Der Umbau unserer Gesellschaft zu einem<br />

tragfähigen Wirtschaften ist ein<br />

Generationenprojekt. Auch wenn wir<br />

uns sehr bemühen, ressourcenschonender<br />

und effizienter zu leben, wir werden<br />

nicht übermorgen ohne Treibhausgasemissionen<br />

auskommen. Daher müssen<br />

wir in der Zwischenzeit alle vernünftigen<br />

Handlungsmöglichkeiten nutzen.<br />

Dazu gehört vor allem, unsere Umwelt<br />

lebensfähig zu erhalten, angesichts eines<br />

Ressourcenverbrauchs von derzeit etwa<br />

anderthalb Erden. Wenn Unternehmen<br />

also im Sinne des Vorsorge- und Verursacherprinzips<br />

durch ihr Engagement im<br />

Kohlenstoffmarkt mit verhindern, dass<br />

Landschaften unwiederbringlich zerstört<br />

werden, agieren sie verantwortungsbewusst<br />

und betreiben keinen „Ablasshandel“,<br />

wie Kompensationsvorhaben gerne<br />

zynisch bezeichnet werden.<br />

Sind aktuell gangbare Wege, Emissionen<br />

zu senken, ausgeschöpft, dann ist<br />

die CO 2<br />

-Kompensation geboten. Klimaschädliche<br />

Emissionen an anderer Stelle<br />

auszugleichen, ist ein heute wirksamer,<br />

kostengünstiger und Veränderung beschleunigender<br />

Schritt in Richtung nachhaltige<br />

Entwicklung in einer globalen<br />

Welt. In der wir, soll der Klimawandel<br />

gebremst werden, nicht den Luxus haben,<br />

nur das eine zu tun – Technik und<br />

Abläufe zu verbessern – und das andere<br />

zu lassen – Schäden auszugleichen.<br />

Der Kompensationsgedanke ist nicht<br />

neu, sondern auch in <strong>Deutschland</strong> in der<br />

Flächennutzung festgeschrieben. In der<br />

Bundeskompensationsverordnung heißt<br />

es: „Die Verpflichtung zur Vermeidung<br />

und Kompensation von Beeinträchtigungen<br />

bei Eingriffen in Natur und<br />

Landschaft stellt als eine Ausprägung<br />

des Vorsorgeprinzips im weiteren Sinne<br />

und des Verursacherprinzips zugleich<br />

einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung<br />

des Verfassungsgebots zum Schutz<br />

der natürlichen Lebensgrundlagen aus<br />

Artikel 20 a des Grundgesetzes dar.“ CO 2<br />

-<br />

Kompensation wendet dieses Prinzip an<br />

mit Blick auf ein globales öffentliches<br />

Gut, die Atmosphäre. Noch freiwillig,<br />

aber das schmälert nicht das Engagement.<br />

CO 2<br />

-Ausgleich kann auf vielen Wegen<br />

geschehen. Indem in Windfarmen, Solaroder<br />

Wasserkraft investiert wird. Oder<br />

indem Land- und Forstwirtschaft auf<br />

nachhaltiges Bewirtschaften umgestellt,<br />

somit die natürliche CO 2<br />

-Speicherfähigkeit<br />

von Biomasse und Böden erhöht<br />

werden. Beides ist wichtig und richtig.<br />

Doch im Letzteren liegt ein weitaus größerer<br />

Hebel.<br />

Erstens: Gut gemachte Forst- und Agroforstprojekte<br />

bieten neben der CO 2<br />

-Bindung<br />

einen deutlich größeren sozialen<br />

und ökologischen Nutzen in den Projektregionen.<br />

Sie kommen gerade jenen<br />

ländlichen und armen Bevölkerungen<br />

in Entwicklungsländern zugute, die<br />

keine Lobby und Marktzugänge haben.<br />

Zweitens verursachen Abholzung und<br />

Brandrodung 17 Prozent der globalen<br />

Emissionen – mehr als der gesamte<br />

weltweite Verkehr. Ohne Waldschutz<br />

kein Klimaschutz. Und drittens sind<br />

Wälder als Rohstoffquelle unverzichtbar<br />

und ein milliardenschwerer Wirtschaftsfaktor.<br />

CO 2<br />

-Ausgleich über nachhaltiges<br />

Waldmanagement ist daher ein Baustein,<br />

ökologische Vermögenswerte und<br />

„Dienstleistungen“ der Natur gewissermaßen<br />

einzupreisen, etwa Regen bilden<br />

und Stoffkreisläufe regulieren.<br />

Waldschutz und Aufforstung spielen daher<br />

inzwischen nicht nur in der Klimapolitik<br />

eine zentrale Rolle – <strong>Deutschland</strong><br />

ist einer der größten Geldgeber für biund<br />

multilaterale Waldprogramme. Bereits<br />

heute sind namhafte Unternehmen<br />

wie die Allianz, Danone, Walt Disney,<br />

PPR oder der deutsche Energieversorger<br />

HSE substantiell im Wald- und Klimabereich<br />

engagiert. Das Thema wird auch<br />

vom Senat der Wirtschaft, der deutschen<br />

Sektion des <strong>Global</strong> Economic Network,<br />

mit seiner „Welt Wald Klima Initiative“<br />

unterstützt.<br />

Unternehmen folgen hierbei zunehmend<br />

einer veränderten Logik: weg vom Bereich<br />

„Corporate Social Responsibility“<br />

(CSR), rein ins Kerngeschäft. Es geht<br />

darum, Produkte und Prozesse umzubauen<br />

und zukunftsfähiger zu gestalten.<br />

Firmen verstehen zunehmend, dass es<br />

beim Thema Umwelt- und Klimaschutz<br />

nicht um Wohltätigkeit geht, sondern<br />

darum, ökologische Vermögenswerte<br />

langfristig in die Bilanzen einzubeziehen.<br />

Denn CSR funktioniert im Grunde<br />

wie eine Spende. Das Engagement passt<br />

zwar thematisch ins Geschäftsfeld der<br />

Unternehmen. Der Mitteleinsatz ist jedoch<br />

beliebig und abhängig vom Weitblick<br />

der Nachhaltigkeitsabteilungen.<br />

Bei der Kompensation hingegen geht<br />

es, neben Überzeugung, um handfeste<br />

betriebswirtschaftliche Argumente: um<br />

Lieferketten, Kundengewinnung und<br />

108 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

CSR Management<br />

-bindung sowie die eigene strategische<br />

Positionierung. Hier entscheiden Geschäftsführung,<br />

Vertrieb und Marketing.<br />

Die Vorreiter setzen dabei auf Differenzierung,<br />

auch und gerade im Hinblick<br />

darauf, wie konsequent das Thema<br />

umgesetzt wird. So bietet in der<br />

Logistikbranche der Paketdienstleister<br />

DPD mit seinem „Total Zero“-Programm<br />

den Versand automatisch als Standard<br />

an, während die Deutsche Post DHL ihr<br />

„Go Green“-Projekt nur als Option bereithält;<br />

in der Energiewirtschaft bietet der<br />

Versorger Entega seine Ökogas-Produkte<br />

als „default“, die meisten anderen weiterhin<br />

nur auf Kundenwunsch. Und das,<br />

obwohl die Mehrkosten für hochwertigen<br />

CO 2<br />

-Ausgleich bei vielen Produkten<br />

deutlich unter einem Prozent liegen und<br />

entweder durch höhere Preise, Marktanteile<br />

oder Kundenbindung wieder<br />

kompensiert werden.<br />

International agierende Konzerne integrieren<br />

Klimaschutz darüber hinaus<br />

zunehmend in ihr Risikomanagament,<br />

richten ihre Lieferketten und Einkaufspolitik<br />

entsprechend aus und setzen auf<br />

globale Imagepflege. Dies funktioniert<br />

in einer wachen Öffentlichkeit und<br />

Mediengesellschaft langfristig nur über<br />

Glaubwürdigkeit und Qualität. Und<br />

die hat ihren Preis. So gibt es nicht<br />

nur Gammelfleisch im Lebensmittel-<br />

Discounter, sondern auch Ramsch unter<br />

den Klimaschutzprojekten. Für wenige<br />

Cent kann man CO 2<br />

-Zertifikate erwerben,<br />

deren ökologisch-sozialer Mehrwert<br />

und CO 2<br />

-Ersparnis mehr als zweifelhaft<br />

sind. Auf der anderen Seite gibt es solide<br />

gemachte und gemanagte Projekte,<br />

die auf Klima- und Artenschutz sowie<br />

verbesserte Lebensbedingungen der<br />

Menschen vor Ort einzahlen. Ausweis<br />

hierfür sind weltweit etablierte Gütesiegel<br />

wie der Volunatry Carbon Standard,<br />

Climate, Community and Biodiversity<br />

Alliance Standard oder Gold Standard.<br />

Deren Integrität wird dadurch gewährleistet,<br />

dass Wissenschaft, Wirtschaft<br />

und Zivilgesellschaft die gemeinsam<br />

erarbeiteten Qualitätskriterien ständig<br />

überprüfen und weiterentwickeln.<br />

CO 2<br />

-Kompensation durch Vorhaben, die<br />

den natürlichen CO 2<br />

-Speicher von Ökosystemen<br />

erhöhen, haben einen großen<br />

Vorteil: Naturverbrauch und -schäden<br />

durch Unternehmen werden zumindest<br />

teilweise internalisiert. Das unterscheidet<br />

sie von Kompensationsprojekten, die<br />

technologische Modernisierung fördern.<br />

Überdies ist Kohlendioxid eine global<br />

sowohl gut messbare als auch verrechenbare<br />

Einheit und Ware. Und weil sich<br />

Biodiversität, Wasser, Arten und Stoffkreisläufe<br />

ungleich schwerer verrechnen<br />

lassen, dient CO 2<br />

als Währung, über die<br />

lebenswichtige Funktionen von Naturräumen<br />

mit finanziert werden können.<br />

Sicher ist dies kein Königsweg zu wahren<br />

Preisen. Wohl aber ein nützlicher<br />

Beschleuniger, um den ökologischen<br />

Fußabdruck von Unternehmen nicht<br />

nur zu bestimmen, sondern auch zu<br />

minimieren.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

109


HOCHTIEF<br />

Soziales Engagement mit<br />

Baukompetenz<br />

Konzernweites Engagement<br />

Inzwischen engagiert sich HOCHTIEF konzernweit<br />

für B2P. Neben Flatiron arbeiten<br />

die anderen amerikanischen Tochtergesellschaften<br />

sowie seit 2012 auch HOCHTIEF<br />

aus Europa heraus mit B2P zusammen.<br />

Während die US-Töchter ihren Einsatz<br />

auf Projekte in Lateinamerika fokussieren,<br />

ist HOCHTIEF in Afrika engagiert.<br />

Zehn Brücken in Lateinamerika und zwei<br />

in Ruanda sind die bisherige Bilanz der<br />

Kooperation – und für die kommenden<br />

Jahre sind bereits weitere Projekte geplant.<br />

Brückenbau ist für HOCHTIEF ein Thema mit vielen Facetten.<br />

Er ist ebenso Kerngeschäft wie Teil der Unternehmensvision –<br />

und er spielt eine wichtige Rolle im sozialen Engagement des<br />

internationalen Baukonzerns. Gemeinsam mit der Organisation<br />

Bridges to Prosperity und den eigenen Mitarbeitern realisiert<br />

HOCHTIEF Fußgängerbrücken in Entwicklungsländern.<br />

Mit greifbarem Erfolg.<br />

Von Ann-Kristin Brönnecke<br />

Brückenbau ist eine Kernkompetenz von<br />

HOCHTIEF. In über 140 Jahren Unternehmensgeschichte<br />

hat der Baukonzern eine<br />

Vielzahl von Brücken in der ganzen Welt<br />

realisiert. Sie verbinden Menschen, überwinden<br />

Wasser und Schluchten, einige<br />

sogar über Landesgrenzen oder Kontinente<br />

hinweg. Manche von ihnen, zum Beispiel<br />

die Öresundbrücke oder die Brücke<br />

über den Bosporus, sind weltberühmt.<br />

Darüber hinaus heißt es in der Unternehmensvision:<br />

„Wir schlagen Brücken<br />

und gehen neue Wege“. Seit 2009 setzt<br />

HOCHTIEF diesen Teil der Vision auch<br />

im Bereich Corporate Responsibility ganz<br />

praktisch um: Damals unterzeichneten<br />

die US-amerikanische HOCHTIEF-Tochter<br />

Flatiron und die Nicht-Regierungs-Organisation<br />

Bridges to Prosperity (B2P) einen<br />

langfristigen Kooperationsvertrag mit<br />

dem Ziel, gemeinsam Fußgängerbrücken<br />

in strukturschwachen Regionen<br />

Mittel- und Südamerikas zu bauen. Diese<br />

Brücken sind ein wichtiger Teil der<br />

öffentlichen Infrastruktur – bieten sie<br />

den Menschen vor Ort doch Zugang zu<br />

Bildungseinrichtungen, medizinischer<br />

Versorgung und Märkten. So schaffen sie<br />

nachhaltig bessere Lebensbedingungen<br />

und eröffnen Chancen.<br />

Initiator Flatiron ist nach wie vor am<br />

stärksten involviert: Im Rahmen einer<br />

strategischen Partnerschaft mit B2P entwickelten<br />

die Bauexperten den Prototyp<br />

einer Hängebrücke, die in ähnlicher<br />

Form und mit geringen Mitteln überall<br />

auf der Welt errichtet werden kann.<br />

Teamarbeit im Mittelpunkt<br />

Das Engagement von HOCHTIEF für B2P<br />

besteht nicht allein in der Finanzierung<br />

der Brückenprojekte und der Bereitstellung<br />

von Know-how. Ein entscheidender<br />

Pluspunkt dieses Sponsorings ist es,<br />

dass die Unternehmensmitarbeiter ganz<br />

direkt einbezogen werden. Bei jedem<br />

Projekt entsendet HOCHTIEF ein zehnköpfiges<br />

Team, um vor Ort gemeinsam<br />

mit den Dorfbewohnern und Vertretern<br />

von B2P die Brücke zu bauen. Dort muss<br />

jeder kräftig anpacken: Steine, Zement,<br />

Holz und Sand werden oftmals mit reiner<br />

Muskelkraft zur Baustelle geschafft, wo<br />

sie dann in kurzer Zeit und mit einfachen<br />

Mitteln verarbeitet werden. Die Freiwilligengruppe<br />

besteht dabei keineswegs nur<br />

aus praxis- und baustellenerfahrenen<br />

Mitarbeitern: vom Ingenieur bis zur<br />

Finanzspezialistin kann sich jeder um<br />

einen Platz im Team bewerben. Lediglich<br />

Schlüsselpositionen, etwa die Bauleitung,<br />

das Logistik- oder Sicherheitsmanagement,<br />

werden mit Fachleuten besetzt.<br />

Am Ende arbeiten so Mitarbeiter aus ganz<br />

110 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Good Practice<br />

Entwicklung & Partnerschaft<br />

unterschiedlichen Unternehmenseinheiten<br />

und Berufsgruppen Hand in Hand.<br />

Die interne Identifikation mit dem Einsatz<br />

für B2P ist hoch. Auf jedes Projekt<br />

bewarben sich bislang rund zehnmal<br />

mehr Freiwillige als benötigt – trotz der<br />

Aussicht auf Camping unter einfachsten<br />

Bedingungen und körperlich anstrengende<br />

Arbeit. Wer am Programm teilnehmen<br />

durfte, berichtet Positives: Teamgeist,<br />

sich für etwas Gutes einzusetzen und<br />

das Kennenlernen fremder Kulturen<br />

entschädigen für so manche körperliche<br />

Strapaze. Insbesondere Mitarbeiter,<br />

die in ihrem Beruf hauptsächlich am<br />

Schreibtisch arbeiten, sind begeistert,<br />

mit der Brücke wirklich etwas Bleibendes<br />

und Greifbares zu schaffen. Zu beobachten,<br />

wie die Brücke jeden Tag ein Stück<br />

wächst, ist nicht nur Motivation für die<br />

freiwilligen Helfer vor Ort: Auch für<br />

HOCHTIEF als Sponsor ist es ein großer<br />

Vorteil, direkt zu sehen, wo und wie die<br />

finanziellen Mittel eingesetzt werden –<br />

und dass sie ohne Umwege dorthin gelangen,<br />

wo sie benötigt werden.<br />

Nutzen für alle Beteiligten<br />

Die Zusammenarbeit von HOCHTIEF mit<br />

Bridges to Prosperity bringt positive Effekte<br />

für alle Seiten: Die lokalen Gemeinden<br />

profitieren ganz unmittelbar von einer<br />

verbesserten Infrastruktur und gehen<br />

Dank der Brücken gestärkt in die Zukunft.<br />

B2P kann auf das Experten-Know-how des<br />

Baukonzerns zurückgreifen und Dank<br />

des Sponsorings seine Mission umsetzen.<br />

HOCHTIEF schließlich hat in der Kooperation<br />

ein ideale Möglichkeit gefunden,<br />

seine gesellschaftliche Verantwortung<br />

umzusetzen: Das Unternehmen kann<br />

seine Kernkompetenzen einbringen, der<br />

interne Netzwerk- und Motivationseffekt<br />

bei den Mitarbeitern ist enorm und jede<br />

realisierte Brücke bietet klar messbarer<br />

Ergebnisse. HOCHTIEF und B2P – unter<br />

dem Strich eine echte Erfolgsstory des<br />

sozialen Engagements.<br />

Handfeste Entwicklungshilfe<br />

Bridges to Prosperity wurde 2001 mit dem Ziel gegründet, Menschen in abgelegenen<br />

und strukturschwachen Regionen durch den Bau von Fußgängerbrücken<br />

einen sicheren Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Märkten zu<br />

ermöglichen. Denn während funktionierende Infrastruktur für Industriestaaten<br />

eine Selbstverständlichkeit ist, ist die Flussüberquerung zur Nachbargemeinde<br />

in Entwicklungsländern häufig ein gefährliches Unterfangen oder mit kilometerlangen<br />

Umwegen verbunden.<br />

Wie groß der Effekt einer Brücke für die Menschen vor Ort ist, belegt Bridges to<br />

Prosperity beispielhaft anhand eines Projekts in Nepal, bei dem verschiedene<br />

Daten vor und nach dem Bau der Brücke verglichen wurden: Die Zahl der im<br />

Unterricht anwesenden Schüler stieg um zwölf Prozent, medizinische Einrichtungen<br />

verzeichneten ein Viertel mehr Patientenbesuche und das Pro-Kopf-<br />

Einkommen nahm um 20 Prozent zu.<br />

In den zwölf Jahren seit der Gründung hat B2P mehr als 100 Brücken in Afrika,<br />

Mittel- und Südamerika sowie Südostasien realisiert, davon zwölf gemeinsam<br />

mit Gesellschaften des HOCHTIEF-Konzerns.<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

111


Agenda<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Impressionen Leaders Summit <strong>2013</strong><br />

112 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

Inside<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

113


Agenda<br />

Leaders Summit sieht CEOs als<br />

Architekten für eine bessere Welt<br />

Mit der Präsentation einer „neuen Architektur für Unternehmens-Engagement“ ist der <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Leaders Summit <strong>2013</strong> zu Ende gegangen. Das Konferenz-Papier versteht sich als<br />

Anleitung, wie Unternehmen sich mit ihren CSR-Aktivitäten in den globalen Nachfolgeprozess<br />

der Millenniumsziele einreihen können. Dieses „neue Führungs-Paradima stellt Zusammenarbeit<br />

und Ko-Finanzierung in den Mittelpunkt“, heißt es darin.<br />

Von Dr. Elmer Lenzen<br />

„Building the Post-2015 Business Engagement Architecture“<br />

erinnert in Aufmachung und Argumentationsweise an den<br />

„Blueprint“, den man beim letzten Leaders Summit vorstellte.<br />

Trotz zahlreicher Grafiken und Flusscharts bleibt der hier<br />

gezeichnete Architektur-Entwurf aber abstrakt, und die konkrete<br />

Umsetzung ins Alltägliche respektive Nachhaltigkeits-<br />

Management-Strukturen bei kleinen wie großen Unternehmen<br />

werden Aufgabe und Herausforderung der nächsten Zeit für<br />

das <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Team sein.<br />

Konferenzteilnehmer begrüßten den vorgestellten Ansatz. So<br />

sagte etwa Elias Masilela, CEO der südafrikanischen Public Investment<br />

Corporation, dass „zum derzeit kritischen Augenblick<br />

der Weg des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> willkommen geheißen werden<br />

sollte.“ Der stellvertretende UN-Generalsekretär Jan Eliasson<br />

betonte bei seinem Schlusswort: „Jetzt haben wir einen Plan:<br />

Dieser kann uns als Anleitung für Korrekturen nach oben und<br />

für Umgestaltungen dienen.“<br />

Der alle drei Jahre stattfindende Gipfel spielte sich <strong>2013</strong> in<br />

einem komplizierten Umfeld ab: So war die Konferenz wenige<br />

Tage vor der UN Vollversammlung angesetzt, die sich allerdings<br />

vor allem mit geopolitischen Themen wie dem Syrien-Konflikt<br />

beschäftigte. Direkt im Anschluss an dieser wiederum folgten<br />

die Verhandlungen für den Post-2015 Prozess, welcher die Zeit<br />

nach den Millenniumszielen diskutieren will. Gerade zum<br />

Post-2015-Dialog wollte der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Gipfel Impulse<br />

und Positionsbestimmungen liefern.<br />

Wenig Unterstützung finden engagierte Unternehmensvertreter<br />

derzeit von Politikern, sagt die Studie weiter. Das bestätigt<br />

auch Paul Hohnen, früherer Greenpeace-Chef und versierter<br />

internationaler CSR-Experte, in einem Guardian-Gastbeitrag:<br />

„Unglücklicherweise adressieren Wahlen heutzutage kaum das<br />

Nachhaltigkeitsthema. So ist der Spielraum auf den nationalen<br />

und oftmals nur regionalen Bereich begrenzt.“<br />

Für <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Direktor Georg Kell sind Unternehmen<br />

daher unverzichtbare Partner. Gegenüber Reuters sagte er:<br />

„Angesichts einer signifikanten Armutsreduktion, Fortschritten<br />

bei wesentlichen Gesundheitsindikatoren und größerer<br />

wirtschaftlicher Möglichkeiten hat sich die Privatwirtschaft<br />

weltweit zur bedeutendsten transformativen Kraft seit der<br />

Industriellen Revolution entwickelt.“ Doch nicht alles, was<br />

versprochen wird, wird auch umgesetzt. Das weiß auch Kell<br />

und fordert daher, dass der „Graben zwischen ‚Sagen‘ und<br />

‚Handeln‘ geschlossen werden muss, indem die Vorstände intelligente<br />

und umfassende Ansätze wählen, um Nachhaltigkeit<br />

auf allen Unternehmens-Ebenen einzubinden.“<br />

Auch aus den Reihen der Wirtschaft erhält das CSR-Thema<br />

aktuell nur begrenzte Unterstützung. So sagen zwar weit über<br />

90 Prozent der CEOs weltweit, dass sie Umwelt-, Sozial- und<br />

Governance-Kriterien ganz allgemein für wichtig erachten.<br />

Allerdings ist die Zahl derjenigen, die Nachhaltigkeit ganz konkret<br />

im Tagesgeschäft für sehr wichtig halten, von 54 Prozent<br />

vor drei Jahren auf jetzt 45 Prozent gesunken. In Europa sind<br />

es sogar nur noch 34 Prozent. Das ergab eine aktuelle Studie<br />

von Accenture und dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. (Mehr dazu auf S. 118)<br />

114<br />

Georg Kell, UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Executive Director, Leaders Summit <strong>2013</strong><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

Neue Initiativen des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Leaders Summit <strong>2013</strong> hat vier neue Initiativen und Arbeitsschwerpunkte<br />

ergänzend zu den bereits bestehenden vorgestellt:<br />

Nachhaltige Landwirtschaft<br />

Experten erwarten, dass die Weltbevölkerung bis zum Jahr<br />

2050 um 30 Prozent auf dann neun Milliarden Menschen<br />

anwachsen wird. Die Versorgung der Menschen mit Nahrung<br />

wird ein dringenderes Problem denn je. Zugleich wirken sich<br />

Kräfte wie etwa der Klimawandel und damit verbundene<br />

Dürre und Flut sowie industrielle Umweltschäden negativ<br />

auf die Nahrungsmittelproduktion aus. Die „Sustainable<br />

Agriculture Business Principles“ (SABPs) wollen hier u. a.<br />

ein gemeinsames Verständnis der Ressource Landwirtschaft<br />

generieren helfen und Wirtschaftsaktivitäten fördern<br />

und initiieren, die im Sinne des Rio+20 Abschlussdokuments<br />

„The future we want“ agieren. Vor allem setzt man beim<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> darauf, Lösungen zu finden, die verstärkt<br />

kleine landwirtschaftliche Betriebe einschließen und Zertifizierungsstandards<br />

verbessern.<br />

Bildung<br />

Das smarteste Investment ist ... Bildung. Das „Framework<br />

for Business Engagement in Education“ will Lernund<br />

Ausbildungsmöglichkeiten für Kinder, Jugendliche<br />

und Erwachsene verbessern und Unternehmen aufzeigen,<br />

wie dieser Bereich ein durchaus erträgliches Geschäftsfeld<br />

ist, wenn man es denn verantwortungsvoll<br />

angeht. Das ist auch im Interesse der Wirtschaft: Laut<br />

einer PwC-Studie beklagen sich 66 Prozent der Vorstände,<br />

das es ihren Firmen an geeignete Talenten fehle.<br />

Das will die Initiative verbessern. UN Generalsekretär<br />

Ban Ki-moon mahnt daher an: „Sie alle wissen um die<br />

Dividende der Bildung für alle.“ Mehr zum Thema unter:<br />

www.unglobalcompact.org/resources/391<br />

Unternehmen für Frieden<br />

Seit mehr als zehn Jahren setzt sich der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

mit der Rolle von Unternehmen in Konfliktregionen<br />

auseinander. Jetzt will er seine Erfahrungen durch eine<br />

internationale Initiative öffentlich machen.<br />

Die „Business for Peace“ (B4P)-Plattform will Unternehmen<br />

dabei Wege aufzeigen, wie sie sich in Konflikt- und<br />

Hochrisikoregionen verhalten sollten. Neben diesem Einzelverhalten<br />

stehen vor allem gemeinsame, sogenannte<br />

kollaborative Ansätze im Blickpunkt.<br />

Erste Einblicke in Argumente und Ansätze liefert die<br />

Broschüre „Business for Peace“ sowie die Webseite<br />

www.unglobalcompact.org/issues/conflict_prevention/<br />

The Africa Sustainability Barometer<br />

Gemeinsam mit der Financial Times entwickelt stellt das Africa Sustainability Barometer des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> nach<br />

eigenen Angaben die erste kontinentale Vergleichsstudie zum Thema Nachhaltigkeit in Afrika dar. Mehr als 1.000 sowohl<br />

transnationale als auch regionale Unternehmen wurden zu CSR-Aspekten befragt. Georg Kell, UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Executive<br />

Director, sagte dazu: „Die Bereitstellung dieser Informationen bietet auch wichtige Erkenntnisse für die Investment-Community.<br />

So sind beispielsweise Unternehmen mit robusten Anti-Korruptions-Richtlinien in einer besseren Position, um unnötige<br />

Kosten zu vermeiden, ganz zu schweigen von Schaden durch Skandale und Rechtsverstöße.“<br />

Mehr zum Thema unter www.unglobalcompact.org/resources/461<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

115


Agenda<br />

GC100: UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

führt Aktienindex ein<br />

Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> der Vereinten Nationen hat den „<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> 100“ eingeführt. Der<br />

Aktienindex listet Unternehmen, die sich zu den zehn Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> bekennen,<br />

und erzielte im letzten Jahr eine im Vergleich zum weltweiten Aktienmarkt überdurchschnittliche<br />

Gesamtrendite von 26,4 Prozent.<br />

Der GC 100 wurde in Kooperation mit dem Analysehaus Sustainalytics<br />

erstellt und setzt sich aus Unternehmen zusammen,<br />

die sich durch eine Beachtung der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Prinzipien,<br />

ein besonderes Bekenntnis der Unternehmensleitung und eine<br />

beständige Profitabilität auszeichnen.<br />

Im Vergleich zum FTSE All World zeichnet sich der GC100 in<br />

den letzten Jahren durch eine überdurchschnittliche Wertentwicklung<br />

aus (letztes Jahr: GC100 26,4 % / FTSE All World<br />

22,1 %; letzten zwei Jahre: GC100 19,0 % / FTSE All World<br />

17,7 %; letzten drei Jahre: GC100 29,0 % / FTSE All World 12,0 %).<br />

„Die Performance des GC100 darf man nicht als ein einfaches<br />

Wechselspiel von Engagement in unternehmerisch nachhaltige<br />

Praktiken auf der eine Seite und dem Börsenkurs auf der<br />

anderen Seite missverstehen. Vielmehr sieht man eine spannende<br />

Korrelation“, sagt Georg Kell, Executive Director des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. „Darüber hinaus spiegeln die Resultate<br />

auch die Tatsache wider, dass Nachhaltigkeitsperformance ein<br />

Faktor wird, der wachsendes Interesse von Investoren erlebt.“<br />

Kell ergänzt: „Nachhaltigkeitsperformance sollte daher nicht<br />

isoliert betrachtet werden, sondern vielmehr als Notwendigkeit<br />

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon läutet bei der New York Stock<br />

Exchange (NYSE) den Handelstag offiziell ein. Anlass: Beitritt der NYSE<br />

zur Nachhaltigkeitsinitiative „UN Sustainable Stock Exchanges“ (SSE).<br />

für eine finanziell gute und gesunde Basis. Beide Faktoren<br />

werden oft als Stellvertreter für die Qualität von Management<br />

angesehen, was ein entscheidender Aspekt beim Thema ‚Return<br />

of investment‘ ist.“ Kell erläutert weiter: „Es ist uns wichtig<br />

zu betonen, dass wir damit nicht sagen, diese 100 Firmen<br />

seien die Besten im <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

hat viele Tausend Unternehmen, die einen exzellenten Job<br />

im Bereich Nachhaltigkeit machen. Wir wollten vielmehr die<br />

Verbindung zwischen nachhaltigen Geschäftspraktiken und<br />

Börsen-Performance ausprobieren. Und die ersten Resultate<br />

sind ermutigend!“. Für die Analyse wurde zudem mit 713 Unternehmen<br />

nur ein Teil der ca. 1.000 börsennotierten <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>-Unterzeichnerunternehmen betrachtet (von 8.000<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Unterzeichnerunternehmen insgesamt).<br />

Quelle: UmweltDialog / UPJ<br />

116<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

Publikationen<br />

Download: http://bit.ly/1e9S1aa<br />

Download: http://bit.ly/HYwVAC<br />

Download: http://bit.ly/HWg3u2<br />

Download: http://bit.ly/I6lYvS<br />

Download: http://bit.ly/1e9S1aa<br />

Download: http://bit.ly/I6mcDg<br />

Download: http://bit.ly/17yfuNn<br />

Download: http://bit.ly/1aJIWQy<br />

Download: http://bit.ly/17yfBIA<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

117


Agenda<br />

CEOs beklagen geringe Fortschritte und<br />

fordern Politik zum Handeln auf<br />

Zwei von drei Vorstandschefs (67 Prozent) sind der Meinung, dass Unternehmen nicht genügend<br />

tun, um global nachhaltiger zu wirtschaften. Die große Mehrheit der Top-Manager steht<br />

weiter hinter dem Konzept der Nachhaltigkeit, wünscht sich aber mehr Unterstützung durch die<br />

Politik. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der CEO-Nachhaltigkeitsstudie des United Nations<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und der Beratungsgesellschaft Accenture. Deutsche Vorstände sind besonders<br />

skeptisch, was den Fortschritt in Sachen Nachhaltigkeit angeht. Neun von zehn Unternehmenslenkern<br />

(87 Prozent) halten die bisherigen Anstrengungen für unzureichend.<br />

Für die Befragung bewerteten insgesamt 1.000 Vorstandschefs<br />

in 103 Ländern den Fortschritt der globalen Wirtschaft im<br />

Bereich der Nachhaltigkeit. Die Studie erscheint alle drei Jahre<br />

und ist die weltweit größte Befragung von CEOs zu diesem<br />

Thema. Sie umfasst außerdem ausführliche Interviews mit 75<br />

Top-Managern und analysiert, wie es Unternehmen gelingt,<br />

Nachhaltigkeit und Geschäftserfolg miteinander zu verbinden.<br />

Demnach verstehen immer mehr Firmenlenker Nachhaltigkeit<br />

als Chance. 78 Prozent sehen darin eine Möglichkeit, weiter zu<br />

wachsen und innovativer zu werden, und 79 Prozent glauben,<br />

dass sie durch nachhaltigeres Wirtschaften künftig einen<br />

Wettbewerbsvorteil in ihrer Branche haben werden. Jedoch<br />

hindern die momentane wirtschaftliche Lage und widerstreitende<br />

Prioritäten die Firmenchefs daran, Nachhaltigkeit in<br />

ihren Unternehmen zu verankern.<br />

Wie schon 2010 erachten 93 Prozent der Befragten Umweltbelange,<br />

soziale Fragen und verantwortungsvolle Unternehmensführung<br />

als wichtig für die geschäftliche Zukunft ihrer<br />

Firmen. Allerdings ist die Zahl derjenigen, die Nachhaltigkeit<br />

für sehr wichtig halten, von 54 Prozent vor drei Jahren auf<br />

jetzt 45 Prozent gesunken. In Europa sind es sogar nur noch<br />

34 Prozent. Andererseits ist die große Mehrheit (84 Prozent)<br />

der Meinung, dass die Wirtschaft Vorreiter in Sachen<br />

Nachhaltigkeit sein sollte, verweist aber auf eine Reihe von<br />

Hindernissen:<br />

• Größte Hürde ist demnach der Mangel an Kapital (51 Prozent).<br />

Für 40 Prozent der Unternehmensführer erschwert die derzeitige<br />

wirtschaftliche Lage die Einbettung entsprechender<br />

Maßnahmen in ihr Kerngeschäft.<br />

• Die Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und Geschäftserfolg<br />

herzustellen, wird zunehmend als Problem erkannt. Sahen<br />

im Jahr 2007 nicht einmal jeder Fünfte (18 Prozent) diesen<br />

Punkt als kritisch, so sind es in diesem Jahr bereits mehr als<br />

ein Drittel (37 Prozent). Genauso viele Firmenchefs (38 Prozent)<br />

glauben, den Wertbetrag von Nachhaltigkeit tatsächlich<br />

angemessen quantifizieren zu können. In <strong>Deutschland</strong> sind<br />

es deutlich weniger (18 Prozent). Und während 43 Prozent<br />

der deutschen Vorstände angeben, über eine dezidierte<br />

Strategie für zukunftsgerichtetes Handeln zu verfügen, sind<br />

es weltweit mit 56 Prozent erheblich mehr.<br />

• Nur wenige CEOs (15 Prozent) sind der Ansicht, dass sich<br />

Nachhaltigkeit als unverzichtbares Kaufkriterium durchgesetzt<br />

hat. Die große Mehrheit (82 Prozent) hält aber genau<br />

das für entscheidend, damit das Konzept seine verändernde<br />

Wirkung voll enfalten kann. Fast jeder Zweite (46 Prozent)<br />

glaubt allerdings, dass für Konsumenten der Preis, die Qualität<br />

und die Verfügbarkeit immer wichtiger sein werden<br />

als die Nachhaltigkeit eines Produktes.<br />

• Für 52 Prozent aller Befragten ist das Interesse von Investoren<br />

an Nachhaltigkeit ein Anreiz, um entsprechende Maßnahmen<br />

in ihrem Unternehmen anzustoßen. Jedoch gaben nur 12<br />

Prozent Druck von Investoren als entscheidende Motivation<br />

für ihr Handeln an. 69 Prozent glauben, dass die Interessen<br />

der Finanziers ihr Handeln in Zukunft mehr in Richtung<br />

Nachhaltigkeit beeinflussen wird.<br />

• Die Studie zeigt auch unterschiedliche Prioritäten: Während<br />

im Rest der Welt vor allem Bildung und Ausbildung als<br />

wichtig für den zukünftigen Geschäftserfolg identifiziert<br />

118<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

werden, nennen besonders viele deutsche CEOs Energie<br />

(62 vs. 39 Prozent global) und den Klimawandel (44 vs. 29<br />

Prozent global) als die größten Herausforderungen.<br />

„Die große Schwierigkeit liegt darin, das volle Potenzial von<br />

Unternehmen zu entfalten, um Märkte und Gesellschaften<br />

rund um den Globus nachhaltiger zu gestalten. Das zeigt die<br />

Studie deutlich“, so Georg Kell, Executive Director des UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. „Vom Marktführer bis zum Kleinunternehmen<br />

haben sich tausende von Unternehmen auf eine verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung verpflichtet – diesen<br />

Schwung gilt es zu nutzen.“<br />

Bessere Zusammenarbeit mit Regierungen<br />

und mehr Markteingriffe<br />

Die CEOs wünschen sich eine verstärkte Zusammenarbeit<br />

zwischen Unternehmen, Regierungen und politischen Entscheidern,<br />

so ein weiteres Ergebnis der Befragung. 42 Prozent<br />

nennen die Regierung als einen der drei wichtigsten<br />

Ansprechpartner in Sachen Nachhaltigkeit, verglichen mit<br />

32 Prozent im Jahr 2007.<br />

Die große Mehrheit (85 Prozent) verlangt klare politische<br />

Entscheidungen und eindeutige Marktsignale, die grünes<br />

Wachstum unterstützen. Für 55 Prozent stehen dabei Regulierungen<br />

und Standards ganz oben auf der Wunschliste, gefolgt<br />

von Subventionen und anderen finanziellen Anreizen (43<br />

Prozent). 31 Prozent sehen Änderungen in der Besteuerung<br />

als Mittel der Wahl. Weichere Methoden wie etwa freiwillige<br />

Selbstverpflichtungen oder mehr Transparenz unterstützen<br />

dagegen nur 21 Prozent.<br />

„Die gute Nachricht ist: Eine überwältigende Mehrheit der<br />

befragten Manager steht hinter der Idee der Nachhaltigkeit<br />

und sieht das Potenzial für Wachstum und Innovation“, sagt<br />

Alexander Holst, Managing Director und Leiter Sustainability<br />

Services bei Accenture für <strong>Deutschland</strong>, Österreich und die<br />

Schweiz. „Eine zentrale Herausforderung für Unternehmen<br />

bleibt jedoch, Nachhaltigkeit messbar zu machen. Die meisten<br />

Unternehmen tun sich momentan noch schwer zu demonstrieren,<br />

in welchem Umfang Nachhaltigkeit wirklich zum<br />

Geschäftserfolg beiträgt – und zwar in harten Zahlen und<br />

Fakten. Erst wenn das gelingt, lassen sich auch die Investoren<br />

davon überzeugen, dass das der richtige Weg ist.“<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

119


Agenda<br />

The Principles THE PRINCIPLES<br />

Die Corporate Sustainability HUMAN Momentaufnahme RIGHTS untersucht<br />

LABOUR<br />

Maßnahmen der Unternehmen vor dem Hintergrund des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Management Models Participate und schaut in industry dabei besonders auf 22% Framework for industrial<br />

apshot<br />

die Elemente, welche als kritisch initiatives für einen umfassenden Nachhaltigkeitsansatz<br />

relations<br />

42%<br />

angesehen werden: Aktivitäten mit Bezug auf<br />

die Zehn Prinzipien, Managementpraktiken zur Einbindung<br />

Risk assessment 21% Participate in industry<br />

13 von Nachhaltigkeit in der eigenen Organisation sowie der<br />

initiatives<br />

25%<br />

Lieferkette. Sie dient auch als Quick-Check-Leitfaden über die<br />

Impact assessment 13%<br />

Arten von Maßnahmen und Regelungen, die wesentlich sind,<br />

Risk assessment 36%<br />

porate Sustainability<br />

um die Verankerung<br />

Snapshot<br />

von verantwortungsvollen Praktiken in der<br />

Firmenstrategie, den Geschäftstätigkeiten Within overall und nicht zuletzt der 72%<br />

corporate action against the<br />

Unternehmenskultur nachzuvollziehen. corporate code Die Daten der Momentaufnahme<br />

basieren auf einer Befragung von 1.712 Mitglieds-<br />

Impact assessment 23%<br />

the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Management<br />

nd looks at elements considered<br />

unternehmen des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

o a comprehensive sustainability<br />

Supplier aus policy dem Befragungszeitraum 53% Non-discrimination 83%<br />

November / Dezember 2012. Alle Angaben sind in Prozent.<br />

h: action on the Ten Principles,<br />

THE PRINCIPLES<br />

ment practices to embed sustainhroughout<br />

the organization,<br />

ply chain sustainability. HUMAN It also RIGHTS<br />

Specific human rights code<br />

Employee training &<br />

29%<br />

LABOUR44%<br />

Equal opportunity<br />

Free to form & join<br />

78%<br />

77%<br />

s a quick-check guide on the<br />

awareness<br />

trade union<br />

policies and practices Participate essential in industry<br />

22% Framework for industrial<br />

42%<br />

ng t responsible practices initiatives into an Complaint mechanism relations 37% No child labour 66%<br />

tion’s strategies, operations<br />

ure.<br />

Risk assessment Supply chain arrangements 21% Participate 26% in industry No forced labour25%<br />

initiatives<br />

wn in the Snapshot<br />

Impact<br />

represents<br />

assessment Operational guidance 13% notes 23% Supplier policy<br />

entage of companies that indicate<br />

Risk assessment 36%<br />

Snapshot specific action – based on the<br />

Within overall<br />

mpanies nst the that responded to the<br />

Employee performance 72%<br />

36% Collective bargaining<br />

corporate code assessment<br />

Impact assessment 23%<br />

ompact anagement Annual Implementation<br />

64%<br />

49%<br />

59%<br />

n considered Nov/Dec 2012.<br />

Employee training &<br />

56%<br />

stainability<br />

Supplier policy Monitor & evaluate 53% Non-discrimination 29% awareness 83%<br />

rinciples,<br />

performance<br />

ed sustainzation,<br />

Specific human rights code 29% Equal opportunity Vocational/counseling 78%<br />

45%<br />

Public disclosure of<br />

29% programmes<br />

ty. COMMIT It also Employee training &<br />

policies & practices<br />

44% Free to form & join<br />

77%<br />

on the<br />

awareness<br />

trade union Mechanisms for<br />

40%<br />

essential<br />

Multi-stakeholder dialogue 22% age verification<br />

ces into an Complaint mechanism 37% No child labour 66%<br />

ations<br />

Supply chain arrangements 28%<br />

EASURE<br />

ASSESS<br />

SNAPSHOT COLOUR KEY<br />

epresents<br />

at indicate<br />

d on the<br />

d to the<br />

mentation<br />

Supply chain arrangements 26%<br />

IMPLEMENT<br />

DEFINE<br />

Operational guidance notes 23%<br />

Employee performance<br />

assessment<br />

Monitor & evaluate<br />

performance<br />

36%<br />

29%<br />

No forced labour 64%<br />

Monitor & evaluate<br />

Supplier policy<br />

performance<br />

49%<br />

Collective bargaining<br />

Public disclosure<br />

59%<br />

of<br />

policies & practices<br />

Employee training &<br />

awareness<br />

53%<br />

40%<br />

56%<br />

Multi-stakeholder dialogue 24%<br />

ENVIRONMENT<br />

Voluntary charte<br />

Participate in ind<br />

initiatives<br />

Impact assessm<br />

Risk assessment<br />

Technology asse<br />

management<br />

Water footprintin<br />

Life-cycle assess<br />

costing<br />

Performance tar<br />

indicators<br />

Consumption &<br />

responsible use<br />

Cleaner & safer<br />

Supplier policy<br />

Management sys<br />

Public disclosure of<br />

policies & practices<br />

29%<br />

Vocational/counseling<br />

programmes<br />

45%<br />

Employee trainin<br />

awareness<br />

SESS<br />

Multi-stakeholder dialogue 22%<br />

Mechanisms for<br />

age verification<br />

Quelle<br />

40%<br />

United Nations <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> / Accenture<br />

3R (reduce, re-us<br />

Supply chain arrangements 28%<br />

Supply chain arr<br />

EY<br />

DEFINE<br />

120<br />

Monitor & evaluate 53%<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

Eco-design


<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

THE PRINCIPLES The Principles THE PRINCIPLES<br />

ENVIRONMENT<br />

ENVIRONMENT<br />

ANTI-CORRUPTION<br />

ANTI-CORRUPTION<br />

42%<br />

Voluntary charters or codes Voluntary charters 50% or codes Participate 50% in industry initiatives Participate in industry 17% initiatives 17%<br />

25%<br />

Participate in industry Participate in industry 33%<br />

initiatives<br />

initiatives<br />

Engage in 33% collective action Engage in collective 13% action 13%<br />

36%<br />

23%<br />

83%<br />

78%<br />

Risk assessment Risk assessment 25%<br />

25%<br />

Impact assessment Impact assessment 51%<br />

51%<br />

Impact assessment Impact assessment 14%<br />

14%<br />

Risk assessment Risk assessment 50%<br />

50%<br />

Within overall corporate Within code overall corporate 70% code 70%<br />

Technology assessment/ Technology assessment/ 45%<br />

45%<br />

management management<br />

Supplier policy Supplier policy 59%<br />

59%<br />

Water footprinting Water footprinting 32%<br />

32%<br />

Zero-tolerance Zero-tolerance 49%<br />

49%<br />

77%<br />

Life-cycle assessment Life-cycle & assessment 31% &<br />

costing<br />

costing<br />

Specific anti-corruption<br />

31%<br />

code Specific anti-corruption 48% code 48%<br />

66%<br />

Performance targets & Performance targets 66% &<br />

indicators<br />

indicators<br />

Pre-approval of facilitation Pre-approval of facilitation 22%<br />

payments<br />

66%<br />

payments<br />

22%<br />

64%<br />

49%<br />

Consumption &<br />

responsible use<br />

Consumption & 65%<br />

responsible use<br />

Employee training & awareness Employee training 42% & awareness 42%<br />

65%<br />

Management system Management system 42%<br />

42%<br />

59%<br />

56%<br />

45%<br />

40%<br />

28%<br />

Cleaner & safer production Cleaner & safer 62% production 62%<br />

Sanction employee breaches Sanction employee 33% breaches 33%<br />

Supplier policy Supplier policy 61%<br />

61%<br />

Specialized unit Specialized unit 31%<br />

31%<br />

Management systems Management systems 66%<br />

66%<br />

Anonymous hotline to<br />

report corruption<br />

Anonymous hotline 30% to<br />

report corruption<br />

30%<br />

Employee training & Employee training 62% &<br />

62%<br />

awareness<br />

awareness<br />

Supply chain arrangements Supply chain arrangements 28%<br />

28%<br />

3R (reduce, re-use, recycle) 3R (reduce, re-use, 59% recycle) 59%<br />

Managers sign “no bribery” Managers sign “no 14% bribery”<br />

certifications<br />

certifications<br />

Supply chain arrangements Supply chain arrangements 31%<br />

31%<br />

14%<br />

53%<br />

Monitor & evaluate<br />

Eco-design Eco-design 25%<br />

performance 25%<br />

Monitor & evaluate 30%<br />

performance<br />

30%<br />

40%<br />

Monitor & evaluate<br />

performance<br />

Monitor & evaluate 54%<br />

performance<br />

Record instances 54% of corruption Record instances 30% of corruption 30%<br />

24%<br />

Public disclosure of<br />

policies & practices<br />

Report emissions/<br />

strategic data<br />

Public disclosure 49% of<br />

policies & practices<br />

Report emissions/ 38%<br />

strategic data<br />

Record facilitation<br />

payments 49% & gifts<br />

Multi-stakeholder dialogue Multi-stakeholder 27% dialogue 27%<br />

Record facilitation 22%<br />

payments & gifts<br />

22%<br />

Publicly accessible policy Publicly accessible 40% policy 40%<br />

38%<br />

Public disclosure of<br />

policies & practices<br />

Public disclosure 29% of<br />

policies & practices<br />

29%<br />

Multi-stakeholder dialogue Multi-stakeholder 16% dialogue 16%<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

121


Agenda<br />

Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

<strong>2013</strong><br />

Von Dr. Jürgen Janssen<br />

Für die Teilnehmer des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> wie auch für die lokalen<br />

Netzwerke begann das Jahr <strong>2013</strong> mit einem Paukenschlag<br />

in Form der Ankündigung einer neuen Beitragspolitik und<br />

anderer Veränderungen durch das <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office (GCO).<br />

Gemeinsam konnten die lokalen Netzwerke die Änderungen<br />

stoppen und einen Diskussions- und Abstimmungsprozess<br />

mit dem GCO anstoßen, der letztlich auch das gegenseitige<br />

Verständnis zwischen lokal und global deutlich verbessert hat.<br />

Wesentlich für diesen Erfolg und das größere Gewicht der<br />

lokalen Netzwerke ist die im Mai gewählte „Local Networks<br />

Advisory Group“, deren sieben Mitglieder die lokale Netzwerke<br />

repräsentieren und deren Vorsitzender ex-officio Mitglied<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Boards ist. Vor dem Hintergrund dieser<br />

Entwicklungen hat das DGCN mit dem GCO vereinbart, dass<br />

alle deutschen Unternehmen im <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sowohl die<br />

Aktivitäten auf globaler als auch auf lokaler Ebene über eine<br />

Spende an die Stiftung DGCN unterstützen sollen.<br />

<strong>2013</strong> war auch das Jahr, in dem sich viele gesellschaftliche<br />

Akteure und Gruppen auf die Verhandlungen um eine globale<br />

Agenda nach 2015 vorbereitet und mit eigenen Vorschlägen<br />

eingebracht haben. Die Vereinten Nationen wollen 2015 ein<br />

neues globales Zielsystem beschließen, das die dann auslaufenden<br />

Millenium Development Goals aufgreifen und diese<br />

um die bei Rio+20 diskutierten Sustainable Development<br />

Goals ergänzen soll.<br />

und zeigte die vielen Ansatzpunkte für eine stärkere Beteiligung<br />

von Unternehmen bei der Bewältigung aktueller und<br />

zukünftiger globaler Herausforderungen.<br />

Der erwähnte Bericht an den UN Generalsekretär bildet auch<br />

die Grundlage der vom UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> im Rahmen des<br />

Leaders Summit vorgestellten „Post-2015 Business Engagement<br />

Architecture“ (www.leaderssummit<strong>2013</strong>.org). Sie legt dar, wie<br />

sich Unternehmen über die reine Umsetzung und Förderung<br />

der 10 Prinzipien hinaus für eine nachhaltige Entwicklung<br />

global und lokal einsetzen können. Die vom UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

und verschiedenen Organisationen der Vereinten Nationen<br />

betreuten Themenplattformen bieten dazu vielfältige Möglichkeiten.<br />

Das DGCN engagiert sich über die Geschäftsstelle etwa<br />

in den Arbeitsgruppen zu Menschenrechten & Arbeitsnormen,<br />

zum 10. Prinzip und auf der neu gestarteten Plattform „Business<br />

4 Peace“. Weitere Kooperationsmöglichkeiten und eine<br />

Übersicht bietet der neu gestartete Business Partnership Hub<br />

(http://businesspartnershiphub.org/).<br />

Das DGCN ist in diesem Umfeld auf nunmehr über 250 Unternehmen<br />

und rund 70 weitere Akteure aus Zivilgesellschaft,<br />

Wissenschaft, Kommunen, verfasster Wirtschaft und Politik<br />

angewachsen. Für diese bietet das Netzwerk viele Möglichkeiten<br />

für Informationsaustausch, Lernen und Dialog.<br />

Unternehmen soll dabei sowohl bei der Zielformulierung<br />

als auch bei der Umsetzung eine wesentlich größere<br />

Bedeutung als in der Vergangenheit zukommen. Das<br />

DGCN hat in diesem Zusammenhang zum Bericht<br />

des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> an den UN Generalsekretär<br />

„Corporate Sustainability and the United<br />

Nations Post-2015 Development Agenda“<br />

beigetragen und zusammen mit dem<br />

Bildung<br />

Bundesministerium für Wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ) eine erste Konsultationsrunde<br />

zwischen Unternehmen<br />

und Politik in <strong>Deutschland</strong><br />

organisiert. Diese orientierte<br />

sich an den vom UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> als prioritär<br />

identifizierten<br />

Themenbereichen<br />

(s. Abbildung)<br />

Lebensmittel<br />

& Landwirtschaft<br />

Frieden<br />

& Stabilität<br />

Wohlstand<br />

&<br />

Verteilungsgerechtigkeit<br />

Teilhabe<br />

von<br />

Frauen &<br />

Gender-<br />

Gleichheit<br />

Wasser &<br />

Sanitäre<br />

Einrichtungen<br />

Infrastruktur<br />

& Technologie<br />

Gesundheit<br />

Armuts-<br />

Apex<br />

Energie &<br />

Klimaressourcen<br />

Grundbedürfnisse<br />

& Kapazitäten<br />

Gute Regierungsführung<br />

& Menschenrechte<br />

Ressourcen-<br />

Trias<br />

Umfeld<br />

gestalten<br />

122<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

Ein wichtiger Schwerpunkt liegt dabei weiterhin auf der<br />

Umsetzung der UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte<br />

in und durch Unternehmen. So konnte das<br />

Coachingprogramm weiter ausgebaut und u.a. in Kooperation<br />

mit den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerken Schweiz, Österreich,<br />

Ukraine und Großbritannien umgesetzt werden. Darüber<br />

hinaus steht das in der Menschenrechtslerngruppe des DGCN<br />

entwickelte Organisational Capacity Assessment Instrument,<br />

mit dessen Hilfe Unternehmen die eigenen Kapazitäten und<br />

Fähigkeiten im Umgang mit Menschenrechtsfragen bewerten<br />

können, mittlerweile online in Deutsch, Englisch und Spanisch<br />

zur Verfügung. Zudem hat sich das DGCN stärker mit<br />

menschenrechtlichen Herausforderungen für Unternehmen<br />

in <strong>Deutschland</strong> befasst. Hier wurden u. a. die Integration von<br />

Fachkräften mit Migrationshintergrund und der Schutz von<br />

Opfern häuslicher Gewalt thematisiert.<br />

Als weiteren Schwerpunkt hat das DGCN das Thema Korruptionsbekämpfung<br />

(10. Prinzip des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>) ausgebaut.<br />

Hier wurden mit Einführungswebinaren, dem Coaching<br />

„Compliance <strong>Compact</strong>“ und dem Workshop „Compliance<br />

und Risikomanagement“ neue Möglichkeiten für Lernen<br />

und Dialog geschaffen. Um diese auch stärker regional<br />

anbieten zu können, baut das DGCN die Kooperation mit<br />

Industrie- und Handelskammern aus und bietet mit diesen<br />

ein Einstiegstraining „Risiko Korruption – Effektive Mittel<br />

zur Prävention“ an.<br />

Neuland betritt das DGCN im Bereich des 10. Prinzips mit der<br />

Allianz für Integrität (AfIn), einer Collective Action Initiative, in<br />

der sich neben deutschen mittlerweile einige indische Unternehmen,<br />

zivilgesellschaftliche Organisationen und staatliche<br />

Institutionen engagieren (www.allianceforintegrity.org). Die<br />

AfIn wird von Unternehmen und dem BMZ unterstützt und<br />

führt zunächst in Indien Trainings- und Dialogveranstaltungen<br />

zu konkreten Integritätsaspekten sowie Informationsmaßnahmen<br />

mit dem Ziel durch, Managementkapazitäten und<br />

-fähigkeiten zu stärken und integres Verhalten in Unternehmen,<br />

zwischen Geschäftspartnern und im Wirtschaftssystem<br />

zu fördern.<br />

Neben den primär auf Lernen und Dialog ausgerichteten<br />

Netzwerkaktivitäten konnte das DGCN auf der Grundlage<br />

seines angepassten Referenztextes und vertreten durch seinen<br />

Lenkungskreis in <strong>2013</strong> erstmals zu politischen Prozessen Stellung<br />

nehmen, die unmittelbar mit den 10 Prinzipien und den<br />

Grundsätzen des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zusammenhängen. So hat<br />

das Netzwerk etwa die Bundesregierung aufgefordert, einen<br />

Umsetzungsplan für die UN Leitprinzipien für Wirtschaft und<br />

Menschenrechte zu erarbeiten, und den Richtlinienentwurf<br />

der EU-Kommission zur nicht-finanziellen Berichterstattung<br />

grundsätzlich begrüßt.<br />

Die praktische Umsetzung und Förderung der 10 Prinzipien<br />

steht auch im Mittelpunkt der vom DGCN veröffentlichten<br />

und allgemein zugänglichen Informationen und Materialien<br />

sowie einiger Fachveranstaltungen:<br />

• Mit der Broschüre „Menschenrechte achten. Ein Leitfaden<br />

für Unternehmen“ hat das DGCN in Kooperation mit dem<br />

Deutschen Institut für Menschenrechte und twentyfifty Ltd.<br />

einen kompakten Leitfaden für den Einstieg in das Thema<br />

veröffentlicht. Die Publikation liegt mittlerweile in deutscher<br />

und englischer Sprache vor.<br />

• Durch die Herausgabe der deutschen Version der UN Leitprinzipien<br />

für Wirtschaft und Menschenrechte unterstützt das<br />

DGCN die Verbreitung des 2011 veröffentlichten Rahmens<br />

für die Unternehmensverantwortung für die Menschenrechte<br />

in <strong>Deutschland</strong>.<br />

• Das UN Office on Drugs and Crime (UNODC) und der UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> haben mit „The Fight Against Corruption“<br />

ein fundiertes und sehr übersichtliches E-Learningtool<br />

entwickelt. Mit Unterstützung von BMZ und DGCN ist nun<br />

eine deutschsprachige Version online, die Unternehmen<br />

auch in ihre internen Weiterbildungsprogramme integrieren<br />

können (http://thefightagainstcorruption.org).<br />

• Gemeinsam mit Transparency International <strong>Deutschland</strong> e.V.<br />

hat das DGCN die nationale und internationale Bedeutung<br />

der United Nations Convention against Corruption (UNCAC)<br />

als Rahmenwerk für die Korruptionsbekämpfung in Politik,<br />

Gesellschaft und Wirtschaft in einer Fachveranstaltung<br />

anlässlich des 10. Jahrestags der Unterzeichnerkonferenz<br />

hervorgehoben.<br />

• Im Rahmen eines Fachgesprächs konnte das DGCN im<br />

Frühjahr zusammen mit UNICEF und Save the Children<br />

die deutsche Fassung der „Children’s Rights and Business<br />

Principles“ veröffentlichen (Broschüre „Kinderrechte und<br />

unternehmerisches Handeln“).<br />

• Die Herausforderungen im Bereich der Rohstoffwirtschaft<br />

betreffen potenziell alle Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />

Mit dem Fachgespräch „Rohstofftransparenz – Zwischen<br />

lästiger Pflicht und tatsächlichem Nutzen“ hat das DGCN<br />

beleuchtet, inwieweit Transparenz und Offenlegung geeignet<br />

sind, diesen Herausforderungen zu begegnen und somit<br />

Rohstoffabbau und -verwendung nachhaltiger und zum<br />

Nutzen aller Beteiligter zu gestalten.<br />

Für die Ausrichtung und Strategie des DGCN ist der Multi-<br />

Stakeholder Lenkungskreis von zentraler Bedeutung. Hier<br />

werden u. a. die grundlegenden Entscheidungen zum Arbeitsprogramm<br />

und – über den Stiftungsbeirat – die Verwendung<br />

der Mittel der Stiftung DGCN getroffen.<br />

Seit Ende September ist der neue Lenkungskreis im Amt.<br />

Ihm gehören bis Herbst 2015 Tobias Bergner (Auswärtiges<br />

Amt), Susanne Dorasil (BMZ), Wolfram Heger (Daimler AG),<br />

Marita Hilgenstock (RWE AG), Mathias John (Amnesty International),<br />

Klaus Milke (Germanwatch e.V.), Meike Niedbal<br />

(Deutsche Bahn AG), Thorsten Pinkepank (BASF SE), Katharina<br />

Riese (TÜV Rheinland AG), Lothar Rieth (EnBW AG), >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

123


Agenda<br />

Bernhard Schwager (Robert Bosch GmbH) und beratend Prof.<br />

Ingo Pies (Universität Halle-Wittenberg), Angelika Pohlenz<br />

(ICC <strong>Deutschland</strong> e.V.) sowie Carsten Schmitz-Hoffmann (GIZ<br />

GmbH) an.<br />

Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk: Ausblick 2014<br />

2014 werden international wichtige Weichen für das im<br />

Folgejahr zu beschließende neue globale Zielsystem für die<br />

Zeit nach 2015 gestellt. In diesem Kontext kann dem UN<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> als im UN System verankerter wirtschaftsgetriebener<br />

Multi-Stakeholder Initiative eine große Bedeutung<br />

zukommen, insbesondere auch mit Blick auf die explizite<br />

Berücksichtigung der Möglichkeiten und Anforderungen<br />

der Wirtschaft für eine möglichst effektive und effiziente<br />

Umsetzung der Post-2015 Agenda. Als deutsches Netzwerk des<br />

UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> wird sich das DGCN im Rahmen seiner<br />

Möglichkeiten und mit seinen Partnern und Stakeholdern in<br />

die entsprechenden Konsultationen und Diskussionsprozesse<br />

in <strong>Deutschland</strong> einbringen.<br />

Die Netzwerkarbeit wird aber primär von der Unterstützung<br />

der Aktivitäten der Teilnehmer bei der Umsetzung der<br />

10 Prinzipien geprägt. Der Lenkungskreis hat dazu für 2014<br />

einige Schwerpunkte gesetzt, die die laufenden Arbeitsprogramme<br />

zu Menschenrechten und Korruptionsbekämpfung<br />

ergänzen sollen:<br />

• Das DGCN wird sich in 2014 dem Themenkomplex Klimawandel<br />

und Energiewende widmen. Hierzu strebt das Netzwerk<br />

eine enge Zusammenarbeit mit Umsetzungspartnern an.<br />

Eine Fokussierung soll mit Blick auf den Zusammenhang<br />

zwischen Klimaveränderungen und Menschenrechten sowie<br />

auf die Auswirkungen von Umweltproblemen und Klimawandel<br />

auf Lieferketten erfolgen.<br />

• Das Themenfeld der nicht-finanziellen / CoP-Berichterstattung<br />

ist für das DGCN nicht erst mit der Veröffentlichung des<br />

Richtlinienentwurfs der EU-Kommission von zentraler<br />

Bedeutung. In 2014 soll der Fokus auf der Nutzung der Berichterstattung<br />

für die Verankerung und das Management<br />

von Nachhaltigkeit im Unternehmen selbst liegen.<br />

Aktuelle Informationen zur Netzwerkarbeit<br />

sowie Instrumente und Ressourcen finden Sie unter<br />

www.globalcompact.de<br />

Über den Autor<br />

Dr. Jürgen Janssen, Geschäftsstelle Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

124<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

„Das Deutsche Netzwerk ist ein wichtiger<br />

Akteur im gesellschaftlichen Diskurs“<br />

Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN) ist mit über 300 Mitgliedern heute eine feste<br />

Größe in der deutschen CSR-Landschaft. Mit eigenen Themenschwerpunkten sowie künftig<br />

stärkerem politischen Auftreten will das Netzwerk für seine Anliegen werben. Welche Akzente<br />

sind zu erwarten? Wie schätzen die Verantwortlichen das aktuelle politische Umfeld ein?<br />

Und wie wird intern mit wachsenden Teilnehmerzahlen und Kommunikationsproblemen mit der<br />

New Yorker Zentrale umgegangen? Wir sprachen darüber mit den Lenkungskreismitgliedern<br />

Katharina Riese, Dr. Mathias John und Klaus Milke.<br />

Zunächst einmal Gratulation, Frau Riese, zur Wahl als Mitglied im<br />

DGCN-Lenkungskreis. Sie sind – anders als Mathias John und Klaus<br />

Milke – neu im Gremium. Was hat Sie persönlich zur Kandidatur<br />

bewogen?<br />

Katharina Riese: Nachhaltige Entwicklung kann nicht alleine<br />

durch einen Akteur erreicht werden. Meiner Meinung nach<br />

sind gemeinsame Lösungen und Kooperationen essentiell, um<br />

den Herausforderungen auf dem Weg zu einer nachhaltigen<br />

Entwicklung zu begegnen. Der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist eine<br />

zentrale Plattform, um voneinander zu lernen, um Kooperationen<br />

und Partnerschaften mit anderen Akteuren einzugehen<br />

und so gemeinsame Ziele zu erreichen. Diesen Prozess möchte<br />

ich gerne mitgestalten.<br />

Mit weit über 200 Mitgliedern hat das Netzwerk einen ganz anderen<br />

Charakter als noch vor ein paar Jahren. Hat das Einfluss auf die Art,<br />

wie die Teilnehmer angesprochen und eingebunden werden?<br />

Katharina Riese: Die Entwicklung des Deutschen <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerks habe ich aktiv seit vier Jahren mitverfolgen<br />

können, zuvor nur als interessierte Beobachterin von<br />

außen. Aber bereits in diesen vier Jahren habe ich spannende<br />

Neuerungen wahrnehmen können. Das Angebot hat sich über<br />

die Zeit deutlich erweitert. Die Teilnehmer werden dabei<br />

meiner Einschätzung nach weiterhin ebenso persönlich und<br />

individuell betreut, wie man es gewohnt ist. Indem immer<br />

neue Mitglieder dem Netzwerk beigetreten sind, haben sich<br />

natürlich auch die Interessen und Erwartungen geändert und<br />

sind weiter gestreut. Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

hat es immer gut verstanden, diese zu erkennen und in ihrer<br />

Arbeit umzusetzen.<br />

Der Lenkungskreis setzt traditionell Themenschwerpunkte innerhalb<br />

des Netzwerkes. Was steht 2014 an?<br />

Klaus Milke: Der Lenkungskreis schlägt dem Deutschen <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk auch für 2014 erneut eine spannende<br />

Mischung aus bewährten Schwerpunkten und zusätzlichen<br />

wichtigen Themen vor. Wirtschaft und Menschenrechte sowie<br />

Korruptionsbekämpfung werden weiterhin im Mittelpunkt<br />

unserer Arbeit stehen. Als große Herausforderungen sehen wir<br />

den Klimawandel und den „Post 2015“-Prozess bei den Vereinten<br />

Nationen, die sicher mit aufgegriffen werden müssen. Und auf<br />

der strukturell-organisatorischen Ebene wird sicherlich das<br />

Thema der Optimierung von Stakeholder-Dialogen fortgeführt,<br />

zu dem das letzte Arbeitstreffen im Oktober <strong>2013</strong> mit zwei<br />

Workshops einen ersten Aufschlag gemacht hat.<br />

Katharina Riese: ...Außerdem sind kommendes Jahr verstärkt<br />

Aktivitäten zu den Themen Antikorruption, Umwelt und<br />

Klimawandel geplant. Auch hier finden natürlich die sich<br />

verändernden Rahmenbedingen und politische Entwicklungen<br />

Berücksichtigung – Stichwort Energiewende.<br />

Herr John, seit einigen Jahren widmet sich das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk ausführlich dem Thema Menschenrechte. Sind Sie zufrieden?<br />

Mathias John: Mir fällt da eine klassische Antwort ein: Im<br />

Prinzip ja, aber … Es gibt da sicher noch ein gerütteltes<br />

Volumen Luft nach oben. Aber ich bin beeindruckt, was das<br />

Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk zu dem Thema bisher<br />

auf die Beine gestellt hat, ich denke, da sind deutsche <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong>-Unternehmen in einer weltweiten Vorreiterrolle.<br />

Als Vertreter einer Menschenrechtsorganisation, die >><br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

125


Agenda<br />

sich als „watchdog“ sieht, wünsche ich mir natürlich eine<br />

Verbreiterung der Basis bei der Bewusstseinsbildung und vor<br />

allem mehr Umsetzung der Menschenrechtsprinzipien im<br />

operativen Geschäft – entlang der gesamten Wertschöpfungskette.<br />

Compliance Assessments, Risikovorsorge und andere<br />

menschenrechtliche due diligence-Maßnahmen sind nicht in<br />

dem Maße umgesetzt, wie wir uns nach Verabschiedung der<br />

UN-Leitprinzipien erhofft hätten. Aber wir werden unsere<br />

Rolle wahrnehmen und ungeduldig weiter drängen, auch<br />

wenn uns natürlich die Hürden in den Unternehmen bewusst<br />

sind. Wichtig ist uns dabei aber auch, dass die Regierungen<br />

zu ihren Verpflichtungen stehen, und da hat gerade die<br />

Bundesregierung erheblichen Nachholbedarf!<br />

Neu eingeführt wird das Modell der Themenpatenschaft. Können Sie<br />

uns das näher erläutern?<br />

Katharina Riese: Die Aktivitäten des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerks konzentrieren sich – wie erläutert – jährlich auf<br />

Schwerpunktthemen. Zu diesen Themen werden beispielsweise<br />

Coachings für Unternehmen angeboten, es erfolgen Veröffentlichungen<br />

oder es gibt Fachvorträge. Für die geplanten<br />

Aktivitäten in einem Schwerpunktbereich steht jeweils ein<br />

Lenkungskreismitglied als sogenannter Themenpate zur Verfügung.<br />

Die Themenpaten stehen auf dem jeweiligen Gebiet<br />

als Experten unterstützend zur Verfügung.<br />

Für die Vereinten Nationen sind der Post-2015 Prozess und ein über<br />

Kyoto hinaus gehendes globales Klimaregime von zentraler Bedeutung.<br />

Wie positionieren sich DGCN und Lenkungskreis hier?<br />

Klaus Milke: Man kann davon ausgehen, dass alle am <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> beteiligten Unternehmen und Organisationen an globalen<br />

Nachhaltigkeitszielen und international verbindlichen<br />

Klimaschutzregelungen als Level Playing Field interessiert sind.<br />

Auf dem Weg dahin gibt es allerdings große Unterschiede.<br />

Insofern sind gemeinsame Positionierungen nicht einfach.<br />

Katharina Riese: Die Unterstützung des Post-2015-Prozesses<br />

und die Stärkung des Beitrags von Unternehmen für eine nachhaltige<br />

Entwicklung sind prioritäre Aufgaben des UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> für die kommenden Jahre. Im Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Netzwerk sind bereits erste Initiativen gestartet worden,<br />

die wir in Zukunft noch vertiefen und konkretisieren wollen.<br />

Der Lenkungskreis wird diesen Prozess aktiv mitgestalten.<br />

Herr Milke, der jüngste Klimagipfel in Warschau war enttäuschend.<br />

Was kann das DGCN machen, um Klimaschutz den nötigen Raum<br />

zu geben?<br />

Klaus Milke: Es ist klar, dass auch die Wirtschaft gebraucht<br />

wird, um die Dynamik für eine Roadmap in Richtung des<br />

entscheidenden Klimagipfels in Paris 2015 zu entfachen. Proaktives<br />

Handeln – wie z.B. die deutsche Energiewende – ist<br />

dazu eine wichtige Unterstützung. Das deutsche Netzwerk<br />

wird darum vor allem die Energiewende als positives Projekt<br />

von deutschen Unternehmen in den Vordergrund rücken.<br />

International scheitern derzeit fast alle Abkommen am fehlenden Willen<br />

zur multilateralen Zusammenarbeit. Wie stellt sich die Situation aus<br />

Ihrer Sicht auf nationaler Ebene in <strong>Deutschland</strong> dar?<br />

Katharina Riese: In der Tiefe habe ich sicher besonders im<br />

Rahmen der Arbeit des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerks<br />

einen Einblick in die Situation. Hier nehme ich einen starken<br />

Willen zu einer multilateralen Zusammenarbeit wahr. Dies<br />

spiegelt sich nicht zuletzt in vergangenen und aktuellen<br />

Projekten wider. Veranstaltungen mit anderen UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Ländernetzwerken sind keine Seltenheit. Darüber<br />

hinaus begrenzen sich auch einzelne Projekte wie aktuell<br />

bspw. die „Allianz für Integrität“ nicht auf Ländergrenzen.<br />

Das DGCN hat gerade erst sein Profil modifiziert, um künftig auch<br />

an politischen Diskussionen aktiv teilnehmen zu können. Heißt das,<br />

dass wir das DGCN künftig stärker in der (partei-)politischen Arena<br />

erleben werden?<br />

Katharina Riese: Das heißt es meines Erachtens nicht, denn<br />

das DGCN versteht sich als Multistakeholder-Forum. Unternehmen,<br />

Zivilgesellschaft, Wissenschaft und auch Politik tauschen<br />

sich aus, um gemeinsam Ziele zu erreichen. Um gemeinsame<br />

Positionen kommunizieren zu können, hat sich das Deutsche<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk ein klares Profil gegeben. Darin<br />

heißt es, dass das DGCN diejenigen politischen Diskussionen<br />

begleiten kann, die für die Umsetzung und Förderung der<br />

10 Prinzipien relevant sind. Ob und in welcher Form dann<br />

tatsächlich Positionen formuliert werden, hängt vom konkreten<br />

Diskussionsgegenstand und der Meinungsbildung in<br />

Lenkungskreis und Netzwerk ab.<br />

Klaus Milke: Keine Parteipolitik, aber doch Orientierung auch<br />

für die anderen Netzwerkteilnehmer und die Politik erscheinen<br />

uns angebracht. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> soll ja nichts Statisches<br />

sein, sondern eine Lernbewegung nach vorne darstellen. Da<br />

müssen wir ausloten, inwieweit Konsens in bestimmten Einzelfragen<br />

zu finden ist.<br />

Mathias John: Diese Entscheidung ist nur konsequent: Wir<br />

wissen alle, dass das Deutsche Netzwerk ein wichtiger Akteur<br />

im gesellschaftlichen Diskurs um Unternehmensverantwortung<br />

ist. In unserem nun schon lange Jahre geführten Dialogprozess<br />

haben wir nach meiner Wahrnehmung zu zentralen Themen<br />

der Unternehmensverantwortung durchaus wichtige gemeinsame<br />

fortschrittliche und zukunftsweisende Standpunkte<br />

entwickelt – diese sollten wir dann zur gegebenen Zeit auch<br />

in die Waagschale werfen!<br />

Die von der New Yorker Zentrale angekündigten Zwangsbeiträge sind<br />

jetzt doch wieder vom Tisch. Dennoch hat die Kommunikation viele<br />

Teilnehmer verstört. Gibt es hier künftig klarere Absprachen, wie die<br />

Kommunikation erfolgt?<br />

Katharina Riese: Das ist auch die Wahrnehmung im Lenkungskreis<br />

gewesen und wurde uns auch von Teilnehmern<br />

gespiegelt. Im Nachgang wurde über die Geschäftsstelle des<br />

126<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />

Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerks mit der New Yorker<br />

Zentrale vereinbart, dass die Kommunikation künftig stärker<br />

über die Geschäftsstelle in <strong>Deutschland</strong> läuft.<br />

Mathias John: Nach meiner Wahrnehmung hat hier erneut<br />

eine zur Unzeit losgetretene und unglücklich kommunizierte<br />

Finanzierungsfrage völlig überflüssige Irritationen ausgelöst.<br />

Natürlich muss der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> finanziert werden, und<br />

natürlich sollten alle Teilnehmer großes Interesse an einem<br />

auskömmlichen Budget haben, schließlich wird auch ein<br />

nicht unbeträchtlicher Mehrwert generiert. Das sollte aber<br />

in einem auf Partnerschaft ausgelegten Netzwerk nicht „per<br />

ordre de mufti“ oktroyiert werden – leider konnte das aber<br />

so empfunden werden.<br />

Die erste Dekade des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> war geprägt von der Etablierung<br />

der Initiative innerhalb der UN und innerhalb der CSR-Landschaft.<br />

Das ist erreicht. Jetzt gilt es, eine künftige Roadmap vorzulegen. Was<br />

wären aus Ihrer Sicht sinnvolle Anlaufstellen, lohnende Zwischenstopps<br />

und wichtige Orientierungspunkte auf dieser Reise?<br />

Klaus Milke: Ein interessanter Punkt ist sicherlich, dass die<br />

Teilnehmer am <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sich gegenseitig sehr viel<br />

mehr anspornen, noch besser zu werden. Dazu könnte es auch<br />

nützlich sein, darüber nachzudenken, wie man mit denen<br />

in den eigenen Reihen eigentlich umgeht, die zwar jährlich<br />

wohlklingende „Fortschrittsberichte“ abgeben, die aber ganz<br />

offensichtlich gegen ein oder mehrere Prinzipien des <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> verstoßen.<br />

Mathias John: Sinnvoll wäre sicher auch einmal die Evaluation<br />

bisheriger Projekte, damit wir aus den Ergebnissen lernen können.<br />

Und der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> sollte ruhig den Ehrgeiz zeigen,<br />

mehr mitzugestalten – beispielsweise bei der Umsetzung der<br />

UN-Leitprinzipien.<br />

Katharina Riese: Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt. Wir<br />

haben insbesondere in <strong>Deutschland</strong> über das Ländernetzwerk<br />

eine sehr etablierte Plattform, um die zukünftigen Herausforderungen<br />

anzugehen. Rahmenbedingungen sind sicherlich<br />

politische, aber auch die Ergebnisse des Post-2015-Prozesses.<br />

Sie werden sicherlich zu einem Großteil die Richtung bzw.<br />

die Orientierung bilden. Die Einbindung der Wirtschaft in<br />

diesen Prozess unterstreicht das nur und zeigt auch, dass die<br />

Wirtschaft einen wichtigen Anteil an der Erreichung nachhaltiger<br />

Entwicklung leisten kann und muss. Im UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> sind die besten Voraussetzungen hierfür gegeben.<br />

Denn hier finden sich die verschiedenen gesellschaftlichen<br />

Akteure zusammen, um gemeinsame Herausforderungen<br />

und Ziele auch gemeinsam anzugehen. Ich freue mich sehr,<br />

diesen Weg aktiv mitgestalten zu können.<br />

Wir wünschen Ihnen alles Gute für die anstehenden Aufgaben und<br />

bedanken uns herzlich für das Gespräch!<br />

Katharina Riese<br />

Dr. Mathias John<br />

Klaus Milke<br />

ist Managerin CSR & Nachhaltigkeit<br />

bei TÜV Rheinland.<br />

www.tuv.com/nachhaltigkeit<br />

ist Sprecher des Arbeitskreises Wirtschaft,<br />

Rüstung und Menschenrechte und Experte<br />

für Unternehmensverantwortung bei<br />

Amnesty International in <strong>Deutschland</strong>.<br />

www.amnesty.de<br />

ist Vorstandsvorsitzender<br />

von Germanwatch.<br />

www.germanwatch.org<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

127


Agenda<br />

Stiftung<br />

Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Mit der Stiftung hat das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

(DGCN) im Frühsommer 2009 ein Instrument geschaffen, über<br />

das sich die Teilnehmer auch finanziell an den kontinuierlich<br />

zunehmenden Aktivitäten des Netzwerks beteiligen können. Bis<br />

dato wurde das DGCN vor allem von der deutschen Bundesregierung<br />

aus dem Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert. Mit der<br />

Stiftung soll sich dies ändern: Die überwiegende Mehrheit der<br />

beteiligten Unternehmen hat zugestimmt, die gemeinsamen<br />

Aufgaben künftig zu möglichst gleichen Teilen aus privaten und<br />

öffentlichen Geldern zu finanzieren – und so dem Anspruch<br />

einer unternehmensgetriebenen Multi-Stakeholder-Initiative<br />

voll gerecht zu werden.<br />

Die Stiftung fördert die Tätigkeiten des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

und des DGCN.<br />

Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige<br />

Zwecke. Die Stiftung ist weder rechtlich noch organisatorisch<br />

mit der in den USA registrierten <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Foundation<br />

verbunden, welche das New Yorker Büro und weltweite Aktivitäten<br />

des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> unterstützt. Finanzierungsentscheidungen<br />

der DGCN-Stiftung werden vom Lenkungskreis<br />

des DGCN getroffen, der auch die drei Beiratsmitglieder stellt.<br />

Rechtliche Trägerin der Stiftung ist die Macenata Management<br />

GmbH. Die Stiftung ist damit unabhängig vom Focal Point<br />

des DGCN.<br />

Deutsche Unternehmen können entscheiden, wie sie am<br />

besten den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> unterstützen möchten.<br />

Sie können an die nach deutschem Recht gemeinnützige und<br />

daher steuerlich begünstigte DGCN-Stiftung spenden, die<br />

hauptsächlich die Arbeit in <strong>Deutschland</strong> fördert. Eine andere<br />

Möglichkeit ist die Unterstützung der US-amerikanischen <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Foundation, welche in <strong>Deutschland</strong> steuerlich nicht<br />

begünstigt ist. Die Stiftung empfiehlt, beides zu kombinieren:<br />

Sie spenden einen Betrag in die deutsche DGCN-Stiftung<br />

und veranlassen die Stiftungsverwaltung, einen von Ihnen<br />

bestimmten Teilbetrag als zweckgebundene Spende an die<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Foundation weiterzuleiten. Auf diese Weise<br />

bedeutet Ihre Unterstützung einen minimalen administrativen<br />

Aufwand für Ihr Unternehmen.<br />

Kontoinhaber:<br />

Stiftung Deutsches <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />

Kto. Nr. 138412000<br />

BLZ: 700 303 00 (Bankhaus Reuschel)<br />

IBAN: DE75700303000138412000<br />

S.W.I.F.T-BIC: REUCDEMMXXX<br />

An der Ausrichtung und Arbeitsteilung der Arbeit im Deutschen<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk ändert sich dadurch nichts: Alle<br />

inhaltlichen Entscheidungen verbleiben im Lenkungskreis<br />

mit Vertretern von Unternehmen, der Zivilgesellschaft und<br />

den Bundesministerien. Der Lenkungskreis arbeitet nach dem<br />

Konsensverfahren. Dies gilt auch für die Verabschiedung des<br />

Budgets. Darüber hinaus werden wichtige Entscheidungen<br />

im Verlauf der DGCN-Arbeitstreffen vorbereitet und diskutiert.<br />

Die operative Realisierung der Aktivitäten des DGCN,<br />

z. B. Veranstaltungen und Publikationen, verantwortet wie<br />

bisher der „Focal Point“ als Sekretariat des DGCN, der von der<br />

Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gestellt<br />

wird. Aktuelle Informationen zur Stiftung und ihrem Budget<br />

finden Sie im internen Bereich der DGCN-Webseite.<br />

128<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


Impressum<br />

Verlag:<br />

Mediengruppe macondo<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

Tel.: +49 (0) 251 – 200782-0<br />

Fax: +49 (0) 251 – 200782-22<br />

Mail: info@macondo.de<br />

URL: www.macondo.de<br />

USt-Id-Nr.: DE214683825<br />

Herausgeber:<br />

Dr. Elmer Lenzen<br />

Redaktion:<br />

Dennis Lohmann, Sonja Scheferling<br />

Bildredaktion:<br />

Marion Lenzen<br />

Gestaltung:<br />

Magnus A. Sundermann<br />

Lektorat:<br />

Marion Lenzen<br />

Klimaneutralität:<br />

Das vorliegende Druckerzeugnis ist<br />

durch anerkannte Klimaschutzprojekte<br />

klimaneutral gestellt worden.<br />

(Nature Office Gold Standard Portfolio -<br />

GS, VER)<br />

klimaneutral<br />

natureOffice.com | DE-223-359385<br />

gedruckt<br />

Papier:<br />

Plano® Art, FSC zertifiziert<br />

Grußnote:<br />

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon<br />

Autoren dieser Ausgabe<br />

(in alphabetischer Reihenfolge):<br />

Yvonne Benkert, Dr. Wolfgang Böhmer,<br />

Dr. Jürgen Bönig, Matthias Brock, Ann-<br />

Kristin Brönnecke, Markus Brückner,<br />

Dr. Brigitte Dittrich-Krämer, Hubertus<br />

Drinkuth, Garrelt Duin, Marcus Eichhorn,<br />

Dirk Frenzel, Dr. Udo Hartmann,<br />

Dr. Jürgen Heraeus, Vera Heyes, Klaus<br />

Hübscher, Dr. Annika Hundertmark,<br />

Stefanie Iske, Dr. Jürgen Janssen,<br />

Dr. Mathias John, Ida Karlsson, Richard<br />

Karmel, Torben Kehne, Philipp Killius,<br />

Bettina Klump-Bickert, Helmut Krodel,<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong><br />

Barbara Küppers, Silvia Lehmann,<br />

Dr. Elmer Lenzen, Stefan Löbbert,<br />

Joachim Löchte, Antonio Luz-Veloso,<br />

Julian Matthes, Klaus Milke, Carsten<br />

Pipper, Nicole Richter, Katharina Riese,<br />

Prof. Dr. Markus Rometsch, Michael<br />

Sahm, Dr. Dirk Christoph Schautes,<br />

Peter Schmitt, Karina Schneider, Bernhard<br />

Schwager, Friederike Segeberg,<br />

Dr. Andrea Stögbauer, Oliver Thomsen,<br />

Dr. Peter F. Tropschuh, Axel Vassen,<br />

Dr. Mark Veser, Dr. Antonia Wadé,<br />

Riccardo Wagner<br />

Namentlich gekennzeichnete<br />

Beiträge geben nicht die Meinung des<br />

Herausgebers wieder.<br />

Bildnachweis:<br />

UN Photo/Michael Dames (S. 3, S. 4<br />

u., S. 112/113, S. 114, S. 119), Kzenon/<br />

Fotolia.com (S. 4 o., 6/7), UN Photo/<br />

Tobin Jones (S. 4 m., 22/23), gmg9130/<br />

Fotolia.com (S. 8), xy/Fotolia (S. 11),<br />

Natalia Bratslavsky/Fotolia.com (S. 13),<br />

UN Photo/Martine Perret (S. 15), industrieblick/Fotolia.com<br />

(S. 16), Kadmy/<br />

Fotolia.com (S. 18), Pavel Losevsky/<br />

Fotolia.com (S. 19), Richard Karmel<br />

(S. 21), UN Photo (S. 24/25), UN Photo/<br />

Laffont (S. 26, 27), UN Photo/OCHA/<br />

David Ohana (S. 28 r.), UNICEF/Hyou<br />

Vielz (S. 29), Lewis W. Hine/National<br />

Child Labor Committee (S. 31, 34),<br />

pixabay (S. 32), UN Photo/Shareef<br />

Sarhan (S. 38), Dietmar Meinert/pixelio.<br />

de (S. 40/41), Staatskanzlei NRW/Ralph<br />

Sondermann (S. 43), christian42/Fotolia.<br />

com (S. 46), Frank Vincentz/wikimedia<br />

(S. 47), Wirtschaftsministerium NRW/<br />

Hojabr Riahi (S. 49 o., 52 o.), Bayer<br />

(S. 48 r., 58, 59), Wikipedia (S. 49 u.),<br />

Presseamt Berlin (S. 50), METRO<br />

GROUP/Thomas Bauer/www.tomfoto.<br />

de (S. 51 l.), Deutscher Bundestag/<br />

Presse-Service Steponaitis (S. 52 u.<br />

l.), Landesregierung NRW (S. 52 u. r.),<br />

Johann H. Addicks/wikipedia (S. 53 r.),<br />

UN Photo/Ray Witlin (S. 56/57), Tchibo<br />

(S. 60/61), Audi/ u.r.foto (S. 62), Audi/<br />

Stefan Warter (S. 63), Bosch (S. 64),<br />

Merck (S. 66), Merck/Lichtbildatelier<br />

Eva Speith (S. 67), QFC (S. 68/69), RWE<br />

(S. 70/71), ABB/Luca Siermann (S. 74 l.,<br />

75) BSH/Andreas Teichmann Fotografie<br />

(S. 76/77), CEWE (S. 78/79), Daimler<br />

(S. 80 o.), Daimler/World Economic<br />

Forum/swiss-image.ch (S. 80 u.),<br />

Deutsche Post DHL/Jennifer Zumbusch<br />

(S. 82/83), HypoVereinsbank/UniCredit<br />

(S. 84/85), LANXESS (S. 86/87), MAN<br />

(S. 88/89), natureOffice (S. 90/91),<br />

Weidmüller/Christoph Leniger (S. 92/<br />

93), METRO GROUP (S. 94/95), Brian<br />

Jackson/Fotolia.com (S. 96/97), DAW<br />

(S. 101), Deutsche Bahn (S. 102/103),<br />

Jon Mullen/istockphoto.com (S. 104),<br />

Forest Carbon Group (S. 109),<br />

HOCHTIEF (S. 110/111), UN <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> (S. 112/113), UN Photo/<br />

Ben Hider (S. 116), DGCN (S. 124),<br />

hannawitte (S. 127 l.), Dr. Matthias John<br />

(S. 127 m.), Klaus Milke (S. 127 r.), sowie<br />

Marion Lenzen (S. 28 l., 51 r., /53 l.,<br />

72/73, 115)<br />

Titelbild:<br />

UN Photo / Sophia Paris<br />

Bezugspreis:<br />

€ 30,00 zzgl. Porto:<br />

[D] + € 1,00<br />

[CH] + € 3,50<br />

[EU] + € 2,00<br />

[Int.] + € 5,50<br />

Rechte:<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck,<br />

Aufnahme in Online-Dienste und<br />

Internet sowie Vervielfältigung jeglicher<br />

Art nur nach vorheriger schriftlicher<br />

Zustimmung des Herausgebers.<br />

Für unverlangt eingeschickte<br />

Manuskripte, Fotos und Illustrationen<br />

übernehmen wir keine Gewähr.<br />

ISSN 1614-7685<br />

ISBN-13: 978-3-9813540-6-5<br />

Printed in Germany © 2014<br />

Anschrift DGCN:<br />

Geschäftsstelle Deutsches <strong>Global</strong><br />

<strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN)<br />

Deutsche Gesellschaft für<br />

Internationale Zusammenarbeit<br />

(GIZ) GmbH<br />

Reichpietschufer 20<br />

10785 Berlin<br />

Tel.: +49 (0) 30 72614-204<br />

Fax.: +49 (0) 30 72614-130<br />

Mail: globalcompact@giz.de<br />

URL: www.globalcompact.de<br />

129


Agenda<br />

Die 10 Prinzipien<br />

des United Nations<br />

<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

Im Mittelpunkt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>-Initiative stehen zehn Prinzipien zu Menschenrechten,<br />

Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ruft weltweit<br />

Unternehmen dazu auf, sich zu diesen Prinzipien öffentlich zu bekennen und aktiv für ihre<br />

Umsetzung einzusetzen.<br />

Menschenrechte<br />

Prinzip 1: Unterstützung<br />

und Respektierung<br />

der internationalen<br />

Menschenrechte im eigenen<br />

Einflussbereich<br />

Prinzip 2: Sicherstellung,<br />

dass sich das eigene<br />

Unternehmen nicht an<br />

Menschenrechtsverletzungen<br />

beteiligt<br />

UmweLT<br />

Prinzip 7: Unterstützung eines<br />

vorsorgenden Ansatzes im<br />

Umgang mit Umweltproblemen<br />

Prinzip 8: Ergreifung von<br />

Schritten zur Förderung einer<br />

größeren Verantwortung<br />

gegenüber der Umwelt<br />

Prinzip 9: Hinwirkung<br />

auf die Entwicklung und<br />

Verbreitung umweltfreundlicher<br />

Technologien<br />

Arbeitsnormen<br />

Prinzip 3: Wahrung der<br />

Vereinigungsfreiheit und<br />

wirksame Anerkennung<br />

des Rechts zu<br />

Kollektivverhandlungen<br />

Prinzip 4: Abschaffung jeder<br />

Art von Zwangsarbeit<br />

KORRUPTIONsbekämpfung<br />

Prinzip 10: Unternehmen sollen<br />

gegen alle Arten der Korruption<br />

eintreten, einschließlich<br />

Erpressung und Bestechung<br />

Prinzip 5: Abschaffung der<br />

Kinderarbeit<br />

Prinzip 6: Beseitigung von<br />

Diskriminierung bei Anstellung<br />

und Beschäftigung<br />

130<br />

globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2013</strong>


SGS-COC-1349<br />

Der Druck wurde realisiert von<br />

Bestellanschrift<br />

Mediengruppe macondo<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

Tel: +49 (0) 2 51 - 200 782 -0<br />

Fax: +49 (0) 2 51 - 200 782 -22<br />

info@macondo.de<br />

www.macondo.de<br />

Titel_2005_RZ 06.01.2006 15:02 Uhr Seite 2<br />

SGS-COC-1349<br />

Der Druck wurde realisiert von<br />

www.kod-druck.de<br />

27.12.2007, 16:59<br />

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Mediengruppe macondo<br />

Dahlweg 87<br />

48153 Münster<br />

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Fax: +49 (0) 2 51 - 200 782 -22<br />

info@macondo.de<br />

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SGS-COC-1349<br />

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gc06_umschlag_rz.indd 1<br />

20.12.2006, 20:56<br />

Bisherige Ausgaben<br />

»<br />

Let us choose to unite the power<br />

of markets with the authority of<br />

universal ideals. Let us choose to<br />

reconcile the creative forces of private<br />

entrepeneurship with the needs of the<br />

disadvantaged and the requirements<br />

of future generations.<br />

BESTELLANSCHRIFT<br />

mediengruppe macondo<br />

Hüfferstr.25 | 48149Münster<br />

Tel.: +49(0)251/48449340<br />

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info@macondo.de<br />

«<br />

Kofi Annan, Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

25 | 30 US$<br />

Falzmarken Rücken<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2005<br />

global<br />

compact<br />

2005<br />

Today <strong>Deutschland</strong> it is increasingly clear<br />

that UN objectives – peace,<br />

security, development go hand-inhand<br />

with prosperity and growing<br />

markets.<br />

If societies fail, so will markets.<br />

Kofi Annan, former Secretary-General of the United Nations<br />

global<br />

compact<br />

25,00 EUR<br />

BESTELLANSCHRIFT Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />

Mediengruppe macondo D-48143 Münster Fax: +49 (0) 251 - 48 44 93 42 www.macondo.de<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2006<br />

global<br />

compact<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

2006<br />

iness leaders to embrace<br />

t as an organizing tool<br />

rations. Ensure that<br />

iaries and supply chain<br />

mpact as both a<br />

and a moral compass.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2007<br />

compact<br />

Ich freue mich, dass die Mitglieder des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong> in einem<br />

global<strong>Deutschland</strong><br />

<strong>Jahrbuch</strong> über ihre Aktivitäten berichten. Ich wünsche mir, dass dieses Buch noch<br />

mehr Unternehmen anspornt, sich zu den Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu bekennen<br />

und diese mit Engagement umzusetzen – im eigenen Betrieb ebenso wie über dessen<br />

Grenzen hinaus. Wir brauchen dieses Engagement der Unternehmen für mehr Ausgleich<br />

und Gerechtigkeit der internationalen Ordnung.<br />

I am pleased that the members of <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Germany are reporting on their<br />

activities in a yearbook. I hope that this book will encourage even more companies to<br />

adopt the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Principles and carry them out with commitment – in their own<br />

operations and beyond their boundaries. We need this involvement of<br />

companies for more balance and justice in the international order.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> | 2008<br />

global<br />

compact<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

Ki-moon,<br />

retary General of the United Nations<br />

Dr. Horst Köhler,<br />

Deutscher Bundespräsident<br />

German Federal President<br />

Ich wünsche dem deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Jahrbuch</strong> einen großen Leserkreis.<br />

Möge es zu weiteren Anstrengungen für kreative und erfolgreiche Partnerschaften<br />

animieren, die der <strong>Global</strong>isierung nicht nur ein freundliches Gesicht verleihen, sondern vor<br />

allem deren vielfältige Chancen und positive Entwicklungen konkret erfahrbar machen.<br />

I wish the German <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Yearbook a large readership. May it<br />

animate further efforts towards creative and successful partnerships that not only give<br />

globalisation a friendly face but, above all, make it possible to experience<br />

concretely its many opportunities and positive developments.<br />

Dr. Angela Merkel,<br />

Deutsche Bundeskanzlerin<br />

German Federal Chancellor<br />

2007<br />

30,00 EUR<br />

2008<br />

2009<br />

T Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />

ndo D-48143 Münster Fax: +49 (0) 251 - 48 44 93 42 www.macondo.de<br />

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erische<br />

ng muss ein<br />

erden für ethische<br />

ärkte.<br />

UN Generalsekretär Ban Ki-moon<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> 2010<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

Durch Vorbilder und Kooperationen<br />

in Initiativen und Netzwerken können<br />

wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auch<br />

als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter<br />

schärfen. Hierbei nimmt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />

eine wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die<br />

sich in diese weltweite Initiative einbringen,<br />

sage ich von Herzen Dank.<br />

global compact <strong>Deutschland</strong> 2011<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

global<br />

compact<br />

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />

30,00 EUR<br />

2010<br />

2011


We need you to be<br />

architects of a sustainable<br />

future.<br />

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon<br />

Bestellanschrift<br />

Mediengruppe macondo<br />

Dahlweg 87<br />

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30,00 EUR

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